Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 16.11.2017, Az. 2 A 5/16

2. Senat | REWIS RS 2017, 2226

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Gegenstand

Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit


Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen seine Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit.

2

Der ... Kläger ist seit ... beim [X.] ([X.]) beschäftigt, derzeit im Statusamt eines ... Er ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung (GdB) von ....

3

Bereits in den Jahren von 2006 bis 2008 kam es beim Kläger ausweislich der darüber geführten Abwesenheitskarten zu erheblichen Lang- und Kurzzeiterkrankungen. Ab dem 1. März 2006 wurde er in einer Dienststelle nahe seines Wohnorts eingesetzt, ohne dass die Fehlzeiten sich dadurch signifikant verringerten. Ab Februar 2009 bis Ende August 2015 (dem Zeitpunkt seiner hier angefochtenen Zurruhesetzung) leistete der Kläger auf der Grundlage zahlreicher privatärztlicher Atteste, in denen ihm jeweils Arbeits- bzw. Dienstunfähigkeit bescheinigt wurde, sowie aufgrund von Rehabilitationsmaßnahmen beim [X.] keinen Dienst mehr.

4

Hintergrund der Krankheitsgeschichte des [X.] waren von diesem erhobene Vorwürfe, er werde in seiner Dienststelle bzw. von seinen Vorgesetzten "gemobbt". Später erweiterte er diese Vorwürfe allgemein auf "den [X.]" als Behörde (ohne personalen Bezug). Zum Gesundheitszustand des [X.] wurden im Laufe der Jahre mehrere fach- und amtsärztliche Stellungnahmen vom Kläger vorgelegt bzw. vom [X.] eingeholt. Von fachmedizinischer Seite wurde beim Kläger eine psychische Symptomatik festgestellt, die konkret und kausal durch seine bisherige Tätigkeit beim [X.] entstanden sei; diese habe Krankheitswert und Auswirkungen auf seine Dienstfähigkeit.

5

In einer Stellungnahme vom 8. Mai 2014, der eine Untersuchung vom 28. April 2014 zugrunde lag, kam der Amtsarzt des Landratsamtes S. - abweichend von früheren gegenteiligen Beurteilungen - zu dem Ergebnis, dass der Kläger aus medizinischer Sicht dauerhaft dienstunfähig sei. Auf schriftliche Nachfrage des [X.] verneinte der Amtsarzt in einer ergänzenden Stellungnahme vom 5. Juni 2014 eine anderweitige, auch geringerwertige Beschäftigungsmöglichkeit. Mit [X.] vom 7. Oktober 2014 teilte der [X.] dem Kläger mit, dass beabsichtigt sei, ihn wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den vorzeitigen Ruhestand zu versetzen. Der Kläger nahm dazu mit anwaltlichem Schreiben vom 23. Oktober 2014 Stellung. Aufgrund der darin erhobenen Einwendungen bat der [X.] den Amtsarzt, zu den vom Kläger vorgelegten privatärztlichen Bescheinigungen Stellung zu nehmen und diese im Zusammenhang mit der zuletzt festgestellten Dienstunfähigkeit zu bewerten. Unter dem 15. Januar 2015 bestätigte der Amtsarzt seine vorangegangene Stellungnahme.

6

Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom ... August 2015 verfügte der Präsident des [X.] die Versetzung des [X.] wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den vorzeitigen Ruhestand mit Ablauf des 31. August 2015. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Nach nochmaliger Prüfung unter Auswertung der amtsärztlichen Stellungnahme vom 15. Januar 2015 bestehe keine Aussicht auf Wiederherstellung der vollen oder einer begrenzten Dienstfähigkeit des [X.]; auch sei aufgrund der Schwere der Erkrankung des [X.] dessen Weiterverwendung in einer geringerwertigen Tätigkeit oder einem anderem Amt nicht möglich.

7

Der Kläger legte Widerspruch ein: Es sei unterlassen worden, konkrete anderweitige Einsatzmöglichkeiten zu prüfen. Der [X.] habe sich insoweit ohne eigene Überprüfung pauschal auf die ungenügende amtsärztliche Stellungnahme des [X.] bezogen. Es wäre veranlasst gewesen, konkrete Einsatzmöglichkeiten zu eruieren und ggf. in eine Überprüfung der Frage, ob diese gesundheitlich geeignet sind, neben der Anhörung des Beamten auch andere ärztliche Einschätzungen einzubeziehen.

8

Der [X.] wies den Widerspruch zurück. Zur Begründung nahm er unter Auflistung und Auswertung der zahlreichen ärztlichen Stellungnahmen u.a. auf eine fachärztliche Begutachtung durch das [X.] Bezug. Nachdem auch die amtsärztlich empfohlene mehrwöchige stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der Fachklinik H. ohne Erfolg geblieben sei, sei die im Frühjahr 2014 veranlasste erneute amtsärztliche Begutachtung erforderlich geworden. Die hiergegen erhobenen Einwände betreffend die Prüfung einer anderweitigen Verwendung seien angesichts der langjährigen Krankengeschichte des [X.] nicht geeignet, die amtsärztliche Beurteilung in Frage zu stellen.

9

Der Kläger hat am 25. Juli 2016 Klage erhoben; zu deren Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Es sei zwischen den Beteiligten unstreitig, dass ihm eine weitere Beschäftigung beim [X.] nicht möglich sei. Er trete jedoch der Annahme entgegen, dass dies auch für alle sonstigen Verwendungen als Bundesbeamter der Fall sei; insoweit hätte die Beklagte weitere Anstrengungen unternehmen müssen, um ihn laufbahngerecht oder ggf. unterwertig ganz oder teilweise anderweitig einzusetzen. Es wäre Pflicht der Beklagten gewesen, den Amtsarzt mit der Frage anderweitiger Einsatzmöglichkeiten zu konfrontieren und zu hinterfragen, ob dessen Beurteilung auch die Schlussfolgerung auf eine fehlende anderweitige Verwendungsmöglichkeit erlaube.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Präsidenten des [X.]es vom ... August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom ... Juni 2016 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verteidigt den angefochtenen Bescheid: Sie sei auf der Grundlage der plausiblen amtsärztlichen Stellungnahme zu der Auffassung gelangt, dass beim Kläger keine Aussicht auf Wiederherstellung seiner vollen oder begrenzten Dienstfähigkeit bestehe und auch außerhalb des [X.] eine anderweitige Verwendung nicht möglich sei. Entgegen den wiederholten Vorwürfen des [X.] sei der Amtsarzt auch und gerade um eine Beurteilung der letztgenannten Frage gebeten worden; dieser habe eine solche Möglichkeit verneint.

Der Senatsvorsitzende hat am 10. Juli 2017 die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert. In dem Termin haben die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

[X.]ie zulässige Klage, über die zu entscheiden das [X.] erstinstanzlich zuständig ist (§ 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO) und über die es im Einverständnis der Beteiligten ohne [X.]urchführung einer mündlichen Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist unbegründet. [X.]er Zurruhesetzungsbescheid des [X.] vom ... August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom ... Juni 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheids ist § 44 des Bundesbeamtengesetzes ([X.]) in der zum maßgeblichen [X.]punkt der Zustellung des Widerspruchsbescheids ([X.], Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 C 22.13 - [X.]E 150, 1 Rn. 10) gültigen und in der Folgezeit insoweit unveränderten Fassung des [X.] vom 5. Februar 2009 ([X.] <170>).

Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist ein Beamter auf Lebenszeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze in den Ruhestand zu versetzen, wenn er wegen seines körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner [X.]ienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) ist. [X.]ienstunfähigkeit in diesem Sinne ist eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung für die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand. In den Ruhestand wird nicht versetzt, wer anderweitig verwendbar ist (§ 44 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 bis 4 [X.]). Kann der Beamte den Anforderungen seines Amtes und denjenigen einer anderweitigen Verwendung nicht mehr voll entsprechen, aber unter Beibehaltung des übertragenen Amtes seine [X.]ienstpflichten noch während mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit erfüllen, soll er für begrenzt dienstfähig erklärt werden (§ 45 [X.]).

Gemessen an diesen gesetzlichen Voraussetzungen hat die Beklagte den Kläger ohne Rechtsfehler vorzeitig in den Ruhestand versetzt. [X.]enn der Kläger ist dienstunfähig (1.) und auch nicht anderweitig verwendbar (2.).

1. [X.]er Kläger ist dienstunfähig, weil er aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner [X.]ienstpflichten dauernd unfähig ist (§ 44 Abs. 1 Satz 1 [X.]).

a) [X.]er Begriff der [X.]ienstunfähigkeit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der der uneingeschränkten Nachprüfung der Verwaltungsgerichte unterliegt. Für die Feststellung der gesundheitsbedingten Einschränkungen der Leistungsfähigkeit eines Beamten kommt dem [X.]ienstherrn kein der Kontrollbefugnis der Gerichte entzogener Beurteilungsspielraum zu ([X.], Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 C 22.13 - [X.]E 150, 1 Rn. 17).

Zur Annahme einer [X.]ienstunfähigkeit reicht es nicht aus, dass der Beamte die Aufgaben des von ihm wahrgenommenen Amtes im konkret-funktionellen Sinn ([X.]ienstposten) nicht mehr erfüllen kann. [X.]enn Maßstab für die Beurteilung der [X.]ienstunfähigkeit ist das dem Beamten zuletzt übertragene Amt im abstrakt-funktionellen Sinn. Es umfasst alle bei der Beschäftigungsbehörde dauerhaft eingerichteten [X.]ienstposten, auf denen der Beamte [X.] beschäftigt werden kann. [X.]aher setzt [X.]ienstunfähigkeit voraus, dass bei der Beschäftigungsbehörde kein [X.]ienstposten zur Verfügung steht, der dem statusrechtlichen [X.] zugeordnet und gesundheitlich für ihn geeignet ist (stRspr, vgl. etwa [X.], Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 - [X.]E 133, 297 Rn. 14).

Zur Beurteilung der [X.]ienstfähigkeit müssen die gesundheitlichen [X.] festgestellt und deren prognostische Entwicklung bewertet werden. [X.]ies setzt in der Regel medizinische Sachkunde voraus, über die nur ein Arzt verfügt. [X.]ementsprechend sieht § 47 Abs. 1 Satz 1 [X.] vor, dass der [X.]ienstherr seine Einschätzung auf der Grundlage eines ärztlichen Gutachtens zu treffen hat.

Ein ärztliches Gutachten muss, um Grundlage für eine vorzeitige Zurruhesetzung zu sein, die medizinischen Befunde und Schlussfolgerungen so plausibel und nachvollziehbar darlegen, dass die zuständige Behörde auf dieser Grundlage entscheiden kann, ob der Beamte zur Erfüllung der [X.]ienstpflichten seines (abstrakt-funktionellen) Amtes dauernd unfähig ist. Es muss nicht nur das Untersuchungsergebnis mitteilen, sondern auch die das Ergebnis tragenden Feststellungen und Gründe enthalten, soweit deren Kenntnis für die Behörde unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für die zu treffende Entscheidung erforderlich ist (stRspr, vgl. [X.], Urteile vom 30. Oktober 2013 - 2 C 16.12 - [X.]E 148, 204 Rn. 31 und vom 19. März 2015 - 2 C 37.13 - [X.] 232.0 § 44 [X.] 2009 Nr. 7 Rn. 11 f.; Beschluss vom 13. März 2014 - 2 [X.] - [X.] 232.0 § 48 [X.] 2009 Nr. 1 Rn. 8 f.). Es muss darüber hinaus auch in medizinischer Hinsicht die erforderlichen tatsächlichen Grundlagen dafür liefern, dass der [X.]ienstherr darüber entscheiden kann, ob der Beamte anderweitig auf einem anderen (und ggf. wie beschaffenen) [X.]ienstposten verwendbar ist (§ 44 Abs. 2 bis 4 [X.]; vgl. auch [X.], Urteil vom 31. August 2017 - 2 A 6.15 - [X.] 3 und 4 sowie Rn. 63 ff.).

In diesem Zusammenhang kommt einer amtsärztlichen Stellungnahme als neutrale, unabhängige, in [X.]istanz zu beiden Beteiligten stehende Einschätzung im Verhältnis zu privatärztlichen Attesten eine vorrangige Bedeutung zu (stRspr, vgl. [X.], Urteile vom 9. Oktober 2002 - 1 [X.] 3.02 - juris Rn. 22, vom 12. Oktober 2006 - 1 [X.] 2.05 - juris Rn. 35 und vom 5. Juni 2014 - 2 C 22.13 - [X.]E 150, 1 Rn. 20).

[X.]ie Einschaltung eines Arztes bedeutet nicht, dass diesem die Entscheidungsverantwortung für die Beurteilung der [X.]ienstfähigkeit übertragen werden darf. Aufgabe des Arztes ist es (lediglich), den Gesundheitszustand des Beamten festzustellen und medizinisch zu bewerten; hieraus die Schlussfolgerungen für die Beurteilung der [X.]ienstfähigkeit zu ziehen, ist dagegen Aufgabe der Behörde und ggf. des Gerichts. [X.]er Arzt wird lediglich als sachverständiger Helfer tätig, um den zuständigen Stellen diejenige Fachkenntnis zu vermitteln, die für deren Entscheidung erforderlich ist (stRspr, vgl. etwa [X.], Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 C 22.13 - [X.]E 150, 1 Rn. 18). [X.]er [X.]ienstherr muss die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden ([X.], Urteile vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 - [X.]E 147, 53 Rn. 11 und vom 30. Oktober 2013 - 2 C 16.12 - [X.]E 148, 204 Rn. 31 ff.).

b) Gemessen an diesen Anforderungen ist die Annahme der Beklagten, der Kläger sei (inzwischen) aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner [X.]ienstpflichten dauernd unfähig, mithin dienstunfähig [X.]. § 44 Abs. 1 Satz 1 [X.], nicht zu beanstanden. [X.]avon geht auch der Kläger selbst aus.

[X.]er [X.] durfte sich für die angefochtene Zurruhesetzungsentscheidung auf die im Verwaltungsverfahren von ihm eingeholte Stellungnahme des Amtsarztes des Landratsamtes S. vom 8. Mai 2014 stützen, die dieser auf Einwände des [X.] hin mehrfach bestätigt, ergänzt und erläutert hat. [X.]erzufolge leidet der Kläger an einer chronifizierten seelischen Störung mit derartigen Auswirkungen auf seine [X.]ienstfähigkeit, dass er (jedenfalls nunmehr) als dienstunfähig anzusehen ist. [X.]iese amtsärztliche Stellungnahme ist in Anbetracht der langjährigen, teilweise unterschiedlichen Beurteilung des Gesundheitszustandes des [X.] und unter Bezugnahme auf weitere, von ihr angeführte fachärztliche Begutachtungen im Ergebnis plausibel und nachvollziehbar. Sie genügt vor dem genannten Hintergrund - gerade noch - den dargestellten Anforderungen an eine ärztliche gutachtliche Stellungnahme im Zurruhesetzungsverfahren.

[X.]er Stellungnahme ist zu entnehmen, dass der untersuchende Amtsarzt unter der Rubrik "negatives Leistungsbild" eine Reihe von gesundheitlichen Einschränkungen und Beeinträchtigungen festgestellt hat (Ziff. 2), dass er eine Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit zu einem späteren [X.]punkt für unwahrscheinlich gehalten hat, weil sämtliche Behandlungsmaßnahmen der letzten Jahre nicht zum Wiedereintritt nachhaltiger [X.]ienstfähigkeit beim derzeitigen [X.]ienstherrn (gemeint ist die Beschäftigungsbehörde [X.]) geführt hätten (Ziff. 5), dass er weitere Rehabilitationsmaßnahmen für nicht erfolgsversprechend gehalten hat (Ziff. 8) und dass er die Möglichkeit einer Beschäftigung des [X.] mit reduzierter Arbeitszeit auf dem bisherigen [X.]ienstposten verneint (Ziff. 6) bzw. wegen einer Verwendung auf einem anderen [X.]ienstposten auf das negative Leistungsbild verwiesen hat (Ziff. 7). Insgesamt wird der Kläger in dieser amtsärztlichen Begutachtung in der Gesamtbeurteilung ([X.]) als dauernd dienstunfähig erachtet (Ziff. 1, ebenso Ziff. 9).

[X.]er Kläger macht der Sache nach geltend, seine psychische Beeinträchtigung sei rein behördenbezogen, sie beträfe allein "seine Vorgesetzten" beim [X.] oder (ohne personalen Bezug) "den [X.]". Bei psychischen oder Verhaltensstörungen erfolgt eine fachmedizinische Plausibilisierung der behaupteten Beeinträchtigung jedoch regelmäßig unter Rückgriff auf die Kategorien des Kapitels V der Internationalen Klassifikation der Krankheiten und verwandten Gesundheitsprobleme (IC[X.]). [X.]ie Annahme einer [X.]ienstunfähigkeit wegen einer bloßen tätigkeits- oder behördenbezogenen psychischen Beeinträchtigung ("Schülerphobie", "[X.]-Phobie") - jenseits anerkannter IC[X.]-Klassifikationen - ist rechtlich ausgeschlossen (vgl. [X.], Urteil vom 31. August 2017 - 2 A 6.15 - [X.] 4 und Rn. 65).

2. Ohne Rechtsfehler hat die Beklagte weiter angenommen, dass der Kläger auch anderweitig nicht verwendbar ist (§ 44 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 bis 4 [X.]).

Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 3 [X.] wird nicht in den Ruhestand versetzt, wer anderweitig verwendbar ist. [X.]ie insoweit in Betracht kommenden Möglichkeiten einer anderweitigen Verwendung in einem anderen Amt, auch in einer anderen Laufbahn und auch mit geringerem Endgrundgehalt, oder der Übertragung einer geringerwertigen Tätigkeit sind in § 44 Abs. 2 bis 4 [X.] geregelt.

[X.]amit hat der Gesetzgeber dem [X.]ienstherrn die Verpflichtung auferlegt, für dienstunfähige Beamte nach anderweitigen, ihnen gesundheitlich möglichen und zumutbaren Verwendungen zu suchen ([X.], Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 - [X.]E 133, 297 Rn. 25 ff. zu § 42 Abs. 3 [X.] a.F.). Erst wenn feststeht, dass der in seiner Beschäftigungsbehörde dienstunfähige Beamte auch nicht anderweitig von seinem [X.]ienstherrn eingesetzt werden kann, darf er wegen [X.]ienstunfähigkeit vorzeitig zur Ruhe gesetzt werden. Ohne gesetzliche Suchpflicht könnte die Verwaltung über die Geltung des Grundsatzes "Weiterverwendung vor Versorgung" nach Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit entscheiden und autonom festlegen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Kriterien sie sich um eine anderweitige Verwendung bemüht. [X.]as wäre mit Wortlaut und Zweck des Gesetzes unvereinbar ([X.], Urteile vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 - [X.]E 133, 297 Rn. 25 ff. und vom 19. März 2015 - 2 C 37.13 - [X.] 232.0 § 44 [X.] 2009 Nr. 7 Rn. 15).

[X.]ie Suche nach einer anderweitigen Verwendung ist auf den gesamten Bereich des [X.]ienstherrn zu erstrecken. [X.]ies folgt aus dem Wortlaut des § 44 Abs. 2 Satz 2 [X.], der die Übertragung eines neuen Amtes für zulässig erklärt, wenn es zum Bereich desselben [X.]ienstherrn gehört. [X.]ie Suche muss sich auf [X.]ienstposten erstrecken, die frei sind oder in absehbarer [X.] voraussichtlich neu zu besetzen sind. [X.]agegen begründet § 44 Abs. 2 [X.] keine Verpflichtung anderer Behörden, personelle oder organisatorische Änderungen vorzunehmen, um eine Weiterverwendung zu ermöglichen ([X.], Urteile vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 - [X.]E 133, 297 Rn. 29 und vom 19. März 2015 - 2 C 37.13 - [X.] 232.0 § 44 [X.] 2009 Nr. 7 Rn. 17 ff., dort auch zu weiteren Anforderungen aus der Suchpflicht).

[X.]ie Verpflichtung zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung des dienstunfähigen Beamten entfällt allerdings dann, wenn ihr Zweck im konkreten Einzelfall von vornherein nicht erreicht werden kann. [X.]as kann dann der Fall sein, wenn der Beamte auf absehbare [X.] oder auf [X.]auer keinerlei [X.]ienst leisten kann. Ist der Beamte generell dienstunfähig, ist eine Suche nach in Betracht kommenden anderweitigen [X.]ienstposten oder Tätigkeitsfeldern nicht erforderlich ([X.], Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 C 22.13 - [X.]E 150, 1 Rn. 34 m.w.N.). Eine solche generelle [X.]ienstunfähigkeit ist anzunehmen, wenn die Erkrankung des Beamten von solcher Art oder Schwere ist, dass er für sämtliche [X.]ienstposten der betreffenden oder einer anderen Laufbahn, in die er wechseln könnte, ersichtlich gesundheitlich ungeeignet ist ([X.], Urteil vom 30. Oktober 2013 - 2 C 16.12 - [X.]E 148, 204 Rn. 40) oder wenn bei dem Beamten keinerlei Restleistungsvermögen mehr festzustellen ist ([X.], Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 C 22.13 - [X.]E 150, 1 Rn. 27).

b) Ohne Rechtsfehler hat die Beklagte angenommen, dass eine derartige, die Suche nach einer anderweitigen Verwendung des Beamten entbehrlich machende Situation auch im vorliegenden Fall gegeben war. [X.]ie dagegen gerichteten Einwände des [X.], die Beklagte sei ihrer Prüf- und Suchpflicht nicht nachgekommen, gehen fehl.

[X.]er [X.] hat den Amtsarzt ausdrücklich auch zu den Möglichkeiten einer anderweitigen Verwendung des [X.] befragt. Auf die Nachfrage des [X.] hat der Amtsarzt mit ergänzendem Schreiben vom 5. Juni 2014 erneut bestätigt, es sei nicht zu erwarten, dass der Kläger den gesundheitlichen Anforderungen einer anderweitigen Tätigkeit in einer geringerwertigen Beschäftigung genügen werde, mittlerweile gelte Gleiches auch für die Versetzung zu einem anderen [X.]ienstherrn; aus medizinischer Sicht werde beim Kläger keine anderweitige Verwendungsfähigkeit (mehr) gesehen. In einem weiteren Schreiben vom selben Tag an den [X.] betont der Amtsarzt, dass er seine Begutachtung durch ein vom Kläger selbst vorgelegtes Attest des Facharztes für Psychiatrie [X.]r. M. vom 4. Juni 2014 bestätigt sehe, in dem dieser dem Kläger Arbeitsunfähigkeit für weitere zwei Monate bescheinigt, und zwar ohne eine Einschränkung dahingehend, dass dies nur für eine Tätigkeit beim derzeitigen "Arbeitgeber" gelte (gemeint ist seine derzeitige Beschäftigungsbehörde). [X.]ies decke sich mit dem amtsärztlich festgestellten Befund, dass generelle [X.]ienstunfähigkeit gegeben sei.

In seiner weiteren Stellungnahme vom 15. Januar 2015 hat der Amtsarzt darauf hingewiesen, dass in seine Gesamteinschätzung selbstverständlich auch Überlegungen wie mögliche - weitere - Rehabilitationsmöglichkeiten oder ein [X.]ienstortwechsel mit eingeflossen seien. Ein [X.]ienstpostenwechsel sei bereits in der Vergangenheit versucht worden, habe aber ausweislich der Atteste des [X.]r. M. auch nach dessen Auffassung zu keiner Verbesserung der gesundheitlichen Situation des [X.] geführt. Mit seinen wiederholten [X.]en [X.]ienstunfähigkeitsattesten vom 4. Juni und 7. August 2014 über einen weiteren [X.]raum von rund vier Monaten teile der vom Kläger eingeschaltete Facharzt letztlich die amtsärztliche Einschätzung. Wegen der Versetzung zu einem anderen [X.]ienstherrn verweist der Amtsarzt auf das vorliegende fachpsychiatrische Gutachten des [X.]r. [X.]r. N. vom [X.], wonach mit hoher Wahrscheinlichkeit eine [X.]ienstunfähigkeit des [X.] auch bei einer Versetzung an eine andere Behörde bestehe. Schließlich sei auch mit der jüngsten mehrwöchigen stationären Rehabilitationsmaßnahme (Februar/März 2014) keine Verbesserung der (dienstlichen) Leistungsfähigkeit des [X.] erreicht worden.

[X.]er Senat hält all dies für nachvollziehbar und plausibel. Nach Ansicht des Senats kommt dabei der vom Amtsarzt in Bezug genommenen fachärztlichen Begutachtung des [X.]r. [X.]r. N. vom [X.] entscheidende Bedeutung zu; darin heißt es insbesondere: Beim Kläger liege eine chronifizierte Anpassungsstörung vor, die aufgrund der eingetretenen psychopathologischen Veränderungen ein weiteres Tätigwerden bei seiner bisherigen Behörde ausschließe. Auch hinsichtlich einer Verwendung in einer anderen Behörde sei der Kläger aus psychiatrischer Sicht ebenfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit dienstunfähig. Zwar bestehe eine gewisse Behandlungsaussicht mittels spezialisierter psychotherapeutischer Methoden; dafür sei aber eine Mindestmotivation seitens des Betroffenen erforderlich. [X.]ieser könne aufgrund seiner Grundstörung solche therapeutischen Angebote aber nur als Zumutung empfinden. [X.]eswegen seien Erfolg versprechende therapeutische Optionen nicht sichtbar.

[X.]iese Ausführungen machen sowohl der über die [X.]ienstunfähigkeit des [X.] zunächst entscheidenden Behörde als auch nachfolgend dem Gericht, das deren Rechtsanwendung zu kontrollieren hat, plausibel und nachvollziehbar, dass und warum die beim Kläger unternommenen Behandlungsversuche erfolglos geblieben sind und auch seine anderweitige Verwendung ausgeschlossen erscheint. [X.]er Senat sieht in diesen Ausführungen zudem eine Bestätigung einer früheren amtsärztlichen Stellungnahme (Medizinalrätin [X.]r. A. vom 11. August 2010), ihrerseits gestützt u.a. auf ein psychiatrisches Zusatzgutachten des [X.]r. F., Nervenarzt und Facharzt für psychosomatische Medizin und Psychotherapie, [X.]irektor des [X.] Auch wenn diese am Anfang der Krankheitsentwicklung des [X.] eingeholte Stellungnahme diesen noch nicht als dienstunfähig ansah, sind in ihr doch die Ursachen der bereits damals festgestellten psychisch-psychosomatischen Beeinträchtigung und Persönlichkeitsstörung des [X.] beschrieben. [X.]iese beruhe auf rezidivierenden Kränkungsereignissen bei einer gleichzeitigen zu [X.]ekompensation neigenden [X.]. [X.]er Kläger verfüge über ein stärker als üblich ausgeprägtes Geltungsbedürfnis. Aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur habe er ein gesteigertes Bedürfnis nach Anerkennung und Wertschätzung durch hochrangige Vorgesetzte. [X.]ie aufgetretenen Fehlzeiten seien Ausdruck eines eskalierten Konfliktes im Sinne eines symmetrischen Machtkampfes. [X.]er Kläger habe sich inzwischen zu einer Haltung verstiegen, in der er den [X.] letztlich wie einen Feind betrachte, den es zu bekämpfen gelte. Eine anderweitige Verwendung wird deshalb bereits von diesem frühen psychiatrischen Zusatzgutachten als vorsichtig skeptisch angesehen.

Für den Senat wird aus diesen hier auszugsweise wiedergegebenen Begutachtungen deutlich, dass zum damaligen [X.]punkt angesichts der beschriebenen psychischen Beeinträchtigungen zwar noch eine (in der Begutachtung aufgezeigte, aber fachärztlich bereits bezweifelte) Aussicht auf fachtherapeutische Behandlung und Milderung bestand. Bereits in ihrer folgenden Stellungnahme vom 7. April 2011 führt dieselbe Amtsärztin aber aus, dass das Krankheitsbild des [X.] mittlerweile so fixiert und ein möglicher Interventionszeitpunkt bereits versäumt sei, dass dahingehende Erfolgsaussichten als sehr gering einzuschätzen seien. [X.]ie von ihr empfohlene psychiatrische Zusatzbegutachtung führte dann zu der oben wiedergegebenen negativen Beurteilung von [X.]r. [X.]r. N., auf die das der Zurruhesetzungsverfügung zugrundeliegende amtsärztliche Gutachten ausdrücklich Bezug nimmt.

[X.]er Senat entnimmt all dem, dass das ins psychisch-krankhafte gesteigerte - wenn gleich von ihm subjektiv so nicht wahrgenommene - Selbstwertgefühl und [X.] des [X.] sich inzwischen soweit verfestigt haben, dass es aufgrund dessen in jedem Vorgesetztenverhältnis, in dem dem Kläger diese Anerkennung nicht zuteilwird, mithin auch außerhalb der Beschäftigungsbehörde [X.], zu denselben Konflikten, Fehlzeiten und letztlich ebenfalls zu dauernder [X.]ienstunfähigkeit des [X.] kommen wird. [X.]abei zieht der Senat auch in seine Bewertung ein, dass der Kläger, der sich inzwischen im ... Lebensjahr befindet und über mehr als acht Jahre keinen [X.]ienst mehr geleistet hat, in einer anderen, neuen Beschäftigungsbehörde unweigerlich Anfangsschwierigkeiten haben würde, die zwangsläufig seinem erwähnten [X.] zuwiderlaufen müssen, mithin das beschriebene Konfliktpotential und die Aussicht, dass es zu weiteren Fehlzeiten wegen [X.]ienstunfähigkeit kommen wird, sehr wahrscheinlich ist. All dies rechtfertigt die von der Beklagten gezogene Schlussfolgerung, der Kläger sei auch anderweitig nicht verwendbar [X.]. § 44 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 bis 4 [X.].

3. [X.]ie Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Meta

2 A 5/16

16.11.2017

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: A

§ 44 Abs 1 S 3 BBG, § 44 Abs 1 S 1 BBG, § 44 Abs 2 S 2 BBG, § 44 Abs 3 BBG, § 44 Abs 4 BBG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 16.11.2017, Az. 2 A 5/16 (REWIS RS 2017, 2226)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 2226

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