Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.12.2011, Az. III ZR 72/11

3. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 658

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Gegenstand

Entschädigung für durch Nato-Truppen verursachte Bodenkontaminierungen: Auslegung eines Schreiben der zuständigen Schadensregulierungsstelle des Bundes


Leitsatz

Zur Auslegung eines eine Vorauszahlung für die Beseitigung einer Bodenkontamination ankündigenden Schreibens der zuständigen Schadensregulierungsstelle des Bundes als Entschließung im Sinne des Art. 11 NTS AG.

Tenor

Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 12. Zivilsenats des [X.] vom 1. März 2011 teilweise aufgehoben und das Urteil der 3. Zivilkammer des [X.] vom 4. August 2010 weiter abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die [X.] 7.500 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem [X.] hieraus seit dem 5. Mai 2009 zu zahlen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin verlangt eine Entschädigung für Altlasten, die nach ihrer Auffassung durch die [X.] in den Anfangsjahren der [X.] verursacht wurden.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin des von ihrem Vater geerbten Grundstücks D.     Straße 2 in [X.]       . Vor dem Erwerb des Grundstücks durch den Vater der [X.] wurde es von den [X.], die es 1945 requiriert hatten, als Materiallager einer Transporteinheit mit Fahrzeuginstandhaltung genutzt. Nachdem bereits 1975 im Rahmen einer Gewässerschau Missstände auf dem Grundstück festgestellt waren und eine 1995 historische Erhebung durchgeführt worden war, ergab 2004 eine im Auftrag des Landratsamts R.      durchgeführte Gefahrenverdachtsuntersuchung in einer Tiefe von 2 m eine Kontamination des Bodens. Das Landratsamt teilte der Klägerin im Februar 2007 mit, dass eine Sanierung des Grundstücks erforderlich sei; zugleich empfahl es der Klägerin, sich im Hinblick auf die ehemalige militärische Nutzung des Grundstücks an die zuständige Schadensregulierungsstelle des [X.] zu wenden.

3

Im März 2007 meldete die Klägerin den Schaden der Beklagten, die im April 2008 eine erste Vorauszahlung von 5.500 € erbrachte. Mit formlos übersandtem Schreiben vom 31. Juli 2008 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die [X.] mittlerweile eine entsprechende positive Bescheinigung erteilt hätten und der Schadensfall nunmehr grundsätzlich im Verfahren nach Art. VIII Abs. 5 des [X.] ([X.]) abgewickelt werden könne. Eine entsprechende Vorauszahlung in Höhe von 5.500 € sei bereits im April 2008 geleistet worden. Auch bestehe grundsätzliches Einverständnis mit der (von der Klägerin übermittelten) Kostenschätzung der Firma [X.] des [X.]. Es werde gleichwohl um Geduld gebeten, da sie gehalten sei, vor Erteilung der endgültigen Zustimmung zur Auftragsvergabe das [X.]           mit der fachtechnischen Prüfung des Kostenvoranschlags zu beauftragen. Im Hinblick auf die bisherigen Auslagen der Klägerin sowie die geschätzten Kosten für den Aushub in Höhe von 20.938,28 € werde eine weitere Vorauszahlung von 2.000 € geleistet. Sobald ihr die Stellungnahme des [X.] vorliege, werde sie sich umgehend mit dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin in Verbindung setzen.

4

Im November 2008 lehnten die [X.] eine finanzielle Beteiligung an der Altlastensanierung ab. Mit Entschließung vom 17. Dezember 2008, der Klägerin zugestellt am 19. Dezember 2008, wies die Beklagte den Entschädigungsantrag der Klägerin als unbegründet zurück, da es keine hinreichend begründeten Beweise gebe, die einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der [X.] und einer etwaigen Nutzung durch die [X.] belegten.

5

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Beklagte für die [X.] verpflichtet ist, der Klägerin die infolge der Sanierung entstehenden Kosten zu ersetzen. Die Beklagte verlangt mit der Widerklage die Rückzahlung der geleisteten Vorschüsse in Höhe von 7.500 € nebst Rechtshängigkeitszinsen.

6

Das [X.] hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Die Berufung der Beklagten ist im Wesentlichen erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungs- und ihren Widerklageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist begründet.

I.

8

Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin ein Anspruch auf Ersatz der infolge der Sanierung auf dem streitgegenständlichen Grundstück entstehenden Kosten gegen die [X.] zu. Deren Haftung ergebe sich aus dem Schreiben der [X.]n vom 31. Juli 2008. Zwar komme die Annahme eines rechtsgeschäftlichen Anerkenntnisses nicht in Betracht. Die [X.] sei aber gebunden, weil die Klägerin dieses Schreiben als eine das vorgeschaltete vereinfachte Verwaltungsverfahren zumindest hinsichtlich des Grundes der Haftung abschließende Entschließung nach § 11 Abs. 1 [X.] habe verstehen dürfen. Für die Auslegung des Verhaltens einer Behörde würden grundsätzlich die für Willenserklärungen allgemein üblichen Auslegungsgesetze gelten. Ausgehend von dem objektiven [X.] habe die Klägerin das Schreiben als verbindliche Entschließung der [X.]n über den Grund der Haftung verstehen dürfen. Aus den Ausführungen in dem Schreiben ergebe sich, dass die [X.] eine Haftung der [X.] für die streitgegenständliche Kontamination dem Grunde nach anerkenne. Dafür spreche der Umstand, dass sich die [X.] zur Leistung einer weiteren Vorauszahlung veranlasst gesehen habe. Solche Zahlungen kämen nur in Betracht, wenn der geltend gemachte Anspruch dem Grunde nach gerechtfertigt sei (Art. 13 Abs. 3 [X.]). Ebenso spreche für eine bindende Entschließung zum Grund der Haftung, dass die [X.] das grundsätzliche Einverständnis mit der von der Klägerin vorgelegten Kostenschätzung für Eingrenzung und Aushub des Schadstoffherdes erklärt habe und (nur) um Geduld für die Abgabe der endgültigen Zustimmung zur Auftragsvergabe gebeten habe, für die noch eine fachtechnische Prüfung des Kostenvoranschlags erforderlich sei. Die damit zum Ausdruck gebrachten Vorbehalte beträfen sämtlich Art und Umfang der erforderlichen Sanierungsmaßnahmen, nicht aber die Einstandspflicht dem Grunde nach. Der Annahme einer verbindlichen Entschließung stehe nicht entgegen, dass die Entschließung nicht als solche bezeichnet sei. Auch der Umstand, dass im Schreiben vom 31. Juli 2008 auf die Positivbescheinigung der [X.] Bezug genommen werde, hindere die Annahme einer Entschließung nicht, denn der insoweit von der [X.]n ins Feld geführte Art. 10 Abs. 2 Satz 2 [X.] besage nur, dass es einer Unterrichtung über die Bescheinigung im Rahmen einer Entschließung nicht bedürfe. Entgegen der Auffassung der [X.]n sei auch eine lediglich den Grund der Haftung betreffende Entschließung zulässig. Da die Klägerin das Schreiben vom 31. Juli 2008 als Entschließung dahin habe verstehen dürfen, dass eine Einstandspflicht der [X.]n für die [X.] dem Grunde nach anerkannt werde, komme diesem Schreiben inhaltlich eine schuldbestätigende Wirkung eigener Art zu. Daraus folge die materiell-rechtliche Bindung der [X.]n an die getroffene Entschließung.

9

Da die Klage begründet sei, sei die Vorauszahlung der [X.]n nicht ohne Rechtsgrund geleistet worden und die Widerklage deshalb unbegründet.

II.

Das Berufungsurteil hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Die begehrte Feststellung der Ersatzpflicht für die [X.] kann nicht auf das Schreiben der [X.]n vom 31. Juli 2008 als eine Entschließung im Sinne des Art. 11 Abs. 1 des Gesetzes zum [X.] und zu den Zusatzvereinbarungen ([X.]) vom 18. August 1961 ([X.]) gestützt werden.

a) Bei einer Entschließung im Sinne des Art. 11 Abs. 1 [X.] handelt es sich um ein Rechtsinstitut besonderer Art, welches keine Parallele in unserem Rechtssystem hat und keiner sonstigen Rechtsform des [X.] Rechts voll entspricht. Ihrer rechtlichen Natur nach ist sie weder Verwaltungsakt noch ein sonstiger hoheitlicher Akt, sondern sie ergeht im Rahmen fiskalischer Tätigkeit und ist damit dem Gebiet des bürgerlichen Rechts zuzuordnen, wenn auch die zugrunde liegenden Rechtsbeziehungen im Verhältnis zu den ausländischen [X.] dem öffentlichen Recht angehören. Die Entschließung wird erlassen nach Durchführung eines im [X.] mit Ausführungsgesetz und Zusatzbestimmungen vorgesehenen vereinfachten Verwaltungsverfahrens, welches dazu bestimmt ist, die Ersatzansprüche aus [X.] nach einer Prüfung durch die zuständige Behörde möglichst rasch und endgültig abzuwickeln. Zur Erreichung dieses Ziels einer schnellen und abschließenden Erledigung von [X.] stehen den zuständigen [X.] Behörden zwei Möglichkeiten zur Verfügung. Sie können entweder gemäß Art. 11 Abs. 3 [X.] mit dem Antragsteller eine vertragliche Vereinbarung über die ihm zu gewährende Entschädigung schließen oder ihm durch einseitige Entschließung nach Art. 11 Abs. 1 [X.] mitteilen, ob und inwieweit sie den geltend gemachten Schadensersatzanspruch anerkennen. Die einseitige Entschließung hat dabei inhaltlich die Bedeutung eines Anerkenntnisses. Dieses Anerkenntnis nimmt allerdings sowohl nach der Art seines Zustandekommens als auch nach seiner Bedeutung und seiner Rechtswirkung eine Sonderstellung unter denjenigen Rechtsinstituten ein, durch die Ansprüche üblicherweise als berechtigt und verbindlich festgelegt und zuerkannt werden. Die Entschließung ist kein Vergleich zwischen der Behörde und dem Anspruchsberechtigten, und auch wenn dieser stillschweigend oder ausdrücklich seine Zustimmung zu der Entschließung erklärt, kommt es doch nicht zum Abschluss eines Vertrages. Die Entschließung enthält nämlich kein Angebot für einen Vertragsabschluss, und sie erlangt ohne Rücksicht auf eine Zustimmung des Anspruchsberechtigten ihre Wirkung nicht kraft des Willens des Antragstellers, sondern [X.] der Regelung, die das Gesetz getroffen hat. Aufgrund der gesetzlichen Regelungen handelt es sich bei der Entschließung zwar nicht um einen einem Urteil gleichstehenden hoheitlichen Akt; das Gesetz rückt die (bestandskräftige) Entschließung jedoch in die Nähe von (rechtskräftigen) Urteilen (vgl. [X.]surteile vom 20. November 1969 - [X.], [X.], 518, 519 ff und [X.], [X.], 665, 667 ff).

b) Ausgehend davon, dass sich eine Entschließung ungeachtet ihrer "fiskalischen Natur" als eine nach Durchführung eines behördlichen ([X.] mit Hoheitsgewalt getroffene Entscheidung darstellt, kann der erkennende [X.] die tatrichterliche Auslegung, wonach das Schreiben vom 31. Juli 2008 als Entschließung im Sinne des Art. 11 Abs. 1 [X.] zu verstehen sei, in vollem Umfange nachprüfen (so zur Auslegung eines Verwaltungsakts [X.]surteil vom 9. Dezember 1982 - [X.]/81, [X.], 104, 110; [X.], Urteil vom 25. Juni 1958 - [X.], [X.]Z 28, 34, 39).

Das Berufungsgericht stellt für seine Würdigung, dass in dem Schreiben vom 31. Juli 2008 eine verbindliche Entschließung der [X.]n zu sehen ist, maßgeblich darauf ab, dass nach Art. 13 Abs. 3 [X.] Vorauszahlungen auf eine Entschädigung nach Art. 11 Abs. 1 [X.] nur dann zu gewähren seien, wenn der geltend gemachte Anspruch dem Grunde nach gerechtfertigt ist. Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, dass die [X.] unter Beachtung dieser Bestimmung handeln wollte. Das Berufungsgericht lässt bei seiner Betrachtung jedoch außer Betracht, dass Art. 13 Abs. 3 [X.] gerade keine Entschließung im Sinne des Art. 11 Abs. 1 [X.] voraussetzt. Die Entschließung nach Art. 11 Abs. 1 [X.] beendet im Regelfall das behördliche Verfahren, indem über die geltend gemachten Ansprüche vollständig und abschließend entschieden wird. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit einer Teilentschließung, wenn und soweit nur beziehungsweise erst ein abgrenzbarer Teil der geltend gemachten Ansprüche „entscheidungsreif“ ist. Durch eine Teilentschließung tritt keine Bindungswirkung an die zugrunde liegenden "[X.]" ein; in einer weiteren Teilentschließung oder in der "Schlussentschließung" kann daher die Sach- und Rechtslage abweichend beurteilt werden ([X.] [[X.]], Entschädigungsrecht für [X.], Erläuterungen [X.]). Eine getrennte Entschließung über den Grund des Anspruchs und über die Höhe des Anspruchs ist demgegenüber nicht vorgesehen (vgl. [X.] aaO Rn. 86; so auch [X.], Stationierungsschädenrecht, 1963, Art. 11 [X.], Rn. 15; anders etwa im Verfahren nach dem Gesetz über die Abgeltung von [X.] vom 1. Dezember 1955, [X.] I S. 734: nach § 50 dieses Gesetzes konnte die Behörde über den Grund des [X.] vorab entscheiden sowie [X.] erlassen). Art. 13 Abs. 3 [X.] wiederum sieht die Möglichkeit von Vorauszahlungen vor, sofern der Entschädigungsanspruch dem Grunde nach gerechtfertigt ist. Diese Vorauszahlungen werden nach dem Regelungskonzept des Gesetzes im Vorgriff auf die erst noch - durch Entschließung oder Vereinbarung - zu bestimmende Entschädigung geleistet. Sie haben den Charakter von Abschlagszahlungen ohne Erfüllungswirkung. Im Unterschied zur eigentlichen Entschädigungsleistung ist die Rückforderung dieser Vorauszahlungen grundsätzlich möglich, wenn sich im weiteren behördlichen oder gerichtlichen Verfahren der Anspruch als unbegründet erweist ([X.] aaO Rn. 117).

Angesichts dieses gesetzgeberischen Regelungskonzepts rechtfertigt der Umstand, dass in einem Schreiben der zuständigen Behörde eine (weitere) Vorauszahlung angekündigt wird, grundsätzlich nicht den Schluss, dass diese Ankündigung zugleich als Entschließung im Sinne des Art. 11 Abs. 1 [X.] zu deuten ist.

Weiter hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt, dass die Klägerin selbst das Schreiben vom 31. Juli 2008 nicht als Entschließung angesehen hat. Zu Recht weist die [X.] darauf hin, dass die Klägerin sich in ihrer Klageschrift nicht darauf berufen hat, dass mit dem Schreiben vom 31. Juli 2008 eine die [X.] unabhängig von den sonstigen Voraussetzungen eines Ersatzanspruchs bindende Entschließung im Sinne des Art. 11 Abs. 1 Satz 1 [X.] vorliege.

c) Da der Sachverhalt geklärt ist und weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, kann der [X.] die Auslegung selbst vornehmen. Diese ergibt, dass mit dem Schreiben vom 31. Juli 2008 keine verbindliche Entschließung der [X.]n im Sinne des Art. 11 Abs. 1 Satz 1 [X.] vorliegt.

Nach §§ 133, 157 [X.] ist bei der Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen der wirkliche Wille der Erklärenden zu erforschen. Dabei ist vom Wortlaut der Erklärung auszugehen und demgemäß in erster Linie dieser und der ihm zu entnehmende objektiv erklärte [X.] zu berücksichtigen. Bei der Willenserforschung sind aber auch der mit der Absprache verfolgte Zweck, die Interessenlage der Parteien und die sonstigen Begleitumstände zu berücksichtigen, die den Sinngehalt der gewechselten Erklärungen erhellen können. Dabei sind empfangsbedürftige Willenserklärungen so auszulegen, wie sie der Empfänger nach [X.] und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste (st. Rspr. vgl. [X.], Urteil vom 27. Januar 2010 - [X.], NJW 2010, 2422 Rn. 33 mwN, insoweit in [X.]Z 184, 128 nicht abgedruckt). Diese Maßstäbe gelten auch bei der Auslegung von Verwaltungsakten und sonstigen behördlichen Willensäußerungen (vgl. [X.]surteil vom 9. Dezember 1982 - [X.]/81, [X.], 104, 110; [X.], Urteil vom 19. März 1998 - [X.], NJW 1998, 2138, 2140).

aa) Ausgehend von diesen Grundsätzen ergibt die Auslegung des Schreibens der [X.]n vom 31. Juli 2008 unter Berücksichtigung des objektiven [X.]s, dass die Klägerin dieses Schreiben nicht als Entschließung im Sinne des Art. 11 Abs. 1 [X.] verstehen durfte.

Wie ausgeführt sieht das Normgefüge des Gesetzes zum [X.] und zu den Zusatzvereinbarungen eine getrennte Entschließung über Grund und Höhe des Anspruchs nicht vor. Ob und inwieweit eine gleichwohl ergangene "Entschließung über den Grund" Rechtswirkungen zu erzeugen vermag, also insbesondere für das weitere Verfahren eine ähnliche Bindungswirkung begründet wie ein Grundurteil für das anschließende gerichtliche Betragsverfahren, kann dahinstehen (wohl bejahend [X.]/[X.], [X.], 35. Aufl., Art. 11 [X.], [X.]. 2 b und [X.] aaO). Jedenfalls bedarf es eindeutiger und gewichtiger Anhaltspunkte dafür, dass die zuständige Behörde eine derartige "irreguläre" Entscheidung treffen wollte. Solche Anhaltspunkte liegen nicht vor.

Gegen die Auslegung des Schreibens vom 31. Juli 2008 als Entschließung im Sinne des Art. 11 Abs. 1 [X.] spricht schon das Erscheinungsbild. Das Schreiben ist nicht als Entschließung gekennzeichnet, es enthält keine Rechtsmittelbelehrung und ist nicht förmlich zugestellt worden. Dabei mag es insoweit, worauf das Berufungsgericht abstellt, lediglich um die Einhaltung von Ordnungsvorschriften gehen. Sie geben jedoch einer Entschließung ein äußeres Gepräge, das dem Empfänger unzweideutig vermittelt, dass hier eine Entscheidung getroffen worden ist, die einem Urteil nahe steht.

Davon abgesehen lässt auch der Wortlaut des Schreibens nicht mit genügender Deutlichkeit erkennen, dass die [X.] eine endgültige und sie bindende Entschließung im Sinne des Art. 11 Abs. 1 [X.] erlassen wollte. So werden keine Ansprüche anerkannt, sondern es wird nur davon gesprochen, dass der Schadensfall "grundsätzlich" nach Art. VIII Abs. 5 [X.] abgewickelt werden könne. Diese Formulierung lässt sich zwanglos auch so deuten, dass die [X.] lediglich über die interne Meinungsbildung sowie über den Stand des [X.] mit den [X.]n (Erteilung einer Bescheinigung nach Art. 41 Abs. 11 Buchst. a [X.]-ZA) Auskunft geben wollte. Dafür sprechen auch die weiteren Vorbehalte hinsichtlich der Höhe der geltend gemachten Ansprüche.

Dem steht auch nicht entgegen, dass die [X.] Vorauszahlungen geleistet hat. Die erste Vorauszahlung ist - wovon auch die Vorinstanzen ausgegangen sind - ersichtlich vor jedweder Entschließung erfolgt. Auch die im Schreiben vom 31. Juli 2008 angekündigte weitere Zahlung von 2.000 € ist als Vorauszahlung für die geschätzten Kosten bezeichnet. Hieraus kann nach dem zuvor (unter b) Gesagten ebenfalls nicht auf das Vorliegen einer Entschließung geschlossen werden.

Auch das Verhalten der Klägerin nach dem 31. Juli 2008 lässt erkennen, dass sie selbst nicht von einer verfahrensabschließenden Zuerkennung eines Anspruchs im Sinne einer Entschließung gemäß Art. 11 Abs. 1 [X.] ausgegangen ist. Sie hat sich in der Klageschrift nicht darauf berufen, dass unbeschadet der weiteren Voraussetzungen bereits eine Entschließung vom 31. Juli 2008 einen Anspruch begründe.

Hinzu tritt, dass die [X.] im Berufungsverfahren unwidersprochen vorgetragen hat, dass sie bei einem Ortstermin am 16. Oktober 2008 gegenüber der Klägerin einen klaren Vorbehalt gegenüber einer endgültigen Schadensregulierung formuliert habe, weil von den [X.]n noch keine Aussage zur Schadensanerkennung getroffen worden sei. In dem vom [X.]     gefertigten Aktenvermerk über den Ortstermin ist festgehalten, dass - unter Beteiligung der Klägerin und ihres ebenfalls anwesenden Prozessbevollmächtigten - vereinbart worden sei, zunächst bis Ende November 2008 abzuwarten, da bis zu diesem [X.]punkt voraussichtlich die Stellungnahme der [X.] vorliegen werde; danach solle eine erneute Besprechung stattfinden, um das weitere Vorgehen festzulegen.

Der Ablauf dieses Ortstermins zeigt, dass von keinem der Beteiligten in Erwägung gezogen wurde, hinsichtlich der Schadensabwicklung sei bereits irgendeine - für das weitere Verfahren vorgreifliche - verbindliche Entscheidung getroffen worden. Zwar vermag das Verhalten der Parteien nach Abgabe einer Erklärung den [X.] nicht mehr zu verändern, es hat aber gleichwohl Bedeutung für die Ermittlung des tatsächlichen Willens und des tatsächlichen Verständnisses der Parteien (vgl. [X.], Versäumnisurteil vom 6. Juli 2005 - [X.], [X.], 3207).

2. Das angefochtene Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (vgl. § 561 ZPO).

a) Das Feststellungsbegehren der Klägerin lässt sich materiell nicht auf Art. VIII Abs. 5 [X.] stützen. Das [X.] ist am 1. Juli 1963 in [X.] getreten (Art. 26 Abs. 3 [X.] i.V.m. der Bekanntmachung vom 16. Juni 1963, [X.] [X.]). Nach Art. 41 Abs. 12 Buchst. a [X.] wird Art. VIII [X.] nur auf die Schäden angewendet, die nach dem Inkrafttreten des Abkommens verursacht werden oder als nach diesem [X.]punkt verursacht gelten. Nach Buchstabe b dieser Vorschrift sind auf Schäden, die zuvor verursacht worden sind oder als vor diesem [X.]punkt verursacht gelten, die bis dahin geltenden Vorschriften weiter anzuwenden (vgl. [X.]surteile vom 4. Juli 1966 - [X.], [X.], 975; vom 20. Juni 1968 - [X.], [X.] Nr. 12 zu § 234 (A) ZPO). Da im vorliegenden Fall der Vater der Klägerin das Grundstück 1961 erwarb und die [X.] zuvor das Grundstück freigegeben hatte, muss die behauptete Kontamination des Bodens durch die militärische Nutzung lange [X.] vor Inkrafttreten des [X.] eingetreten sein. Eine Haftung nach dieser Vorschrift kommt deshalb nicht in Betracht.

b) Die Klägerin kann ihre Ansprüche aber auch nicht auf die zeitlich vor Inkrafttreten des [X.]s geltenden Haftungsvorschriften stützen.

aa) Ein Anspruch aus Art. 8 Abs. 1 des am 5. Mai 1955 in [X.] getretenen ([X.] [X.], 628) [X.] ([X.]) vom 26. Mai 1952 ([X.] [X.]) kommt nicht in Betracht. Danach konnten Ansprüche wegen Verlusten oder Schäden, die nach Inkrafttreten des [X.] im [X.] infolge von Handlungen oder Unterlassungen der [X.] entstehen, nach den Vorschriften dieses Artikels geltend gemacht werden. Nach Art. 8 Abs. 6 [X.] ist ein Entschädigungsantrag, der nicht innerhalb eines Jahres vom [X.]punkt des schädigenden Ereignisses oder im Falle eines Verlustes oder Schadens innerhalb eines Jahres vom [X.]punkt der Freigabe der Gegenstände ab bei der Dienststelle der [X.] eingegangen ist, nicht zu berücksichtigen. Nach Art. 8 Abs. 3 [X.] galten Schäden an Liegenschaften oder beweglichen Gegenständen, die den [X.] zur Nutzung überlassen sind, als im [X.]punkt der Freigabe durch die [X.] eingetreten und die Entschädigungsansprüche als zu diesem [X.]punkt entstanden. Da der Vater der Klägerin 1961 das Grundstück erworben hat, ist diese Einjahresfrist längst abgelaufen. Der Fristablauf ist unabhängig von der Kenntnis des Anspruchsberechtigten vom Schaden oder vom Grund der verspäteten Geltendmachung. Eine Fristverlängerung oder eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nicht vorgesehen. Die Frist gilt auch, wenn eine rechtzeitige [X.]eldung deshalb ausgeschlossen war, weil der Schaden nicht bekannt war (vgl. [X.]/[X.], [X.], 21. Aufl., Art. 8 Abs. 6 FinVertr [X.]. 3; [X.], Truppenvertrag und Finanzvertrag, 1958, [X.] [X.]. 15).

bb) Ansprüche nach dem Gesetz über die Abgeltung von [X.] vom 1. Dezember 1955 ([X.] I S. 734) können der Klägerin ebenfalls nicht zuerkannt werden. Danach gewährte die [X.] unter bestimmten Voraussetzungen eine Entschädigung zum Ausgleich von [X.]. Nach § 2 dieses Gesetzes waren [X.] solche, die in der [X.] zwischen dem 1. August 1945 und dem 5. Mai 1955 verursacht worden sind. Abgesehen davon, dass dieses Gesetz durch Art. 25 des Gesetzes zur Bereinigung von Bundesrecht im Zuständigkeitsbereich des [X.] und zur Änderung des Münzgesetzes vom 8. Mai 2008 mit Wirkung vom 17. Mai 2008 ([X.] I S. 810, 812) aufgehoben wurde und auch hier die Frist zur Stellung eines Antrags auf Entschädigung längst abgelaufen ist (§ 46 Abs. 1: innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes), wäre derartigen Ansprüchen ausschließlich die [X.] ausgesetzt. Diese ist hier jedoch nicht selbst verklagt, sondern lediglich in Prozessstandschaft für die [X.]. Das Klagebegehren kann mithin nur auf solche Anspruchsgrundlagen gestützt werden, die sich unmittelbar gegen die [X.] richten.

c) Weitere Anspruchsgrundlagen, die dem Klagebegehren zum Erfolg verhelfen könnten, sind nicht ersichtlich. Solche führt die Revisionserwiderung auch nicht an.

Die Klage erweist sich deshalb als insgesamt unbegründet.

5. Da der Klägerin kein Anspruch auf Zahlung der im Wege der Vorauszahlung geleisteten 7.500 € zusteht, ist die Widerklage begründet. Die Zahlung ist ohne Rechtsgrund erfolgt (§ 812 Abs. 1 Satz 1 1. Fall [X.]).

Da die Revision Erfolg hat, ist das angefochtene Urteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der [X.] kann in der Sache selbst entscheiden, da die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Eine Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, um der Klägerin Gelegenheit zum Sachvortrag zu einem möglichen Wegfall der Bereicherung nach § 818 Abs. 3 [X.] zu geben, ist im Gegensatz zur in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht des Klägervertreters nicht geboten. Zu derartigem Sachvortrag hatte bereits in der Erwiderung auf die [X.] bestanden; zu diesem [X.]punkt hatte das [X.] noch nicht den Hinweis gegeben, dass das Schreiben vom 31. Juli 2008 als "[X.] dem Grunde nach" zu verstehen sein könnte.

Schlick                                          Wöstmann                                            Hucke

                          Seiters                                                [X.]

Meta

III ZR 72/11

08.12.2011

Bundesgerichtshof 3. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Karlsruhe, 1. März 2011, Az: 12 U 123/10, Urteil

Art 11 Abs 1 NATOTrStatVtrG, Art 13 Abs 3 NATOTrStatVtrG, § 133 BGB, § 157 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.12.2011, Az. III ZR 72/11 (REWIS RS 2011, 658)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 658

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