Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.05.2023, Az. XII ZB 30/23

12. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 3630

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Gegenstand

Versorgungsausgleich: Bemessung des Ausgleichswerts einer Ausgleichsrente


Leitsatz

Der Ausgleichswert einer schuldrechtlichen Ausgleichsrente bemisst sich nach dem Ehezeitanteil der tatsächlich ausgezahlten Rente.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 10. Zivilsenats - Familiensenat - des [X.] vom 21. Dezember 2022 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.

Wert: 7.240 €

Gründe

I.

1

Auf den am 29. Juli 2005 zugestellten Antrag wurde die am 21. Mai 1977 geschlossene Ehe des Antragstellers (im Folgenden: Ehemann) und der Antragsgegnerin (im Folgenden: Ehefrau) durch Urteil des Familiengerichts vom 21. November 2007 geschieden. Nach den im Scheidungsurteil getroffenen Feststellungen erwarben beide Ehegatten während der Ehezeit (1. Mai 1977 bis 30. Juni 2005; § 1587 Abs. 2 BGB aF, jetzt § 3 Abs. 1 [X.]) Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung, darüber hinaus die Ehefrau ein Anrecht bei dem Versorgungswerk der Apothekerkammer Nordrhein (im Folgenden: Beteiligter) und der Ehemann ein Anrecht bei der [X.] Ausgleichskasse. Im Hinblick auf das bei dem ausländischen Versorgungsträger begründete Anrecht, dessen Wert nicht ermittelt werden konnte, blieb der gesamte Versorgungsausgleich dem schuldrechtlichen Ausgleich vorbehalten.

2

In der Folgezeit ist das in [X.] erworbene Anrecht nach Maßgabe [X.] Rechts unter den Ehegatten geteilt worden.

3

Der Ehemann bezieht seit dem 1. Oktober 2015, die Ehefrau seit dem 1. Februar 2017 eine Regelaltersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Beide Ehegatten erhalten außerdem Versorgungsbezüge aus dem geteilten [X.] Anrecht.

4

Mit seinem am 13. September 2017 eingegangenen Antrag hat der Ehemann die (nachträgliche) interne Teilung des bei dem Beteiligten bestehenden Anrechts und hilfsweise die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs hinsichtlich dieses Anrechts nebst entsprechender Teilabtretung der laufenden Versorgung an ihn beantragt. Nach den neu eingeholten [X.] erwarb der Ehemann während der Ehezeit in der gesetzlichen Rentenversicherung 2,6519 Entgeltpunkte mit einem vorgeschlagenen [X.] von 1,3260 Entgeltpunkten und einem korrespondierenden Kapitalwert von 7.645,66 [X.]; die Ehefrau erwarb 1,9992 Entgeltpunkte mit einem vorgeschlagenen [X.] von 0,9996 Entgeltpunkten und einem korrespondierenden Kapitalwert von 5.763,65 [X.]. In der berufsständischen Versorgung erwarb sie nach der Versorgungsauskunft des Beteiligten ein ehezeitliches Anrecht in Höhe von 186.511,30 [X.] an [X.] als Bezugsgröße, was einer ehezeitlich erworbenen [X.] von monatlich 2.670,19 [X.] entsprach. Private Krankenversicherungsbeiträge leistete die Ehefrau in Höhe von monatlich 552,35 [X.] (2017), 552,61 [X.] (2018), 571,17 [X.] (2019 und 2020), 641,04 [X.] (2021) und 643,44 [X.] (2022).

5

Aus der berufsständischen Versorgung bezieht die Ehefrau von dem Beteiligten seit dem 1. November 2012 eine Rente, die wegen Vorverlegung des Rentenbeginns um 46 Monate um 22 % gekürzt ist. Von dem tatsächlich ausgezahlten Rentenbetrag entfallen 2.046,30 [X.] monatlich auf den Ehezeitanteil. Ohne die Kürzung wegen vorgezogenen Rentenbeginns erhielte die Ehefrau aus dem Ehezeitanteil eine Rente von 2.623,46 [X.] ausgezahlt.

6

Auf den Hilfsantrag hat das Familiengericht die Ehefrau verpflichtet, an den Ehemann ab dem 1. April 2021 eine monatliche schuldrechtliche Ausgleichsrente in Höhe von 1.027,33 [X.] zu zahlen und in dieser Höhe ihren laufenden Versorgungsanspruch gegen den Beteiligten an den Ehemann abzutreten. Ferner hat es die Ehefrau verpflichtet, an den Ehemann für die [X.] vom 1. Oktober 2017 bis 31. März 2021 eine rückständige Ausgleichsrente von insgesamt 43.287,45 [X.] zu zahlen.

7

Das [X.] hat die auf den Umfang des schuldrechtlichen Ausgleichs beschränkte Beschwerde des Ehemanns mit der Maßgabe, dass die vom Familiengericht ausgesprochenen Zahlungsverpflichtungen mit 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab näher bestimmten [X.]punkten zu verzinsen sind, zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Ehemanns.

II.

8

Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.

9

1. Das [X.] hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Ausgehend von dem tatsächlich ausgezahlten, auf die Ehezeit entfallenden Rentenbetrag von monatlich 2.046,30 [X.] betrage der [X.] 1.023,15 [X.]. Es sei die um 22 % gekürzte Rente zugrunde zu legen, da der vorzeitige Bezug der Altersrente Ehezeitbezug habe. Der schuldrechtliche Ausgleich erfordere tatbestandlich die Existenz einer laufenden Versorgung. Deren tatsächliche Höhe bedürfe keiner Prognose mehr, sondern sei unschwer ermittelbar. Im schuldrechtlichen Ausgleich blieben nur solche [X.] Umstände unberücksichtigt, die das Anrecht im Vergleich zum ehezeitlichen Wert erhöht hätten, wie insbesondere ein Karrieresprung.

Abzuziehen vom [X.] seien die von der Ehefrau aufgewendeten Kosten der privaten Krankenversicherung. Einer Kürzung des Abzugs im Hinblick darauf, dass die private Krankenversicherung ein über die gesetzliche Krankenversicherung hinausgehendes Leistungsspektrum abdecke, bedürfe es hier nicht, da die Ehefrau ihre [X.] bereits durch Vereinbarung einer Selbstbeteiligung von 1.100 [X.] deutlich gemindert habe. Die aufgewendeten Kosten seien je hälftig der Rente aus der berufsständischen Versorgung und der Rente aus der [X.] Versorgung zuzuordnen. Die auf die berufsständische Versorgung entfallende Hälfte sei mit der Quote zu berücksichtigen, die auf den Anteil des [X.]s an der aus dem Anrecht bezogenen Gesamtrente entfalle, nämlich (1.023,15 [X.] [X.] / 2.500,02 [X.] Gesamtrente =) 40,09 %. Abzuziehen vom [X.] seien somit monatlich 113,03 [X.] (2017), 113,08 [X.] (2018), 116,88 [X.] (2019 und 2020), 131,17 [X.] (2021) und 131,67 [X.] (2022).

Danach ergebe sich für den Ehemann kein günstigeres Ergebnis als vom Familiengericht ausgesprochen, sodass die von ihm eingelegte Beschwerde, abgesehen von der noch auszusprechenden Verzinsung, erfolglos bleibe.

2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung stand.

Der Ehemann hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung einer schuldrechtlichen Ausgleichsrente nach § 20 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Die Höhe der schuldrechtlichen Ausgleichsrente entspricht dem [X.], das heißt der Hälfte des Ehezeitanteils der laufenden Bruttoversorgung, abzüglich der hierauf entfallenden Sozialversicherungsbeiträge oder vergleichbarer Aufwendungen (Senatsbeschluss vom 9. Dezember 2015 - [X.] 586/13 - FamRZ 2016, 442 Rn. 14).

a) Bei der Ermittlung des [X.]s der schuldrechtlichen Ausgleichsrente ist das [X.] zutreffend von der tatsächlich ausgezahlten, wegen vorzeitiger Inanspruchnahme um 22 % verminderten Rente ausgegangen.

aa) Die Auswirkungen der vorgezogenen Inanspruchnahme einer Altersrente auf die Teilung des Anrechts sind für den Wertausgleich bei der Scheidung und den Wertausgleich nach der Scheidung nicht einheitlich geregelt.

Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung werden bei der Scheidung in der Bezugsgröße Entgeltpunkte geteilt. Diese Bezugsgröße bestimmt einheitlich den [X.] und den Kürzungsbetrag im Versorgungsausgleich und ist für jeden Ehegatten wirkungsneutral hinsichtlich des [X.]punkts der Inanspruchnahme der Altersrente. Nimmt ein Ehegatte die Altersrente vorzeitig in Anspruch, berechnet sich der Rentenabschlag für ihn persönlich nach dem für jeden Kalendermonat um 0,003 niedrigeren Zugangsfaktor (§ 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 lit. a [X.]). Nimmt er die Rente nach Erreichen der Regelaltersgrenze nicht in Anspruch, erhöht sich für ihn persönlich der Zugangsfaktor um 0,005 je Kalendermonat (§ 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 lit. b [X.]). Der Zugangsfaktor wirkt für jeden Ehegatten persönlich auf das ihm nach der Teilung verbleibende Anrecht.

Befindet sich das Anrecht bei der Teilung in der Leistungsphase und hat der ausgleichspflichtige Ehegatte bereits Altersrente vorzeitig in Anspruch genommen, bleibt der Zugangsfaktor bei der Anrechtsteilung unberücksichtigt. Zwar hatte der Senat für das bis zum 30. September 2009 geltende [X.] angenommen, dass eine noch während der Ehezeit erfolgte vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente zu einer Verkürzung des [X.]s führe. Denn soweit die bereits zurückgelegten Kalendermonate vorzeitigen [X.] in die Ehezeit fielen, stehe bereits fest, dass der Versicherte eine gesetzliche Altersrente mit dem Zugangsfaktor 1,0 nicht mehr erreichen kann, sodass eine fiktive Berechnung des [X.] mit diesem Zugangsfaktor dem wirklichen Wert seiner Versorgung am Ende der Ehezeit nicht entspreche. Es sei dann mit dem [X.] nicht in Einklang zu bringen, wenn der Zugangsfaktor auch insoweit unberücksichtigt bleibe, als die für seine Veränderung maßgeblichen [X.]en vorzeitigen [X.] in die Ehezeit fallen (Senatsbeschluss vom 14. Dezember 2011 - [X.] 23/08 - FamRZ 2012, 769 Rn. 15 mwN).

Diese Rechtsprechung des Senats hat der Gesetzgeber jedoch im Rahmen der Strukturreform des Versorgungsausgleichs ausdrücklich nicht aufgreifen und in das neue Recht übertragen wollen (vgl. BT-Drucks. 16/10144 S. 80). Weil der ehezeitliche Versorgungserwerb nach neuem [X.] auf der Basis der jeweiligen Bezugsgröße auszugleichen ist, bleibt eine Berücksichtigung des Zugangsfaktors im Versorgungsausgleich vielmehr ausgeschlossen (Senatsbeschluss vom 11. Mai 2016 - [X.] 480/13 - FamRZ 2016, 1343 Rn. 12).

bb) Wie bei der gesetzlichen Rente handelt es sich auch bei der berufsständischen Versorgung des Beteiligten um ein unmittelbar zu bewertendes Anrecht, denn für die Höhe der laufenden Versorgung ist die Summe der entrichteten Beiträge bestimmend (§ 39 Abs. 2 Nr. 4 [X.]).

Wird ein bei dem Beteiligten bestehendes Anrecht bei der Scheidung geteilt, werden nach § 30 Abs. 3 Satz 2 und 3 der Satzung des Beteiligten in der hier anwendbaren Fassung die auf die Ehezeit entfallenden Versorgungsbeiträge des Mitglieds um die Hälfte gekürzt und diese Hälfte dem [X.] zugeteilt. Nach vollzogener Teilung sind die Rentenansprüche beider Ehegatten aufgrund der gekürzten bzw. zugefallenen Versorgungsbeiträge neu zu berechnen (§ 30 Abs. 4 der Satzung). Auch diese Teilung ist grundsätzlich wirkungsneutral hinsichtlich des [X.]punkts der Inanspruchnahme der Altersrente. Denn die Höhe der Altersrente bestimmt sich nach den Beiträgen des einzelnen Mitglieds (§ 34 Abs. 1 der Satzung), vermindert oder erhöht im Falle vorgezogener oder hinausgeschobener Inanspruchnahme der Altersrente durch das Mitglied (§ 27 Abs. 3 und 5 der Satzung). Damit wirken diese Zu- und Abschläge für jeden Ehegatten wie in der gesetzlichen Rentenversicherung persönlich auf das ihm nach der Teilung verbleibende bzw. zugefallene Anrecht.

cc) Beim Versorgungsausgleich nach der Scheidung bemisst sich die schuldrechtliche Ausgleichsrente zwar ebenfalls nach dem [X.] zum Stichtag Ehezeitende ([X.]/[X.]/[X.] 16. Aufl. § 20 [X.] Rn. 13), wobei rechtliche und tatsächliche Veränderungen, die auf den Ehezeitanteil zurückwirken, ebenso zu berücksichtigen sind wie allgemeine Wertanpassungen (§ 5 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 4 Satz 2 [X.]).

Allerdings besteht beim Versorgungsausgleich nach der Scheidung die Besonderheit, dass der [X.] nicht wie bei der Scheidung in der für das Versorgungssystem maßgeblichen Bezugsgröße anzugeben (§ 5 Abs. 1 [X.]), sondern stattdessen der Rentenbetrag zu berechnen ist (§ 5 Abs. 4 Satz 1 [X.]). Da im Falle eines Ausgleichs nach der Scheidung kein eigenständiges Versorgungsanrecht für den [X.] begründet wird, bemisst sich die Höhe seiner Versorgung von vornherein nicht nach seinen auf die Bezugsgröße wirkenden persönlichen Verhältnissen - etwa nach seinen biometrischen Faktoren -, sondern nur nach den Verhältnissen der ausgleichspflichtigen Person. Der [X.] partizipiert hälftig an dem Ehezeitanteil der vom [X.] tatsächlich bezogenen Versorgung ([X.] Der Versorgungsausgleich 4. Aufl. Rn. 660; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] [X.] 3. Aufl. § 20 [X.] Rn. 25; [X.]/[X.] 9. Aufl. § 20 [X.] Rn. 46).

Die abweichende Anknüpfung des [X.]s an den Rentenbetrag einer tatsächlich bezogenen Versorgung anstatt an die Bezugsgröße des Versorgungssystems bedingt auch eine eigenständige Qualifizierung derjenigen rechtlichen oder tatsächlichen Veränderungen nach dem Ende der Ehezeit, die auf den Ehezeitanteil zurückwirken (§ 5 Abs. 2 Satz 2 [X.]). Denn der vorgezogene oder hinausgeschobene Bezug des [X.] ist hier kein Bemessungsfaktor, der wie im Falle einer Teilung bei der Scheidung unabhängig von der Bezugsgröße des Versorgungssystems individuell für beide Ehegatten auf das ihnen jeweils verbleibende und verselbständigte Teilanrecht angewendet werden könnte. Er wirkt vielmehr unmittelbar und einheitlich auf die vom [X.] tatsächlich bezogene Versorgung und damit auf den Rentenbetrag als [X.] im Sinne des § 5 Abs. 4 Satz 1 [X.] (vgl. [X.] Der Versorgungsausgleich 4. Aufl. Rn. 663; [X.]/[X.]/[X.] 16. Aufl. § 20 [X.] Rn. 13 sowie zum früheren Recht bereits Senatsbeschluss vom 11. Juni 2008 - [X.] 154/07 - FamRZ 2008, 1512 Rn. 21).

Gleichzeitig ergibt sich bei [X.] aus einem nach der Scheidung zu teilenden Anrecht grundsätzlich von Beginn an auch für den ausgleichsberechtigten Ehegatten die Möglichkeit einer vorgezogenen Teilhabe daran durch schuldrechtliche Ausgleichsrente, sobald er selbst die persönlichen Voraussetzungen nach § 20 Abs. 2 [X.] erfüllt. Kann aber der [X.] in einem solchen Fall grundsätzlich auch bereits vorgezogen an einer Altersrente zu Lasten des [X.] teilhaben, ergibt sich kein Grund, seine Teilhabe nicht auch an den damit einhergehenden Abschlägen auszurichten. Umgekehrt bestünde kein Anlass, dem [X.] eine Teilhabe an den Zuschlägen zu verwehren, die die ausgleichspflichtige Person erwirbt, wenn sie den Beginn des Altersrentenbezugs und damit zugleich den Einsatz der schuldrechtlichen Ausgleichsrente hinausschiebt.

Dabei kommt es nicht darauf an, ob der [X.] im konkreten Einzelfall tatsächlich ab dem Beginn des [X.] durch den [X.] entweder im [X.] oder im Wege der schuldrechtlichen Ausgleichsrente daran teilhat ([X.][X.]/[X.] Familienrecht 7. Aufl. § 20 [X.] Rn. 43). Vielmehr teilt der [X.] das Schicksal der auszugleichenden Versorgung allein wegen der Möglichkeit seiner Teilhabe daran, und zwar nicht nur hinsichtlich der anzuwendenden Rechnungsgrundlagen, sondern ebenso hinsichtlich des Rentenbeginns und der sich daraus ergebenden Zu- und Abschläge.

Dieses Verständnis steht auch im Einklang mit der Versorgungssituation nach dem Versterben des [X.]. Nach § 25 Abs. 1 [X.] kann, wenn die ausgleichspflichtige Person stirbt und ein noch nicht ausgeglichenes Anrecht besteht, die ausgleichsberechtigte Person vom Versorgungsträger die Hinterbliebenenversorgung verlangen, die sie erhielte, wenn die Ehe bis zum Tod der ausgleichspflichtigen Person fortbestanden hätte. Auch dieser verlängerte Anspruch leitet sich, nach näherer Maßgabe der jeweiligen Versorgungsordnung, grundsätzlich von den Rechnungsgrundlagen des auszugleichenden Anrechts und denjenigen Zu- und Abschlägen ab, wie sie für den [X.] anzuwenden waren.

Unberücksichtigt beim Wertausgleich nach der Scheidung bleiben danach im Wesentlichen nur solche [X.] Veränderungen, die auf neu hinzugetretenen individuellen Umständen beruhen, wie einem späteren beruflichen Aufstieg des Versicherten oder einem zusätzlichen persönlichen Einsatz (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Dezember 2015 - [X.] 586/13 - FamRZ 2016, 442 Rn. 19 mwN).

dd) Zu Unrecht beanstandet die Rechtsbeschwerde, dass die allgemeinen Wertanpassungen entgegen § 5 Abs. 4 Satz 2 [X.] nicht berücksichtigt worden seien. Denn der zuletzt erteilten Versorgungsauskunft sind die tatsächlich an die Ehefrau gezahlten Rentenbeträge aus dem Ehezeitanteil zugrunde gelegt, die ab dem Beginn der Rente zum 1. November 2012 nicht angepasst worden sind, abgesehen von einer Erhöhung um 5,31 [X.] monatlich aus einer Überschussbeteiligung.

b) Auch die Behandlung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge durch das [X.] hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.

aa) Nach § 20 Abs. 1 Satz 2 [X.] sind vom [X.] der laufenden Bruttorente die hierauf entfallenden Sozialversicherungsbeiträge oder vergleichbaren Aufwendungen abzuziehen. Vergleichbare Aufwendungen im Sinne von § 20 Abs. 1 Satz 2 [X.] sind ausweislich der Gesetzesmaterialien insbesondere Beiträge für eine private Kranken- und Pflegeversicherung (Senatsbeschluss vom 9. Dezember 2015 - [X.] 586/13 - FamRZ 2016, 442 Rn. 41 mwN).

bb) Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist, dass das [X.] seiner Berechnung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 [X.] die tatsächlich von der Ehefrau erbrachten Versicherungsbeiträge zugrunde gelegt hat. Das gilt hier schon deswegen, weil die Ehefrau ihre Beitragsbelastung durch die Vereinbarung einer Selbstbeteiligung bereits deutlich gemindert hat (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Dezember 2015 - [X.] 586/13 - FamRZ 2016, 442 Rn. 44 mwN).

cc) Auch lassen sich aus Rechtsgründen keine Bedenken dagegen erheben, dass das [X.] den auf den [X.] entfallenden Anteil der privaten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ermittelt hat, indem es die berücksichtigungsfähigen Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung mit dem Quotienten aus dem [X.] und der Gesamtrente aus dem Anrecht multipliziert hat (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Dezember 2015 - [X.] 586/13 - FamRZ 2016, 442 Rn. 49).

dd) Der Anregung der Rechtsbeschwerde, im Wege einer Beschränkung des Versorgungsausgleichs nach § 27 [X.] die anteiligen [X.] der Ehefrau unberücksichtigt zu lassen, weil das [X.] Anrecht des Ehemanns ohne Abzug seiner Krankenkassenbeiträge geteilt worden ist, konnte schon deshalb nicht entsprochen werden, weil § 27 [X.] als Rechtsfolge nur eine Beschränkung des Versorgungsausgleichs kennt, nicht aber dessen Erweiterung über das nach § 20 Abs. 1 [X.] angeordnete Maß hinaus, wie es der Ehemann begehrt.

Die Vorschrift des § 20 Abs. 1 Satz 2 [X.] dient grundsätzlich der Verwirklichung des [X.]es (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Dezember 2015 - [X.] 586/13 - FamRZ 2016, 442 Rn. 41, 44). Sie enthält jedoch keine Öffnungsklausel, die es erlauben würde, vom Abzug der [X.] ausnahmsweise abzusehen, wenn der von der Regelung erstrebte Zweck durch den Abzug nicht verwirklicht wird.

c) Ebenso entsteht dem Ehemann kein dem [X.] widersprechender Nachteil dadurch, dass ihm infolge der in [X.] vorgenommenen Realteilung die Möglichkeit genommen worden sei, den auf die Ehezeit entfallenden Anteil an der Rente nach Maßgabe des § 10 Abs. 1a Nr. 4 EStG steuermindernd als Sonderausgaben geltend zu machen. Denn anders als bei einem schuldrechtlichen Ausgleich ist es weder ersichtlich noch von dem Ehemann hinreichend dargelegt, dass er zur Einkommensteuer auf den Teil des [X.] Anrechts, der direkt an die Ehefrau ausgezahlt wird, veranlagt wird.

Guhling     

  

Günter     

  

Nedden-Boeger

  

Botur     

  

Pernice     

  

Meta

XII ZB 30/23

10.05.2023

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Köln, 21. Dezember 2022, Az: II-10 UF 53/21

§ 5 Abs 4 VersAusglG, § 20 Abs 1 VersAusglG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.05.2023, Az. XII ZB 30/23 (REWIS RS 2023, 3630)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 3630

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