Bundesfinanzhof, Urteil vom 26.01.2012, Az. VII R 17/11

7. Senat | REWIS RS 2012, 9702

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Gegenstand

Bindungswirkung einer verbindlichen Zolltarifauskunft


Leitsatz

NV: Eine vZTA bindet die Zollbehörde auch hinsichtlich solcher Einfuhrwaren, deren Beschaffenheit von derjenigen der in der vZTA beschriebenen Ware abweicht, sofern es sich um erzeugnis- oder herstellungsbedingte Abweichungen bei Beschaffenheitsmerkmalen handelt, die für die Tarifierungsentscheidung der die vZTA erteilenden Zollbehörde erkennbar ohne Bedeutung waren und keine Auswirkung auf das Einreihungsergebnis haben können.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) führt Haselnusskerne aus der [X.] in das Zollgebiet der [X.] ein, die vor ihrer Einfuhr zur Reduktion ihres [X.] für 12 Minuten auf durchschnittlich 115°C, kurzzeitig bis zu 140°C, erhitzt werden.

2

Auf Antrag der Klägerin erteilte die [X.] Prüfungs- und Lehranstalt ([X.]) A der Oberfinanzdirektion (OFD) B unter dem 13. Dezember 2001 eine verbindliche Zolltarifauskunft ([X.]), mit der die Ware als "[X.], in anderer Weise zubereitet oder haltbar gemacht, anderweit weder genannt noch inbegriffen, in unmittelbaren Umschließungen mit einem Gewicht des Inhalts von mehr als 1 kg" in die [X.]. 2008 19 19 der Kombinierten Nomenklatur ([X.]) eingereiht wurde. Als Untersuchungsbefund ist in der [X.] angegeben:

"ganze, ca. 1 cm große, hell- bis mittelbraune Haselnusskerne, teils mit großflächig abgeplatzter Samenschale. Geruch: arteigen, z.T. ist eine sehr schwache Röstnote wahrnehmbar; Geruch der halbierten Kerne: deutliche Röstnote. Geschmack: arteigen, teilweise bitter, nur vereinzelt schwach geröstet schmeckend. Prüfung auf Röstung mittels HPLC des [X.]: schwach geröstet."

3

Drei im Dezember 2003 zur Abfertigung zum freien Verkehr mit der [X.]. 2008 19 19 [X.] angemeldeten Einfuhrsendungen der Klägerin wurden Proben entnommen und von der [X.] C der [X.] mit Hilfe verschiedener chemisch-instrumenteller Verfahren sowie sensorischer Tests untersucht. Mit ihren Einreihungsgutachten vom 15. Januar 2004 vertrat die [X.] C die Ansicht, es handele sich um "[X.], ohne Schale, getrocknet" der [X.]. 0802 22 00 [X.], wobei sie von folgendem Untersuchungsbefund ausging:

4

"Haselnüsse

-

in Form von getrockneten, schalenlosen, ganzen Kernen, die überwiegend vollständig mit der braunen Samenhaut behaftet sind,

-

mit weißlicher bis gelblicher Färbung des Fruchtfleisches,

-

Röstmerkmale sind weder analytisch (HPLC-Verfahren, Untersuchung der Trockenmasse und der Enzymaktivität) noch geruchlich oder geschmacklich feststellbar."

5

Nach den vorangegangenen Prüfberichten zu den einzelnen Warenproben war die Trockenmasse mit 94,3 bzw. 93,5 GHT bestimmt worden.

6

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt --[X.]--) schloss sich der Tarifauffassung der [X.] C an und erhob mit Einfuhrabgabenbescheid vom 22. April 2004 den für Waren der [X.]. 0802 22 00 [X.] festzusetzenden höheren Zoll nach.

7

Die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das [X.] ([X.]) ab, nachdem es zur Frage der Unterscheidung nur getrockneter von durch die Hitzebehandlung veränderter [X.] ein schriftliches Sachverständigengutachten eingeholt und der Sachverständige das Gutachten in der mündlichen Verhandlung erläutert hatte. Nach der [X.]. 3 zu [X.]. 8 [X.] könnten getrocknete Nüsse auch thermisch behandelt sein, vorausgesetzt, sie behielten den Charakter getrockneter Nüsse. [X.] zu dieser Regelung gehörten gemäß der [X.]. 1 Buchst. a zu [X.]. 20 [X.] nicht zu diesem [X.]itel (u.a.) nach den Verfahren des [X.]. 8 [X.] zubereitete oder haltbar gemachte Nüsse. Die im Streitfall eingeführten [X.] hätten jedoch durch die Hitzebehandlung keine Charakteränderung erfahren. Insoweit reiche eine aufgrund der Hitzebehandlung sensorisch wahrnehmbare Röstnote nicht, die sich ohnehin nach kurzer Zeit verflüchtige und nicht mehr wahrnehmbar sei. Indikatoren für eine dauerhafte Charakteränderung der [X.] seien vielmehr die Braunfärbung des Kerninneren sowie die Inaktivität des Enzyms Polyphenoloxidase. Nach dem Einreihungsgutachten der [X.] C vom 15. Januar 2004 sei aber weder eine Braunfärbung festgestellt worden, die nach Angaben des Sachverständigen ohnehin erst bei einer Erhitzung auf ca. 150°C eintrete, noch eine Inaktivität des [X.]. Die der Klägerin erteilte [X.] stehe der Einreihung der eingeführten Nüsse in die [X.]. 0802 22 00 [X.] nicht entgegen, weil diese hinsichtlich ihres seitens der [X.] C ermittelten [X.] nicht der in der [X.] beschriebenen Ware entsprächen.

8

Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, die eingeführten [X.] stimmten hinsichtlich ihres Aussehens, einer geruchlich bzw. geschmacklich feststellbaren Röstnote sowie einer Prüfung auf Röstkomponenten nach der HPLC-Methode (Hochdruckflüssigkeitschromatographie) mit den in der [X.] beschriebenen Merkmalen überein. Die vom [X.] vertretene Ansicht, eine bloß leichte Röstung verändere den Charakter der Nüsse nicht, sei nicht zutreffend. Zudem sei die Art und Weise der Untersuchung der Warenproben durch die [X.] C zu beanstanden. Begutachtungen späterer Einfuhren durch die Zollverwaltung hätten wiederum zur Einreihung in die [X.]. 2008 [X.] geführt.

9

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung sowie den Einfuhrabgabenbescheid vom 22. April 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. Februar 2007 aufzuheben.

Das [X.] beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Es schließt sich der Tarifauffassung des [X.] an. Um sie in die [X.]. 2008 [X.] einzureihen, müssten die Nüsse als geröstet angesehen werden können; sie hätten aber im Streitfall nach dem Untersuchungsergebnis der [X.] C den Charakter lediglich getrockneter [X.] nicht verloren. Das seitens der Klägerin im Revisionsverfahren übersandte Gutachten des Bildungs- und Wissenschaftszentrums der [X.], vom 4. Februar 2011 sowie die [X.] vom 7. Juni 2011 könnten zu keinem anderen Ergebnis führen, weil sie Waren beträfen, die sich von den streitgegenständlichen unterschieden. Dem [X.] sei auch darin zuzustimmen, dass der [X.] vom 13. Dezember 2001 keine Bindungswirkung zukomme.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung sowie der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Der Einfuhrabgabenbescheid vom 22. April 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. Februar 2007 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 [X.]O).

Soweit in dem angefochtenen Einfuhrabgabenbescheid der gemäß den Beschlüssen des Assoziationsrats [X.] für Waren der [X.]. 0802 22 00 KN vorgesehene Zollsatz zugrunde gelegt worden ist, steht der Abgabenerhebung die der Klägerin erteilte [X.] vom 13. Dezember 2001 entgegen.

1. Nach Art. 12 Abs. 2 Unterabs. 1 und 2 des Zollkodex ([X.]) bindet eine [X.] die Zollbehörden gegenüber dem Berechtigten hinsichtlich der zolltariflichen Einreihung der Waren, für welche die Zollförmlichkeiten nach dem Zeitpunkt der Erteilung der [X.] erfüllt werden. Diese zeitlichen Voraussetzungen liegen im Streitfall vor, da die streitigen Einfuhren nach Erteilung der [X.] stattfanden, die die Klägerin als Berechtigte ausweist.

2. Die weitere für den Eintritt der Bindungswirkung in Art. 12 Abs. 3 Anstrich 1 [X.] (ebenso in Art. 10 Abs. 3 Buchst. a der Zollkodex-Durchführungsverordnung --[X.]DVO--) genannte Voraussetzung, wonach die angemeldete Ware der in der [X.] beschriebenen in jeder Hinsicht entsprechen muss, ist im Streitfall ebenfalls erfüllt.

a) Das [X.] hat als unstreitig festgestellt, dass es sich bei den Waren der drei Einfuhren vom Dezember 2003 um mit einer braunen Samenhaut behaftete Haselnusskerne handelt, die vor ihrer Einfuhr einer Hitzebehandlung für die Dauer von 12 Minuten bei einer Temperatur zwischen 110°C bis 140°C unterzogen worden sind. Insoweit besteht kein Unterschied zu der entsprechenden Warenbeschreibung in der [X.] vom 13. Dezember 2001.

b) Anders als das [X.] meint, fehlt es an der Voraussetzung des Art. 12 Abs. 3 Anstrich 1 [X.] auch nicht, weil die [X.] vom 13. Dezember 2001 die [X.] wiedergibt, denen zufolge der Feuchtigkeitsgehalt der Haselnusskerne durch das Erhitzen auf 4 % bis 5,5 % sinkt, während die streitigen [X.] nach dem Untersuchungsergebnis der [X.] einen Feuchtigkeitsgehalt von 5,7 % bzw. 6,5 % aufwiesen. Trotz derartiger Schwankungen des Feuchtigkeitsgehalts der Haselnüsse kann sich die Klägerin auf die Bindungswirkung der [X.] berufen.

aa) Soweit der erkennende Senat mit Beschluss vom 16. Juli 2004 [X.]/03 ([X.] 2004, 1678, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --[X.]-- 2004, 417) unter Hinweis auf das Senatsurteil vom 31. Januar 1978 [X.] ([X.], 401, [X.] 1978, 176) die Auffassung vertreten hat, die angemeldete Ware müsse der in der [X.] beschriebenen ohne Rücksicht darauf entsprechen, ob die in der [X.] beschriebenen [X.]e zolltariflich relevant sind oder nicht, hält er hieran --jedenfalls hinsichtlich der diesem Rechtssatz zu entnehmenden, scheinbar keine Ausnahme zulassenden [X.] nicht fest.

Eine [X.] dient dem Bedürfnis der Wirtschaftsbeteiligten, sicher geschäftlich disponieren zu können. Auf der Grundlage der Tarifauskunft, an die die Zollverwaltung gebunden ist, soll der Einführer die Zollbelastung einzuführender Waren ermitteln und seine Preise kalkulieren können. Zwar wäre diesem Interesse des Einführers, mit der [X.] eine zuverlässige Kalkulationsgrundlage für bestimmte einzuführende Waren zu erhalten, nicht gedient, wenn die abfertigende Zollstelle nicht nur die Beschaffenheit der konkreten Einfuhrware mit der in der [X.] beschriebene Ware vergleichen, sondern darüber hinaus prüfen müsste, welches der [X.] zu entnehmende [X.] als zolltariflich relevant anzusehen ist und ob die Einfuhrware dieses Merkmal aufweist, denn dies liefe auf eine erneute Einreihungsentscheidung in nahezu jedem Einfuhrfall hinaus (vgl. Senatsurteil in [X.], 401, [X.] 1978, 176, und Senatsbeschluss in [X.] 2004, 1678, [X.] 2004, 417). Ebenso wenig entspräche es aber dem Sinn und Zweck einer [X.], jedes in ihr beschriebene Merkmal der [X.] als für die Bindungswirkung bei künftigen Einfuhren bedeutsam anzusehen, und zwar insbesondere dann, wenn es sich um ein Merkmal handelt, welches erzeugnis- oder herstellungsbedingten Schwankungen unterliegt und für die Tarifierungsentscheidung der die [X.] erteilende Zollbehörde erkennbar ohne Bedeutung war. [X.] auf sämtliche der [X.] zu entnehmenden [X.]e abzustellen, liefe ebenfalls auf eine Entwertung der [X.] hinaus, da die abfertigende Zollstelle kleinste Abweichungen der Einfuhrware zum Anlass nehmen müsste, die Bindung an die [X.] zu verneinen und eine erneute eigene tarifliche Einreihung der Einfuhrware vorzunehmen.

Den Importeur darauf zu verweisen, eine [X.] anzufechten, die zwar seiner [X.] entspricht, jedoch [X.]e beschreibt, die einerseits nicht immer einzuhalten, andererseits aber für die zolltarifliche Einreihung bedeutungslos sind (so der Senatsbeschluss in [X.] 2004, 1678, [X.] 2004, 417), erscheint wenig sinnvoll, zumal es im Zeitpunkt der Erteilung der [X.] nicht immer vorhersehbar sein dürfte, welches Merkmal der [X.] bei künftigen [X.] problematisch sein könnte. Außerdem wären dann ohne den konkreten Anlass eines bestimmten Einfuhrfalls und lediglich zur Vermeidung evtl. möglicher künftiger Konflikte zolltarifliche Rechtsstreitigkeiten allein mit dem Ziel zu führen, eine [X.] mit unverfänglicher Warenbeschreibung zu erhalten. Wie gerade der Streitfall deutlich macht, hätte danach die Klägerin die ihr erteilte [X.] vom 13. Dezember 2001 beispielsweise anfechten müssen, damit die dort beschriebene Größe der Haselnusskerne von ca. 1 cm sowie die "teilweise großflächig abgeplatzte Samenschale" aus der Warenbeschreibung entfernt werden, denn ob sich diese Merkmale bei jeder anderen Einfuhr in gleicher Weise wieder feststellen lassen, ist einerseits ungewiss, andererseits aber für die Einreihung in die [X.]. 2008 19 19 KN erkennbar bedeutungslos.

Nach Auffassung des erkennenden Senats lassen daher Abweichungen der [X.]e der Einfuhrware von den in der [X.] beschriebenen Merkmalen deren Bindungswirkung nicht entfallen, sofern es sich um erzeugnis- und herstellungsbedingte unvermeidliche Abweichungen handelt, die keine Auswirkung auf das [X.] haben können (ebenso: [X.], Zollrecht, Art. 12 [X.] Rz 47).

bb) Deshalb folgt der Senat nicht dem [X.], soweit es in dem Unterschied von lediglich bis zu einem Prozentpunkt zwischen dem in der [X.] angegebenen und dem seitens der [X.] ermittelten Feuchtigkeitsgehalt der Haselnusskerne eine Abweichung mit der Folge gesehen hat, dass die streitige Ware der in der [X.] beschriebenen nicht mehr i.S. des Art. 12 Abs. 3 Anstrich 1 [X.] in jeder Hinsicht entspricht. Bei dem Feuchtigkeitsgehalt sowohl frischer als auch gerösteter Haselnusskerne dürfte es sich zum einen um ein Merkmal handeln, welches erzeugnis- und herstellungsbedingt --z.B. wegen unterschiedlicher Sorte und Größe der Kerne und auch der Dauer ihrer Lagerung-- in einem gewissen Rahmen variiert (vgl. dazu auch die Ausführungen in dem eingeholten Sachverständigengutachten). Zum anderen hat die die [X.] erteilende [X.] A den Feuchtigkeitsgehalt der Haselnusskerne erkennbar nicht als ein für die Einreihung in die [X.]. 2008 19 19 KN maßgebliches [X.] angesehen. Sie hat nämlich den durch die Hitzebehandlung erreichten Feuchtigkeitsgehalt von 4 % bis 5,5 % den [X.] der Klägerin lediglich entnommen, jedoch die ihr vorliegende Warenprobe nicht auf ihren Feuchtigkeitsgehalt untersucht, was aber zu erwarten gewesen wäre, falls sie den Feuchtigkeitsgehalt von Haselnusskernen als ein zolltariflich relevantes Merkmal angesehen hätte.

c) Wie sich aus den Feldern "Warenbeschreibung" sowie "Begründung der Einreihung" der [X.] vom 13. Dezember 2001 ergibt, hat es die [X.] A vielmehr als für die zolltarifliche Einreihung maßgebend angesehen, dass die untersuchten Haselnusskerne anhand einer sensorischen Prüfung sowie einer Prüfung nach der HPLC-Methode des [X.] als --je nach [X.] schwach oder deutlich geröstet zu erkennen waren und dadurch ihr Charakter gegenüber nur getrockneten Haselnüssen deutlich verändert war. Auch insoweit weisen aber die streitigen [X.] nach dem Untersuchungsergebnis der [X.] keine Abweichungen auf, die es rechtfertigen, das [X.] der erteilten [X.] als nicht bindend anzusehen.

So waren nach den Feststellungen des [X.] auch nach dem Untersuchungsergebnis der [X.] die für geröstete Nüsse typischen Röstkomponenten im [X.] nachweisbar. Dass das [X.] zwischen der diesbezüglichen Bewertung der [X.] "in sehr geringem Ausmaß" und derjenigen der [X.] "schwach geröstet" keinen entscheidungserheblichen Unterschied gesehen hat, ist nicht zu beanstanden.

d) Soweit ein Unterschied der Prüfungsergebnisse insofern besteht, als die [X.] A in der [X.] eine geruchlich erkennbare "sehr schwache Röstnote" der Haselnusskerne, jedoch eine "deutliche Röstnote" bei halbierten Kernen, und für die geschmackliche Prüfung die Beurteilung "schwach geröstet schmeckend" angegeben hat, die [X.] hingegen [X.] als weder geruchlich noch geschmacklich wahrnehmbar feststellen konnte, hat es das [X.] wegen seiner Auffassung zu den Unterschieden beim Feuchtigkeitsgehalt offengelassen, ob auch diese Unterschiede hinsichtlich der [X.] die Bindungswirkung der [X.] gemäß Art. 12 Abs. 3 Anstrich 1 [X.] ausschließen. Die insoweit seitens des [X.] getroffenen Feststellungen erlauben jedoch eine Würdigung durch den erkennenden Senat.

Abgesehen davon, dass nicht ersichtlich ist, ob die [X.] ebenso wie die [X.] A eine geruchlich wahrnehmbare Röstnote auch halbierter Haselnusskerne geprüft hat, ist nach den auf das eingeholte Sachverständigengutachten gestützten Feststellungen des [X.] davon auszugehen, dass die Wahrnehmbarkeit der durch ein Rösten der Nüsse entstehenden Aromastoffe schon nach 10 bis 20 Tagen deutlich abnimmt, so dass das Ergebnis der sensorischen Prüfung der [X.], die je nach Gestellungszeitpunkt der Einfuhrsendungen 20 bis 26 Tage später stattfand, nicht den Schluss rechtfertigt, auch in dem für die Feststellung der [X.]e maßgebenden Zeitpunkt seien durch das Rösten hervorgerufene Aromastoffe sensorisch nicht wahrnehmbar gewesen. Maßgebend für die Einfuhrabgabenschuld sind die Bemessungsgrundlagen im Zeitpunkt des Entstehens der Zollschuld (Art. 214 Abs. 1 [X.]). Dieser ist bei der Abfertigung zum freien Verkehr der Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung (Art. 201 Abs. 2 [X.]), was auch für eine --im Streitfall abgegebene-- vereinfachte Zollanmeldung gilt (Art. 253 Abs. 2, Art. 260 ff. [X.]DVO). Die im Streitfall für Feststellungen zur [X.] maßgeblichen Zeitpunkte waren somit der 3., 4. und 9. Dezember 2003. Für diese Zeitpunkte fehlen Feststellungen der [X.] zum Vorhandensein sensorisch wahrnehmbarer Röststoffe.

Lässt sich nicht feststellen, ob die angemeldete Einfuhrware der in der [X.] beschriebenen Ware in jeder Hinsicht entspricht, obliegt dem Einführer zwar grundsätzlich die diesbezügliche Feststellungslast, wie sich aus dem Wortlaut des Art. 12 Abs. 3 Anstrich 1 [X.] ergibt. Dies kann jedoch nicht in einem Fall gelten, in dem die Zollbehörde --wie im [X.] die Feststellung eines [X.]s einer gezogenen Warenprobe, welches Veränderungen innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums unterliegt, vereitelt, indem sie das Vorliegen dieses [X.]s erst drei bis vier Wochen nach dem für die [X.] maßgeblichen Zeitpunkt prüft. Das Ergebnis einer solchen in Anbetracht der Besonderheiten des betreffenden [X.]s verspäteten Prüfung ist nicht geeignet, Zweifel an der angemeldeten [X.] zu wecken, die, falls sie sich nicht ausräumen lassen, die Frage der Feststellungslast nach sich ziehen.

e) Nach alledem sind die [X.]e der eingeführten Haselnusskerne, die denjenigen der in der [X.] vom 13. Dezember 2001 beschriebenen entsprechen, hinsichtlich der zolltariflichen Einreihung von der [X.] A einerseits und der [X.] andererseits lediglich unterschiedlich zolltariflich gewürdigt worden. Bei einer nur abweichenden Würdigung gleicher [X.]e bleibt aber die Bindungswirkung einer erteilten [X.] erhalten.

Meta

VII R 17/11

26.01.2012

Bundesfinanzhof 7. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 1. Februar 2011, Az: 11 K 53/07, Urteil

Art 12 Abs 2 ZK, Art 12 Abs 3 ZK, Art 214 Abs 1 ZK, Pos 2008 UPos 1919 KN, Pos 0802 UPos 2200 KN, Kap 8 Anm 3 KN, Art 12 Abs 2 EWGV 2913/92, Art 12 Abs 3 EWGV 2913/92, Art 214 Abs 1 EWGV 2913/92

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 26.01.2012, Az. VII R 17/11 (REWIS RS 2012, 9702)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9702

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