Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.12.2011, Az. III ZR 72/11

III. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 646

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BUNDESGERICHTSH[X.]F

IM NAMEN DES V[X.]LKES

URTEIL
III ZR 72/11

Verkündet am:

8. Dezember 2011

K i e f e r

Justizangestellter

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.]-AG Art. 11 Abs. 1, Art. 13 Abs. 3

Zur Auslegung eines eine Vorauszahlung für die Beseitigung einer Boden-kontamination ankündigenden Schreibens der zuständigen Schadensregu-lierungsstelle des [X.] als Entschließung im Sinne des Art. 11 [X.]-AG.

[X.], Urteil vom 8. Dezember 2011 -
III ZR 72/11 -
[X.]LG [X.]

[X.]
-

2

-

Der III.
Zivilsenat des [X.]gerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 8.
Dezember 2011
durch den Vizepräsidenten [X.] und [X.], [X.],
Seiters
und Tombrink

für Recht erkannt:

Auf die Rechtsmittel der [X.]n werden
das Urteil des 12. Zivil-senats des [X.] vom 1.
März 2011 teil-weise aufgehoben und das Urteil der 3. Zivilkammer des [X.] vom 4.
August 2010 weiter abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Französi-sche Republik
7.500

Zinsen in Höhe von fünf Prozent-punkten über dem Basiszins hieraus seit dem 5.
Mai 2009 zu [X.].

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Klägerin verlangt eine Entschädigung für Altlasten, die nach ihrer Auffassung durch die [X.] in den Anfangsjahren der [X.]re-publik Deutschland verursacht wurden.
1
-

3

-

Die Klägerin ist Eigentümerin des von ihrem Vater geerbten Grundstücks D.

Straße 2 in [X.].

. Vor dem Erwerb des Grundstücks durch den Vater der [X.] wurde es von den [X.], die es 1945 requiriert hatten, als Materiallager einer Transporteinheit mit Fahr-zeuginstandhaltung genutzt. Nachdem bereits 1975 im Rahmen einer [X.] Missstände auf dem Grundstück festgestellt waren und eine 1995 his-torische Erhebung durchgeführt worden war, ergab 2004 eine im Auftrag des Landratsamts R.

durchgeführte Gefahrenverdachtsuntersuchung in einer Tiefe von
2
m eine
Kontamination des Bodens. Das Landratsamt teilte der
Klä-gerin im Februar 2007 mit, dass eine Sanierung des Grundstücks erforderlich sei; zugleich empfahl es der Klägerin, sich im Hinblick auf die ehemalige militä-rische Nutzung des Grundstücks an die zuständige Schadensregulierungsstelle des [X.] zu wenden.

Im März 2007 meldete die Klägerin den Schaden der [X.]n, die im April 2008 eine erste Vorauszahlung von 5.500

r-sandtem Schreiben vom 31.
Juli 2008 teilte die [X.] der Klägerin mit, dass die [X.] mittlerweile eine entsprechende positive Beschei-nigung erteilt hätten und der Schadensfall nunmehr grundsätzlich im Verfahren nach Art.
VIII Abs.
5 des NAT[X.]-Truppenstatuts ([X.]) abgewickelt werden kön-ne. Eine entsprechende Vorauszahlung in Höhe von 5.500

2008 geleistet worden. Auch bestehe grundsätzliches Einverständnis mit der (von der Klägerin übermittelten)
Kostenschätzung der Firma B.

für Eingren-zung und Aushub des [X.].
Es werde gleichwohl um Geduld gebe-ten, da sie gehalten sei, vor Erteilung der
endgültigen
Zustimmung zur Auf-tragsvergabe
das Staatliche Hochbauamt B.

mit der fachtechni-schen Prüfung des Kostenvoranschlags zu beauftragen. Im Hinblick auf die bis-2
3
-

4

-

herigen Auslagen der Klägerin sowie die geschätzten
Kosten für den Aushub in Höhe von 20.938,28

lung von 2.000

geleistet. Sobald ihr
die Stellungnahme des [X.] vorliege, werde sie sich umgehend mit dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin in Verbindung setzen.

Im November 2008 lehnten die [X.] eine finanzielle Beteiligung an der Altlastensanierung ab. Mit Entschließung vom 17.
Dezember 2008, der Klägerin zugestellt am 19.
Dezember 2008, wies die [X.] den Entschädigungsantrag der Klägerin als unbegründet zurück, da es keine
hinrei-chend begründeten Beweise
gebe, die einen ursächlichen Zusammenhang zwi-schen der Altlastenverunreinigung und einer etwaigen Nutzung durch die [X.] belegten.

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die [X.]
für die [X.] verpflichtet ist, der Klägerin die infolge der Sanierung entste-henden Kosten zu ersetzen. Die [X.] verlangt
mit der Widerklage die Rückzahlung der geleisteten Vorschüsse in Höhe von 7.500

s-hängigkeitszinsen.

Das [X.] hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abge-wiesen. Die Berufung der [X.]n ist
im Wesentlichen
erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die [X.] ihren Klageabweisungs-
und ihren Widerklageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet.
4
5
6
7
-

5

-

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin ein Anspruch auf Ersatz der infolge der Sanierung auf dem streitgegenständlichen Grund-stück entstehenden Kosten gegen
die [X.] zu. Deren Haf-tung
ergebe sich aus dem Schreiben der [X.]n vom 31.
Juli 2008. Zwar komme die Annahme eines rechtsgeschäftlichen Anerkenntnisses
nicht in [X.]. Die [X.] sei aber gebunden, weil die Klägerin dieses
Schreiben als eine das vorgeschaltete vereinfachte Verwaltungsverfahren zumindest hinsicht-lich des Grundes der Haftung abschließende
Entschließung nach §
11 Abs.
1
[X.]-AG
habe verstehen dürfen. Für die Auslegung des Verhaltens einer Be-hörde würden grundsätzlich
die für Willenserklärungen allgemein üblichen Aus-legungsgesetze gelten. Ausgehend von dem objektiven Empfängerhorizont ha-be die Klägerin das Schreiben als verbindliche Entschließung der [X.]n über den Grund der Haftung verstehen dürfen. Aus den Ausführungen in dem Schreiben ergebe sich, dass die [X.] eine Haftung der [X.] für die streitgegenständliche Kontamination dem Grunde nach [X.]. Dafür spreche der Umstand, dass sich die [X.] zur Leistung einer weiteren Vorauszahlung veranlasst gesehen habe. Solche Zahlungen kämen nur in Betracht, wenn der geltend gemachte Anspruch dem Grunde nach ge-rechtfertigt sei (Art.
13
Abs.
3
[X.]-AG). Ebenso spreche für eine bindende [X.] zum Grund der Haftung, dass die [X.] das
grundsätzliche [X.] mit der von der Klägerin vorgelegten Kostenschätzung für Eingren-zung und Aushub des [X.] erklärt habe und (nur) um Geduld für die Abgabe der endgültigen Zustimmung zur Auftragsvergabe gebeten habe, für die noch eine fachtechnische Prüfung des Kostenvoranschlags erforderlich sei. Die damit zum Ausdruck gebrachten Vorbehalte beträfen sämtlich Art und Um-fang der erforderlichen Sanierungsmaßnahmen, nicht aber die Einstandspflicht dem Grunde nach.
Der Annahme einer verbindlichen Entschließung stehe nicht 8
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6

-

entgegen, dass die Entschließung
nicht als solche bezeichnet sei. Auch der Umstand, dass im Schreiben vom 31.
Juli 2008 auf die Positivbescheinigung der [X.] Bezug genommen werde, hindere die Annahme einer Entschließung nicht, denn der insoweit von der [X.]n ins Feld geführ-te Art.
10 Abs.
2 Satz
2 [X.]-AG besage nur, dass es einer
Unterrichtung über die Bescheinigung im Rahmen einer Entschließung nicht bedürfe. Entgegen der Auffassung der [X.]n sei auch eine lediglich den Grund der Haftung betref-fende Entschließung zulässig. Da die Klägerin das Schreiben vom 31.
Juli 2008 als Entschließung dahin habe verstehen dürfen, dass eine Einstandspflicht der [X.]n für die [X.] dem Grunde nach anerkannt werde, komme diesem Schreiben inhaltlich eine schuldbestätigende Wirkung eigener Art zu. Daraus folge die materiell-rechtliche Bindung der [X.]n an die ge-troffene Entschließung.

Da die Klage begründet sei, sei die Vorauszahlung der [X.]n nicht ohne Rechtsgrund geleistet worden und die Widerklage deshalb unbegründet.

II.

Das Berufungsurteil hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1.
Die begehrte Feststellung der Ersatzpflicht für die [X.] kann nicht auf das Schreiben der [X.]n vom 31.
Juli 2008 als eine [X.] im Sinne des Art.
11 Abs. 1 des Gesetzes zum NAT[X.]-Truppenstatut und zu den Zusatzvereinbarungen ([X.]-AG)
vom 18. August 1961 ([X.] II S.
1183) gestützt
werden.

9
10
11
-

7

-

a) Bei einer Entschließung im Sinne des Art.
11 Abs.
1 [X.]-AG handelt es sich um ein Rechtsinstitut besonderer Art, welches keine Parallele in unse-rem Rechtssystem hat und keiner sonstigen Rechtsform des [X.] Rechts voll entspricht. Ihrer rechtlichen Natur nach ist sie weder Verwaltungsakt noch ein sonstiger hoheitlicher Akt, sondern sie ergeht im Rahmen fiskalischer Tätig-keit und ist damit dem Gebiet des bürgerlichen Rechts zuzuordnen, wenn auch die zugrunde liegenden Rechtsbeziehungen im Verhältnis zu den [X.] dem öffentlichen Recht angehören. Die Entschließung wird erlassen nach Durchführung eines
im NAT[X.]-Truppenstatut mit Ausführungsge-setz und Zusatzbestimmungen vorgesehenen vereinfachten [X.], welches dazu bestimmt ist,
die Ersatzansprüche aus [X.] nach einer Prüfung durch die zuständige Behörde möglichst rasch und endgül-tig abzuwickeln. Zur Erreichung dieses Ziels einer schnellen und abschließen-den Erledigung von [X.] stehen den zuständigen [X.] Behörden zwei Möglichkeiten zur Verfügung. Sie können entweder gemäß Art.
11 Abs.
3 [X.]-AG mit dem Antragsteller eine vertragliche [X.] über die ihm zu gewährende Entschädigung schließen oder ihm
durch einseitige Entschließung nach Art.
11 Abs.
1 [X.]-AG mitteilen, ob und inwie-weit sie den geltend gemachten Schadensersatzanspruch anerkennen. Die ein-seitige Entschließung hat dabei inhaltlich die Bedeutung eines Anerkenntnisses. Dieses Anerkenntnis nimmt allerdings sowohl nach der Art seines [X.] als auch nach seiner Bedeutung und seiner Rechtswirkung eine Sonderstellung unter denjenigen Rechtsinstituten ein, durch die Ansprüche üb-licherweise als berechtigt und verbindlich festgelegt und zuerkannt werden. Die Entschließung ist kein Vergleich zwischen der Behörde und dem [X.], und auch wenn dieser stillschweigend oder ausdrücklich seine Zu-stimmung zu der Entschließung erklärt, kommt es doch nicht zum Abschluss eines Vertrages. Die Entschließung enthält nämlich kein Angebot für einen [X.]
-

8

-

tragsabschluss, und sie erlangt ohne Rücksicht auf eine Zustimmung
des [X.] ihre Wirkung nicht kraft des Willens des Antragstellers, sondern [X.] der Regelung, die das Gesetz getroffen hat. Aufgrund der gesetzlichen Regelungen handelt es sich bei der Entschließung zwar nicht um einen einem Urteil gleichstehenden hoheitlichen Akt; das Gesetz rückt die ([X.]) Entschließung jedoch in die Nähe von (rechtskräftigen) Urteilen (vgl. Senatsurteile vom 20.
November 1969 -
III
ZR 93/69, [X.], 518, 519
ff
und
III
ZR 234/68, [X.], 665, 667
ff).

b) Ausgehend davon, dass sich eine
Entschließung ungeachtet ihrer
"fiskalischen Natur"
als eine nach Durchführung eines behördlichen (Vorschalt-)
Verfahrens mit Hoheitsgewalt getroffene Entscheidung darstellt, kann der er-kennende Senat die tatrichterliche Auslegung, wonach das Schreiben vom 31.
Juli 2008 als Entschließung im Sinne des Art.
11 Abs.
1 [X.]-AG zu verste-hen sei, in vollem Umfange nachprüfen (so zur Auslegung eines Verwaltungs-akts
Senatsurteil vom 9.
Dezember 1982 -
III
ZR 106/81, [X.], 104, 110; [X.], Urteil vom 25.
Juni 1958 -
V
ZR 275/56, [X.]Z 28, 34, 39).

Das Berufungsgericht stellt für seine Würdigung, dass in dem Schreiben vom 31.
Juli 2008 eine verbindliche Entschließung der [X.]n zu sehen ist,
maßgeblich darauf ab, dass nach Art.
13 Abs.
3 [X.]-AG Vorauszahlungen
auf eine Entschädigung nach Art.
11 Abs.
1 [X.]-AG nur dann zu gewähren
seien, wenn der geltend gemachte Anspruch dem Grunde nach gerechtfertigt ist. Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, dass die [X.]
unter Beachtung dieser Bestimmung handeln wollte. Das Berufungsgericht lässt bei seiner
[X.]ung jedoch außer Betracht, dass Art.
13 Abs.
3 [X.]-AG gerade keine Entschließung im
Sinne des Art.
11 Abs.
1
[X.]-AG voraussetzt. Die Entschlie-ßung nach Art. 11 Abs. 1 [X.]-AG beendet im Regelfall das behördliche Verfah-13
14
-

9

-

ren, indem über die geltend gemachten Ansprüche vollständig und abschlie-ßend entschieden wird. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit einer Teilent-schließung, wenn und soweit nur beziehungsweise erst ein abgrenzbarer Teil Durch eine Teilent-schließung tritt keine Bindungswirkung an die
zugrunde liegenden
"Entschlie-ßungselemente"
ein; in einer weiteren Teilentschließung oder in der "[X.]"
kann daher die Sach-
und Rechtslage abweichend beurteilt werden ([X.]ministerium der Finanzen
[[X.]], Entschädigungsrecht für [X.], Erläuterungen [X.]). Eine getrennte Entschließung über den Grund des Anspruchs und über die Höhe des Anspruchs ist demgegenüber nicht vorgesehen (vgl. [X.] aa[X.] Rn.
86; so auch [X.], Stationierungsschä-denrecht, 1963, Art.
11 [X.]-AG, Rn.
15; anders etwa
im Verfahren nach dem Gesetz über die Abgeltung von [X.] vom 1.
Dezember 1955, [X.]
I S.
734: nach §
50 dieses Gesetzes konnte die Behörde über den Grund des [X.] vorab entscheiden sowie Feststellungs-
und Teilbescheide erlassen). Art.
13 Abs.
3 [X.]-AG wiederum sieht die Möglichkeit von Vorauszahlungen vor, sofern der Entschädigungsanspruch dem Grunde nach gerechtfertigt ist.
Diese Vorauszahlungen werden nach dem Regelungs-konzept
des Gesetzes
im Vorgriff auf die erst noch -
durch Entschließung oder Vereinbarung
-
zu bestimmende Entschädigung geleistet. Sie haben den [X.] von Abschlagszahlungen ohne Erfüllungswirkung. Im Unterschied zur eigentlichen Entschädigungsleistung ist die Rückforderung dieser Vorauszah-lungen
grundsätzlich
möglich, wenn sich im weiteren behördlichen oder gericht-lichen Verfahren der Anspruch als unbegründet erweist ([X.] aa[X.] Rn.
117).

Angesichts dieses gesetzgeberischen Regelungskonzepts rechtfertigt der Umstand, dass in einem Schreiben der zuständigen Behörde eine (weitere) Vorauszahlung angekündigt wird, grundsätzlich nicht den Schluss, dass diese 15
-

10

-

Ankündigung
zugleich als
Entschließung im Sinne des Art.
11 Abs.
1 [X.]-AG zu deuten ist.

Weiter hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt, dass die Klägerin selbst das Schreiben vom 31.
Juli 2008 nicht als
Entschließung angesehen hat. Zu Recht weist die [X.] darauf hin, dass die Klägerin sich in ihrer [X.] nicht darauf berufen hat, dass mit dem Schreiben vom 31.
Juli 2008 eine die [X.] unabhängig von den sonstigen Voraussetzungen eines Ersatzan-spruchs bindende Entschließung im Sinne des Art.
11 Abs.
1 Satz
1 [X.]-AG vorliege.

c) Da der Sachverhalt geklärt ist und weitere Feststellungen nicht zu er-warten sind, kann der Senat die Auslegung selbst vornehmen. Diese ergibt, dass mit dem Schreiben vom 31.
Juli 2008 keine verbindliche Entschließung der [X.]n im Sinne des Art.
11
Abs.
1 Satz
1 [X.]-AG vorliegt.

Nach §§
133, 157
[X.] ist bei der Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen der wirkliche Wille der Erklärenden zu erforschen. Dabei ist vom Wortlaut der Erklärung auszugehen und demgemäß in erster Linie dieser und der ihm zu entnehmende objektiv erklärte [X.] zu berücksichtigen. Bei der Willenserforschung sind aber auch der mit der Absprache verfolgte Zweck, die Interessenlage der Parteien und die sonstigen Begleitumstände zu berück-sichtigen, die den Sinngehalt der gewechselten Erklärungen
erhellen können. Dabei sind empfangsbedürftige Willenserklärungen
so auszulegen, wie sie der Empfänger nach [X.] und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste (st.
Rspr. vgl. [X.], Urteil vom 27.
Januar 2010 -
VIII
ZR 58/09, NJW 2010, 2422 Rn. 33 mwN, insoweit
in
[X.]Z 184, 128 nicht abge-druckt).
Diese Maßstäbe gelten auch bei der Auslegung von Verwaltungsakten 16
17
18
-

11

-

und sonstigen behördlichen Willensäußerungen (vgl.
Senatsurteil vom 9.
De-zember 1982 -
III
ZR 106/81, [X.], 104, 110; [X.], Urteil vom 19.
März 1998 -
IX
ZR 120/97, NJW 1998, 2138, 2140).

aa) Ausgehend von diesen Grundsätzen ergibt die Auslegung des Schreibens der [X.]n vom 31.
Juli 2008 unter Berücksichtigung des objek-tiven Empfängerhorizonts, dass die Klägerin dieses Schreiben nicht als [X.] im Sinne des Art.
11 Abs.
1 [X.]-AG verstehen durfte.

Wie ausgeführt sieht das Normgefüge des Gesetzes zum NAT[X.]-Trup-penstatut und zu den Zusatzvereinbarungen eine getrennte Entschließung über Grund und Höhe des Anspruchs nicht vor. [X.]b und inwieweit eine gleichwohl ergangene "Entschließung über
den Grund"
Rechtswirkungen zu erzeugen vermag, also insbesondere für das weitere Verfahren eine ähnliche Bindungs-wirkung begründet wie
ein
Grundurteil für das anschließende gerichtliche Be-tragsverfahren, kann dahinstehen
(wohl bejahend
[X.]/[X.], [X.], 35.
Aufl., Art.
11 [X.]-AG, Anm.
2
b
und [X.] aa[X.]). Jedenfalls bedarf es ein-deutiger und gewichtiger Anhaltspunkte dafür, dass die zuständige Behörde eine derartige "irreguläre"
Entscheidung treffen wollte. Solche
Anhaltspunkte liegen nicht vor.

Gegen die Auslegung des Schreibens vom 31.
Juli 2008 als
Entschlie-ßung im Sinne des Art.
11 Abs.
1 [X.]-AG spricht schon das
Erscheinungsbild.
Das Schreiben ist nicht
als Entschließung gekennzeichnet, es enthält keine Rechtsmittelbelehrung und ist nicht förmlich zugestellt worden. Dabei mag es insoweit, worauf das Berufungsgericht abstellt, lediglich um die Einhaltung von [X.]rdnungsvorschriften gehen. Sie geben jedoch einer Entschließung ein äuße-19
20
21
-

12

-

res Gepräge, das dem
Empfänger unzweideutig vermittelt, dass hier eine Ent-scheidung getroffen worden ist, die einem Urteil nahe steht.

Davon abgesehen lässt auch der Wortlaut des Schreibens nicht mit ge-nügender Deutlichkeit erkennen, dass die [X.] eine endgültige
und sie
bin-dende Entschließung im Sinne des Art.
11 Abs.
1 [X.]-AG erlassen wollte. So werden
keine Ansprüche anerkannt, sondern es wird nur davon gesprochen, dass der Schadensfall "grundsätzlich" nach Art.
VIII
Abs.
5 [X.]
abgewickelt werden könne.
Diese
Formulierung lässt sich zwanglos auch so deuten, dass die [X.] lediglich über die
interne
Meinungsbildung sowie über den Stand des [X.] mit den [X.] (Erteilung einer Bescheinigung
nach Art.
41 Abs.
11 Buchst.
a
[X.]-ZA)
Auskunft geben wollte. Dafür sprechen auch die weiteren Vorbehalte hinsichtlich der Höhe
der geltend gemachten Ansprüche.

Dem
steht auch nicht entgegen, dass die [X.] Vorauszahlungen
ge-leistet hat. Die erste Vorauszahlung ist
-
wovon auch die Vorinstanzen ausge-gangen sind
-
ersichtlich vor
jedweder Entschließung erfolgt. Auch die
im
Schreiben vom 31.
Juli 2008 angekündigte weitere Zahlung von 2.000

Vorauszahlung für die geschätzten Kosten bezeichnet. Hieraus kann nach dem zuvor (unter b) Gesagten ebenfalls nicht auf das Vorliegen einer Entschließung geschlossen werden.

Auch das Verhalten der
Klägerin nach dem 31.
Juli 2008 lässt erkennen, dass sie selbst nicht von einer verfahrensabschließenden Zuerkennung eines Anspruchs im Sinne einer Entschließung gemäß Art.
11 Abs.
1 [X.]-AG ausge-gangen ist. Sie hat
sich
in der Klageschrift nicht darauf berufen, dass unbe-22
23
24
-

13

-

schadet der weiteren Voraussetzungen bereits eine Entschließung vom 31.
Juli 2008 einen Anspruch begründe.

Hinzu tritt, dass die [X.] im Berufungsverfahren unwidersprochen vorgetragen hat, dass sie bei einem [X.]rtstermin am 16.
[X.]ktober 2008 gegen-über der Klägerin einen klaren Vorbehalt gegenüber einer endgültigen Scha-densregulierung formuliert habe, weil von den [X.] noch keine Aussage zur Schadensanerkennung getroffen worden sei.
In dem vom Landratsamt R.

gefertigten Aktenvermerk über den [X.]rtstermin ist festge-halten, dass -
unter Beteiligung
der Klägerin und ihres ebenfalls anwesenden Prozessbevollmächtigten
-
vereinbart worden sei, zunächst bis Ende November 2008 abzuwarten, da bis zu diesem [X.]punkt
voraussichtlich die Stellungnah-me der [X.] vorliegen werde; danach solle eine erneute Besprechung stattfinden, um das weitere Vorgehen festzulegen.

Der Ablauf dieses [X.]rtstermins zeigt, dass von keinem der Beteiligten in Erwägung gezogen wurde, hinsichtlich der Schadensabwicklung sei
bereits ir-gendeine -
für das weitere Verfahren vorgreifliche
-
verbindliche Entscheidung getroffen worden. Zwar vermag das
Verhalten der Parteien nach Abgabe einer
Erklärung
den [X.] nicht mehr zu verändern, es hat
aber gleichwohl Bedeutung für die Ermittlung des tatsächlichen Willens und des tat-sächlichen Verständnisses der Parteien (vgl. [X.], Versäumnisurteil vom 6.
Juli
2005 -
VIII
ZR 136/04, NJW 2005, 3207).

2.
Das angefochtene Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (vgl. §
561 ZP[X.]).

25
26
27
-

14

-

a)
Das
Feststellungsbegehren der Klägerin lässt sich materiell nicht auf Art.
VIII
Abs.
5 [X.]
stützen.
Das NAT[X.]-Truppenstatut ist am 1.
Juli 1963 in [X.] getreten
(Art.
26 Abs.
3 [X.]-AG
i.V.m. der Bekanntmachung vom 16.
Juni 1963, [X.]
II S.
745). Nach Art.
41 Abs.
12 Buchst.
a
[X.]
wird Art.
VIII
[X.]
nur auf die Schäden angewendet, die nach dem
Inkrafttreten
des Abkommens verursacht werden oder als nach diesem [X.]punkt verursacht gelten. Nach
Buchstabe
b
dieser Vorschrift sind auf
Schäden, die zuvor
verursacht worden sind oder als vor diesem [X.]punkt verursacht gelten, die bis dahin geltenden Vorschriften weiter anzuwenden (vgl. Senatsurteile vom 4.
Juli 1966
-
III
ZR 178/64, [X.], 975; vom 20.
Juni 1968 -
III
ZR 210/67, LM Nr.
12 zu §
234 (A) ZP[X.]). Da im vorliegenden Fall der Vater der Klägerin das Grundstück 1961 erwarb und die [X.]
zuvor das Grundstück freigegeben hatte, muss die behauptete Kontamination des Bodens durch die militärische Nutzung lange [X.] vor Inkrafttreten des NAT[X.]-Truppenstatus eingetreten sein. Eine Haftung nach dieser Vorschrift kommt deshalb nicht in Betracht.

b)
Die Klägerin kann ihre Ansprüche aber auch nicht auf die zeitlich vor Inkrafttreten des NAT[X.]-Truppenstatuts geltenden Haftungsvorschriften stützen.

aa) Ein Anspruch aus Art.
8 Abs.
1 des am 5.
Mai 1955 in [X.] getrete-nen ([X.] [X.] S.
213, 628) [X.] ([X.]) vom 26.
Mai 1952 ([X.] 1952
II S.
381)
kommt nicht in Betracht. Danach konnten Ansprüche wegen Verlusten
oder Schäden, die nach Inkrafttreten des [X.] im [X.]-gebiet infolge von Handlungen oder Unterlassungen
der [X.] entstehen, nach den Vorschriften dieses Artikels
geltend gemacht werden. Nach Art.
8 Abs.
6 [X.]
ist
ein Entschädigungsantrag, der nicht innerhalb eines Jahres vom [X.]punkt des schädigenden Ereignisses oder im Falle eines Verlustes oder Schadens innerhalb eines Jahres vom [X.]punkt der Freigabe der Gegenstände 28
29
30
-

15

-

ab bei der Dienststelle der [X.] eingegangen ist, nicht zu [X.]. Nach Art.
8 Abs.
3 [X.]
galten Schäden an Liegenschaften oder bewegli-chen Gegenständen, die den [X.]n zur
Nutzung
überlassen sind, als im [X.]punkt der Freigabe durch die [X.] eingetreten und die [X.] als zu diesem [X.]punkt entstanden. Da der Vater der Klägerin 1961 das Grundstück erworben hat, ist diese Einjahresfrist längst abgelaufen. Der Fristablauf ist unabhängig von der Kenntnis des Anspruchsberechtigten vom Schaden oder vom Grund der verspäteten Geltendmachung.
Eine Fristver-längerung oder eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nicht vorgese-hen. Die Frist gilt auch,
wenn eine rechtzeitige Anmeldung deshalb ausge-schlossen war, weil der Schaden nicht bekannt war (vgl. [X.]/[X.], [X.], 21.
Aufl., Art.
8 Abs.
6 FinVertr
Anm.
3; [X.], Truppenvertrag und
Finanzvertrag, 1958, S.
78 Anm.
15).

bb)
Ansprüche nach dem Gesetz über die Abgeltung von Besatzungs-schäden
vom 1.
Dezember 1955
([X.] I S.
734)
können
der Klägerin ebenfalls nicht zuerkannt werden.
Danach
gewährte die [X.]republik Deutschland un-ter bestimmten Voraussetzungen eine Entschädigung
zum Ausgleich von
Be-satzungsschäden. Nach §
2 dieses Gesetzes waren [X.] sol-che, die
in der [X.] zwischen dem 1.
August 1945 und dem 5.
Mai 1955 verur-sacht worden
sind. Abgesehen davon, dass dieses Gesetz durch Art.
25 des Gesetzes zur Bereinigung von [X.]recht im
Zuständigkeitsbereich des [X.] und zur Änderung des [X.] vom 8.
Mai 2008 mit Wirkung vom 17.
Mai 2008
([X.]
I S.
810, 812)
aufgehoben wurde
und auch hier die
Frist zur Stellung eines Antrags auf Entschädigung längst ab-gelaufen ist (§
46 Abs.
1: innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes), wäre derartigen Ansprüchen ausschließlich
die [X.]republik
ausgesetzt. Diese ist
hier jedoch nicht selbst verklagt, sondern lediglich in [X.]
-

16

-

zessstandschaft für die [X.]. Das Klagebegehren kann mithin nur auf solche Anspruchsgrundlagen gestützt werden, die sich unmittelbar ge-gen die [X.]
richten.

c) Weitere Anspruchsgrundlagen, die dem Klagebegehren zum Erfolg verhelfen könnten,
sind nicht ersichtlich. Solche führt die Revisionserwiderung auch nicht an.

Die Klage erweist sich deshalb als insgesamt unbegründet.

5.
Da der
Klägerin kein Anspruch auf Zahlung der
im Wege der Vorauszah-lung geleisteten 7.500

.
Die Zahlung
ist
ohne Rechtsgrund erfolgt (§
812 Abs.
1 Satz
1
1.
Fall [X.]).

Da die Revision Erfolg hat, ist
das angefochtene Urteil aufzuheben (§
562 Abs.
1 ZP[X.]). Der Senat
kann
in der Sache selbst entscheiden, da die Sache zur Endentscheidung reif ist (§
563 Abs.
3 ZP[X.]).
Eine Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, um der Klägerin Gelegenheit zum Sachvor-trag zu einem möglichen Wegfall der Bereicherung nach §
818 Abs.
3 [X.] zu geben,
ist im Gegensatz zur in der mündlichen Verhandlung geäußerten An-sicht des Klägervertreters nicht geboten. Zu derartigem Sachvortrag hatte be-reits in der Erwiderung auf die [X.] bestanden; zu diesem [X.]punkt hatte das [X.] noch nicht den Hinweis gegeben, dass

32
33
34
35
-

17

-

das Schreiben vom 31.
Juli 2008 als "[X.] dem Grunde nach"
zu verstehen sein könnte.

[X.]

[X.]
[X.]

Seiters
Tombrink
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 04.08.2010 -
3 [X.] 121/09 -

[X.]LG [X.], Entscheidung vom 01.03.2011 -
12 [X.] -

Meta

III ZR 72/11

08.12.2011

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.12.2011, Az. III ZR 72/11 (REWIS RS 2011, 646)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 646

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