Bundesfinanzhof, Urteil vom 06.04.2011, Az. IX R 28/10

9. Senat | REWIS RS 2011, 7880

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Gegenstand

(Keine Anwendung des Halbabzugsverbots im Rahmen von § 17 EStG bei dem Anrechnungsverfahren unterliegenden Einnahmen)


Leitsatz

Bei der Ermittlung eines Auflösungsverlusts i.S. von § 17 Abs. 1, 4 EStG ist der Erwerbsaufwand nicht gemäß § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG begrenzt abziehbar, wenn der Steuerpflichtige lediglich solche durch seine Beteiligung an der GmbH vermittelten Einnahmen erzielt hat, für die noch das Anrechnungsverfahren galt.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war an der G-GmbH (GmbH) mit einer Stammeinlage von 13.500 €, entsprechend 50 % des Stammkapitals, beteiligt und zugleich deren Geschäftsführer. Mit Verträgen vom 1. April 1999 und 10. Oktober 2001 gewährte der Kläger der GmbH Darlehen in Höhe von 23.000 DM bzw. 20.000 DM. Einnahmen aus dieser Beteiligung sind dem Kläger einmalig als Gewinnausschüttungen im Jahr 2001 für das [X.] zugeflossen.

2

Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH wurde mit Beschluss des zuständigen Amtsgerichts vom 13. Februar 2006 mangels Masse abgewiesen. Die Auflösung der Gesellschaft wurde in das Handelsregister eingetragen.

3

Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr (2006) setzte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) lediglich einen Verlust in Höhe von 6.750 € (statt der ursprünglich geltend gemachten 105.803 €) an.

4

Die hiergegen gerichtete Klage hatte z.T. Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte ([X.]) 2010, 1588 veröffentlichten Urteil, die Klage sei in Höhe eines Teilbetrags in Höhe von 6.750 € begründet, da der Ausfall mit dem Stammkapital nicht lediglich zur Hälfte zu berücksichtigen sei. Im Übrigen stehe nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass dem Kläger weitere Anschaffungskosten im Zusammenhang mit der GmbH entstanden seien.

5

Hiergegen richtet sich die Revision des [X.], mit der dieses die Verletzung von § 3c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes i.d.[X.] (EStG) rügt. Das [X.] greife nur dann nicht ein, wenn der Steuerpflichtige keinerlei durch seine Beteiligung vermittelten Einnahmen erzielt habe, es sei aber immer dann anzuwenden, wenn eine GmbH Gewinnausschüttungen an den Gesellschafter vorgenommen habe, egal wann.

6

Dass im Streitfall die Ausschüttung in einem Jahr stattgefunden habe, in dem die Neuregelung des Halbeinkünfteverfahrens nach § 3 Nr. 40 i.V.m. § 3c Abs. 2 EStG noch nicht gegolten habe, sei im Rahmen der vom Gesetzgeber in zulässiger Weise gewählten Typisierung unbeachtlich. Es komme nicht darauf an, dass der § 3 Nr. 40 EStG für die gewährte Ausschüttung noch nicht anwendbar gewesen sei (vgl. [X.] vom 12. November 2009  6 K 2084/07, [X.] 2010, 318).

7

Das Halbeinkünfteverfahren ziele ebenso wie das Anrechnungsverfahren auf einen Ausgleich der [X.]. Durch die frühere [X.] seien also faktisch die früheren Ausschüttungen teilweise steuerfrei geblieben, weil die Körperschaftsteuer keine Steuervorauszahlung des [X.] sei und die Anrechnung beim Anteilseigner somit nicht zwingend gewesen sei.

8

Das [X.] beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 2006 dahingehend zu bestätigen, dass die festgesetzte Einkommensteuer 35.594 € beträgt.

9

Der Kläger hat keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung). Zutreffend hat das [X.] im Streitfall das [X.] (§ 3c Abs. 2 EStG) nicht angewandt.

1. Der Abzug von [X.], insbesondere von Anschaffungskosten, ist im Rahmen der Ermittlung von Einkünften aus § 17 Abs. 1 und 4 EStG dann nicht gemäß § 3c Abs. 2 EStG begrenzt, wenn der Steuerpflichtige keinerlei durch seine Beteiligung vermittelten Einnahmen erzielt hat. Fallen keine Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen an, kommt eine hälftige Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 40 EStG nicht in Betracht. Folgerichtig tritt die nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG maßgebende Bedingung dafür, entsprechende Aufwendungen nur zur Hälfte zu berücksichtigen, nicht ein. Denn dieser Aufwand steht nicht --wie dies § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG schon dem Wortlaut nach für die hälftige Kürzung [X.] in wirtschaftlichem Zusammenhang mit lediglich zur Hälfte anzusetzenden Einnahmen. Fließen keine Einnahmen zu, kommt § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG nicht zur Anwendung; mithin ist der [X.] in vollem Umfang abziehbar. Dies entspricht dem Gesetzeszweck des [X.]s, eine Doppelbegünstigung auszuschließen (Urteile des [X.] --BFH-- vom 25. Juni 2009 [X.], [X.], 445, [X.], 220; vom 14. Juli 2009 IX R 8/09, [X.], 399; [X.] vom 18. März 2010 IX [X.]/09, [X.], 177, [X.], 627).

2. Setzt die begrenzte Abziehbarkeit von [X.] gemäß § 3c Abs. 2 EStG danach dessen wirtschaftlichen Zusammenhang mit lediglich zur Hälfte anzusetzenden Einnahmen voraus, so ist der Aufwand in vollem Umfang anzusetzen, wenn der Steuerpflichtige lediglich solche durch seine Beteiligung an der GmbH vermittelten Einnahmen erzielt hat, für die noch das Anrechnungsverfahren galt.

Soweit --ungeachtet des eindeutigen Gesetzeswortlauts des § 3c Abs. 2 EStG-- das [X.] darauf verweist, das Anrechnungsverfahren habe faktisch eine ähnliche Steuerbefreiung bewirkt wie das [X.], ergibt sich daraus nichts anderes. Denn bei [X.] und [X.] handelt es sich um eine gegenüber dem Anrechnungsverfahren grundlegend neue und andere Systementscheidung des Steuergesetzgebers (vgl. dazu BFH-Urteil vom 20. Oktober 2010 [X.], [X.], 171, [X.], 409). Eine Kombination beider durch Koppelung von Gewinnausschüttungen, die noch dem Anrechnungsverfahren unterfielen, mit [X.], der unter Geltung des [X.]s entstand, kommt nicht in Betracht.

3. Nach diesen Maßstäben hat das [X.] die Anschaffungskosten zutreffend in voller Höhe abgezogen. Denn der Kläger erzielte nicht nur zur Hälfte anzusetzende Einnahmen; die Ausschüttung, die der [X.] erhielt, unterfiel noch nicht § 3 Nr. 40 EStG (§ 52 Abs. 4b Nr. 2 EStG i.d.[X.] am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002, [X.], 4621).

Meta

IX R 28/10

06.04.2011

Bundesfinanzhof 9. Senat

Urteil

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 18. Mai 2010, Az: 2 K 61/09, Urteil

§ 3 Nr 40 Buchst c EStG 2002, § 3c Abs 2 EStG 2002, § 17 Abs 1 EStG 2002, § 17 Abs 4 EStG 2002, § 52 Abs 4b EStG 2002, § 34 Abs 10a S 1 Nr 1 KStG 2002

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 06.04.2011, Az. IX R 28/10 (REWIS RS 2011, 7880)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7880

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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