Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30.07.2019, Az. XI ZR 752/17

11. Zivilsenat | REWIS RS 2019, 4957

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Gegenstand

NATO-Truppenstatut: Befreiung des Entsendestaats von den Gerichtskosten


Leitsatz

Zur Frage, ob sich aus Art. VIII Abs. 5 Buchst. a des NATO-Truppenstatuts und/oder Art. 41 Abs. 9 und 13 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut eine Befreiung von den Gerichtskosten ergibt.

Tenor

Die Erinnerung der Klägerin gegen den Kostenansatz des [X.] vom 20. Februar 2019 (Kostenrechnung vom 12. März 2019, Kassenzeichen           18) wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

[X.]er Senat hat die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin durch Beschluss vom 19. Februar 2019 zurückgewiesen. Gegen den Ansatz der Gerichtskosten mit Kostenrechnung vom 12. März 2019 ([X.]           18) hat die Klägerin Erinnerung erhoben und geltend gemacht, sie sei von der Zahlung der Gerichtskosten befreit. [X.]ie [X.] hat der Erinnerung nicht abgeholfen.

II.

2

[X.]ie Erinnerung der Klägerin, über die nach der Übertragung durch den Einzelrichter der Senat zu entscheiden hat (§ 66 Abs. 6 Satz 2 GKG), hat keinen Erfolg. [X.]urch die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde ist die Gebühr nach Nr. 1242 des [X.] (Anlage 1 zum GKG) angefallen. [X.]ie Klägerin ist nicht von der Zahlung der Gerichtskosten befreit.

3

1. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 GKG sind in Verfahren vor den ordentlichen Gerichten der [X.] und die Länder sowie die nach Haushaltsplänen des [X.]es oder eines [X.] verwalteten öffentlichen Anstalten und Kassen von der Zahlung der Kosten befreit. [X.]ie Klägerin wird als ausländischer Staat von dieser Regelung nicht erfasst.

4

2. Entgegen der von ihr vertretenen Ansicht ist die Klägerin nicht aufgrund von § 2 Abs. 3 Satz 1 GKG in Verbindung mit Art. [X.] Abs. 5 a [X.] hinsichtlich der Gerichtskosten so zu stellen wie der [X.] bzw. seine [X.] im Fall der Geltendmachung und gerichtlichen [X.]urchsetzung eigener Ansprüche gleicher Art in einem Verfahren vor dem [X.]esgerichtshof stünden.

5

Art. [X.] Abs. 5 [X.] lautet:

"Ansprüche (ausgenommen vertragliche Ansprüche und Ansprüche, auf welche die Absätze (6) und (7) Anwendung finden), die sich daraus ergeben, daß durch Handlungen oder Unterlassungen von Mitgliedern einer Truppe oder eines zivilen Gefolges in Ausübung des [X.]ienstes oder durch eine andere Handlung, Unterlassung oder Begebenheit, für die eine Truppe oder ein ziviles Gefolge rechtlich verantwortlich ist, in dem Hoheitsgebiet des [X.] einem [X.]ritten, mit Ausnahme einer der Vertragsparteien, ein Schaden zugefügt worden ist, werden von dem [X.] nach folgenden Bestimmungen behandelt:

(a) [X.]ie Geltendmachung, Prüfung und außergerichtliche Regelung der Entschädigungsansprüche oder die gerichtliche Entscheidung über sie erfolgt gemäß den Gesetzen und Bestimmungen des [X.], die insoweit für seine eigenen [X.] gelten.

(b) […]"

6

Nach dem eindeutigen Wortlaut des dem Buchstaben a vorangestellten Einleitungssatzes von Art. [X.] Abs. 5 [X.] gilt die Regelung des Buchstaben a ausschließlich für Schadensersatzansprüche von [X.]ritten gegen den [X.] bzw. dessen [X.], nicht aber für Ansprüche auf Ersatz von Schäden, die einer der Vertragsparteien zugefügt worden sind. Auch aus dem systematischen Zusammenhang ergeben sich keine Anhaltspunkte für die von der Klägerin vertretene Auslegung, nach der diese Regelung allgemein für alle Entschädigungsansprüche, die im Zusammenhang mit dem Aufenthalt der [X.] der [X.]en im [X.] entstehen, gelte und damit auch [X.] der [X.] des [X.]es, also Ansprüche, die der Truppe der Klägerin im Rahmen ihrer dienstlichen Tätigkeit in der [X.]esrepublik [X.]eutschland entstanden sind, erfasse.

7

3. Eine Befreiung der Klägerin von den Gerichtskosten folgt auch nicht aus den weiteren von der Klägerin angeführten Vorschriften.

8

Art. 41 Abs. 9 des [X.] zum [X.] vom 3. August 1959 (künftig: [X.]) lautet:

"(a) Ist durch ein Ereignis, das einen nach Artikel [X.] (5) des [X.]s abzugeltenden Schaden eines [X.]ritten verursacht hat, auch dem beteiligten [X.] ein Schaden entstanden und ist der [X.]ritte für diesen Schaden entschädigungspflichtig, so ist der Entschädigungsanspruch des [X.]es gegen den Entschädigungsanspruch des [X.]ritten aufzurechnen.

(b) Nach Maßgabe von Verwaltungsabkommen macht die [X.]esrepublik auf Antrag eines [X.]es Ansprüche, die diesem wegen eines im [X.]esgebiet verursachten Schadens gegen im [X.]esgebiet ansässige Personen entstanden sind, für ihn geltend; dies gilt nicht für vertragliche Ansprüche. Aufwendungen, die der [X.]esrepublik bei der Geltendmachung der Ansprüche außerhalb der allgemeinen Kosten der Verwaltung entstehen, werden ihr von dem [X.] erstattet."

9

Art. 41 Abs. 13 [X.] bestimmt, dass zur Regelung des Verfahrens zwischen den [X.] Behörden und den Behörden einer Truppe bei der Abgeltung von Schäden Verwaltungsabkommen geschlossen werden.

[X.]as [X.] zum [X.] sieht in Bezug auf Art. 41 [X.] in Absatz 9 vor, dass in den in Art. 41 Abs. 13 [X.] erwähnten Verwaltungsabkommen auch Regelungen getroffen werden können, die Abweichungen von den Verfahrensbestimmungen des Art. [X.] [X.] enthalten.

Im Verhältnis zur Klägerin besteht das Verwaltungsabkommen zur Regelung des Verfahrens bei der Abgeltung von Schäden gemäß Art. [X.] des [X.]s in Verbindung mit Art. 41 des [X.] sowie der Geltendmachung von Forderungen gemäß Art. 41 Abs. 9 des [X.] ([X.]esanzeiger 2012, Nr. 34a vom 29. Februar 2012, [X.] ff., künftig: Verwaltungsabkommen). Teil C des [X.] regelt die Geltendmachung von Forderungen des [X.]es durch die [X.] Behörden. Nach [X.] des [X.] darf der [X.] Forderungen wegen eines Schadens gegen Personen, die keinen Anspruch auf Entschädigung gemäß Art. [X.] Abs. 5 [X.] geltend gemacht haben, selbst geltend machen. In Teil [X.] des [X.] ("Schlussbestimmungen") bestimmt Nr. 87: "Soweit in diesem Abkommen nicht etwas anderes vereinbart ist, ist nach Artikel [X.] 5 bis 10 [[X.]] in Verbindung mit Artikel 41 [[X.]] und dem dazu vereinbarten [X.] zu verfahren."

Aus den vorgenannten Bestimmungen ergibt sich für den vorliegenden Fall keine Gerichtskostenbefreiung der Klägerin, die hier ihre Ansprüche - wie in [X.] des [X.] vorgesehen - selbst geltend gemacht hat. Eine Gerichtskostenbefreiung für diesen Fall ist im Verwaltungsabkommen nicht vorgesehen. [X.] regelt lediglich, in welchen Fällen der [X.] Forderungen selbst geltend machen darf. [X.]ass er in einem solchen Fall hinsichtlich der Gerichtskosten dieselbe Stellung genösse wie der [X.] nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GKG, folgt aus der Regelung in [X.] nicht. [X.]er Verweisung auf Art. [X.] Abs. 5 [X.] in Nr. 87 des [X.] kann nicht entnommen werden, dass dieser Art. [X.] Abs. 5 über seinen Anwendungsbereich hinaus auf sämtliche im Verwaltungsabkommen geregelten Ansprüche anzuwenden und somit die Klägerin bei der gerichtlichen Geltendmachung eigener Ansprüche gegen [X.]ritte der [X.]eswehr gleichzustellen wäre.

4. Entgegen der Ansicht der Klägerin folgt eine Befreiung von den Gerichtskosten auch nicht aus der Ablehnung der zuständigen Schadensregulierungsstelle des [X.]es, den von der Klägerin gegen die Beklagte geltend gemachten Anspruch für die Klägerin durchzusetzen, unabhängig davon, dass der [X.] in diesem Fall nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GKG von den Gerichtskosten befreit gewesen wäre.

[X.]ie Klägerin beschränkt sich - wie schon in den Vorinstanzen - auf die schlichte Behauptung, die Ablehnung der [X.]urchsetzung ihrer Ansprüche sei von der zuständigen Schadensregulierungsstelle "rechtswidrig" abgelehnt worden, ohne näher zur Begründung für die Ablehnung vorzutragen. Allerdings würde selbst eine rechtswidrige Ablehnung nicht zu einer Kostenfreiheit der Klägerin im vorliegenden Verfahren führen, sondern allenfalls dazu, dass sich die [X.]esrepublik [X.]eutschland möglicherweise gegenüber der Klägerin schadensersatzpflichtig gemacht hätte.

5. Soweit Art. 3 Abs. 1 und 2 Buchst. a [X.] vorsieht, dass die [X.] Behörden und die Behörden der Truppen eng zusammenarbeiten, um die [X.]urchführung des [X.]s und des [X.] sicherzustellen, und sich diese Zusammenarbeit insbesondere "auf die Förderung und Wahrung der Sicherheit sowie den Schutz des Vermögens der [X.]esrepublik, der [X.]en und der Truppen [erstreckt], namentlich auf die Sammlung, den Austausch und den Schutz aller Nachrichten, die für diese Zwecke von Bedeutung sind", ist diese Regelung zu allgemein, um daraus eine von seinem eindeutigen Wortlaut abweichende Auslegung des Art. [X.] Abs. 5 [X.] und eine Befreiung der Klägerin von den Gerichtskosten im vorliegenden Verfahren begründen zu können. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des [X.]esgerichtshofs vom 14. Juli 2016 ([X.]/15, [X.], 171 Rn. 20), da dort Art. 3 Abs. 1 und 2 [X.] in einem ganz anderen Zusammenhang herangezogen wurde, nämlich zur Bestimmung der Schutzrichtung der in Art. 32 [X.] geregelten Amtspflichten im Rahmen der Prüfung eines Anspruchs aus Amtshaftung.

III.

[X.]as Verfahren ist gerichtsgebührenfrei (§ 66 Abs. 8 Satz 1 GKG).

[X.]     

      

Grüneberg     

      

Maihold

      

Menges     

      

[X.]erstadt     

      

Meta

XI ZR 752/17

30.07.2019

Bundesgerichtshof 11. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Celle, 16. November 2017, Az: 3 U 111/17

Art 8 Abs 5 Buchst a NATOTrStat, Art 41 Abs 9 NATOTrStatZAbk, Art 41 Abs 13 NATOTrStatZAbk, § 2 Abs 1 S 1 GKG, § 2 Abs 3 S 1 GKG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30.07.2019, Az. XI ZR 752/17 (REWIS RS 2019, 4957)

Papier­fundstellen: MDR 2019, 1281-1282 WM2019,1652 REWIS RS 2019, 4957

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