Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.01.2014, Az. VIII ZR 63/13

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 8894

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VIII ZR 63/13
Verkündet am:

8. Januar 2014

Vorusso,

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 145, § 157 C
Der Erklärungsinhalt eines im Rahmen einer Internetauktion abgegebenen [X.] ist unter Berücksichtigung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Unternehmens zu bestimmen, das auf seiner internetplattform das Forum für die Auktion bietet. Kommt nach diesen Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Falle der Rücknahme des Angebots ein Kaufvertrag mit dem zu dieser Zeit Höchstbietenden nicht zustande, sofern der Anbietende gesetzlich dazu berechtigt war, sein Angebot zurückzuziehen, ist dies aus der Sicht der an der Internetauktion teilnehmenden [X.] dahin zu verstehen, dass das Angebot des Verkäufers unter dem Vorbehalt einer berechtigten Angebotsrücknahme steht (Bestätigung von [X.], Urteil vom 8.
Juni 2011 -
VIII
ZR 305/10, NJW 2011, 2643).
[X.], Urteil vom 8. Januar 2014 -
VIII ZR 63/13 -
LG [X.]

[X.]

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Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 8.
Januar 2014
durch den Vorsitzenden [X.], die Richterin Dr.
Milger, die
Richter Dr.
Achilles und Dr.
Schneider sowie die Richterin Dr.
Fetzer

für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.]n wird das Urteil der 6. Zivilkammer des [X.] vom 12. Februar 2013 aufgeho-ben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der [X.] bot Ende Dezember 2011 über die Internetplattform [X.] einen Kraftfahrzeugmotor zum Verkauf an. Am 4. Januar 2012 beendete
der [X.] sein Angebot
und strich die bis dahin vorliegenden Gebote. Zu diesem Zeitpunkt war
der Kläger Höchstbietender

.
Als Grund für die Beendigung des Angebots
gab der [X.] gegenüber dem Kläger vorprozessual
an, er
habe außerhalb der Internetauktion ein [X.] Angebot für den Motor erhalten.
Im Rechtsstreit
begründete er die Ange-1
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botsrücknahme damit, der Motor habe seine Zulassung im Straßenverkehr ver-loren; dies habe er bei der Freischaltung des Angebots bei [X.] noch nicht [X.].
Die Versteigerung des [X.] erfolgte auf der Grundlage der Allgemei-nen Geschäftsbedingungen
von [X.]. Dort heißt es
(auszugsweise):
§ 10 Ziffer 1 Satz 5:
"Bei Ablauf der Auktion oder bei vorzeitiger Beendigung des Angebots kommt zwischen Anbieter und Höchstbietendem
ein Vertrag über
den Erwerb des Artikels zustande, es sei denn der Anbieter
war gesetzlich dazu berechtigt, das Angebot zurückzunehmen und die vorliegenden Gebote zu streichen."

§ 10 Ziffer 7:
"Bieter dürfen ein Gebot nur dann zurücknehmen, wenn sie dazu ge-setzlich berechtigt sind. Weitere Informationen."

In den "Weiteren Informationen"
wird auf folgendes hingewiesen:
"Nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs ([X.]) können genannter Anfechtungsgrund vorliegt. Ein Anfechtungsgrund liegt vor, wenn Sie sich bei der Abgabe einer Willenserklärung in einem relevan-ten Irrtum befanden
[].
Sofern ein Anfechtungsgrund vorliegt, der Sie dazu berechtigt, sich von Ihrem Angebot zu lösen, können Sie dies durch das vorzeitige Beenden des Angebots und Streichung bereits vorhandener Gebote technisch umsetzen. Sie sollten auf jeden Fall den Grund für die vorzeitige Been-digung des Angebots dem Höchstbietenden gegenüber zusätzlich ge-sondert in Form einer Anfechtungserklärung geltend machen. Die [X.] muss dabei unverzüglich gegenüber dem Höchstbietenden er-klärt werden. Geben Sie hierbei den Grund für die vorzeitige Beendi-gung an."

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Mit seiner Klage nimmt der Kläger den [X.]n auf Zahlung von

[X.] habe ür diesen Preis hätte er den Motor verkaufen können. Durch die Angebotsrücknahme sei ihm ein entsprechender Schaden entstanden.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat das erstinstanzliche Urteil auf die Berufung des [X.] abgeändert und die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Mit der vom Berufungsgericht zuge-lassenen Revision erstrebt der [X.] die Wiederherstellung des amtsgericht-lichen Urteils.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im [X.] ausgeführt:
Der Kläger könne vom [X.]n nach § 281 Abs.
1
Satz 1, § 280 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 [X.] Schadensersatz verlangen, der die noch festzustellende Differenz zwischen dem Gebot des [X.] bei Rücknahme des Angebots durch den [X.]n und dem tatsächlichen Wert des [X.] umfasse.
Zwischen dem den Motor anbietenden [X.]n und dem zum Zeitpunkt der Beendigung der Auktion das höchste Gebot abgebenden
Kläger sei ein Kaufvertrag zustande gekommen.
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Der Anbieter in einer [X.]-Auktion sei nur unter bestimmten Vorausset-zungen berechtigt, die Auktion zu beenden und sein Angebot zurückzuziehen. [X.] er das Angebot unberechtigt zurück, sei er
dennoch aufgrund des [X.] zur Leistung verpflichtet.
Der [X.] sei vorliegend zwar "wohl berechtigt"
gewesen, sein Ange-bot zurückzunehmen, weil ihm ein gesetzlicher Grund im Sinne des
§ 10
Ziffer 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von [X.] zugestanden habe. Denn
er habe sich über Eigenschaften des angebotenen Gegenstands geirrt und habe den Kaufvertrag daher möglicherweise
nach § 119 [X.] anfechten können.
Aber dieses Anfechtungsrecht hätte den mit der Beendigung der
Auktion zustande gekommenen Vertrag nur dann beenden können, wenn der [X.] von der Möglichkeit der Anfechtung gegenüber dem Kläger auch rechtswirksam Gebrauch gemacht hätte. Daran fehle es, denn der [X.] habe seinen Irrtum über die Eigenschaften des [X.] erst während des Rechtsstreits offenbart und damit ersichtlich nicht mehr unverzüglich gemäß § 121 Abs. 1 [X.] ange-fochten.
Es bestehe kein Anlass,
im Fall der Internetauktion bereits die [X.] wegen eines zur Anfechtung berechtigenden Irrtums zur Auflösung des Vertrags führen zu lassen oder sogar davon auszu-gehen, dass ein solcher nicht erst zustande komme, anstatt seine Auflösung von einer Anfechtungserklärung abhängig zu machen. Denn das Vertrauen des [X.] in den
Bestand des mit der Beendigung der Auktion zustande [X.] sei genauso schützenswert wie in anderen Fällen anfecht-barer Verträge. § 10 Ziffer
1 der
Allgemeinen Geschäftsbedingungen von [X.] stehe dem nicht entgegen. Dort würden die Folgen der
Angebotsrücknahme nicht abschließend geregelt, sondern auf die gesetzliche Lage verwiesen.
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II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Schadensersatzanspruch des [X.] dem
Grunde nach nicht bejaht werden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist zwischen den Parteien kein Kaufvertrag zustande gekommen, wenn der [X.], was revisionsrechtlich zu unterstellen ist, zur Anfechtung seines Angebots nach § 119 [X.] berechtigt war.
Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Erklärungsinhalt eines im Rahmen einer Internetauktion abgegebenen
Verkaufsangebots unter [X.] Geschäftsbedingungen des Unternehmens zu be-stimmen, das auf seiner Internetplattform das Forum für die Auktion bietet ([X.] vom 8. Juni 2011 -
VIII ZR 305/10, NJW 2011, 2643 Rn. 15 ff.).
Nach § 10 Ziffer
1 Satz 5 der im Streitfall geltenden Allgemeinen Ge-schäftsbedingungen von [X.] kommt ein Kaufvertrag bei Ablauf der Auktion oder bei vorzeitiger Beendigung des Angebots -
insoweit übereinstimmend mit den §§ 145 ff.
[X.] -
durch Annahme des Verkaufsangebots durch den
Höchst-bietenden zustande, es sei denn,
der Anbieter war gesetzlich dazu berechtigt, das Angebot zurückzunehmen und die vorliegenden Gebote zu streichen.
Unter welchen Umständen der Anbietende sein Angebot zurückziehen kann, wird in §
10 Ziffer 7 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und den daran anknüp-fenden "Weiteren Informationen"
näher erläutert.
Der Senat hat im Urteil vom 8. Juni 2011 ([X.], aaO), bei dem inhaltlich gleichlautende Bestimmungen
zu beurteilen waren, ausgeführt, dass auf der Grundlage dieser Regelungen
kein Kaufvertrag zustande kommt, sofern der Anbietende gesetzlich dazu berechtigt war, sein Angebot zurückzuziehen. Denn aufgrund der genannten Bestimmungen
ist das Angebot des Verkäufers 17
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aus der Sicht der an der Auktion teilnehmenden Bieter (§§ 133, 157 [X.]) dahin zu verstehen, dass es unter dem Vorbehalt einer berechtigten Angebotsrück-nahme steht. Ein solcher Vorbehalt, der die Bindungswirkung des [X.] einschränkt, verstößt nicht gegen Grundsätze über die Bindungswirkung von Angeboten (§§
145, 148 [X.]), sondern ist zulässig. Denn gemäß § 145 [X.] kann der Antragende die
Bindungswirkung
seines Angebots ausschließen; ebenso kann er sie einschränken, in dem er sich den Widerruf vorbehält
([X.] vom 8. Juni 2011 -
VIII ZR 305/10, aaO Rn. 17).
Diese rechtlichen Vorgaben hat das Berufungsgericht im Streitfall nicht hinreichend beachtet. Denn es ist der Auffassung, dass ein Kaufvertrag unge-achtet der Angebotsrücknahme selbst dann zustande gekommen sei, wenn dem [X.]n ein Anfechtungsrecht nach § 119 [X.] wegen Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des angebotenen [X.] (fehlende Zulassung für den Straßenverkehr)
zugestanden habe. Dabei hat das Berufungsgericht übersehen, dass nach § 10 Ziffer 1 Satz 5 der [X.] von [X.] schon das Angebot des Verkäufers nicht bindend ist, wenn ein Tatbestand vorliegt, der den Verkäufer bei einem zustande gekommenen Vertrag zur Lösung vom Vertrag berechtigen würde.
III.
Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Eine ab-schließende Entscheidung in der Sache ist dem Senat nicht möglich, da den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht mit ausreichender Sicherheit ent-nommen werden kann, ob dem [X.]n tatsächlich ein Anfechtungsrecht zu-stand, aufgrund dessen er berechtigt war, sein Angebot zurückzuziehen. Dies wird das Berufungsgericht zu klären haben. Die Sache ist daher zu neuer Ver-21
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handlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen
(§ 563 Abs. 1 ZPO).
Ball
Dr. Milger
Dr. Achilles

Dr. Schneider
Dr. Fetzer

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 27.08.2012 -
22 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 12.02.2013 -
6 S 407/12 (149) -

Meta

VIII ZR 63/13

08.01.2014

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.01.2014, Az. VIII ZR 63/13 (REWIS RS 2014, 8894)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8894

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Kauf via eBay: Voraussetzungen einer berechtigten Rücknahme eines Verkaufsangebots bzw. Streichung eines Gebots aus Gründen …


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