Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 21.10.2019, Az. 4 BN 24/19

4. Senat | REWIS RS 2019, 2465

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Gegenstand

Unwirksamkeit eines Bebauungsplanes wegen fehlender externer Gliederung nach § 1 Abs. 4 Satz 2 BauNVO


Gründe

1

Die [X.]eschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist jedenfalls unbegründet.

2

Der Verwaltungsgerichtshof hat den [X.]ebauungsplan "[X.] - 3. Änderung" der Antragsgegnerin vom 25. Januar 2016 aus zwei Gründen beanstandet. Zum einen seien einzelne seiner Festsetzungen als zu unbestimmt anzusehen. Das gelte insbesondere für die textliche Regelung unter Nr. 1.1.3 in [X.]ezug auf den darin verwendeten [X.]egriff der "Nutzungen mit erheblichen An- und Abfahrverkehr" ([X.]). Unabhängig von der Frage der [X.]estimmtheit sei die in Nr. 1.1.3 der textlichen Festsetzungen des [X.]ebauungsplans getroffene Regelung zum anderen insgesamt rechtswidrig, weil es hierfür an der erforderlichen Rechtsgrundlage fehle ([X.] ff.). Nach der Konzeption des angefochtenen Urteils ist letzterer Mangel der umfassendere, weil nur er zur Gesamtunwirksamkeit der textlichen Festsetzung unter Nr. 1.1.3 führt. Wenn insofern kein Zulassungsgrund gegeben ist, dann kann die erste [X.]egründung hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert ([X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 9. September 2009 - 4 [X.]N 4.09 - [X.] 2010, 67 = juris Rn. 5 und vom 21. August 2018 - 4 [X.]N 44.17 - [X.] 406.11 § 215 [X.]auG[X.] Nr. 21 Rn. 3) und kann offenbleiben, ob hinsichtlich dieser [X.]egründung ein Grund für die Zulassung der Revision vorliegt. So liegt es hier. Die Sache hat in [X.]ezug auf das Fehlen einer Rechtsgrundlage für die textliche Festsetzung unter Nr. 1.1.3 nicht die grundsätzliche [X.]edeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die [X.]eschwerde beimisst.

3

1. Die Antragsgegnerin hält für grundsätzlich klärungsbedürftig,

wie in geeigneter Weise im [X.]ebauungsplan selbst oder seiner [X.]egründung dokumentiert werden muss, dass und wie der [X.] von der Ermächtigung in § 1 Abs. 4 Satz 2 [X.] Gebrauch gemacht hat, d.h. welche Anforderungen an die Dokumentation eines gebietsübergreifenden, planerischen Gliederungswillens der [X.] erfüllt sein müssen, wenn die [X.]ebauungsplanbegründung diesen Willen für eine andere Festsetzung klar zum Ausdruck bringt,

bzw.

welche Anforderungen und welche Reichweite an die Dokumentation des Gliederungswillens im Sinne des § 1 Abs. 4 Satz 2 [X.] zu stellen sind.

4

Die Fragen führen nicht zur Zulassung der Revision, weil sie sich in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen würden. Der Verwaltungsgerichtshof hat nicht angenommen, dass der Wille der Antragsgegnerin, von der Ermächtigung des § 1 Abs. 4 Satz 2 [X.] Gebrauch zu machen, im [X.]ebauungsplan oder in dessen [X.]egründung nicht ausreichend dokumentiert worden sei, sondern dass es an einer solchen Dokumentation überhaupt fehle. Da die Antragsgegnerin die Festsetzungen nicht auf § 1 Abs. 4 Satz 2 [X.], sondern auf § 1 Abs. 9 [X.] habe stützen wollen, liege das sozusagen in der Natur der Sache. Auch aus der [X.]egründung des [X.]ebauungsplans ergebe sich nichts anderes. An diese Auslegung des [X.]ebauungsplans wäre der Senat in einem nachfolgenden Revisionsverfahren gebunden (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO).

5

2. Die weiter für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig gehaltenen Fragen,

ob für die [X.]estimmung des planerischen Willens auch eine objektive Gesamtschau aller mit Hilfe von § 1 Abs. 4 Satz 2 [X.] zu gliedernden [X.]ebauungspläne der [X.] ausreichend ist,

bzw.

ob sich der nach § 1 Abs. 4 Satz 2 [X.] notwendige planerische Wille der [X.] nicht auch aus einer objektiven Gesamtschau der übrigen [X.]ebauungspläne der [X.] ergeben kann und dies für eine Gesamtgliederung ausreichend ist,

rechtfertigt die Zulassung der Revision schon deshalb nicht, weil es hierfür an entsprechenden Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs fehlt. Allein die Möglichkeit, dass die Fragen nach einer Zurückverweisung der Sache aufgrund weiterer Sachaufklärung durch die Vorinstanz entscheidungserheblich werden könnten, reicht nicht aus (stRspr. vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 17. März 2000 - 8 [X.] 287.99 - [X.]VerwGE 111, 61 <62>). Die Fragen lassen sich im Übrigen auf der Grundlage des Urteils des Senats vom 7. Dezember 2017 - 4 CN 7.16 - ([X.]VerwGE 161, 53 Rn. 17 f.) ohne Weiteres verneinen. Danach hängt die Wirksamkeit einer gebietsübergreifenden Gliederung davon ab, dass ihr auch ein darauf gerichteter planerischer Wille der [X.] zugrunde liegt. Es gehört zu einer geordneten Städtebaupolitik, dass sich die [X.] darüber klar wird, ob und welche geeigneten [X.]augebiete nicht nur im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses, sondern auch zukünftig die Funktion von Ergänzungsgebieten übernehmen sollen. Der planerische Wille muss in geeigneter Weise im [X.]ebauungsplan selbst oder seiner [X.]egründung dokumentiert werden. Der Wille zur externen Gliederung kann sich also nicht aus einer "objektiven Gesamtschau der übrigen [X.]ebauungspläne der [X.]" ergeben.

6

3. Im Zusammenhang mit der [X.] des dem angefochtenen Urteil vorausgehenden [X.] hält die Antragsgegnerin für grundsätzlich klärungsbedürftig,

ob es aufgrund der objektiven Gesamtüberprüfung eines [X.]ebauungsplans im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens ausgeschlossen ist, dass ein [X.]ebauungsplan für unwirksam erklärt wird, wenn die inhaltsgleichen, nunmehr beanstandeten Festsetzungen eines [X.]ebauungsplans in einem früheren, den vorherigen [X.]ebauungsplan für unwirksam erklärenden Normenkontrollverfahren, nicht behandelt bzw. nicht beanstandet wurden,

ob eine [X.] bei einer negativen Kontrollentscheidung und in [X.]ezug auf ein durchgeführtes Heilungsverfahren nach § 214 Abs. 4 [X.]auG[X.] darauf vertrauen kann, dass die nichtbeanstandeten Festsetzungen eines [X.]ebauungsplans in einem weiteren Normenkontrollverfahren deswegen standhalten, da sie im vorherigen Normenkontrollverfahren nicht behandelt und damit nicht beanstandet wurden,

ob diese [X.] auch dann [X.]edeutung erlangt, wenn der [X.]ebauungsplan aufgrund bestimmter, ausdrücklich benannter Fehler für unwirksam erklärt wird und danach einem Heilungsverfahren nach § 214 Abs. 4 [X.]auG[X.] unterzogen wird,

ob die bei einer Aufhebung des [X.]ebauungsplans festgestellten Fehler als abschließend gelten (müssen) und mit der Folge in Rechtskraft erwachsen, dass weitere Fehler in einem folgenden Normenkontrollverfahren mit denselben [X.]eteiligten nicht relevant sein können,

ob der Gegenstand der Normenkontrolle (Satzung) gegenüber dem Planfeststellungsbeschluss (Verwaltungsakt) und die unterschiedlichen Verfahrensarten (Normenkontrolle/Anfechtungsklage mit "gekapptem Aufhebungsanspruch") so differieren, dass unterschiedliche Folgen der [X.] "nicht gefundener Fehler" gerechtfertigt und angezeigt sind,

und schließlich,

ob im Normenkontrollverfahren, ebenso wie im Verfahren gegen eine Planfeststellung keine Rechtsfrage "dahingestellt" bleiben kann, wenn schon ein anderer zur Unwirksamkeit führender Fehler gefunden worden ist.

7

Auch diese Fragen führen nicht zur Zulassung der Revision. Dies gilt bereits deshalb, weil sie für den Verwaltungsgerichtshof nicht maßgeblich waren. Es gehört nicht zu den Aufgaben des [X.], Rechtsfragen zu klären, die sich die Vorinstanz nicht gestellt und die sie deshalb auch nicht beantwortet hat ([X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 25. April 2016 - 4 [X.] 10.16 - juris Rn. 5, vom 11. April 2017 - 4 [X.] 11.17 - [X.] 2017, 587 Rn. 11 und vom 24. Oktober 2018 - 4 [X.] 50.18 - juris Rn. 1). Außerdem gehen die Fragen, die die Antragsgegnerin mit § 214 Abs. 4 [X.]auG[X.] verbindet, daran vorbei, dass nach den tatrichterlichen, den Senat nach § 560 ZPO, § 173 Satz 1 VwGO bindenden Feststellungen der angefochtene Plan trotz seiner [X.]ezeichnung als [X.] im Erlass eines neuen [X.]ebauungsplans besteht ([X.]). Da er nicht Streitgegenstand früherer verwaltungsgerichtlicher Verfahren war, würden sich Fragen zum Umfang der Rechtskraft von [X.] im angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen.

8

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

4 BN 24/19

21.10.2019

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: BN

vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 21. Dezember 2018, Az: 3 S 1705/17, Urteil

§ 1 Abs 4 S 2 BauNVO, § 1 Abs 9 BauNVO, § 214 Abs 4 BauGB

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 21.10.2019, Az. 4 BN 24/19 (REWIS RS 2019, 2465)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 2465

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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2 K 1905/16

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