Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.10.2011, Az. EnVR 68/10

Kartellsenat | REWIS RS 2011, 2303

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BUNDESGER[X.]CHTSHOF

BESCHLUSS
EnVR 68/10
Verkündet am:

18. Oktober 2011

Bürk

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in der
energiewirtschaftsrechtlichen Verwaltungssache

-
2
-
Der Kartellsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. Oktober 2011
durch den Präsidenten des [X.] Prof.
Dr.
Tolksdorf und [X.]
Raum, [X.], Dr.
Grüneberg
und Dr.
Bacher

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Kartellsenats des [X.] vom 27.
Mai 2010
wird auf Kos-ten der Betroffenen zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird

Gründe:
[X.].
Die Betroffene
betreibt einen ca.
220.000
m2
großen Campingplatz auf einem gepachteten Gelände.
Von den dort vorhandenen etwa 450 Parzellen sind 330 an [X.] vergeben, die hierauf kleinere Ferienhäuser
errichtet oder Wohnmobile abgestellt haben. Die Betroffene ließ auf eigene Kosten eine -
im Eigentum des Stromlieferanten stehende -
Trafostation herstellen.
Von dort aus werden sternförmig Freileitungen über Masten zu Verteilern
geführt. An diese Verteiler schließen sich
die Mieter (teilweise auch über [X.])
an.
1

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-
Die Betroffene
hatte zunächst den Antrag gestellt, die
von ihr betriebene Stromversorgungsanlage
als Objektnetz anzuerkennen, diesen Antrag aber später wieder zurückgenommen. Zeitgleich prüfte die Landesregulierungsbe-hörde
die
Festsetzung von Netznutzungsentgelten.
Mit Bescheid vom 11. [X.] stellte sie fest, dass die Betroffene
ein Energieversorgungsnetz betreibe, und setzte unter anderem vorläufige Höchst-Netznutzungsentgelte fest. Zugleich ordnete die Landesregulierungsbehörde
(Ziffer 6 des Tenors des angefochtenen Bescheids) an, dass die Betroffene
als Betreiberin eines [X.] zum Zwecke der vollständigen Prüfung ihrer Netzkos-ten spätestens zum 31.
März 2010 einen vollständigen Bericht über die Ermitt-lung ihrer Netzentgelte nach § 28 [X.]
vorzulegen habe. Die gegen die-sen Bescheid gerichtete Beschwerde der Betroffenen war nur teilweise erfolg-reich. Das Beschwerdegericht hat den Bescheid der Landesregulierungsbehör-de -
wegen fehlender Ermächtigungsgrundlage -
insoweit aufgehoben, als die Landesregulierungsbehörde allgemein die Netzeigenschaft der Stromversor-gungsanlage der Betroffenen festgestellt und für diese vorläufige Höchst-Netznutzungsentgelte bestimmt
hat.
Es
hat jedoch die weitergehende Be-schwerde gegen die der Betroffenen als Netzbetreiberin auferlegte
Vorlage ei-nes Berichts gemäß §
28 [X.]
zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Betroffene
mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbe-schwerde.
[X.][X.].
Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen
hat keinen Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, dass sich die Anordnung in Ziffer 6 des Bescheids aus der [X.] nach § 28 [X.] obliegenden Pflicht ergebe, einen Bericht über die Ermittlung der Netzkosten zu erstellen. Die Betroffene sei
Betreiberin eines 2
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-
Energieversorgungsnetzes. Der Begriff des Energieversorgungsnetzes müsse nach dem Verständnis des [X.]es weit ausgelegt werden. Mindestvoraussetzung für das Vorliegen eines Energieversorgungsnetzes sei dabei, dass die Anlage nachgelagerte Letztverbraucher versorge. Dieses Erfor-dernis erfülle die in Frage stehende Anlage, da die Betroffene
Elektrizität an ihre Kunden [X.] und ihnen gegenüber auch gesondert abrechne. Auch wenn dies nicht ihren [X.] darstelle, sei sie damit ihrer
objektiven Funktion nach [X.] gegenüber den an ihr Netz ange-schlossenen Letztverbrauchern. Hinzu komme, dass die Betroffene
-
so jeden-falls ihre Darlegung -
bei den
ihr zur Verfügung stehenden 450 Plätzen 330
Dauermietverhältnisse eingegangen sei. Die Anlage wirke
mithin wie eine kleine Siedlung. Sie könne deshalb auch nicht als eine sogenannte Kundenan-lage angesehen werden. Die Strombelieferung der [X.] stelle sich nicht nur als kalkulatorisches Unterelement des Mietzinses dar. Vielmehr verkaufe die Betroffene
Elektrizität an die [X.] weiter und erbringe somit eine ei-genständige Leistung.
Das Beschwerdegericht führt zur Begründung seiner Rechtsauffassung weiter aus, dass diese Einordnung des Netzes der Betroffenen
auch der Ziel-setzung des [X.]es entspreche. Die Betroffene
monopoli-siere nämlich die Stromversorgung und nehme den [X.]n
die Möglich-keit, selbst (günstigere) Lieferanten zu suchen. Für das gefundene Ergebnis spreche ergänzend auch ein gesetzessystematischer Gesichtspunkt. Das Netz der Betroffenen
erfülle wesentliche Merkmale eines [X.]s
im Sinne des § 110 [X.] aF.
Solche [X.] seien aber begrifflich [X.],
für die lediglich nach § 110 [X.] aF
eine gewisse Privilegierung gelte. Ob die Anlage letztendlich tatsächlich als privilegiertes Objektnetz anzu-sehen sei, bedürfe keiner Entscheidung. Die Feststellung eines [X.]s sei antragsabhängig und die Betroffene
habe
einen entsprechenden Antrag nach §
110 [X.]
aF
zurückgenommen. [X.]m Übrigen sei die (europarechtliche) 5

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5
-
Wirksamkeit der Ausnahmeregelung zweifelhaft. Soweit sich die Betroffene
we-gen der von ihr geschätzten Kosten von 5.000

Umsetzung der Doku-mentationspflichten als übermäßig belastet ansehe, könne dem nicht gefolgt werden. Abgesehen davon, dass ein Aufwand in dieser Größenordnung nicht unverhältnismäßig sei, bestehe keine
normative Grundlage, von einer Berichts-pflicht nach §
28 [X.] abzusehen.
2. Die gegen diese Begründung gerichteten Angriffe der Rechtsbe-schwerde bleiben erfolglos.
a) Ohne Rechtsfehler hat das Beschwerdegericht die Stromleitungen, die über die Trafostation an die einzelnen Campingnutzer geführt werden, als Elek-trizitätsversorgungsnetz
im Sinne des § 28 [X.]
angesehen.
aa) Weder das [X.] noch die gemeinschaftsrechtli-chen Richtlinien, zu deren Umsetzung dieses Gesetz ergangen ist, enthalten eine Definition des "Netzes". Gleiches gilt für die Stromnetzentgeltverordnung. Die Bestimmung des Begriffs "Energieversorgungsnetz"
in
§ 3 Nr. 16 [X.] erklärt den [X.] nicht, sondern
setzt ihn voraus. Seine Auslegung muss

worauf das Beschwerdegericht zutreffend hingewiesen hat -
aus einer Zu-sammenschau der energiewirtschaftsrechtlichen Begriffsbestimmungen
unter Berücksichtigung der Zielsetzungen des Gesetzes
entwickelt werden (vgl.
dazu auch [X.], [X.], § 3 Rn.
128).
Besondere Bedeutung kommt dabei den
Vorschriften
der
§ 3 Nr. 29c
und Nr.
36 [X.] zu. Die Regelung der Nr. 29c
bezeichnet ein Netz, das überwie-gend
der Belieferung von Letztverbrauchern
über örtliche Leitungen dient, als örtliches Verteilernetz. Die Bestimmung der
Nr. 36 umschreibt näher, wann eine Versorgung mit Energie vorliegt. Danach stellen
-
neben deren Gewinnung -
der Vertrieb von
Energie an Kunden und der Betrieb eines Energieversorgungsnet-6
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9

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6
-
zes eine Versorgung im Sinne des [X.]es dar. Dies ver-deutlicht, dass der Begriff des Netzes vor dem Hintergrund seiner
Versorgungs-funktion
zu sehen ist. Werden durch die Anlage Dritte, insbesondere Verbrau-cher, mit Strom versorgt, ist der in § 1 Abs. 1 [X.] genannte Zweck des [X.] berührt, eine sichere, verbraucherfreundliche und effiziente Versorgung der Allgemeinheit mit leitungsgebundener Elektrizität zu gewährleisten. Es ent-spricht der Zielsetzung des [X.] grundlegend novellierten
Energie-wirtschaftsgesetzes, dem Verbraucher Auswahlmöglichkeiten hinsichtlich der Person seines Stromversorgers einzuräumen. Dies erfordert aber ein weites Verständnis des [X.]s. Um die Belieferung mit Elektrizität durch jeden Anbieter zu ermöglichen, müssen grundsätzlich alle Anlagen, die einer
Versor-gung der Letztverbraucher dienen, dem [X.] unterfallen.
Für diese weite Auslegung sprechen im Übrigen auch die Regelungen der § 3 Nr.
16, 17
[X.], die den Gesichtspunkt der Versorgung mit Energie in den Vordergrund rücken.
Mithin hat das Beschwerdegericht das Kriterium der Versorgung Dritter zu Recht als zentralen Gesichtspunkt für die Abgrenzung gesehen und ver-mengt nicht -
wie die Betroffene
meint -
die Begriffe "Netz"
und "Versorgung".
Ausgehend davon stellt sich das System von Stromleitungen auf
dem Gelände der Betroffenen als ein Elektrizitätsversorgungsnetz dar. Über dieses System werden die Mieter der 450
Parzellen, insbesondere die 330
Dauer-mieter,
mit dem Strom
versorgt, den sie bei der Nutzung ihrer Wohnmobile oder Ferienhäuser verbrauchen. Diesen Strom beziehen sie, ohne eine Alternative zu haben, von der Betroffenen, die ihnen gegenüber auch abrechnet und so

wie das [X.] zutreffend ausführt
der objektiven Funktion nach [X.] ist, die ihre Kunden nur über ein Elektrizitätsversorgungsnetz versorgen kann.
bb) Das Stromversorgungssystem der Betroffenen ist keine Kundenanla-ge
im Sinne des §
3 Nr.
24a [X.], die, auch wenn sie die Voraussetzungen 10
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des Begriffs "Energieversorgungsnetz"
eigentlich erfüllt, [X.] der ausdrückli-chen Anordnung in
§ 3 Nr.
16 [X.] aus diesem Begriff herausgenommen ist.
Die
ausdrückliche Ausgrenzung der Kundenanlage soll -
so die Gesetzesmate-rialien (BT-Drucks.
17/6072, S.
51) -
die Bestimmung ermöglichen, an welchem Punkt das regulierte Netz beginnt und die unregulierte Kundenanlage endet.
Durch das [X.] energiewirtschaftsrechtlicher Vor-schriften vom 26.
Juli
2011 ([X.]
[X.], S.
1554) ist die Kundenanlage jetzt in §
3 Nr.
24a [X.] gesetzlich definiert. Die Voraussetzung für eine Kundenanlage im Sinne des §
3 Nr.
24a [X.] ist nach Buchst.
a), dass sich die Anlage auf einem räumlich zusammengehörenden Gebiet befindet.
Nach den Materialien (BT-Drucks. aaO) sollen
hierfür vor allem eng begrenzte "[X.]", im Einzelfall auch Energieanlagen, die sich über ein größeres Grundstück erstre-cken, in Betracht kommen.
Ob diese Voraussetzung hier auf der Grundlage der Feststellungen des [X.] zu bejahen sind, kann hier ebenso da-hinstehen wie die Frage, ob die Anlage wettbewerblich unbedeutend im Sinne des Buchst.
c) ist. Zentrales Kriterium ist nach Buchst.
d), dass die Anlage [X.] zur Belieferung der Letztverbraucher mit Strom diskriminierungsfrei und unentgeltlich
zur Verfügung gestellt wird. Jedenfalls diese Voraussetzung liegt
bei der Anlage der Betroffenen
nicht vor, weil sie den [X.]n
nicht die Wahl des Stromlieferanten überlässt, sondern vielmehr
selbst als Stromversor-gerin
auftritt
und den in Anspruch genommenen Strom direkt und gesondert
gegenüber diesen
abrechnet.
cc) Die "Netzeigenschaft"
des Stromversorgungssystems der Betroffenen kann auch nicht aus anderen Gründen verneint werden.
Allerdings
dürfen
die Regelungen des
§ 3 Nr. 16, 24a [X.] nicht dahin verstanden werden, dass ein System von Stromleitungen nur dann kein Ener-gieversorgungsnetz darstellt, wenn es sich um eine Kundenanlage handelt, also 12
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nur dann, wenn dem Letztverbraucher die Wahl des Stromlieferanten vorbehal-ten bleibt. Dass §
3 Nr.
16 [X.] Kundenanlagen im Sinne des
§
3 Nr.
24a [X.] ausdrücklich aus dem Begriff des Energieversorgungsnetzes heraus-nimmt, schließt die Annahme weiterer Ausnahmen nicht
aus. Anderenfalls
wä-ren
selbst die Stromleitungen in einem Hotel ein eigenständiges (der Regulie-rung unterliegendes) Elektrizitätsnetz, weil
die Hotelgäste als Letztverbraucher regelmäßig nicht den Stromlieferanten wählen können. Um solche nach den Zielsetzungen des [X.]es nicht mehr gewollte Ergebnisse zu vermeiden, müssen etwa solche [X.]nnenanlagen, die hinter dem [X.] gelegen und dadurch gekennzeichnet sind, dass zwar an Dritte Strom geliefert, aber die zur Verfügung gestellte Strommenge
nicht gesondert mit den Kunden abgerechnet wird, auch von Elektrizitätsversorgungsnetzen unter der Geltung von §
3 Nr.
16 und 24a
[X.] nF abgegrenzt werden.

Wesentliches Unterscheidungskriterium
ist, dass den regelmäßig häufig wechselnden und die Leistungen nur kurzfristig nutzenden [X.] die Stromversorgung in einem Gesamtpaket angeboten wird, in dem diese
ein
(re-gelmäßig untergeordneter)
Bestandteil ist, der
nicht gesondert abgerechnet wird, sondern vom
Preis umfasst
ist. Bei einer solchen Sachverhaltskonstellati-on
erscheint es nicht angemessen, dem Nutzer die Wahl des Stromlieferanten zu überlassen. Dies wird im Übrigen
weder
vom Geschäftsverkehr erwartet noch ist es von der regulatorischen Zielsetzung des [X.] gefordert.
Gleiches mag auch
für andere Konstellationen gelten, in denen das eine Stromlieferung einschließende Leistungspaket nur kurzfristig und nicht für eine gewisse Dauer in Anspruch genommen wird.
Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen [X.]nnenanlagen die Netzqualität im Sinne des § 3 Nr.
16 [X.] fehlt,
braucht der Senat
aber
letztlich nicht zu entscheiden. Denn das
von der Betroffenen auf ihrem Campingplatz betriebene Stromversor-gungssystem
erfüllt ersichtlich nicht die Voraussetzungen für einen solchen Ausnahmetatbestand.
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Auf der Grundlage der rechtsfehlerfreien Feststellungen
des Beschwer-degerichts
lässt sich ausschließen,
dass das Stromversorgungsnetz der Be-troffenen eine [X.]nnenanlage darstellen
konnte, die
nicht dem [X.] des § 3 Nr.
16 [X.] unterfällt. Nach seinen Ausführungen vermittele die Anlage der Betroffenen das Bild einer kleinen Siedlung, die durch den hohen
Anteil von [X.]n gekennzeichnet sei; denn von 450 Plätzen seien 330 dauerhaft vermietet. Von den [X.]n hätten
ca. 150 kleinere bis mittelgroße Feri-enhäuser auf dem Gelände erstellt. Auch die von der Betroffenen selbst in ihrer Rechtsbeschwerde genannten [X.] pro Parzelle weisen aus, dass diese in ihrer Größenordnung an kleinere Haushalte heranreichen. Nach ihrer Größe und ihrem Zuschnitt ist es zur Verwirklichung der Zielsetzungen des § 1 [X.] geboten, die Anlage
als eigenständiges
Elektrizitätsversorgungsnetz im Sinne des § 3 Nr. 16 [X.] zu qualifizieren. Eine Regulierung des Netzes und die hierdurch den Endkunden, also den Mietern der Parzellen, eröffnete [X.] ihres Stromlieferanten entsprechen mithin dem Zweck des [X.].
Deshalb trifft auch der Gedanke der
Rechtsbeschwerde
nicht zu, wonach
angeblich
Zufälligkeiten der [X.] über die Netzqualität
ent-scheiden
sollen. [X.]hr eigener Vortrag zeigt Abweichungen im Stromverbrauch auf, der
von unter 50 KW bis über 2.300 KW pro Einheit reicht.
Es ist schon fraglich, ob derart gravierende Unterschiede sachgerecht mit einer Pauschale in die Preisbildung einfließen könnten, zumal die Betroffene
dann
das (erhebliche) Risiko von relevanten Strommehrentnahmen des für die [X.] praktisch kostenfreien Stroms träfe. Letztlich kommt es aber entscheidend darauf an, wo-rin die angebotene Leistung besteht. Wenn die Betroffene
den [X.]n, die zudem überwiegend [X.] sind,
die Möglichkeit eröffnet, durch [X.] an ihre
Elektrizitätsversorgungsanlage von ihr Strom zu beziehen, dann versorgt sie diese mit Strom über das von ihr zur Verfügung gestellte Leitungs-system und erhält hierfür von diesen ein gesondertes Entgelt. Sie ist damit 16
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-
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-
Stromversorgerin, unabhängig davon, ob die Energieversorgung für sie Haupt-
oder Nebenzweck ist.
dd) Die Anlage stellt auch keine
Ansammlung
von mehreren Direktleitun-gen dar. Eine Direktleitung ist gemäß § 3 Nr.
12 [X.] eine Leitung, die einen
Produktionsstandort mit einem Kunden verbindet. [X.]nsoweit grenzt
sich
die Di-rektleitung ebenfalls vom Netz ab ([X.] in [X.]/[X.]/Hermes, [X.], 2. Aufl., § 3 Rn. 25). Sie ist nicht Bestandteil des Netzes und kann ohne Beeinträchtigung des Verbundnetzes hinweggedacht werden ([X.], [X.], § 3 Rn.
56).
Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht erfüllt. Es liegt -
entgegen der Auffassung der Betroffenen
-
nicht nur dann
ein Netz vor, wenn die Leitun-gen "vermascht"
sind. Ein solches Verständnis ist zu eng, weil es im Ergebnis die durch Stichleitungen versorgten Einzelkunden aus dem Anwendungsbereich des [X.]es ausnehmen und damit dessen Regulierungs-zwecken nicht gerecht würde. Es ist nicht erforderlich, dass jede einzelne [X.] durch ein selbständiges Kabel wieder in das allgemeine Netz zurückführt. Deshalb unterfällt auch ein "Strahlennetz", bei dem die Leitungen strahlenförmig von einem Punkt in verschiedene Richtungen ausgehen, dem [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 10. November 2004 -
V[X.][X.][X.] ZR 391/03 Rn. 15, [X.], 79).
Daran, dass die Anlage der Betroffenen
mithin ein Stromnetz und keine Ansammlung von [X.] darstellt, ändert sich auch dadurch
nichts, dass die [X.] teilweise die Netzverbindung durch [X.] [X.]. Es kommt nämlich nicht darauf an, wie die Verbindung zum Netz gestal-tet ist, sondern
nur darauf, ob der jeweilige [X.] an das von der Betroffe-nen
vorgehaltene Energieversorgungssystem angeschlossen ist.
18
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-
ee) Die Qualifizierung des [X.] auf dem Gelände
der Betroffenen als Energieversorgungsnetz wird durch die gemeinschaftsrechtli-chen Richtlinien gestützt. Sowohl die mittlerweile außer [X.] getretene [X.] 2003/54/[X.] vom 26. Juni 2003 ([X.] Nr. L
176, [X.]) als auch die
Richtlinie 2009/72/[X.] des Europäischen Parlamentes und des Rats vom 13. Juli 2009 ([X.] Nr. L 211, [X.] -
[X.]
2009), die gemäß ihrem Art.
49 Abs. 1
allerdings erst seit 3. März 2011
anzuwenden ist

und mithin vom Beschwerdegericht nicht zu beachten war

,
belegen den aus den vorgenannten Regelungen entwi-ckelten [X.]. Zwar enthalten diese
beiden Richtlinien gleichfalls keine Begriffsbestimmung des Netzes. Die in
ihnen inhaltsgleich
getroffenen Begriffs-bestimmungen zur Verteilung (Art. 2 Nr. 5 [X.]
2009) und zum Verteilernetz-betreiber (Art. 2 Nr.
6 [X.]
2009) legen aber das hier gefundene Ergebnis
na-he. Die Verteilung bezeichnet den Transport von Elektrizität zum Zwecke der Belieferung der
Kunden über [X.]. Dabei ist der Begriff des Netzes aus der Perspektive des Kunden, also desjenigen, der mit Strom beliefert wird, zu sehen. Denn auch die Erwägungsgründe verdeutlichen, dass ein Ziel der Richtlinie die Trennung von Netz und Stromlieferung ist, um so
einen wirksa-men Wettbewerb weiter zu fördern
und dem Endkunden die Auswahl des aus seiner Sicht am besten geeigneten Stromanbieters zu ermöglichen (vgl. Erwä-gungsgründe Nr.
3, 4, 11, 26, 51 und 57 der [X.]
2009). Wenn
die Richtlinie (Art. 2 Nr. 19
[X.] 2009) "versorgen"
insoweit enger definiert
als die Begriffs-bestimmung des § 3 Nr. 36 [X.],
indem
allein auf den Verkauf bzw. [X.] abgestellt
wird, ist dies ohne Bedeutung. Hierdurch sollte
letztlich nur die Trennung von Netzbetrieb und Stromverkauf unterstrichen werden.
Auch der 30. Erwägungsgrund der Richtlinie 2009, der die sogenannten geschlossenen [X.] zum Gegenstand hat, spricht
gegen die [X.] der Betroffenen. Dort sind "große Campingplätze"
als Anwendungsfälle ei-nes geschlossenen [X.]s genannt, für die der nationale Gesetzgeber Erleichterungen im Regulierungsverfahren vorsehen kann (Art. 28 [X.]
2009). 21
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12
-
Dies setzt aber gedanklich voraus, dass solche auf Campingplätzen typischer-weise vorhandenen Elektrizitätsübertragungsanlagen als "Stromnetze"
zu [X.] sein können, weil ansonsten die Privilegierungsmöglichkeit des Art. 28 [X.]
2009 ins Leere liefe. Die Richtlinie erwähnt ausdrücklich nur die "großen"
Campingplätze.
Dies mag
allerdings als [X.]ndiz dafür gesehen werden, dass "kleinere"
Campingplätze bereits nicht als Netzbetreiber im Sinne dieser [X.] anzusehen sind. Letztlich kann dies jedoch offen bleiben.
Schon nach den Angaben der Betroffenen muss ihr
Campingplatz im Hinblick auf die Anzahl der Plätze als überdurchschnittlich und mithin als "groß"
angesehen werden, weil er mehr als das Doppelte an Stellplätzen als ein Campingplatz im Durchschnitt aufweist.
b) Die Betroffene
ist im Sinne des § 3 Nr. 4 [X.]
Betreiberin
dieses Elektrizitätsversorgungsnetzes. [X.]hre möglicherweise fehlende Eigentümerstel-lung an
der von ihr errichteten Trafostation steht dem nicht entgegen. [X.] ist allein, dass die Betroffene
das Leitungssystem unterhält und die [X.] Nutzung organisiert ([X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 3 Rn. 12; [X.], [X.], § 3 Rn. 16). Da
die
Betroffene
den von ihr bezogenen Strom durch das von ihr unterhaltene Leitungssystem an die [X.] weiterleitet und mit diesen abrechnet, hat sie das Beschwer-degericht zutreffend als Betreiberin des Netzes angesehen.
c) Ob das Netz der Betroffenen
als Netz im Sinne des § 110 [X.] ein-zuordnen ist, kann hier offen bleiben. Mit dem [X.] ener-giewirtschaftsrechtlicher Vorschriften vom 26. Juli 2011 ([X.] [X.] S.
1554) wurde -
in Umsetzung der
oben genannten [X.]
2009 -
der frühere [X.] des § 110 [X.] aF
(vgl. hierzu [X.], Beschluss vom 24. August
2010 -
EnVR 17/09, [X.] 2010, 584
-
Flughafennetz [X.]/[X.]) novelliert. Der Gesetzgeber hat in Anlehnung an Art. 28 (i.V.m. Erwägungsgrund
30) [X.] 2009 nunmehr sogenannte geschlossene [X.] privilegiert
(vgl. BT-23
24

-
13
-
Drucks.17/6072, [X.]). Allerdings bedarf eine solche
Einstufung
nach § 110 Abs. 2 [X.]
eines vorherigen Antrags des Netzbetreibers. Ob ein solcher ge-stellt wurde, ist im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht aufzuklären. Ebenso kann das Rechtsbeschwerdegericht nicht der tatrichterlicher
Prüfung vorbehaltenen Frage nachgehen, inwieweit es der Feststellung
eines
geschlossenen
Verteiler-netzes
entgegenstünde, dass über das
Netz der Betroffenen
auch [X.] versorgt werden und ob diese gegebenenfalls als Letztverbraucher,
die Energie für den Eigenverbrauch im Haushalt beziehen, angesehen werden müssten
(vgl. § 110 Abs. 2 Satz 2 [X.] nF).
d) Entgegen der Auffassung der
Betroffenen
ergibt sich auch aus der

nach ihrer Meinung

geringen Größe ihres Netzes nichts anderes.
Ebenso wenig spielt es eine Rolle, dass sie das Stromversorgungsnetz nicht als Haupt-zweck betreibt
(vgl. [X.], Urteil vom 22.
Mai 2008 -
C-439/06 Rn.
53, Slg. 2008 [X.]-3913 = [X.], 245 -
citi-works). Wie schon im Hinblick auf die Vor-gängerrichtlinie
([X.] aaO Rn.
49)
wollte der Gemeinschaftsgesetzgeber nicht bestimmte Übertragungs-
oder [X.] allein schon aufgrund ihrer Größe oder ihres Stromverbrauchs vom Anwendungsbereich der Richtlinie 2009 aus-nehmen.
Für "isolierte Kleinstnetze"
im Sinne des Art. 2 Nr.
27 [X.] hat [X.] keine Ausnahmeregelung nach Art.
44 [X.] herbeigeführt. Selbst wenn hier ein solches isoliertes Kleinstnetz vorläge, kann schon deshalb die Netzqualität der Stromversorgungsanlage der Betroffenen nicht in Zweifel [X.] werden. Hierfür spricht
auch -
worauf die Landesregulierungsbehörde zutreffend hinweist -
der Privilegierungstatbestand
des § 110 [X.], weil die dort
erfassten geschlossenen [X.] häufig unter den in Art.
2 Nr. 27 [X.] genannten Verbrauchsgrenzen liegen werden, ohne dass ihnen deshalb der [X.] fehlen würde.
Vielmehr setzt die Regelung des § 110 [X.] das Vorliegen eines Elektrizitätsversorgungsnetzes im Sinne des § 3 Nr.
16 [X.] gerade voraus
und sieht für geschlossene [X.] nur bestimmte Ausnahmeregelungen vor.
25

-
14
-
Jenseits der hier nicht zu prüfenden Voraussetzungen des § 110 [X.] erscheint die Anwendung energiewirtschaftsrechtlicher Normen, insbesondere auch des § 28 [X.],
weder unbillig noch unverhältnismäßig. Die von der Betroffenen
zu erbringenden Aufwendungen für die Erstellung eines Berichts nach § 28 [X.]
können
-
wie das Beschwerdegericht zutreffend ausge-führt hat -
gleichfalls nicht ohne weiteres als unverhältnismäßig angesehen werden.
Tolksdorf
Raum
Strohn

Grüneberg
Bacher
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 27.05.2010 -
202 [X.] 1/10 -

26

Meta

EnVR 68/10

18.10.2011

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.10.2011, Az. EnVR 68/10 (REWIS RS 2011, 2303)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2303

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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