Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.01.2010, Az. 5 StR 169/09

5. Strafsenat | REWIS RS 2010, 9887

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Gegenstand

Hauptverhandlungsprotokoll im Strafverfahren: Fehlender Eintrag über den Abschluss des Selbstleseverfahrens


Leitsatz

Mangelhaft protokolliertes Selbstleseverfahren.

Tenor

Auf die Revision des Angeklagten [X.] wird das Urteil des [X.] vom 16. Oktober 2008, soweit es diesen Angeklagten betrifft, gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Betruges in Tateinheit mit Beihilfe zur Untreue unter Einbeziehung der durch Urteil des [X.]s Lübeck vom 14. Dezember 2004 verhängten Einzelstrafen und Auflösung der dort gebildeten Gesamtstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Auf die Vollstreckung dieser Gesamtfreiheitsstrafe hat das [X.] für erbrachte Bewährungsauflagen drei Monate angerechnet. Das [X.] hat den Angeklagten ferner wegen Beihilfe zur Untreue in zwei Fällen zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts und beanstandet das Verfahren. Das Rechtsmittel hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg.

2

1. Gegenstand der Verurteilung sind Kreditaufnahmen im Interesse des Angeklagten für Grundstücksgeschäfte zum Nachteil des Kreditgebers, der [X.] ([X.]) eG, im Fall 1. tateinheitlich mit einem als Betrug ausgeurteilten Verkauf eines Grundstücks. Das [X.] hat seine Beweise in großem Umfang durch Urkunden im Selbstleseverfahren erhoben (vgl. auch [X.]sbeschluss vom heutigen Tage hinsichtlich des Mitangeklagten [X.]. [X.]). Die vom Angeklagten wegen Verletzung der § 249 Abs. 2 Satz 1 und 3, § 261 StPO erhobene Inbegriffsrüge greift hinsichtlich zahlreicher Urkunden aus der „Urkundenliste 3“ durch.

3

2. Der Vorsitzende der Wirtschaftsstrafkammer hat in der Hauptverhandlung vom 1. Juli 2008 angeordnet, dass mit den Tatvorwürfen gegen den Angeklagten im Zusammenhang stehende 162 Urkunden der Urkundenliste 3 gemäß § 249 Abs. 2 StPO im Wege des [X.] in die Hauptverhandlung eingeführt werden. Das [X.] enthält keinen Eintrag über den Abschluss des [X.]. Eine nach Eingang der Revisionsbegründung vom Vorsitzenden erstrebte Berichtigung des Protokolls hinsichtlich des von ihm sicher erinnerten, indes nicht protokollierten Abschlusses des [X.] am 8. Juli 2008 kam nicht zustande, weil sich die Protokollführerin daran nicht mehr erinnert hat (S. 2 der dienstlichen Erklärung des Vorsitzenden vom 3. März 2009; [X.]. 8723).

4

3. Bei dieser Sachlage bleibt das unberichtigt gebliebene Protokoll für die Entscheidung des [X.]s maßgeblich ([X.]R StPO § 249 Abs. 2 Selbstleseverfahren 2; [X.], 31, 32). Es ist davon auszugehen, dass nicht, wie für eine Verwertung der Urkunden gemäß § 261 StPO erforderlich, in der Hauptverhandlung festgestellt worden ist, dass Berufsrichter und Schöffen von dem Wortlaut der 162 Urkunden der Urkundenliste 3 Kenntnis genommen haben. Eine Widersprüchlichkeit des Protokolls, die gestattet hätte, hiervon nach [X.] abzuweichen, liegt nicht vor. Hierzu brauchte insbesondere die Revision nichts [X.] vorzutragen (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).

5

a) Das vom [X.] [X.] in [X.]St 51, 298 im Wege verfassungsgerichtlich gebilligter Rechtsfortbildung ([X.] NJW 2009, 1469) eingeführte [X.], das geeignet ist, einer auf den Inhalt des Protokolls gegründeten Verfahrensrüge nach [X.] die Erfolgsaussicht zu entziehen, hätte auch die hier vom Vorsitzenden erstrebte Protokollberichtigung hinsichtlich des Abschlusses des [X.] erfasst. Leitsätze und Gründe des Beschlusses des [X.] und der dessen Rechtsauffassung billigende Beschluss des [X.] des [X.] enthalten keine Einschränkungen auf bestimmte Fallkonstellationen. Der [X.] stellt vielmehr auf die Vorteile des neuen [X.]s ab (aaO S. 308 [X.]. 37), wozu gerade auch eine Begrenzung der bisherigen immer stärker ausgeweiteten Rechtsprechung zur [X.] des Protokolls gehöre, der – jedenfalls in Grenzfällen – hinreichend klare und verlässliche Konturen fehlen (aaO S. 313 f. [X.]. 56). Ferner sei eine Beibehaltung der bisherigen Rechtsprechung unter dem Aspekt, die Tatgerichte zum Einhalten der Vorschriften über die Protokollführung anzuhalten, nicht geboten (aaO S. 314 [X.]. 57). Diese Erwägungen gelten ersichtlich für alle Varianten einer Protokollberichtigung. Der – nicht tragend geäußerten – Rechtsauffassung des [X.], eine Protokollberichtigung sei hinsichtlich des [X.] gemäß § 249 Abs. 2 StPO ausgeschlossen (NJW 2009, 2836, 2837, zur Aufnahme in [X.]St bestimmt), ist lediglich zu entnehmen, dass die als Abschluss des [X.] vorgeschriebene Feststellung der Kenntnisnahme vom Wortlaut der Urkunden auf diesem Wege nicht nachholbar ist. Hinsichtlich der tatsächlich erfolgten entsprechenden Feststellung des Vorsitzenden in der Hauptverhandlung, die lediglich versehentlich nicht protokolliert wurde, bleibt die Protokollberichtigung zulässig.

6

b) Der [X.] entnimmt dem Beschluss des [X.] ([X.]St aaO) eine substantielle Änderung des Strafverfahrensrechts dahingehend, dass [X.] in erster Linie im [X.] zu beseitigen sind (vgl. auch [X.] aaO S. 1472). So hat der [X.] betont, dass auch die Revisionsgerichte dem Prinzip der Wahrheit verpflichtet seien und ihrer Kognition den wahren Sachverhalt zugrunde zu legen haben (aaO S. 309 [X.]. 42). Dessen Ermittlung setze besonders hohe Anforderungen an die Sorgfalt bei der hier infrage stehenden Berichtigung voraus (aaO S. 315 [X.]. 59), wobei eine rechtlich verbindliche Form der Protokollberichtigung (aaO S. 316 f. [X.]. 61 bis 65) eine zusätzliche Gewähr für die Richtigkeit der nachträglichen Änderung der Sitzungsniederschrift biete, was der Sicherung der Effektivität des Rechtsmittels der Revision diene (aaO S. 315 [X.]. 60). Grundlage der Berichtigung sei die sichere Erinnerung der [X.]en (aaO S. 316 [X.]. 62; vgl. auch [X.] aaO S. 1471).

7

Aus diesen grundlegenden Erwägungen hat die Rechtsprechung des [X.] zwar nicht den Schluss gezogen, dass aus der [X.] des Protokolls dessen teilweise gegebene Unverbindlichkeit – mit der Folge möglichen [X.]verfahrens über den Verfahrensablauf unter geringeren Anforderungen als im die Verfahrenswahrheit sichernden [X.] (vgl. [X.], 297, 298 m.w.[X.]) – nicht weiter gefolgert werden könne (vgl. [X.] aaO S. 313 f. [X.]. 56; [X.], 31, 32 und [X.], Beschluss vom 11. November 2009 – 5 [X.]/08 [X.]. 6; vgl. auch [X.] NJW 2009, 1469, 1471 f.). Indes hat der Strafkammervorsitzende hier zu Recht das [X.] nach Eingang einer hierauf bezogenen Revisionsbegründung durch Nachfrage bei der verantwortlichen Protokollführerin eingeleitet; es ist wegen [X.] dieser [X.] nicht weiter durchführbar. Daneben dürfte eine offensichtliche [X.] des Protokolls, die abweichende Feststellungen im [X.]verfahren zuließe, nunmehr lediglich in Fällen krasser Widersprüchlichkeit des [X.] in sich angenommen werden.

8

Die Grundlage und die Erfolgsaussicht der Verfahrensrüge des Angeklagten sind – vor der Entscheidung des [X.] – einem neu geschaffenen Zwischenverfahren unter Beteiligung des Angeklagten überantwortet (vgl. [X.] aaO S. 316 f. [X.]. 61 bis 65). Es kann dabei keinen Unterschied machen, ob die Position des Angeklagten in diesem Verfahren durch einen die Protokollberichtigung ablehnenden Gerichtsbeschluss oder bereits dadurch bestätigt worden ist, dass – wie hier – schon die weitere Durchführung des [X.] wegen fehlender Erinnerung einer [X.] an den im Protokoll vermissten [X.] scheitert. Damit ist für das Revisionsgericht der unveränderte Protokollinhalt grundsätzlich verbindlich. Nur die Gründe einer Berichtigungsentscheidung – nicht aber deren Versagung – unterlägen im Rahmen der erhobenen Verfahrensrüge der Prüfung durch das Revisionsgericht ([X.] aaO S. 317 [X.]. 65). Für eine weitergehende Schmälerung der Position des Angeklagten im [X.] besteht keine Rechtfertigung (vgl. [X.] NJW 2009, 1469, 1470, 1472).

9

c) Zwar hat das [X.] zwei von Verteidigern gestellte Beweisanträge mit Beschlüssen vom 7. August 2008 mit dem Hinweis auf die Einführung der Urkunden, deren Verlesung begehrt worden ist, zurückgewiesen. Dieser Umstand begründet im Fall gescheiterter Protokollberichtigung – wie hier – aber keine offensichtliche Lücke des Protokolls, die das Revisionsgericht berechtigt, im [X.]verfahren auf dienstliche Erklärungen der Berufsrichter und Schöffen hinsichtlich des Abschlusses des [X.] zurückzugreifen (vgl. [X.], Beschluss vom 11. November 2009 – 5 [X.]/08 [X.]. 6 m.w.[X.]). Das [X.] nimmt in den Beschlüssen nämlich nicht auf ein tatsächliches – indes nicht protokolliertes – Verfahrensgeschehen Bezug, sondern auf seine eigene Wertung, dass das Selbstleseverfahren durchgeführt worden sei. Dies beinhaltet wegen der Zweistufigkeit jenes Verfahrens aber noch keinen Hinweis im Ausmaß der Offensichtlichkeit auch auf den tatsächlich erklärten Abschluss des [X.] (vgl. auch [X.]R StPO § 249 Abs. 2 Selbstleseverfahren 2). Nach alledem war die Revision auch nicht etwa verpflichtet, diese Vorgänge vorzutragen (vgl. [X.]E 112, 185, 213).

4. Auf dem zulässig gerügten [X.] beruht auch das angefochtene Urteil.

a) Das [X.] hat seine Überzeugung auf Urkunden gestützt, die es – schon nach dem Inhalt des Urteils – aufgrund des [X.] eingeführt hat (vgl. [X.] NStZ 2004, 279). So führt das [X.] zum Fall 2 beweiswürdigend aus: „Die Feststellungen der Kammer zum Verkauf der Grundstücke in [X.] und [X.] und zu der Einbindung des Angeklagten [X.] in die [X.] werden demgegenüber von den glaubhaften Angaben des Zeugen [X.], die durch den Inhalt von im Wege der Selbstlesung eingeführten Urkunden bestätigt werden, getragen“ ([X.]). „… die Angaben des Zeugen [X.] werden durch den Inhalt der im Wege der Selbstlesung eingeführten Urkunden bestätigt. Hiernach hat der Zeuge [X.] den Kreditantrag bei der [X.] erst am 25.10.2004 und damit nach Abschluss des Kaufvertrages unterschrieben“ ([X.]). „In Bezug auf den Anlass der Darlehensvereinbarung zwischen [X.] und dem Angeklagten im Oktober 2005 werden die Angaben [X.]'s durch die Kontostände der GGS und [X.]'s, die über die Selbstlesung der Kontounterlagen zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemacht worden sind, bestätigt. Hiernach wurde der [X.] in dem Moment abgeschlossen, in dem [X.] einen unabweisbaren Liquiditätsbedarf hatte“ ([X.] 293).

b) Das [X.] hat ferner Urkunden verwertet, zu denen es beweiswürdigend festgestellt hat, dass diese nicht im Wege des [X.] und der Erklärung der vernommenen Person hierzu eingeführt worden sein können (vgl. [X.]R StPO § 249 Abs. 1 Verlesung, unterbliebene 1). Hierbei handelt es sich um die Urkunden Nr. 57, 58 und 96 der Urkundenliste Nr. 3, die die Kontenentwicklungen des Mitangeklagten [X.] und des [X.] – den Fall 1 betreffend – zum Gegenstand haben. Das [X.] hat hierzu im Zusammenhang mit einer Täuschungshandlung zum Nachteil [X.] ausgeführt: „… Hinsichtlich der tatsächlich erzielten monatlichen Einnahmen aus den erworbenen Grundstücken hat der Angeklagte [X.] zunächst ohne nähere Erläuterung lediglich pauschal angegeben, diese hätten tatsächlich bei 15.000 € gelegen und dementsprechend die monatliche Belastung aus der Darlehensaufnahme abgedeckt. Auf Vorhalt der Kontounterlagen [X.]'s und [X.], denen zufolge keine entsprechenden Einnahmen erzielt wurden und [X.] stattdessen monatlich 7.500 €, die aus anderen Quellen stammten, an [X.] überwies, hat der Angeklagte [X.] erklärt, hierüber nichts zu wissen. Nach kurzer Überlegung hat er dann ergänzt, er habe hinsichtlich der Mieteinnahmen einfach 'keine Erinnerung mehr'“ ([X.]). „Dafür, dass [X.] Irrtum über die Ertragskraft des Grundstücks durch die geschilderten Äußerungen [X.]'s verursacht wurde, spricht auch, dass [X.] zunächst auch in seiner Einlassung behauptet hat, aus dem Grundstück tatsächliche monatliche Einnahmen in Höhe von 15.000 € erzielt zu haben. Erst auf Vorhalt der entgegenstehenden Kontounterlagen hat der Angeklagte dann wenig überzeugend erklärt, doch keine genaue Erinnerung mehr zu haben. Dafür, dass [X.] zumindest nach dem [X.] sehr wohl noch in Erinnerung hatte, den Geschädigten [X.] mit angeblich zu erzielenden Einnahmen in Höhe von 15.000 € in die [X.] geführt zu haben, sprechen vor allem auch seine in der Folge des Vertragsschlusses vorgenommenen monatlichen Überweisungen in Höhe von jeweils 7.500 €, durch die bei [X.] die Fehlvorstellung erzeugt wurde, alles sei in Ordnung“ ([X.] 286).

Gleiches gilt für einen Kreditantrag des Zeugen [X.] vom 11. November 2004 (Urkunde Nr. 99). Hierzu hat das [X.] ausgeführt: „Gegen die Glaubhaftigkeit der entscheidenden Angaben [X.] sprach auch nicht, dass er nach Unterzeichnung des notariellen Kaufvertrages am 01.11.2004 an der weiteren Durchführung des Kaufvertrages mitwirkte, insbesondere, indem er am 11.11.2004 zu einem [X.]nktermin bei der [X.] erschien, um einen Kreditantrag zu unterzeichnen, und indem er darüber hinaus auch einer späteren Änderung des [X.] im Hinblick auf die Übernahme von Grundpfandrechten zustimmte. Zwar hat der Zeuge [X.] auf den Vorhalt dieses Verhaltens nach Ansicht der Kammer wenig überzeugend und ausweichend geantwortet. Hinsichtlich seiner Unterschrift bei der [X.]nk hat er ohne weitere Begründung erklärt, seiner Ansicht nach noch keinen verbindlichen Kreditantrag gestellt zu haben. Zur Änderung des [X.] hat er monoton geäußert, er habe zugestimmt, um seine Ruhe zu haben“ ([X.] 288).

Hinsichtlich der Bewilligung und Valutierung einer Grundschuld über 2 Mio. € hat das [X.] ([X.] 138, 141 und 184) einen Vermögensnachteil der Kreditgeberin betreffende Wertungen getroffen und hierzu ([X.] 275) beweiswürdigend ausgeführt: „[X.]'s Behauptung, er sei hinsichtlich des [X.]-Kredites von Beginn an von einer ordnungsgemäßen Sicherung ausgegangen, lässt sich nicht mit den von ihm nicht in Abrede genommenen objektiven Umständen vereinbaren, wonach die Bewilligung der Grundschuld in Höhe von 2 Mio. € auf dem Grundstück [X.]-Ahlem durch die [X.] (August 2004) erst nach Beginn der Valutierung (Juli 2004) erfolgte, bzw. der Antrag auf Eintragung der Grundschuld sogar erst drei Monate danach gestellt wurde und keine Sicherungszweckerklärung in Bezug auf den [X.]-Kredit vorlag. Der Angeklagte hat hierzu gar keine Stellung genommen und sich stereotyp darauf zurückgezogen, als Kreditnehmer sei die Besicherung letztlich nicht seine Sache gewesen“. Hieraus folgt, dass weder [X.] noch der Angeklagte insoweit Erklärungen abgegeben haben.

c) Durch den [X.] (Schriftsatz des Verteidigers Rechtsanwalt [X.] bis 218) ist ferner bewiesen, dass im Fall 3 die Unterzeichnung eines vorausgefüllten Überweisungsformulars über die volle Kreditsumme in Höhe von 800.000 € durch [X.] nur durch Verwertung dieser Urkunde belegt sein kann. Die hierzu in der Hauptverhandlung – übereinstimmend nach [X.] und Urteil – vernommene [X.] konnte Gegenteiliges nicht bekundet haben, weil [X.] in jener Vernehmung keine Erinnerung an die Höhe des überwiesenen Betrages hatte. Das [X.] hat hierzu ausgeführt: „Neben der Unterzeichnung des Kreditantrags leistete [X.] auf Geheiß [X.]'s am 14.03.2005 noch eine zweite Unterschrift, die für das Gelingen von [X.]'s Plan von entscheidender Bedeutung war: [X.] unterschrieb ein vorausgefülltes Überweisungsformular über die volle Kreditsumme in Höhe von 800.000 €, demzufolge die [X.] angewiesen wurde, den Geldbetrag – im Widerspruch zu den im Kaufvertrag vereinbarten Modalitäten – direkt auf das bei der [X.] eingerichtete Konto der A. [X.] zu transferieren“ ([X.] 198).

d) Das [X.] hat zur Bonität des Angeklagten, der von ihm beherrschten Gesellschaften G. und [X.] und zur Einkommenssituation des Angeklagten Feststellungen getroffen und hierbei auf den Einkommensteuerbescheid 1998, der einer „näheren Analyse“ unterzogen worden sei ([X.] 114), abgestellt und ferner auf – wie die Revision vorträgt – umfassende Einkommensteuererklärungen ([X.] 136). Die Vermögenslage der Gesellschaften des Angeklagten wird hinsichtlich zahlreicher Einzelheiten „ausweislich“ deren Jahresabschlüsse für die [X.] und 2003 dargestellt ([X.] 136 f.). Diese komplexen Urkunden sind schon – jenseits des [X.]s, dass sie niemandem vorgehalten worden seien – für eine Einführung in die Hauptverhandlung durch Erklärung auf einen Vorhalt ungeeignet (vgl. [X.]R StPO § 249 Abs. 2 Selbstleseverfahren 2 m.w.[X.]).

e) Das [X.] hat schließlich auch in seiner Gesamtwürdigung dem [X.] einen hohen Wert zugemessen ([X.] 302). Der [X.] sieht sich deshalb – im Gegensatz zur Auffassung des [X.] – gehindert, ein Beruhen des Urteils auf – weitgehend dem Urteil selbst zu entnehmenden – Schlüssen aus Urkunden auszuschließen, deren Einführung in die Hauptverhandlung an verfahrensrechtlichen Defiziten krankte (vgl. [X.] NJW 2009, 2836, 2837).

[X.]sdorf                              Raum                         Brause

                    Schneider                        [X.]

Meta

5 StR 169/09

28.01.2010

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Hamburg, 16. Oktober 2008, Az: 608 KLs 10/07 - 6700 Js 87/06, Urteil

§ 249 Abs 2 StPO, § 274 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.01.2010, Az. 5 StR 169/09 (REWIS RS 2010, 9887)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 9887

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