Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.05.2018, Az. V ZB 230/17

V. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 9758

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:BGH:2018:030518BVZB230.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 230/17
vom

3. Mai
2018

in der Zurückweisungshaftsache

-
2
-
Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 3.
Mai
2018
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, die Richterinnen Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und [X.], [X.] Göbel und die Richterin Haberkamp

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 4.
Zivilkammer des [X.] vom 3.
November 2017 wird auf Kos-ten des Betroffenen zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 5.000

Gründe:

I.

Der Betroffene, ein [X.] Staatsangehöriger, versuchte am 16.
April 2017 in das [X.] einzureisen. Da er keine aufenthaltslegiti-mierenden Dokumente vorweisen konnte, verweigerte ihm die beteiligte [X.] die Einreise. Eine [X.] ergab einen Treffer für [X.]. Durch Beschluss vom 17.
April 2017 ordnete das [X.] Haft zur Zurückschiebung

des Betroffenen bis zum 15.
Mai 2017 an. Am 18.
April 2017 gab
das [X.] die Sache an das [X.] ab. Der Betroffene legte mit [X.] seines Verfahrensbevollmächtigten vom 1.
Mai 2017 Beschwerde gegen den Beschluss des [X.] ein.
Am 11.
Mai 2017 beschloss das [X.] die Abgabe der Sache an das 1
-
3
-
Amtsgericht [X.]. Auf Antrag der beteiligten Behörde vom 8.
Mai 2017 hat
das Amtsgericht [X.]
am 11.
Mai 2017 gegen den Be-troffenen Haft zur Sicherung der Zurückweisung bis zum 23.
Mai 2017 ange-ordnet. Der Beschluss mit Rechtsmittelbelehrung ist
dem Betroffenen in der Sitzung des Amtsgerichts am 11.
Mai 2017 ausgehändigt und übersetzt
wor-den. Am 22.
Mai 2017 ist
der Betroffene nach [X.] rücküberstellt
worden. Durch einen am 14.
Juni 2017 eingegangenen [X.] hat
der Verfahrens-bevollmächtigte des Betroffenen gegen den Beschluss vom 11.
Mai 2017 Be-schwerde eingelegt
und beantragt
festzustellen, dass der angefochtene Be-schluss den Betroffenen in seinen Rechten verletzt hat. Vorsorglich hat er [X.] in den vorigen Stand beantragt. Das [X.] hat -
soweit von Interesse -
den Feststellungsantrag als unzulässig verworfen und die Voraus-setzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verneint. Mit der Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die beteiligte Behörde beantragt,
ver-folgt der Betroffene seinen Feststellungsantrag weiter.

II.

Nach Ansicht des [X.] hat der Betroffene die einmonati-ge Frist für die Einlegung der Beschwerde gegen den Beschluss vom 11.
Mai
2017 versäumt. Der Beschluss sei dem Betroffenen in der Sitzung des Amtsgerichts vom 11.
Mai 2017 bekanntgegeben worden, so dass die Monats-frist am 12.
Juni 2017 (11. Juni 2017: Sonntag) geendet habe. Der am 14.
Juni 2017 eingegangene [X.] des Verfahrensbevollmächtigten des [X.] sei daher verspätet. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei nicht zu gewähren, weil die Fristversäumung nicht unverschuldet gewesen sei. Der Be-troffene sei in einer ihm verständlichen Sprache über die Möglichkeit der Be-schwerdeeinlegung belehrt worden. Der Umstand, dass der [X.]
-
4
-
mächtigte vom Amtsgericht über den Anhörungstermin nicht verständigt und ihm der Beschluss vom 11.
Mai 2017 nicht mitgeteilt worden sei, begründe nicht die Wiedereinsetzung. Der Verfahrensbevollmächtigte habe in dem vorliegen-den Verfahren zur Verlängerung der Haft seine Vertretung nicht angezeigt. Das Amtsgericht habe auch sonst keine Kenntnis davon erlangt, dass der [X.] den Betroffenen bereits in dem vorangegangenen Verfah-ren vor dem [X.] vertreten habe. Anlass, ihn in dem hiesigen Verfahren zu beteiligen, habe nicht bestanden. Der
Verfahrensbevollmächtigte
habe aufgrund der Einsicht in die Akten des [X.] gewusst, dass die Stellung eines weiteren Haftantrages beabsichtigt gewesen sei. Er [X.] deshalb seine Bestellung gegenüber der beteiligten Behörde oder dem Amtsgericht [X.]
anzeigen müssen.

III.

Die mit dem Feststellungsantrag gemäß §
62 FamFG zulässige Rechts-beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Beschwerdegericht geht zu Recht
davon aus, dass die gegen den Beschluss des Amtsgerichts [X.]
vom 11.
Mai 2017 gerichtete Beschwerde unzulässig ist.

1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde wurde der Lauf der einmonatigen Frist zur Einlegung der Beschwerde (§
63 Abs.
1 FamFG) durch die im Termin zur Anhörung erfolgte Übergabe des Beschlusses an den Be-troffenen in Gang gesetzt, so dass die am 14.
Juni 2017 bei Gericht eingegan-gene Beschwerde die
Frist nicht gewahrt hat.

3
4
-
5
-

a) Die in dem Termin am 11.
Mai 2017 erfolgte Übergabe war eine wirk-same Bekanntgabe [X.]. §
63 Abs.
3 Satz
1 i.V.m. § 41 Abs. 1 Satz 2 FamFG, weil sie durch Zustellung an den Betroffenen selbst erfolgen konnte (§
15 Abs.
2 Satz 1 FamFG i.V.m. §
173 Satz
1 ZPO). Zwar kann die Zustellung dann, wenn für den Rechtszug ein Verfahrensbevollmächtigter bestellt ist, aus-schließlich an diesen vorgenommen werden (§
15 Abs.
2 Satz
1 FamFG i.V.m. §
172 Abs.
1 Satz
1 ZPO). Hier fehlt es jedoch an einer entsprechenden Bestel-lung des Verfahrensbevollmächtigten.

b) Bestellt ist der Prozessbevollmächtigte bzw. -
in Verfahren der freiwil-ligen Gerichtsbarkeit -
der Verfahrensbevollmächtigte, wenn er selbst oder die [X.] bzw. der Beteiligte
die Vollmacht dem Gericht oder im Falle der [X.]zu-stellung dem Gegner formlos, auch durch schlüssiges Handeln, mitgeteilt hat (vgl. Senat, Beschluss vom 1.
Dezember 2011 -
V [X.], FGPrax
2012, 83 Rn.
10; [X.], 5.
Aufl., §
172 Rn.
5; [X.] ZPO/Dörndorfer, 27.
Ed. [1.12.2017], §
172 Rn.
4; [X.]/[X.], ZPO, 32.
Aufl., §
172 Rn.
6).
Dies ist hier nicht der Fall.

aa) Für eine Bestellung genügt es nicht, dass sich der [X.] im Zusammenhang mit der Einlegung der Beschwerde gegen den Haftanordnungsbeschluss des [X.] vom 17.
April 2017 für den Betroffenen bestellt hatte. Insoweit handelte es sich nämlich um ein eigen-ständiges Verfahren, das mit dem hier in Rede stehenden Verfahren nicht iden-tisch ist. Beide Verfahren betreffen einen unterschiedlichen Gegenstand und wurden auch vor unterschiedlichen Gerichten in jeweils gesonderten Akten ge-führt (vgl. zu diesem Gesichtspunkt Senat, Beschluss vom 1.
Dezember 2011

V [X.], FGPrax
2012, 83 Rn.
10). Anders als die Rechtsbeschwerde meint, prüft der Haftrichter, der über die Verlängerung der Haft entscheidet, in 5
6
7
-
6
-
den Fällen, in denen ein anderes Gericht die Haft erstmalig angeordnet hat, nicht zugleich, ob die Haft überhaupt angeordnet werden durfte. Vielmehr bleibt das Gericht, das die ursprüngliche Haftanordnung erlassen hat, für die Ent-scheidung über die Aussetzung oder Aufhebung dieser Haft gemäß § 424 oder § 426 FamFG so lange zuständig, bis es gemäß § 106 Abs. 2 Satz 2 [X.] die Sache an das Gericht
des Haftortes abgegeben hat (vgl. Senat, Beschluss vom 2. März 2017 -
V [X.], [X.] 2017, 293 Rn. 13).

[X.]) Ob sich die von dem Verfahrensbevollmächtigten in dem Verfahren vor dem [X.] vorgelegte Vollmacht auf die gesamte Haft ein-schließlich einer Verlängerung der Haft bezog, bedarf keiner Entscheidung. Selbst wenn dies zu Gunsten des Betroffenen unterstellt wird, hatte das Amts-gericht [X.]
im [X.]punkt der Aushändigung des Beschlusses vom 11.
Mai
2017 von der Vollmacht keine Kenntnis. Der Abgabebeschluss des [X.], an das das [X.] das Verfahren durch Beschluss vom 18. April 2017 abgegeben hatte, ist erst am 11. Mai 2017 er-gangen, so dass die Akten, die die
Vollmacht enthielten, dem Amtsgericht [X.]
am Tag der Aushändigung des Beschlusses vom 11. Mai 2017 noch nicht vorlagen. In dem Haftantrag der beteiligten Behörde vom 8. Mai 2017 wurde die Bevollmächtigung nicht erwähnt, weil die Behörde nach den Feststellungen des [X.] von der Bevollmächtigung nicht in Kenntnis gesetzt wurde.

2. Im Ergebnis richtig ist auch die weitere Auffassung des [X.], dass die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vorliegen, weil der Betroffene nicht glaubhaft gemacht hat, ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert gewesen zu sein (§
17
FamFG). Hierfür kann dahinstehen, ob -
so das Beschwerdegericht -
von einem 8
9
-
7
-
dem Betroffenen gemäß §
11 Satz
5 FamFG i.V.m. §
85 Abs.
2 ZPO zuzurech-nenden Verschulden seines Verfahrensbevollmächtigten ausgegangen werden kann. Jedenfalls liegt ein eigenes Verschulden des Betroffenen vor. Warum er in der [X.] nach Erhalt des [X.] vom 11. Mai 2017 nebst Rechtsbehelfsbelehrung und Rücküberstellung nach [X.] am 22.
Mai 2017 seinen Verfahrensbevollmächtigten nicht über den Beschluss unterrichtet hat
bzw. bei diesem wegen des weiteren Vorgehens Rücksprache genommen hat, wird in dem Wiedereinsetzungsantrag nicht erläutert. Aus der Inhaftierung allein kann er sein fehlendes Verschulden nicht herleiten (vgl. hierzu auch [X.], Beschluss vom 1.
Dezember 2011 -
V [X.], FGPrax
2012, 83 Rn.
12). Insbesondere ist nicht ersichtlich, warum er seinen Verfahrensbevollmächtigten weder angerufen noch auf schriftlichem Weg Kontakt mit ihm aufgenommen hat. Dass dieser
ohne vorherige Absprache mit ihm
Beschwerde einlegen [X.], konnte er
nicht in Rechnung stellen.
-
8
-
IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §
84 FamFG, die Festsetzung des [X.] auf §
36 Abs.
3 GNotKG.

Stresemann [X.]Brückner

Göbel Haberkamp
Vorinstanzen:

AG [X.], Entscheidung vom 11.05.2017 -
1 [X.] (B) -

LG Traunstein, Entscheidung vom 03.11.2017 -
4 T 1910/17; 4 T 1944/17;
4
T
2003/17 -

10

Meta

V ZB 230/17

03.05.2018

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.05.2018, Az. V ZB 230/17 (REWIS RS 2018, 9758)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 9758

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

V ZB 230/17 (Bundesgerichtshof)

(Zurückweisungshaft: Zustellung des Haftverlängerungsbeschlusses an den Betroffenen bei Bestellung eines Verfahrensbevollmächtigten im Haftanordnungsverfahren; unverschuldete Fristversäumung …


4 T 1910/17; 4 T 1944/17; 4 T 2003/17 (LG Traunstein)

Antrag auf vorläufige Freiheitsentziehung rechtfertigt keine Hauptsacheentscheidung


V ZB 20/14 (Bundesgerichtshof)


V ZB 28/12 (Bundesgerichtshof)


V ZB 92/17 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

V ZB 230/17

V ZB 73/11

V ZB 122/15

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.