Bundesfinanzhof, Urteil vom 07.05.2019, Az. VIII R 29/15

8. Senat | REWIS RS 2019, 7596

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Gegenstand

(Zwischengewinne als Verlust i.S. des § 15b Abs. 1 EStG)


Leitsatz

1. Negative Zwischengewinne stellen grundsätzlich keine Verluste i.S. des § 15b Abs. 1 EStG dar (Anschluss an das BFH-Urteil vom 28.06.2017 - VIII R 57/14, BFHE 258, 421, BStBl II 2017, 1144) .

2. § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG kann nicht dahin verstanden werden, dass ein vorgefertigtes Konzept i.S. des § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG stets dann vorliegt, wenn sich ein Verlust im Rahmen der Anwendung des progressiven Steuersatzes auswirkt, während ein Gewinn lediglich dem Abgeltungsteuersatz unterliegt (Anschluss an das BFH-Urteil vom 28.06.2017 - VIII R 57/14, BFHE 258, 421, BStBl II 2017, 1144) .

Tenor

Auf die Revision des [X.] werden das Urteil des [X.] vom 18.06.2015 - 12 K 689/12 F und der Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zum Schluss des Veranlagungszeitraums 2008 gemäß § 15b Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes vom 10.02.2011 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 24.01.2012 aufgehoben.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarb am 19. Dezember 2008 zu einem Kurswert von 109.450.725 € Anteile eines Rentenfonds. Im Kurswert war ein sog. negativer Zwischengewinn in Höhe von 38.973.652,57 € enthalten. Am 29. Dezember 2008 erwarb der Kläger weitere Anteile des Rentenfonds zum Kurswert von 601.253,40 € mit einem darin enthaltenen negativen Zwischengewinn von 213.834,17 €.

2

Der Rentenfonds war am 17. Oktober 2008 von der X.-Gesellschaft mbH ([X.]) als Kapitalanlagegesellschaft als offener Publikumsfonds in Gestalt eines gemischten Sondervermögens i.S. von §§ 83 ff. des [X.] auf unbestimmte Dauer aufgelegt worden. Sein Geschäftsjahr lief vom 1. Oktober bis zum 30. September des Folgejahres. Der Rentenfonds, der zunächst als ausschüttender Fonds und ab dem 30. Dezember 2008 als thesaurierender Fonds geführt wurde, führte ein sog. Ertragsausgleichsverfahren durch.

3

Die [X.] hatte für den Rentenfonds einen sog. Vereinfachten Verkaufsprospekt sowie einen sog. Ausführlichen Verkaufsprospekt einschließlich Vertragsbedingungen erstellt. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts ([X.]) wurde darin als typischer Anleger des Rentenfonds ein Anleger genannt, der bereits gewisse Erfahrungen mit Finanzmärkten gewonnen hat und der für einen Anlagehorizont von mindestens fünf Jahren plant. Als Anlageziel war ein möglichst hoher Wertzuwachs angegeben. Es sollte ein sog. "Alpha-Return" im Vergleich zu gängigen Rentenindices u.a. durch Ausnutzung einer sog. "[X.]" erzielt werden. Insoweit wurde weiter ausgeführt, dass Zinsforderungen (Kupons) von den erworbenen Anleihen getrennt und dann veräußert werden könnten. In den steuerlichen Hinweisen des Verkaufsprospekts heißt es zur "Zwischengewinnbesteuerung", dass die bei Erwerb gezahlten Zwischengewinne grundsätzlich im Jahr der Zahlung [X.] als negative Einnahme abgesetzt werden können. In einem drucktechnisch hervorgehobenen "Hinweis" wurde darauf hingewiesen, dass der Rentenfonds aufgrund der verfolgten Anlagepolitik einen "vergleichsweise hohen Zwischengewinn" ausweisen könne. Die Geltendmachung des Zwischengewinns werde von der Finanzverwaltung dann nicht anerkannt, wenn aus der Kapitalanlage kein oder ein im Verhältnis zu den erzielten Steuervorteilen nur minimaler wirtschaftlicher Vorteil entstanden sei. Dies sei insbesondere bei kurzen Haltefristen problematisch.

4

In Bezug auf die Einführung der sog. Abgeltungsteuer wurde in den steuerlichen Hinweisen abstrakt die Rechtslage vor und nach dem 31. Dezember 2008 skizziert und dargelegt, dass die vom Rentenfonds ausgeschütteten oder ausschüttungsgleichen Erträge und der Zwischengewinn sowie der Gewinn aus dem An- und Verkauf von Fondsanteilen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zählen, die grundsätzlich einem Steuerabzug von 25 % ([X.] Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer) mit Abgeltungswirkung unterliegen. Ferner wurde erläutert, dass für Privatanleger Gewinne aus einer Veräußerung der Investmentanteile außerhalb der einjährigen Spekulationsfrist steuerfrei seien.

5

Am 30. Dezember 2009 gab der Kläger sämtliche Fondsanteile zurück und erhielt hierfür insgesamt 105.790.355,70 €. Mit der Rückgabe wurde ihm ein Zwischengewinn in Höhe von 594.529,28 € zugewiesen. Während der [X.] wurden dem Kläger ausschüttungsgleiche Erträge in Höhe von 40.885.185,05 € zugewiesen; hierfür hat die Fondsgesellschaft für den Kläger Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag abgeführt. Nach den Feststellungen des [X.] sind dem Kläger aus den Fondsanteilen über die Haltezeit in 2008 und 2009 insgesamt steuerbare negative und positive Erträge zuzurechnen, die saldiert zu einem Überschuss von rund 2,3 Mio. € führen.

6

Der Kläger erklärte in seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (2008) in der Anlage [X.] Erträge in Höhe von 34.496 € und negative Einkünfte aus Investmentanteilen (Zwischengewinne) in Höhe von rund ./. 39.187.487 € (Saldo: ./. 39.152.991 €). In dem Einkommensteuerbescheid 2008 vom 5. August 2010 wurden die Zwischengewinne nicht als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen berücksichtigt, da sie in Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell stünden und insoweit nur eine Verrechnung mit den im Folgejahr 2009 aus der Beteiligung erzielten Einkünften in Betracht komme (§ 20 Abs. 2b Satz 2 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung --EStG-- i.V.m. § 15b Abs. 1 und 3 EStG).

7

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) erließ am 10. Februar 2011 den streitgegenständlichen "Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zum Schluss des Veranlagungszeitraums 2008", in dem die im Kalenderjahr 2008 angefallenen Zwischengewinne in Höhe von insgesamt 39.187.487 € als verbleibender Verlustvortrag nach § 15b Abs. 4 EStG für die Einkünfte aus Kapitalvermögen festgestellt sind. Der hiergegen gerichtete Einspruch des [X.] blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 24. Januar 2012), ebenso die nachfolgende Klage.

8

Das [X.] begründete seine in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2015, 1696 veröffentlichte Entscheidung vom 18. Juni 2015 - 12 K 689/12 F im Wesentlichen damit, dass der angefochtene Bescheid entgegen der Auffassung des [X.] weder nichtig noch rechtswidrig sei. Die Voraussetzungen der §§ 15b, 20 Abs. 2b EStG, die nicht verfassungswidrig und ohne Verweisung im Investmentsteuergesetz in der im Streitjahr geltenden Fassung ([X.]) anwendbar seien, lägen vor. Der Rentenfonds weise konzeptbedingt hohe sog. negative Zwischengewinne aus, die vor der Einführung der Abgeltungsteuer dem linear-progressiven Steuersatz unterlägen, während die steuerpflichtigen Erträge erstmals nach Inkrafttreten der Abgeltungsteuer anfielen. Das [X.] habe daher die vom Kläger gezahlten Zwischengewinne zutreffend als Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell festgestellt.

9

Mit der hiergegen gerichteten Revision rügt der Kläger neben der Verfassungswidrigkeit der §§ 15b, 20 Abs. 2b EStG auch die Verletzung (weiteren) materiellen Rechts.

Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil der Vorinstanz sowie den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zum Schluss des Veranlagungszeitraums 2008 gemäß § 15b Abs. 4 EStG vom 10. Februar 2011 i.d.F. der Einspruchsentscheidung vom 24. Januar 2012 aufzuheben.

Das [X.] beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Es ist der Auffassung, das [X.] habe zutreffend erkannt, dass es sich vorliegend um ein Steuerstundungsmodell i.S. des § 15b, § 20 Abs. 2b EStG handele. Ein solches ergebe sich allein schon mit Blick auf das im Konzept vorgesehene [X.] des Fonds. Auch stellten die Zwischengewinne negative Einkünfte i.S. des § 15b Abs. 2 EStG dar, denn nach dem Gesetz sei es ohne Belang, auf welchen Vorschriften die negativen Einkünfte des § 15b EStG beruhten. Die Norm präge daher einen weiten Begriff der negativen Einkünfte.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist begründet. Das Urteil der Vorinstanz ist aufzuheben und der Klage stattzugeben (§ 126 Abs. 3 [X.]atz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass ein [X.]euerstundungsmodell i.[X.]. des § 20 Abs. 2b [X.]. § 15b E[X.]G vorliegt.

1. Entgegen der Auffassung des [X.] liegt bereits deshalb kein [X.]euerstundungsmodell gemäß § 15b Abs. 1, § 20 Abs. 2b [X.]atz 1 E[X.]G (jetzt: § 20 Abs. 7 [X.]atz 1 E[X.]G n.F.) vor, weil die negativen [X.] im [X.]reitfall keine Aufwendungen zur Erzielung unangemessener steuerlicher Vorteile in Form negativer Einkünfte und daher keinen Verlust i.[X.]. des § 15b Abs. 1 E[X.]G darstellen.

a) Gemäß § 20 Abs. 2b [X.]atz 1 E[X.]G gilt die in § 15b E[X.]G vorgesehene eingeschränkte Verlustverrechnung sinngemäß auch für Kapitaleinkünfte.

Nach § 15b Abs. 1 E[X.]G dürfen Verluste im Zusammenhang mit einem [X.]euerstundungsmodell nur mit Einkünften, die der [X.]euerpflichtige in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben Einkunftsquelle erzielt, verrechnet werden. Ein [X.]euerstundungsmodell i.[X.]. des Abs. 1 liegt vor, wenn aufgrund einer modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen (§ 15b Abs. 2 [X.]atz 1 E[X.]G). Dies ist der Fall, wenn dem [X.]euerpflichtigen aufgrund eines vorgefertigten Konzeptes die Möglichkeit geboten werden soll, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen (§ 15b Abs. 2 [X.]atz 2 E[X.]G). Dabei ist es ohne Belang, auf welchen Vorschriften die negativen Einkünfte beruhen (§ 15b Abs. 2 [X.]atz 3 E[X.]G).

aa) Das Gesetz schränkt den Begriff der negativen Einkünfte nicht ausdrücklich ein, verknüpft diesen jedoch mit dem Merkmal der modellhaften Gestaltung. Ausweislich der Gesetzesbegründung stellt § 15b E[X.]G eine Verlustverrechnungsbeschränkung im Zusammenhang mit sog. [X.]euerstundungsmodellen dar, die in der Form von Personengesellschaften oder Gemeinschaften betrieben werden und deren Gesellschaftszweck darauf gerichtet ist, den Beteiligten (Anlegern) konzeptionell einen steuerlichen Verlust zuzuweisen. Jedoch ist [X.] die Begründung-- nicht jede Betätigung, die verlustbehaftet ist, eine modellhafte Gestaltung und nicht jedes Modell konzeptionell auf eine Verlustzuweisung ausgerichtet (vgl. BTDrucks 16/254, [X.]. 5). In diesem [X.]inne sind bestimmte Verluste wie z.B. solche, die in der Anfangsphase planmäßig aus einer "normalen" unternehmerischen Tätigkeit wie der eines Existenzgründers entstehen, dem Anwendungsbereich des § 15b E[X.]G entzogen (vgl. BTDrucks 16/254, [X.]. 5). Diese Verluste entstehen im Rahmen der unternehmerischen Tätigkeit und werden nicht modellhaft zur Erlangung steuerlicher Vorteile erzielt.

[X.]omit erfasst die Verrechnungsbeschränkung des § 15b E[X.]G --trotz der Regelung in § 15 Abs. 2 [X.]atz 3 E[X.]G-- nicht ausnahmslos alle Verluste, sondern solche, die ihre Ursache in Aufwendungen des [X.]euerpflichtigen im Zusammenhang mit der Erzielung unangemessener steuerlicher Vorteile in Form negativer Einkünfte haben (vgl. auch [X.]enatsurteil vom 28. Juni 2017 - VIII R 57/14, [X.], 421, [X.], 1144).

bb) Danach fallen negative [X.] grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich der §§ 15b, 20 Abs. 2b [X.]atz 1 E[X.]G. Zwar können auch negative Einnahmen aufgrund von [X.]n zu negativen Einkünften führen. [X.]ie stellen jedoch regelmäßig keine Aufwendungen zur Erzielung unangemessener steuerlicher Verluste in Form von negativen Kapitaleinkünften dar.

(1) [X.] des Veräußerers des [X.] ist nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 4 Inv[X.]G das Entgelt für die ihm noch nicht zugeflossenen oder als zugeflossen geltenden Zinserträge, zinsähnlichen Erträge und Ansprüche des Investmentvermögens. Gemäß § 2 Abs. 1 [X.]atz 1  1. Halbsatz Inv[X.]G gehört der Zwischengewinn zu den Einkünften aus Kapitalvermögen i.[X.]. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 E[X.]G, wenn es sich nicht um Betriebseinnahmen des Anlegers, Leistungen nach § 22 Nr. 1 [X.]atz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa [X.]. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b E[X.]G oder Leistungen i.[X.]. des § 22 Nr. 5 E[X.]G handelt. Diese Regelung gilt für sämtliche Anleger von Investmentfonds und damit auch für Privatanleger ([X.]enatsurteile vom 17. November 2015 - VIII R 27/12, [X.], 112, [X.], 539; in [X.], 421, [X.], 1144). Mit dem Zwischengewinn werden die Zinserträge und Zinssurrogate, die bereits während des Geschäftsjahres des Investmentvermögens "erzielt" werden, im Falle der unterjährigen Rückgabe oder Veräußerung des [X.] der Besteuerung unterworfen.

(2) Die Zahlung von [X.]n durch den Erwerber entspricht nicht nur [X.], sondern sie gleicht auch wirtschaftlich den Zinsanspruch des bisherigen Gläubigers aus (so auch [X.]/[X.], [X.] --D[X.]R-- 2009, 1732; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] --[X.]--, § 20 E[X.]G Rz 635; vgl. auch Verfügungen der [X.] --OFD-- [X.] vom 28. April 2009 - [X.] 2241b A - 1 - [X.] 213, juris; OFD [X.] vom 22. Dezember 2008 - [X.] 2252 - 104 - [X.] 214, D[X.]R 2009, 532; OFD [X.] vom 13. Juni 2008 - [X.] 2252 - 104 - [X.] 214 V, D[X.]R 2008, 1833). Zudem dient die Berücksichtigung von gezahlten [X.]n als negative Einnahme aus Kapitalvermögen beim Käufer der Investmentanteile der Vermeidung einer Überbesteuerung beim späteren Ertragszufluss (Ausschüttung, Ertragsthesaurierung bzw. vereinnahmter Zwischengewinn; vgl. [X.]chreiben des [X.] --BMF-- vom 18. August 2009 - IV C 1 [X.] 1980- 1/08/10019, 2009/0539738, B[X.]Bl I 2009, 931, Rz 21a; [X.]enatsurteil in [X.], 421, [X.], 1144).

Erzielt der Erwerber eines Investmentfonds negative Einnahmen aufgrund von [X.]n, so ist dies der zutreffenden wirtschaftlichen Zuordnung des [X.] geschuldet. Ein entsprechender Verlust und ein sich in der weiteren Folge ergebender [X.]euerstundungseffekt sind Folge des getätigten Rechtsgeschäftes, nicht hingegen einer modellhaften Gestaltung.

(3) Die Zahlung von [X.]n führt daher regelmäßig nicht zu einem wirtschaftlich unangemessenen [X.]euervorteil des Anteilserwerbers i.[X.]. des § 15b E[X.]G (so im Ergebnis auch [X.]/[X.], D[X.]R 2009, 1732, 1733 ff.; [X.], in: [X.] [X.], E[X.]G, § 20 Rz I 14, I 73; vgl. auch [X.]enatsurteil in [X.], 421, [X.], 1144; a.A. Verfügungen der [X.] und [X.] vom 13. Juli 2010 - [X.] 2252 - 1045 - [X.] 222, [X.] 2210 - 45 - [X.] 22 - 31, D[X.]R 2010, 1625).

Dies gilt auch dann, wenn der Zwischengewinn 10 % des Kaufpreises übersteigt (a.A. z.B. Verfügungen der [X.] und [X.] in D[X.]R 2010, 1625). Denn auch in diesem Fall soll durch die steuerliche Berücksichtigung des negativen Zwischengewinns eine Überbesteuerung des Anlegers vermieden werden (vgl. [X.]enatsurteil in [X.], 421, [X.], 1144).

Aus den dargelegten Gründen ist es ebenfalls ohne Belang, ob auf [X.] des Fonds hohe [X.] durch ein sog. Bond-[X.]ripping verursacht werden, zumal sich auch der Gesetzesbegründung zur Einführung des § 20 Abs. 2b E[X.]G nicht entnehmen lässt, dass ein solches sog. Bond-[X.]ripping als modellhafte Gestaltung angesehen wurde. Die Erstreckung der Verlustverrechnungsbeschränkung sollte der Vermeidung von Umgehungsgestaltungen, die insbesondere bei Kapitallebensversicherungen und sonstigen Kapitalforderungen (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 E[X.]G) entwickelt worden waren (BTDrucks 16/2712, [X.]. 50), dienen.

b) Danach sind auch die im [X.]reitfall erzielten [X.] keine Verluste i.[X.]. des § 15b E[X.]G. Ob dies möglicherweise anders zu beurteilen ist, wenn nach dem Gesamtkonzept eine Fremdfinanzierung des Erwerbs vorgesehen und damit zur Erzielung negativer Einkünfte eingesetzt wird (vgl. hierzu [X.]/[X.], § 20 E[X.]G Rz 635; vgl. auch Verfügungen der [X.] und [X.] in D[X.]R 2010, 1625, Rz 1), kann dahinstehen, denn der Kläger hat den Erwerb nicht fremdfinanziert.

2. Eine Einschränkung der Verlustverrechnung folgt auch nicht aus § 20 Abs. 2b [X.]atz 2 E[X.]G. Danach liegt ein vorgefertigtes Konzept i.[X.]. des § 15b Abs. 2 [X.]atz 2 E[X.]G auch vor, wenn die positiven Einkünfte nicht der tariflichen Einkommensteuer unterliegen.

Zwar genügt die Vorschrift den Bestimmtheitsanforderungen des Rechtsstaatsprinzips ([X.]enatsurteil in [X.], 421, [X.], 1144; Beschluss des [X.] vom 12. Oktober 2010 - 2 BvL 59/06, [X.] 127, 335). [X.]ie führt nach ihrem Wortlaut jedoch nicht zu dem vom Gesetzgeber verfolgten Ziel, die Ausnutzung der [X.]euersatzspreizung bei der Einführung der [X.]chedule als Missbrauch zu qualifizieren und zu verhindern ([X.]enatsurteil in [X.], 421, [X.], 1144).

a) Der Gesetzgeber wollte mit der Regelung des § 20 Abs. 2b [X.]atz 2 E[X.]G Modelle erfassen, die das [X.]euersatzgefälle zwischen der tariflichen Einkommensteuer gemäß § 32a E[X.]G und dem gesonderten [X.]euertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 32d E[X.]G i.d.[X.] (Unt[X.]RefG) 2008 dadurch ausnutzen, dass die negativen Einkünfte der tariflichen Einkommensteuer und die positiven Einkünfte der Abgeltungsteuer unterliegen (Referentenentwurf eines Jahressteuergesetzes 2007 vom 10. Juli 2006, [X.]. 65; Korn/[X.]rahl, Kölner [X.]euerdialog 2006, 15312, 15327; im Regierungsentwurf BTDrucks 16/2712, [X.]. 50 fehlt jedoch eine entsprechende Begründung).

b) Diese Zielsetzung kommt in dem Wortlaut des § 20 Abs. 2b [X.]atz 2 E[X.]G jedoch nicht zum Ausdruck ([X.]enatsurteil in [X.], 421, [X.], 1144; vgl. auch [X.], in: [X.][X.], a.a.[X.], § 20 Rz I 29 f.; [X.]/[X.]rohm in Frotscher, E[X.]G, [X.] 2011, § 20 Rz 381; [X.]/[X.] in Korn, § 20 E[X.]G Rz 434).

aa) [X.]o lässt die Regelung des § 20 Abs. 2b [X.]atz 2 E[X.]G bereits offen, in welchem Veranlagungszeitraum "die positiven Einkünfte nicht der tariflichen Einkommensteuer unterliegen" müssen, damit ein [X.]euerstundungsmodell i.[X.]. des § 15b Abs. 2 [X.]atz 2 E[X.]G vorliegt (vgl. [X.]enatsurteil in [X.], 421, [X.], 1144).

bb) Zudem handelt es sich auch bei dem gesonderten [X.]euertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 32d E[X.]G i.d.F. des Unt[X.]RefG 2008 um eine "tarifliche Einkommensteuer", da dieser, wie der progressive [X.]euersatz des § 32a E[X.]G, im Abschnitt "[X.]" des E[X.]G geregelt ist. Dass der Gesetzgeber mit dem Begriff der "tariflichen Einkommensteuer" lediglich den progressiven [X.]euersatz nach § 32a E[X.]G bezeichnen wollte, kommt in der gesetzlichen Regelung schon deshalb nicht zum Ausdruck, weil "positive Einkünfte" nie der tariflichen Einkommensteuer des § 32a E[X.]G unterliegen, sondern nur das zu versteuernde Einkommen i.[X.]. des § 2 Abs. 5 [X.]atz 1 E[X.]G ([X.]enatsurteil in [X.], 421, [X.], 1144; [X.], in: [X.][X.], a.a.[X.], § 20 Rz I 29; [X.]/[X.] in Korn, § 20 E[X.]G Rz 434).

c) Danach kann § 20 Abs. 2b [X.]atz 2 E[X.]G nicht dahin verstanden werden, dass ein vorgefertigtes Konzept i.[X.]. des § 15b Abs. 2 [X.]atz 2 E[X.]G stets dann vorliegt, wenn sich ein Verlust im Rahmen der Anwendung des progressiven [X.]euersatzes auswirkt, während ein Gewinn lediglich dem Abgeltungsteuersatz unterliegt.

d) Vor diesem Hintergrund kann allein der Umstand, dass im [X.]reitfall die aus den [X.]n resultierenden negativen Einkünfte dem progressiven [X.]euersatz unterliegen, während die im [X.] zu versteuernden positiven Einkünfte der Abgeltungsteuer unterfallen, keine Verlustverrechnungsbeschränkung gemäß § 15b E[X.]G begründen, und zwar auch dann nicht, wenn die Grenze des § 15b Abs. 3 E[X.]G überschritten ist (a.A. Verfügungen der [X.] und [X.] in D[X.]R 2010, 1625, anders noch BMF[X.]chreiben vom 14. Mai 2007 - IV B 8 [X.] 2252/0, Verfügungen der OFD [X.] in D[X.]R 2008, 1833, und in D[X.]R 2009, 532, und der [X.] vom 7. November 2008, Der Betrieb 2008, 2681).

3. [X.]chließlich kann aus der Ausnutzung des [X.]euersatzgefälles nicht auf eine missbräuchliche Gestaltung i.[X.]. des § 42 der Abgabenordnung ([X.]) geschlossen werden. Der [X.]enat kann dahingestellt lassen, ob die Anwendung des § 42 [X.] im [X.]reitfall bereits deshalb ausgeschlossen ist, weil die §§ 20 Abs. 2b [X.]atz 2, 15b E[X.]G als speziellerer Missbrauchstatbestand lex specialis und damit vorrangig und ausschließlich anwendbar sind. Denn ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten gemäß § 42 [X.] liegt nicht vor, da Vorteile aufgrund unterschiedlicher [X.]euersätze der [X.]chedulenbesteuerung immanent sind ([X.]enatsurteile in [X.], 421, [X.], 1144; vom 24. Februar 2015 - VIII R 44/12, [X.], 224, B[X.]Bl II 2015, 649).

4. Die [X.]ache ist spruchreif. Das [X.]-Urteil war aus den dargelegten Erwägungen aufzuheben, ebenso die den Kläger betreffende streitgegenständliche Feststellung des verrechenbaren Verlustes gemäß § 15b Abs. 4 E[X.]G vom 10. Februar 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. Januar 2012.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 [X.]O.

Meta

VIII R 29/15

07.05.2019

Bundesfinanzhof 8. Senat

Urteil

vorgehend FG Münster, 18. Juni 2015, Az: 12 K 689/12 F, Urteil

§ 15b Abs 1 EStG 2002, § 15b Abs 2 EStG 2002, § 20 Abs 2b EStG 2002, § 42 AO, § 1 Abs 4 InvStG, § 2 Abs 1 InvStG, EStG VZ 2008

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 07.05.2019, Az. VIII R 29/15 (REWIS RS 2019, 7596)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 7596

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