Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.11.2016, Az. VI ZR 200/15

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 2779

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2016:081116UVIZR200.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
VI [X.]/15
Verkündet am:

8. November 2016

Böhringer-Mangold

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 199 Abs. 1,
§ 426 Abs. 1 Satz 1
a)
Der Ausgleichsanspruch aus § 426 Abs. 1 Satz 1 [X.] entsteht bereits in dem [X.], in dem die mehreren [X.] dem Geschädigten ersatzpflichtig werden, d.h. mit der Entstehung der Gesamtschuld im Außenverhältnis.
b)
Für den Beginn der Verjährung ist es nicht erforderlich, dass der [X.] beziffert werden bzw. Gegenstand einer Leistungsklage sein kann.
c) Für die Beurteilung der Frage, wann der Ausgleichsanspruch eines zum [X.] verpflichteten Gesamtschuldners gegen den anderen im Sinne des § 199 Abs. 1 [X.] in Hinblick auf Schäden entstanden ist, die erst nach der [X.] des [X.] Tatbestands eingetreten sind, ist der Grund-satz der Schadenseinheit heranzuziehen.
[X.], Urteil vom
8. November 2016 -
VI [X.]/15 -
OLG Hamm

LG Hagen

-

2

-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 8.
November
2016
durch den Vorsitzenden [X.],
die Richterin von [X.], [X.] und die Richterinnen Dr. [X.] und
Müller
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird der Beschluss des 3.
Zivilsenats des [X.] vom 2.
Februar 2015 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin als Haftpflichtversicherer der Ärzte [X.] und Dr. S. nimmt die Beklagten aus übergegangenem Recht ihrer Versicherungsnehmer auf [X.] gemäß § 426 Abs. 1
Satz 1
[X.] in Anspruch.
Am 3. Juni 1993 erlitt der Geschädigte D.W.
einen Arbeitsunfall. Er fügte sich beim Wechsel eines Keilriemens durch den Ventilator der Lichtmaschine eine ca. 5 cm lange [X.] an der [X.] seines rechten Unter-1
2
-

3

-

arms zu. Zur Versorgung
begab er sich in die von Dr. S.
betriebene Chefarzt-ambulanz, wo der diensthabende Arzt [X.]
eine Wunde am rechten Unterarm mit Beugesehnenverletzung diagnostizierte und versorgte. Hierbei unterliefen ihm Behandlungsfehler. Wegen anhaltender Beschwerden (taubes Gefühl, Schmerzen, etc.) trennte der Beklagte zu 1 in dem von der Beklagten zu 2 be-triebenen Krankenhaus am 22. November 1994 zum Zwecke der Schmerzaus-schaltung den Nervus Medianus und den Nervus [X.] durch und nähte die Nerven mittels interfaszikulärer mikroskopischer Nervennaht wieder zusammen. Hierdurch kam es zwar zu einer vorübergehenden Schmerzlinderung. Die [X.] war jedoch in ihrer Funktionsfähigkeit deutlich beeinträchtigt. Am 27.
November 1995 wurde schließlich der rechte Unterarm des Geschädigten amputiert.
Mit rechtskräftigem Urteil des [X.] vom 29. No-vember 2001 wurden [X.] und Dr. S. zur Leistung materiellen und immateriel-len Schadensersatzes an den Geschädigten verurteilt. Darüber hinaus stellte das [X.] die Ersatzpflicht der [X.]. P. und S. für alle weiteren Schäden des Geschädigten fest. Nachdem die Klägerin als Haftpflichtversicherer der [X.]. P. und S. deren Zahlungsverpflichtungen aus dem Urteil
des [X.] vom 29. November 2001 erfüllt hatte, nahm sie die Beklagten auf Gesamtschuldnerausgleich
in Anspruch. Die Beklagten wurden durch rechts-kräftiges Urteil des [X.] vom 24. Oktober 2007 verurteilt, 50 % derjenigen Aufwendungen zu ersetzen, die die Klägerin zum Ersatz
mate-rieller Schäden des Geschädigten erbracht hatte, soweit diese ab dem 22. No-vember 2004
(gemeint ist wohl 1994)
eingetretene Gesundheitsbeeinträchti-gungen betreffen. Das [X.] stellte darüber hinaus fest, dass die Beklagten
als Gesamtschuldner verpflichtet sind, die [X.]. P. und S. von allen weiteren materiellen wie immateriellen Schadensersatzansprüchen des [X.] 50 %
freizustellen, die
diese aufgrund des
Urteils
des Landge-3
-

4

-

richts
Saarbrücken vom 29.
November 2001 zum Ausgleich der ab dem 22.
No-vember 2004 (gemeint ist wohl 1994) eingetretenen Gesundheitsbeeinträchti-gungen zu befriedigen haben. Das [X.] sah es als bewiesen an, dass die von dem Beklagten zu 1 durchgeführte Nervdurchtrennung medizi-nisch nicht indiziert und deshalb behandlungsfehlerhaft gewesen sei.

Da es sich um einen Arbeitsunfall gehandelt hatte, erbrachte die Verwal-tungsberufsgenossenschaft H.

erhebliche Leistungen
an den [X.], so
u.a. [X.], Pflegegeld, Verletztenrente. Darüber hinaus über-nahm sie die Kosten für ärztliche Behandlungen und Arzneimittel. Die Klägerin und die [X.] einigten sich im Frühjahr 2012 dahingehend, dass sämtliche Ansprüche der Berufsgenossenschaft durch [X.] sein sollten. Diesen Betrag zahlte die Klägerin an die Berufsgenossenschaft. Im vorliegenden Verfahren nimmt die Klägerin die Beklagten wegen ihrer Zahlungen an die [X.] ab 22. November 1994 auf Ausgleich im Innenver-hältnis in Anspruch.
Das [X.] hat angenommen, dass die Klägerin gemäß § 426 Abs.
1 Satz 1, 840 Abs. 1 [X.], §
86 Abs. 1 [X.] von den Beklagten im Wege des [X.] Ersatz der Hälfte der Zahlungen verlangen könne, die die Klägerin an die [X.]

zum Ausgleich derjenigen Aufwendungen geleistet habe, die diese für den [X.] ab 1. Januar 2009 getätigt habe. Ansprüche für die Zeit davor seien hin-gegen verjährt. Das [X.] hat die gegen die entsprechende Verur-teilung gerichtete Berufung der Beklagten durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2
ZPO zurückgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgen
die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiter.
4
5
-

5

-

Entscheidungsgründe:
I.
1. Nach Auffassung des Berufungsgerichts stehen
der Klägerin gegen die Beklagten gemäß
§
426 Abs.
1 Satz
1, §
840 Abs.
1 [X.], §
86 Abs.
1 Satz
1 [X.] Ausgleichsansprüche
in Höhe der Hälfte des Betrags
zu, den
sie wegen
der fehlerhaften ärztlichen Behandlung des Geschädigten durch ihre Versicherungsnehmer an die [X.] gezahlt
hat. Diese Ansprüche
seien
insoweit noch nicht verjährt, als ihnen
Leistungen auf die an die Berufsgenossenschaft übergegangenen Schadensersatzansprüche des Geschädigten zugrunde lägen, die erst nach dem 1.
Januar 2009 fällig ge-worden seien. Gemäß §
199 Abs.
1 [X.] beginne die dreijährige Verjährungs-frist
mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt habe oder ohne grobe Fahrlässigkeit Kenntnis erlangt haben müsse. Entstanden sei ein Anspruch, soweit er erstmals vom Gläubiger geltend gemacht und mit einer Klage durchgesetzt werden könne. Dies setze grundsätzlich die Fälligkeit des Anspruchs voraus. Zwar entstehe der Ausgleichsanspruch aus §
426 Abs.
1 Satz
1 [X.] bereits mit der Begrün-dung des [X.]. Er bestehe als Mitwirkungs-
und Befrei-ungsanspruch und wandle sich nach Befriedigung des Gläubigers in einen Zah-lungsanspruch um. Auch soweit er auf Zahlung gerichtet sei, sei er mit der [X.] entstanden. Es sei aber zu beachten, dass auch der Anspruch eines jeden Gesamtschuldners gegen die übrigen, ihren Anteilen entsprechend an der Befriedigung des Gläubigers mitzuwirken, voraussetze, dass die Schuld, von der Befreiung verlangt werde, bereits fällig sei. Solange der Gläubiger die Leistung nicht verlangen könne, sei für eine Pflicht der [X.] Gesamtschuldner, untereinander an der Befriedigung des Gläubigers [X.]
-

6

-

zuwirken, kein Raum. Aus diesem Grund sei eine Geltendmachung derjenigen Freistellungsansprüche, die sich aus erst im weiteren Verlauf nach Schädigung fällig werdenden [X.]en ergäben, grundsätzlich erst zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten der Forderung des Geschädigten möglich, so dass der Ausgleichsanspruch nach §
426 Abs.
1 [X.] auch erst zu diesem Zeitpunkt im Sinne des §
199 Abs.
1 [X.] entstanden sei. In Fällen, in denen einzelne Schadenspositionen nicht bereits mit der Entstehung des [X.]anspruchs des Gläubigers, sondern erst im weiteren Verlauf fällig würden, sei es nicht gerechtfertigt, von dem Grundsatz abzuweichen, dass der [X.] nach §
199 Abs.
1 [X.] die Fälligkeit der Forderung
-
hier des Mitwirkungs-
und Freistellungsanspruchs -
voraussetze. Der vom [X.] zugesprochene Betrag von 229.262,71

s-positionen, hinsichtlich derer der Schadensersatzanspruch der [X.] erst ab dem 1.
Januar 2009 fällig geworden sei. Aus diesem Grund sei
auch der sich auf Leistungen auf diese Schadenspositionen gründende Ausgleichsanspruch der Klägerin gegen die Beklagten erst ab dem 1.
Januar 2009 entstanden.
Die Verjährung des ab 1. Januar 2009 entstandenen [X.] sei durch die am 21. Mai 2012 erfolgte Klageerhebung ge-hemmt worden.

II.
Diese
Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann eine Verjährung des von der Klägerin geltend gemachten Ausgleichsanspruchs aus § 426 Abs. 1 Satz 1 [X.], § 86 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht verneint werden.
7
-

7

-

1. Die Revision wendet sich nicht gegen die Beurteilung
des Berufungs-gerichts, wonach
die Versicherungsnehmer der Klägerin
und die Beklagten we-gen fehlerhafter
ärztlicher
Behandlung des Geschädigten
gegenüber der Be-rufsgenossenschaft als Gesamtschuldner
hafteten, soweit diese
nach dem 22.
November 1994 mit den Ersatzansprüchen des Geschädigten kongruente Leistungen an den Geschädigten
zu erbringen
hatte

823 Abs. 1, §§ 30, 31 bzw. § 831 [X.], §
840 Abs.
1 [X.], § 116 [X.]). Diese Beurteilung
lässt Rechtsfehler nicht erkennen.
Gleiches gilt für die Annahme des Berufungsge-richts, dass ein den Versicherungsnehmern der Klägerin gegen die Beklagten zustehender Ausgleichsanspruch aus § 426 Abs. 1 Satz 1 [X.] gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 [X.] auf die Klägerin übergegangen ist, soweit diese wegen der fehlerhaften ärztlichen Behandlung des Geschädigten durch ihre Versiche-rungsnehmer im April 2012 Zahlungen an die Berufsgenossenschaft erbracht hat (vgl. [X.],
Urteile vom 10. Juli 2014 -
III ZR 441/13, [X.], 587; vom 7. Mai 2015 -
VII ZR 104/14, [X.], 1208; Prölss/[X.]/Armbrüster, [X.], 29. Aufl.
§ 86 Rn. 7).
2. Im Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht
auch
davon ausgegan-gen, dass der Ausgleichsanspruch aus § 426 Abs. 1 Satz 1 [X.] der regelmä-ßigen Verjährungsfrist des § 195 [X.] unterliegt
und diese
Frist gemäß § 199 Abs. 1 [X.] mit dem Schluss des Jahres
beginnt, in dem der Anspruch ent-standen ist und
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden [X.] und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahr-lässigkeit hätte erlangen müssen
(vgl. [X.], Urteil vom 7. Mai 2015 -
VII ZR 104/14, [X.], 1208 Rn. 19;
[X.]/[X.], [X.], [X.], § 426 Rn.
10;
[X.] [X.]/[X.], [X.], § 426 Rn. 3a [Stand: 01.08.2016]).
Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 EG[X.] gilt dies im Grundsatz
auch für am
1. Januar 2002 bestehende
und noch nicht verjährte Ausgleichsansprüche
aus § 426 Abs. 1 Satz 1 [X.].
Denn ist die Verjährungs-8
9
-

8

-

frist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in der seit dem 1. Januar 2002 gelten-den Fassung kürzer als nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in der bis zu [X.] geltenden Fassung, so wird die kürzere Frist von dem 1. Januar 2002 an berechnet
(Art. 229 § 6 Abs. 4
Satz 1 EG[X.]). Richtet sich die Verjährung dabei nach der regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 [X.], so ist der [X.] unter Einbeziehung der subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 [X.] zu berechnen
(vgl. im Einzelnen [X.], Urteil vom 23. Januar 2007 -
XI ZR 44/06, [X.]Z 171, 1 Rn. 19 ff., 28).
3. Die Revision wendet sich aber mit Erfolg
gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts,
wonach der Ausgleichsanspruch aus §
426 Abs.
1 Satz
1 [X.], soweit er sich auf im weiteren Verlauf nach der Schädigung fällig [X.] Schadenspositionen beziehe, erst mit Fälligwerden der
auf Ersatz dieser Positionen gerichteten Forderung
entstehe.
a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des [X.] ent-steht der Ausgleichsanspruch aus § 426 Abs. 1 Satz 1 [X.] bereits in dem [X.], in dem die mehreren [X.] dem Geschädigten ersatzpflich-tig werden, d.h. mit der Entstehung der Gesamtschuld im Außenverhältnis. Er
besteht zunächst als Mitwirkungs-
und Befreiungsanspruch und wandelt sich nach Befriedigung des Gläubigers in einen Zahlungsanspruch um. Unabhängig von seiner Ausprägung als Mitwirkungs-, Befreiungs-
oder Zahlungsanspruch handelt es sich um einen einheitlichen Anspruch, der einer einheitlichen [X.]
unterliegt und mit der Begründung der Gesamtschuld entstanden ist ([X.], Urteile
vom 18. Juni 2009 -
VII ZR 167/08, [X.]Z 181, 310 Rn. 12 ff.; vom 9.
Juli 2009 -
VII ZR 109/08, [X.], 396 Rn. 22; vom 18. Oktober 2012 -
III ZR 312/11, [X.]Z 195, 153
Rn. 13; vom 7. Mai 2015 -
VII ZR 104/14, [X.], 1208 Rn. 19; vgl. auch [X.]/[X.], [X.], Neubear-10
11
-

9

-

beitung 2012, § 426 Rn. 7; [X.] [X.]/[X.], [X.], § 426 Rn. 3a [Stand: 01.08.2016]; [X.]/[X.], [X.], 75. Aufl., § 426 Rn. 4, jeweils
mwN).

Für den Beginn der Verjährung
ist es entgegen der Auffassung des [X.] nicht erforderlich, dass der Ausgleichsanspruch beziffert werden bzw. Gegenstand einer Leistungsklage sein kann. Denn ein Anspruch ist ent-standen, sobald er geltend gemacht und notfalls im Wege der Klage durchge-setzt werden kann. Hierfür genügt die Möglichkeit, eine die Verjährung unter-brechende Feststellungsklage zu erheben (vgl. [X.], Urteile vom 23. März 1987 -
II ZR 190/86, [X.]Z 100, 228 Rn. 14; vom 22. Februar 1979
-
VII ZR 256/77, [X.]Z 73, 363, 365; vom 18. Juni 2009 -
VII ZR 167/08, [X.]Z 181,
310 Rn. 19 mwN; MüKo[X.]/[X.], 7. Aufl., § 199 Rn. 4; [X.] [X.]/[X.]/[X.],
[X.],
§ 199 Rn. 5
[Stand: 01.08.2016]).
b) Nach diesen Grundsätzen ist
der Ausgleichsanspruch der Versiche-rungsnehmer der Klägerin am 22. November 1994 entstanden. An diesem Tag ist das Gesamtschuldverhältnis zwischen den Versicherungsnehmern der Klä-gerin und den Beklagten begründet worden. Dem Geschädigten -
bzw. gemäß § 116 Abs. 1 [X.] der
[X.]
-
ist infolge der vom Beklagten zu 1
an diesem Tag behandlungsfehlerhaft vorgenommenen Stammnervendurchtrennung ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten erwachsen, der auf Ersatz desselben Schadens gerichtet ist, für den die [X.] der Klägerin aufgrund der fehlerhaften unfallchirurgischen Be-handlung des Geschädigten haften (§§ 823, 31, 831, 840 [X.]).
Dieser Beurteilung
steht nicht entgegen, dass dem Geschädigten am 22.
November 1994 lediglich ein Teilschaden entstanden war und die Schäden, deren Ausgleich die Zahlung der Klägerin diente, erst in der Folgezeit eingetre-ten sind. Diese Schäden
standen zwar im Zeitpunkt des Eintritts der ersten 12
13
14
-

10

-

Vermögenseinbuße in ihrer konkreten Ausprägung noch nicht fest. Sie sind aber auf die Behandlungsfehler der Versicherungsnehmer der Klägerin einer-seits sowie der Beklagten andererseits zurückzuführen und waren im Zeitpunkt des Eintritts der ersten Vermögenseinbuße als möglich vorhersehbar. Dies ge-nügt für die Annahme, dass der Ausgleichsanspruch aus § 426 Abs. 1 Satz 1 [X.] auch hinsichtlich dieser Folgeschäden in dem Augenblick entstanden
ist, in dem die Versicherungsnehmer der Klägerin und die Beklagten dem [X.] ersatzpflichtig geworden sind. Denn
insoweit
ist der gesamte, auf
die
jeweilige unerlaubte Handlung zurückzuführende Schaden verjährungsrechtlich als Einheit anzusehen.
aa) Es entspricht der gefestigten Rechtsprechung
des Bundesgerichts-hofs, dass sich der Schadenseintritt bei mehreren Schadensfolgen für die [X.] des Verjährungsrechts anhand des Grundsatzes der Schadenseinheit be-stimmt. Danach gilt der gesamte Schaden, der auf einem bestimmten einheitli-chen Verhalten beruht, bereits mit der ersten Vermögenseinbuße als eingetre-ten, sofern mit den einzelnen Schadensfolgen bereits beim Auftreten des ersten Schadens gerechnet werden konnte. Die Verjährung des Ersatzanspruchs [X.] auch solche nachträglich eintretenden Schadensfolgen, die im Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs als möglich voraussehbar waren
(vgl. Senatsur-teile vom 20. Dezember 1977 -
VI [X.], [X.], 350 Rn. 13; vom 3.
Juni 1997 -
VI [X.], [X.], 1111 Rn. 15; vom 15. März 2011 -
VI
ZR 162/10, [X.], 682 Rn. 8; vom 5. April 2016 -
VI [X.], [X.], 1058 Rn. 15; [X.], Urteile vom 15. Oktober 1992 -
IX ZR 43/92, [X.], 251 Rn. 35; vom 21. Februar 2005 -
II ZR 112/03, [X.], 852 Rn.
9).
Zur Hemmung der Verjährung, die mit dem früheren Schadenseintritt begonnen hat, ist die Erhebung einer Feststellungsklage erforderlich. Tritt eine als möglich voraussehbare Spätfolge ein, wird für sie keine selbständige Ver-jährungsfrist in Lauf gesetzt (vgl. [X.], Urteile vom 22. Februar 1979 -
VII ZR 15
-

11

-

256/77, [X.]Z 73, 363, 365; [X.], Urteil vom 23. März 1987 -
II ZR 190/86, [X.]Z 100, 228, 231; vom 21. Februar 2005 -
II ZR 112/03, [X.], 852 Rn.
9; vgl. auch Senatsurteil vom 24. April 2012 -
VI [X.], [X.], 924 Rn. 19 zur subjektiven Kenntnis im Rahmen des § 852 Abs. 1 [X.] aF). Der Grundsatz der Schadenseinheit beruht auf den Geboten der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit (Senatsurteile
vom 3. Juni 1997 -
VI [X.], [X.], 1111 Rn. 13; vom 24. April 2012 -
VI [X.], [X.], 924 Rn.
19). Er findet seine
Rechtfertigung darüber hinaus
darin, dass es dem [X.] in aller Regel zuzumuten ist, sich schon aufgrund der Kenntnis von der [X.] (Erst-) Schädigung durch eine Feststellungsklage bezüglich aller weiteren Schadensfolgen gegen Verjährung zu sichern (vgl. Se-natsurteile vom 7. Juni 1983 -
VI [X.]/81,
VersR 1983, 735, 737; vom 19. Dezember 1989 -
VI ZR 57/89,
VersR 1990, 497; vom
27. November 1990 -
VI ZR 2/90, NJW 1991, 973 Rn. 14).
Das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz hat am Grundsatz der Scha-denseinheit nichts geändert. Auf
Hinweis des Rechtsausschusses ist der ur-sprünglich im Regierungsentwurf enthaltene Begriff der Fälligkeit durch das bis-herige Erfordernis -
Entstehung der Forderung -
ersetzt worden. Grund hierfür war der Umstand, dass der von der Rechtsprechung "namentlich im Delikts-recht angewandte Grundsatz der Schadenseinheit" durch den Entwurf keine Änderung erfahren sollte, in den Fällen der Schadenseinheit aber nicht ange-nommen werden könne, der Ersatzanspruch werde mit Auftreten des ersten Schadens auch insoweit bereits fällig, als zwar vorhersehbare, in ihrer konkre-ten Ausprägung aber noch nicht feststehende Spätfolgen betroffen seien (vgl. Begr. [X.], [X.]. 14/6040 S. 108; Rechtsausschuss, [X.]. 14/7052, S.
180; MünchKomm-[X.]/[X.], 7. Aufl., § 199 Rn. 4, 9).

16
-

12

-

bb) Der
Senat hat den
Grundsatz der Schadenseinheit
bereits auf die Beurteilung der Frage
übertragen, ob ein vor der Eröffnung des Insolvenzver-fahrens entstandener Schadensersatzanspruch
hinsichtlich solcher Schadens-folgen
der Restschuldbefreiung unterfällt, die nach dem Zeitpunkt entstanden sind, in dem die Forderung spätestens zur Insolvenztabelle hätte angemeldet werden müssen. Treten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens neue schädi-gende Folgen zu den bereits zuvor entstandenen hinzu, so ist für das Insol-venzverfahren eine einheitliche Behandlung geboten, soweit die [X.] als möglich vorauszusehen war (vgl. Senatsurteil vom 5.
April 2016 -
VI [X.], [X.], 1058 Rn. 15).
cc)
Der Grundsatz der Schadenseinheit ist
auch für die
Beurteilung der Frage
heranzuziehen, wann der Ausgleichsanspruch eines zum [X.] verpflichteten Gesamtschuldners gegen den anderen
in Hinblick auf Schä-den
entstanden ist, die erst nach der Verwirklichung des [X.] Tatbestands eingetreten
sind.
Auch insoweit stellt sich der gesamte aus einer unerlaubten Handlung oder Vertragsverletzung entspringende Schaden als Einheit dar, die alle Folgezustände umfasst, die im Zeitpunkt der Erlangung all-gemeinen Wissens um den Erstschaden
als möglich voraussehbar waren. Die Ausgleichungspflicht ist eine Folge der Schadensersatzpflicht. Sie wurzelt in dem inneren Schuldverhältnis, das zwischen den [X.] besteht. Dementsprechend entsteht der Ausgleichsanspruch
als einheitlicher Anspruch bereits in dem Augenblick, in dem die für denselben Schaden verantwortlichen [X.] dem Geschädigten ersatzpflichtig werden, also regelmäßig im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses
(vgl. Senatsurteil vom 21. November 1953 -
VI ZR 82/52,
[X.]Z 11, 170, 174; [X.], Urteil vom 18. Juni 2009 -
VII ZR 167/08, [X.]Z 181, 310 Rn. 12 ff.; vom 9. Juli 2009 -
VII ZR 109/08, [X.], 396 Rn. 22; vom 18. Oktober 2012 -
III ZR 312/11, [X.]Z 195, 153, Rn.
13, jeweils mwN).
Mit diesem Wesen des Ausgleichsanspruchs
als einheit-17
18
-

13

-

licher Anspruch
ist die
Auffassung des Berufungsgerichts
nicht in Einklang zu bringen, "der Ausgleichsanspruch" entstehe
erst
mit jeder im weiteren Verlauf nach der Schädigung fällig werdenden [X.]. Diese Auffas-sung
führte zu einer unbegrenzten Vielzahl von Ausgleichsansprüchen
dessel-ben [X.] aufgrund derselben Verletzungshandlung.
Als Folge der Schadensersatzpflicht bezieht sich die Ausgleichungspflicht vielmehr von [X.] auf den gesamten, einer unerlaubten Handlung oder Vertragsverletzung entspringenden und im Zeitpunkt des Eintritts der ersten Vermögenseinbuße absehbaren Schaden. Ein solches Verständnis mit der Folge einer relativ früh-zeitigen Verjährung des Ausgleichsanspruchs trägt den Geboten der Rechts-klarheit und Rechtssicherheit Rechnung und belastet den Ausgleichsberechtig-ten nicht unbillig. Er ist hinreichend durch das zusätzliche -
auch in Überlei-tungsfällen nach Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EG[X.] zu berücksichtigende (vgl. [X.], Urteil vom 23. Januar 2007 -
XI ZR 44/06, [X.]Z 171, 1 Rn. 19 ff.) -
Er-fordernis des § 199 Abs. 1 Nr.
2 [X.] geschützt
(vgl. [X.], Urteil vom 18. Juni 2009 -
VII ZR 167/08, [X.]Z 181, 310 Rn. 17).
[X.]) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts
steht
diese Beurtei-lung nicht im Widerspruch zu den Urteilen des [X.] vom 7. November 1985 ([X.], [X.], 170)
und vom 5. März 1981 ([X.], [X.] 1981, 594). Zwar hat der III. Zivilsenat in seinem Urteil vom 7. November 1985 ausgeführt, der bereits vor einer eigenen Leistung an den Gläubiger be-stehende Anspruch eines Gesamtschuldners gegen die anderen Gesamt-schuldner, ihren Anteilen entsprechend an einer Befriedigung des Gläubigers mitzuwirken und ihn in dieser Höhe von seiner Verbindlichkeit gegenüber dem Gläubiger freizustellen,
setze
die Fälligkeit der Schuld voraus, von der Befrei-ung verlangt werde. Diese Ausführungen beziehen sich aber nur auf die Mög-lichkeit eines Gesamtschuldners, den anderen Gesamtschuldner im Wege der Leistungsklage
auf anteilige Mitwirkung bei der Befriedigung des Gläubigers in 19
-

14

-

Anspruch zu nehmen
([X.], Urteil vom 7. November 1985 -
[X.], [X.], 170
Rn. 13 f.). Entsprechendes
gilt für die Ausführungen des III.
Zivilsenats in seinem Urteil vom 5. März 1981 ([X.], [X.] 1981, 594 Rn. 27), wonach der mithaftende Gesamtschuldner seine [X.] bei Fäl-ligkeit der Schuld darauf in Anspruch nehmen könne, ihn von der Verbindlich-keit in der Höhe zu befreien, der der jeweiligen internen Ausgleichspflicht ent-spricht. Mit diesen Ausführungen hat der III. Zivilsenat begründet, warum sich ein Zurückbehaltungsrecht des mithaftenden Gesamtschuldners nicht aus-schließen lässt. Ein Zurückbehaltungsrecht
setzt aber einen fälligen Gegenan-spruch voraus. Der Annahme, dass der Ausgleichsanspruch aus § 426 Abs. 1 [X.] bereits vor der Fälligkeit des Anspruchs auf Ersatz von -
im Zeitpunkt des Eintritts der ersten Vermögenseinbuße vorhersehbarer, in ihrer konkreten Aus-prägung aber noch nicht feststehender
-
Folgeschäden im Sinne des § 199 Abs. 1 [X.] entstanden ist
und zum Gegenstand einer Feststellungsklage gemacht werden kann,
stehen die Erwägungen des [X.] nicht entgegen (vgl. auch [X.], Urteil vom 18. Oktober 2012 -
III ZR 312/11, [X.]Z 195, 153 Rn. 13).

III.
Der angefochtene Beschluss war aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§
562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Sache ist nicht entscheidungsreif, da das Berufungsgericht -
aus seiner Sicht konsequent -
keine Feststellungen

20
-

15

-

zu den subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 [X.] und zum Einwand der Klägerin getroffen hat, die Berufung auf die Einrede der [X.] verstoße gegen [X.] und Glauben.
Galke
von [X.]
[X.]

[X.]
Müller

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 13.11.2013 -
10 O 124/12 -

OLG Hamm, Entscheidung vom 02.02.2015 -
I-3 [X.]/13 -

Meta

VI ZR 200/15

08.11.2016

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.11.2016, Az. VI ZR 200/15 (REWIS RS 2016, 2779)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 2779

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VI ZR 200/15 (Bundesgerichtshof)

Ausgleichsanspruch eines Gesamtschuldners: Entstehung und Verjährung des Ausgleichsanspruchs eines Haftpflichtversicherers


3 U 175/13 (Oberlandesgericht Hamm)


VII ZR 167/08 (Bundesgerichtshof)


VII ZR 109/08 (Bundesgerichtshof)


IX ZR 216/20 (Bundesgerichtshof)

Insolvenzverwalterhaftung: Verjährungsfrist bei Übergang von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis auf einen leistenden Gesamtschuldner; Wirkung eines …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

VI ZR 200/15

III ZR 441/13

VII ZR 104/14

III ZR 312/11

VI ZR 283/15

VI ZR 329/10

3 U 175/13

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.