Bundessozialgericht, Urteil vom 21.04.2015, Az. B 1 KR 8/15 R

1. Senat | REWIS RS 2015, 12336

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Krankenversicherung - Krankenhaus - Vergütung - neurologische Komplexbehandlung eines akuten Schlaganfalls in einer stroke unit - Auslegung des OPS 2007 Kode 8-981 - 24-stündige Anwesenheit eines Facharztes oder eines Assistenzarztes in der Weiterbildung zum Facharzt - halbstündige Transportentfernung


Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 25. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 1374,01 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über Krankenhausvergütung.

2

Das Krankenhaus der Klägerin in [X.] unterhält eine Station zur Erstbehandlung von Schlaganfallpatienten (stroke unit), die telemetrisch mit ihrem Kooperationspartner, dem [X.], verbunden ist. Das Krankenhaus behandelte dort die bei der beklagten Krankenkasse ([X.]) versicherte [X.] (im Folgenden: Versicherte) vom 18. bis 22.6.2007 stationär wegen Verdachts auf Hirninfarkt. Die Klägerin kodierte dies ua mit Schlüsselnummer 8-981.0 des 2007 geltenden [X.] ([X.]) (Neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls, mindestens 24 bis höchstens 72 Stunden), die die diagnoseorientierte Fallpauschale - Diagnosis Related Group - ([X.]) B70c (Apoplexie mit neurologischer Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls, bis 72 Stunden, ohne intrakranielle Blutung, mehr als ein Belegungstag) ansteuert, und berechnete hierfür 4692,94 Euro (24.6.2007). Die Beklagte bezahlte hierauf 4654,84 Euro und beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung ([X.]), die [X.] und die Hauptdiagnose zu prüfen (26.6.2007). Der [X.] zeigte der Klägerin die Prüfung an (28.6.2007). Er hielt nur die [X.] B70E (Apoplexie ohne neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls, ohne intrakranielle Blutung, mehr als ein Belegungstag oder Delirium mit äußerst schweren [X.]) für zutreffend. Die von der Klägerin angegebene Prozedur 8-981.0 könne er nicht bestätigen, weil die im [X.] als Mindestvoraussetzung geforderte 24-stündige ärztliche Anwesenheit eines Facharztes für Neurologie nicht gewährleistet gewesen sei. Die Beklagte teilte der Klägerin mit, dass sich auf Grundlage der Stellungnahme des [X.] ein Rechnungsbetrag von lediglich 3280,83 Euro ergebe ([X.]) und verrechnete den Betrag von 1374,01 Euro mit einer anderen Forderung der Klägerin. Das [X.] hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin 1374,01 Euro nebst 5 % Zinsen hierauf über dem Basiszinssatz seit dem 15.9.2007 zu zahlen (Urteil vom 23.11.2009). Das L[X.] hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des [X.] aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Voraussetzungen des [X.] (2007) 8-981 seien nicht erfüllt. Ob die geforderte 24-stündige ärztliche Anwesenheit eines Facharztes bzw eines Assistenzarztes in der Ausbildung zum Facharzt zwingend durch einen Facharzt für Neurologie bzw einen entsprechenden Assistenzarzt gewährleistet sein müsse, könne offenbleiben. Jedenfalls fehle es an der weiteren Mindestvoraussetzung des [X.] (2007) 8-981, einem unmittelbaren Zugang zu neurochirurgischen Notfalleingriffen sowie zu gefäßchirurgischen und interventionell-neuroradiologischen Behandlungsmaßnahmen. Diese würden nur im H.-Klinikum E. angeboten, das sich aber nicht - wie es der [X.] (2007) 8-981 voraussetze - in höchstens halbstündiger Transportentfernung unabhängig vom Transportmittel befinde.

3

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision sinngemäß die Verletzung von § 109 Abs 4 S 3 [X.]B V, § 8 Abs 2 S 1 KHEntgG, § 17b Abs 1 [X.] und der [X.]. Die Mindestvoraussetzung des [X.] (2007) 8-981 seien erfüllt.

4

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des [X.] vom 25. Juni 2013 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 23. November 2009 zurückzuweisen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der klagenden [X.] ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 [X.]G). Das [X.] hat im Ergebnis zu Recht das Urteil des [X.] aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat keinen über 3280,83 [X.] hinausgehenden Vergütungsanspruch für die Behandlung der Versicherten vom 18. bis 22.6.2007. Die von der Klägerin erhobene (echte) Leistungsklage (§ 54 Abs 5 [X.]G) ist im hier bestehenden [X.] zulässig (vgl zB B[X.]E 102, 172 = [X.]-2500 § 109 [X.], RdNr 9 mwN; B[X.]E 104, 15 = [X.]-2500 § 109 [X.], Rd[X.]2), aber unbegründet. Der ursprünglich entstandene Anspruch der Klägerin gegen die beklagte [X.] auf Vergütung von Krankenhausbehandlungsleistungen für andere Versicherte (dazu 1.) erlosch dadurch in Höhe von 1374,01 [X.], dass die Beklagte wirksam mit ihrem Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung der Versicherten aufrechnete. Der Klägerin stand wegen der stationären Behandlung der Versicherten neben den von der [X.] gezahlten und nicht zurückgeforderten 3280,83 [X.] jedenfalls kein weitergehender Vergütungsanspruch in Höhe der darüber hinaus gezahlten 1374,01 [X.] und damit auch kein Zinsanspruch zu (dazu 2. bis 4.). Der [X.] war es nicht verwehrt, sich wegen der Abrechnung der Krankenhausbehandlung auf die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit zu berufen (dazu 5.).

8

1. Zu Recht ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass der Klägerin aufgrund stationärer Behandlungen anderer Versicherter der [X.] zunächst Anspruch auf die abgerechnete Vergütung in Höhe von 1374,01 [X.] zustand; eine nähere Prüfung des erkennenden Senats erübrigt sich insoweit (vgl zur Zulässigkeit dieses Vorgehens zB B[X.] [X.]-2500 § 129 [X.] Rd[X.]; B[X.] [X.]-2500 § 130 [X.] Rd[X.]5; B[X.] [X.]-5562 § 9 [X.] RdNr 8).

9

2. Der anderweitige Vergütungsanspruch für Krankenhausbehandlung erlosch dadurch, dass die Beklagte wirksam mit ihrem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung der Versicherten analog § 387 BGB die Aufrechnung erklärte (zur entsprechenden Anwendung auf überzahlte [X.] vgl zB B[X.]E 109, 236 = [X.]-5560 § 17b [X.], RdNr 9 ff mwN, [X.]). Der Vergütungsanspruch der Klägerin und der von der [X.] aufgerechnete öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch waren gegenseitig und gleichartig (vgl hierzu B[X.] [X.]-2500 § 264 [X.] Rd[X.]6), der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch war fällig und der Vergütungsanspruch der Klägerin erfüllbar. Die Voraussetzungen des Gegenanspruchs aus öffentlich-rechtlicher Erstattung in Höhe von 1374,01 [X.] waren erfüllt. Die Beklagte konnte Erstattung in Höhe von 1374,01 [X.] beanspruchen, weil die von ihr bezahlten Rechnungen über die Behandlung der Versicherten jedenfalls um diesen Betrag überhöht waren.

3. Die Klägerin erfüllte die Grundvoraussetzungen eines Anspruchs auf [X.], indem sie die Versicherte vom 18. bis 22.6.2007 stationär behandelte. Die Zahlungsverpflichtung einer [X.] entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und iS von § 39 Abs 1 S 2 [X.]B V erforderlich und wirtschaftlich ist ([X.], vgl zB B[X.]E 102, 172 = [X.]-2500 § 109 [X.], Rd[X.]1; B[X.]E 104, 15 = [X.]-2500 § 109 [X.], Rd[X.]5; B[X.] [X.]-2500 § 109 [X.] Rd[X.]1; B[X.] [X.]-5565 § 14 [X.] Rd[X.]1; B[X.]E 109, 236 = [X.]-5560 § 17b [X.], Rd[X.]; alle mwN). Diese Voraussetzungen waren nach den [X.], den Senat bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 [X.]G) erfüllt.

4. Der Vergütungsanspruch für die stationäre Behandlung der Versicherten überstieg jedenfalls nicht 3280,83 [X.]. Die Beklagte erkannte den Anspruch nach Überprüfung in dieser Höhe an, er steht insoweit außer Streit. Die Voraussetzungen der um 1374,01 [X.] höheren, von der Klägerin berechneten Vergütung waren dagegen nicht erfüllt. Zu Recht sind die Beteiligten darüber einig, dass der Anspruch auf die höhere Vergütung voraussetzt, dass die [X.] abzurechnen war. Die Voraussetzungen der [X.] lagen aber nicht vor.

Die Höhe der Vergütung für die Behandlung Versicherter im Juni 2007 bemisst sich bei [X.] wie jenem der Klägerin nach § 109 Abs 4 S 3 [X.]B V (idF durch Art 1 [X.] Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom [X.], [X.]) iVm § 7 S 1 [X.] Krankenhausentgeltgesetz ( idF durch Art 2 [X.] Zweites Fallpauschalenänderungsgesetz <2. [X.]> vom 15.12.2004, [X.] 3429) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (<[X.]> idF durch Art 18 [X.] GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom [X.], [X.] 378; vgl entsprechend B[X.]E 109, 236 = [X.]-5560 § 17b [X.], Rd[X.]5 f; B[X.] [X.]-2500 § 109 [X.] Rd[X.]5).

Der Anspruch wird auf [X.] durch [X.] ([X.], [X.] <[X.]>) konkretisiert. Die Spitzenverbände der [X.]n (heute der Spitzenverband Bund der [X.]n) und der [X.] gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs 1 S 1 [X.] KHEntgG (idF vom [X.]) mit der [X.] als "Vertragsparteien auf [X.]" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG (idF durch Art 2 Nr 8 2. [X.]) einen [X.] einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in den [X.] auf der Grundlage des § 9 Abs 1 S 1 [X.] KHEntgG (idF vom [X.]). Vorliegend sind die am 19.9.2006 getroffene Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das [X.] ([X.] 2007) einschließlich der Anlagen 1 bis 6 (insbesondere Anlage 1 Teil a) [X.] 2007) und die von den Vertragspartnern auf [X.] am 19.9.2006 getroffene Vereinbarung zu den [X.] für das [X.] (Ergänzungsvereinbarung 2007 zur Vereinbarung zu den [X.] Version 2002 für das G-DRG-System gemäß § 17b [X.], zuletzt geändert durch die Ergänzungsvereinbarung 2006 <[X.] 2007>) maßgebend (zu deren normativer Wirkung vgl B[X.]E 109, 236 = [X.]-5560 § 17b [X.], Rd[X.]8).

Welche [X.] abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich nicht aus einem schriftlich festgelegten abstrakten Tatbestand, sondern aus der Eingabe von im Einzelnen von einem Programm vorgegebenen, abzufragenden Daten in ein automatisches Datenverarbeitungssystem und dessen Anwendung (zur rechtlichen Einordnung des [X.]s vgl B[X.]E 109, 236 = [X.]-5560 § 17b [X.], Rd[X.] ff). Nach § 1 Abs 6 S 1 [X.] 2007 sind in diesem Sinne zur Einstufung des Behandlungsfalls in die jeweils abzurechnende Fallpauschale Programme ([X.]) einzusetzen. Zugelassen sind nur solche Programme, die von der [X.], einer gemeinsamen Einrichtung der in § 17b Abs 2 S 1 [X.] und § 9 Abs 1 S 1 [X.] KHEntgG genannten Vertragspartner auf [X.], zertifiziert worden sind.

Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm greift dabei auch auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind (zB die Zuordnung von [X.]-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum) oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die Internationale Klassifikation der Krankheiten ([X.]) in der jeweiligen vom [X.] ([X.]) im Auftrag des [X.] ([X.]) herausgegebenen [X.] Fassung (hier in der Version 2007 idF der Bekanntmachung des [X.] gemäß §§ 295 und 301 [X.]B V zur Anwendung des [X.] vom 1.11.2006, BAnz [X.]12 vom [X.], [X.], in [X.] getreten am 1.1.2007 <[X.]-GM 2007>) sowie die Klassifikation des vom [X.] im Auftrag des [X.] herausgegebenen [X.] (hier in der Version 2007 einschließlich Erweiterungskatalog vom 25.10.2006 idF der Bekanntmachung des [X.] gemäß §§ 295 und 301 [X.]B V zur Anwendung des [X.] vom 1.11.2006, BAnz [X.]12 vom [X.], [X.], in [X.] getreten am 1.1.2007 <[X.] 2007>). Die Verbindlichkeit der in dem jeweiligen Vertragswerk angesprochenen Klassifikationssysteme folgt allein aus dem Umstand, dass sie in die zertifizierten [X.] einbezogen sind (vgl B[X.]E 109, 236 = [X.]-5560 § 17b [X.], Rd[X.]4).

Die [X.] wird nur dann im [X.] angesteuert, wenn Prozeduren nach [X.] (2007) 8-981 zu kodieren sind. Dies war vorliegend nicht der Fall. [X.] (2007) 8-981 setzt eine Neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls mit folgenden Mindestmerkmalen voraus: Behandlung auf einer spezialisierten Einheit durch ein multidisziplinäres, auf die [X.] spezialisiertes Team unter fachlicher Behandlungsleitung durch einen Facharzt für Neurologie ua mit:

       

24-stündiger ärztlicher Anwesenheit (Von Montag bis Freitag wird tagsüber eine mindestens 12-stündige ärztliche Anwesenheit <Der Arzt kann ein Facharzt oder ein Assistenzarzt in der Weiterbildung zum Facharzt sein.> gefordert, bei der sich der jeweilige Arzt auf der Spezialeinheit für Schlaganfallpatienten ausschließlich um diese Patienten kümmert und keine zusätzlichen Aufgaben zu erfüllen hat. Er kann sich in dieser Zeit nur von der Spezialstation entfernen, um Schlaganfallpatienten zum Beispiel zu untersuchen, zu übernehmen und zu versorgen. Während der 12-stündigen ärztlichen Anwesenheit in der Nacht sowie während der 24-stündigen ärztlichen Anwesenheit an Wochenenden und an Feiertagen ist es zulässig, dass der Arzt der Spezialstation noch weitere neurologische Patienten versorgt, sofern sich diese in räumlicher Nähe befinden, sodass er jederzeit für die Schlaganfallpatienten der Spezialeinheit zur Verfügung steht.),

       

unmittelbarem Zugang zu neurochirurgischen Notfalleingriffen sowie zu gefäßchirurgischen und interventionell-neuroradiologischen Behandlungsmaßnahmen (jeweils eigene Abteilung im Hause oder Kooperationspartner in höchstens halbstündiger Transportentfernung unabhängig vom Transportmittel).

Bei gebotener Auslegung muss die 24-stündige Anwesenheit eines "Facharztes oder eines Assistenzarztes in der Weiterbildung zum Facharzt" durch einen Facharzt für Neurologie oder einen Assistenzarzt in der Weiterbildung zum Facharzt für Neurologie gewährleistet sein. Dies war bei der Klägerin nicht der Fall.

Die Anwendung der [X.] und der [X.] Abrechnungsbestimmungen einschließlich des [X.]-GM und des [X.] ist nicht automatisiert und unterliegt als Mitsteuerung der prozesshaften Tatbestandsbildung im Zusammenspiel mit den Vorgaben zertifizierter [X.] ihrerseits grundsätzlich den allgemeinen Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft. Sie sind gleichwohl wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (vgl allgemein bereits B[X.] [X.]-2500 § 109 [X.] Rd[X.] mwN; B[X.] [X.]-5562 § 9 [X.] Rd[X.]; B[X.]E 109, 236 = [X.]-5560 § 17b [X.], Rd[X.]7; B[X.] [X.]-2500 § 301 [X.] Rd[X.]; B[X.] Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 29/13 R - Juris Rd[X.]2 - für [X.] vorgesehen; zur Auslegung von medizinischen Begriffen im [X.] B[X.] [X.]-1500 § 160a [X.]2 Rd[X.]2 ff, [X.]). Nur dann kann eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, ihren Zweck erfüllen. Da das [X.] vom Gesetzgeber als jährlich weiter zu entwickelndes (§ 17b Abs 2 S 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz) und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (vgl zum Ganzen B[X.]E 107, 140 = [X.]-2500 § 109 [X.]1, Rd[X.]8; B[X.] [X.]-2500 § 109 [X.]1 Rd[X.]8; B[X.] [X.]-2500 § 109 [X.] Rd[X.]8 mwN; B[X.]E 109, 236 = [X.]-5560 § 17b [X.], Rd[X.]7; zur Bundespflegesatzverordnung: B[X.] [X.]-5565 § 14 [X.] Rd[X.]; B[X.] [X.] 3-5565 § 14 [X.] S 15; B[X.] [X.] 3-5565 § 15 [X.] S 6). [X.] verfahren der erkennende 1. und der 6. Senat des B[X.] bei der Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsregelungen (vgl B[X.] [X.]-2500 § 28 [X.] Rd[X.]; B[X.] [X.]-2500 § 106a [X.] Rd[X.]2; B[X.] [X.]-2500 § 75 [X.] Rd[X.]).

Schon der Wortlaut legt es nahe, dass der in den Mindestanforderungen des [X.] 8-981 bezeichnete Facharzt oder Assistenzarzt in der Weiterbildung zum Facharzt ein Facharzt für Neurologie oder ein Assistenzarzt in der Weiterbildung zum Facharzt für Neurologie sein muss. Zwar enthält erst der seit 2012 geltende [X.] die Einschränkung auf einen Facharzt bzw einen Assistenzarzt in der Weiterbildung zum Facharzt "für Neurologie". Die Mindestmerkmale einer Neurologischen Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls wurden insoweit aber lediglich klarstellend konkretisiert, ohne eine inhaltliche Änderung zu erfahren. Dies ist dem bei der Auslegung des [X.] ergänzend heranzuziehenden Regelungssystem innerhalb des [X.] (2007) 8-981 zu entnehmen. Die Neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls setzt voraus eine Behandlung auf einer spezialisierten Einheit durch ein multidisziplinäres, auf die [X.] spezialisiertes Team unter fachlicher Behandlungsleitung durch einen Facharzt für Neurologie. Soweit dabei die Anwesenheit eines Facharztes oder eines Assistenzarztes in der Weiterbildung zum Facharzt erforderlich ist, kann mangels erforderlicher Spezialisierung ein Arzt einer anderen Fachrichtung diese Mindestanforderung nicht erfüllen; denn der jeweilige Arzt muss sich ausweislich des [X.] (2007) 8-981 auf der Spezialeinheit für Schlaganfallpatienten ausschließlich um diese Patienten kümmern und hat keine zusätzlichen Aufgaben zu erfüllen. Er darf sich in dieser Zeit nur von der Spezialstation entfernen, um Schlaganfallpatienten zum Beispiel zu untersuchen, zu übernehmen und zu versorgen. Während seiner 12-stündigen Anwesenheit in der Nacht sowie während der 24-stündigen Anwesenheit an Wochenenden und an Feiertagen ist es zulässig, dass der Arzt der Spezialstation noch weitere neurologische Patienten versorgt, sofern sich diese in räumlicher Nähe befinden, sodass er jederzeit für die Schlaganfallpatienten der Spezialeinheit zur Verfügung steht. Eine angemessene und ausreichende Behandlung und Versorgung solcher Patienten durch einen Arzt einer anderen Fachrichtung als Neurologie ist nicht gewährleistet. Es war deshalb auch nicht erforderlich, bei jeder Erwähnung des Arztes innerhalb des Schlüssels den ohnehin selbstverständlichen Zusatz auf die Fachrichtung zu wiederholen, sondern dies nur eingangs konkret zu bezeichnen, weil die von dem Arzt - auch notfallmäßig - zu erbringenden Behandlungsmaßnahmen die entsprechende Facharztausbildung voraussetzen.

Ob die Mindestvoraussetzung eines unmittelbaren Zugangs zu neurochirurgischen Notfalleingriffen sowie zu gefäßchirurgischen und interventionell-neuroradiologischen Behandlungsmaßnahmen zum Kooperationspartner der Klägerin in höchstens halbstündiger Transportentfernung erfüllt waren, kann der Senat hingegen nicht abschließend beurteilen. Dem [X.] ist insoweit zu folgen, dass die halbstündige Transportentfernung nach dem Wortlaut des [X.] (2007) 8-981 nicht auf das schnellste Transportmittel abstellt, sondern unabhängig vom Transportmittel gewährleistet sein muss. Erst der [X.] 2014 sieht dieses Strukturmerkmal als erfüllt an, wenn die halbstündige Transportentfernung unter Verwendung des schnellstmöglichen Transportmittels (zB Hubschrauber) grundsätzlich erfüllbar ist. Die weitere Annahme des [X.], dass die Voraussetzungen des [X.] nicht erfüllt sind, wenn die Entfernung nur unter Verwendung von [X.] unter 30 Minuten zurückgelegt werden kann, ist dem Wortlaut hingegen nicht zu entnehmen. Zwar sind - wie das [X.] zu Recht ausführt - nicht nur Transporte zwecks Notfallbehandlungen erfasst, sondern auch Transporte, die zu gefäßchirurgischen und interventionell-neuroradiologischen Behandlungen durch den Kooperationspartner durchgeführt werden, die keinen Einsatz von [X.] erfordern bzw rechtfertigen. Der Wortlaut stellt aber nur auf das Transportmittel ab, nicht jedoch auf den Einsatz technischer Hilfsmittel zur Beschleunigung des Transports. Hierzu schweigt der [X.]. Ob der Transport nur bei Einsatz von [X.] unter 30 Minuten zu bewältigen ist, ist deshalb ebenso wenig von Bedeutung wie die konkreten Witterungs- oder Verkehrsbedingungen bei dem jeweiligen Transport. Ist folglich - unabhängig vom Transportmittel - der Kooperationspartner bei Einsatz von [X.] innerhalb von 30 Minuten erreichbar, ist diese Mindestvoraussetzung erfüllt. Feststellungen des [X.] hierzu fehlen. Einer Zurückverweisung an das [X.] bedarf es aber nicht, weil bereits aus den oben genannten Gründen die Mindestvoraussetzungen des [X.] (2007) 8-981 nicht vorliegen.

5. Der [X.] war es nicht verwehrt, sich wegen der Abrechnung auf die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit zu berufen. Die Informationsübermittlung vom Krankenhaus an die [X.] korrespondiert mit der Prüfberechtigung der [X.]. [X.]n sind jederzeit berechtigt, die sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung von [X.] mit Blick auf bestehende Leistungsverweigerungsrechte oder nicht verjährte Erstattungsforderungen zu überprüfen (§ 301 [X.]B V; vgl näher B[X.] Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 29/13 R - zur Veröffentlichung in B[X.]E und [X.] vorgesehen).

6. [X.] beruht auf § 197a Abs 1 Teils 3 [X.]G iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 Teils 1 [X.]G iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG.

Meta

B 1 KR 8/15 R

21.04.2015

Bundessozialgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Gotha, 23. November 2009, Az: S 38 KR 1958/08, Urteil

§ 39 Abs 1 S 2 SGB 5, § 109 Abs 4 S 3 SGB 5 vom 23.04.2002, § 301 Abs 2 S 2 SGB 5, § 17b KHG, § 7 S 1 Nr 1 KHEntgG, § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG vom 23.04.2002, § 9 Abs 1 S 1 Nr 3 KHEntgG vom 23.04.2002, § 1 Abs 6 S 1 KFPVbg 2007

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 21.04.2015, Az. B 1 KR 8/15 R (REWIS RS 2015, 12336)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 12336

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