Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.05.2017, Az. I R 51/15

1. Senat | REWIS RS 2017, 11194

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Anerkennung einer körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft


Leitsatz

Geht das Vermögen eines Organträgers innerhalb der ersten fünf Jahre eines Ergebnisabführungsvertrags auf ein anderes Rechtssubjekt über, steht dies bei ununterbrochener Durchführung des Vertrags der steuerrechtlichen Anerkennung der körperschaftsteuerlichen Organschaft ab diesem Zeitpunkt auch dann nicht entgegen, wenn die Organschaft in den Vorjahren wegen fehlender finanzieller Eingliederung nicht anzuerkennen war.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 16. Juni 2015  1 K 1109/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Streitig ist die körperschaftsteuerrechtliche Anerkennung einer Organschaft im Streitjahr 2005.

2

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine AG, wurde im Jahre 2000 als GmbH gegründet. Am 2. November 2000 errichteten die Gesellschafter der Klägerin --die [X.] AG und die [X.] die [X.] als sog. Willensbildungsgesellschaft, um eine sog. Mehrmütterorganschaft (§ 14 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes --KStG-- 2002) mit der (inzwischen in eine AG formgewechselten) Klägerin als Organgesellschaft zu bilden. Der [X.] (ebenfalls vom 2. November 2000) sah eine Laufzeit "auf unbestimmte Zeit" vor; er konnte zum Ablauf des 31. Dezember 2006 gekündigt werden.

3

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) erkannte die organschaftliche Vereinbarung in den [X.] 2001 und 2002 steuerrechtlich an. Im Folgejahr war die [X.] aufgrund der Aufhebung des § 14 Abs. 2 KStG 2002 durch das Gesetz zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen (Steuervergünstigungsabbaugesetz) vom 16. Mai 2003 ([X.], 660, [X.], 321) nicht mehr als Organträgerin anzusehen. Gleichwohl ließen die Vertragsparteien den Vertrag bis zum 31. Dezember 2005 unverändert fortbestehen und führten ihn auch durch. Für die Veranlagungszeiträume 2003 und 2004 (Verlustübernahme bzw. Gewinnabführung) wurden bei der Klägerin eine verdeckte Einlage bzw. eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) angesetzt.

4

Mit einem nach den Feststellungen des Finanzgerichts ([X.]) nicht datierten Vertrag übertrug die [X.] ihren Anteil an der [X.] "rückwirkend zum 1. Januar 2005" der [X.] AG zu einem Kaufpreis, der ihrer Beteiligung an dem von der [X.] an die [X.] abgeführten Gewinn entsprach. Der Übergang des [X.]s auf die [X.] AG mit Wirkung vom 1. Januar 2005 wurde am 14. November 2005 in das Handelsregister eingetragen.

5

Am 8. November 2005 gründeten die [X.] AG und die [X.] eine gewerblich tätige GbR, die [X.], auf die die Anteile an der Klägerin übertragen wurden. Der mit der [X.] geschlossene [X.] "wurde zum 31. Dezember 2005 beendet bzw. als beendet angesehen"; die Klägerin schloss einen neuen [X.] mit der [X.] ab (Laufzeit ab dem 1. Januar 2006).

6

In ihrer Körperschaftsteuererklärung des [X.] ging die Klägerin von einer körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft zwischen ihr und der [X.] AG aus. Dem folgte das [X.] nicht. Die gegen die Steuerfestsetzung (einkommenserhöhender Ansatz einer vGA in Höhe der Gewinnabführung) erhobene Klage war erfolgreich (Urteil des [X.] des Saarlandes vom 16. Juni 2015  1 K 1109/13, abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte --E[X.]-- 2016, 396). Das [X.] hatte die Rechtsnachfolgerin der [X.] AG beigeladen.

7

Das [X.] rügt die Verletzung materiellen Rechts und beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

9

Im Termin zur mündlichen Verhandlung ist für die ordnungsgemäß geladene Beigeladene niemand erschienen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist nicht begründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat ohne Rechtsfehler dahin erkannt, dass im Streitjahr die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 [X.] 2002 n.F. erfüllt sind; die Gewinnabführung ist demgemäß nicht als vGA einkommenserhöhend anzusetzen.

1. Verpflichtet sich eine AG mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland (Organgesellschaft) durch einen Gewinnabführungsvertrag i.S. des § 291 Abs. 1 des Aktiengesetzes ([X.]), ihren ganzen Gewinn an ein einziges anderes gewerbliches Unternehmen abzuführen, so ist das Einkommen der Organgesellschaft, soweit sich aus § 16 [X.] 2002 n.F. nichts anderes ergibt, nach § 14 Abs. 1 Satz 1  1. Satzteil [X.] 2002 n.F. dem Träger des Unternehmens (Organträger) unter den dort benannten Voraussetzungen zuzurechnen. Dazu zählen u.a. die finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft in den Organträger (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 [X.] 2002 n.F.). Darü[X.] hinaus muss der [X.] und während seiner gesamten Geltungsdauer durchgeführt werden (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 [X.] 2002 n.F.). Mit dem Erfordernis der fünfjährigen Mindestdauer des [X.] verfolgt der Gesetzge[X.] das Ziel, Manipulationen zu verhindern: Die Organschaft soll nicht zum Zweck willkürlicher Beeinflussung der Besteuerung und zu Einkommensverlagerungen von Fall zu Fall abgeschlossen bzw. beendet werden können (Senatsurteile vom 13. Novem[X.] 2013 I R 45/12, [X.], 277, [X.], 486; vom 12. Januar 2011 I R 3/10, [X.], 426, [X.], 727).

2. Der im Jahr 2000 abgeschlossene Gewinnabführungsvertrag zwischen der Klägerin und der [X.] war zivilrechtlich wirksam und entsprach den Maßgaben des § 14 Abs. 2 [X.] 2002, so dass er in den Jahren 2001 und 2002 Grundlage einer Einkommenszurechnung an die [X.] (§ 14 Abs. 2 Satz 2 [X.] 2002) sein konnte.

3. Das [X.] hat die Voraussetzungen für die steuerrechtliche Anerkennung der Organschaft auch im Streitjahr ohne Rechtsfehler als erfüllt angesehen. Der Vertrag war zivilrechtlich im Streitjahr (noch) wirksam und geeignet, ein Organschaftsverhältnis zwischen der Klägerin und der [X.] AG (als Rechtsnachfolgerin der [X.]) zu begründen (zu a). Darü[X.] hinaus war die Klägerin im Streitjahr in die (neue) [X.] finanziell eingegliedert (zu b). Der Eintritt der Rechtsfolge ist im Streitjahr auch nicht dadurch "gesperrt", dass in den beiden Vorjahren mit Blick auf die (alte) [X.] die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 [X.] 2002 n.F. nicht erfüllt waren ("unterbrochene Organschaft" – s. zu c).

a) Die Änderung der gesetzlichen Regelungslage (Abschaffung des § 14 Abs. 2 [X.] 2002) [X.]ührt die zivilrechtliche Wirksamkeit der Vereinbarung nicht; der [X.] ist auf die [X.] AG als Rechtsnachfolgerin der [X.] ü[X.]gegangen.

aa) Nach Ansicht der Revision ist die [X.] durch die Abschaffung des § 14 Abs. 2 [X.] 2002 "steuerlich aufgelöst worden" (Hinweis auf [X.] 7 des Schreibens des [X.] --BMF-- vom 10. Novem[X.] 2005, [X.], 1038); dies hatte zugleich zum Erlöschen des Vertrags geführt. Es sei nicht auf das zivilrechtliche Fortbestehen der [X.] abzustellen. Daher habe auch keine Gesamtrechtsnachfolge in den Vertrag stattfinden können.

bb) Dem ist nicht zu folgen. Ein eigenständiger steuerrechtlicher Maßstab zur Wirksamkeit eines [X.]s ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Vielmehr ist die [X.] AG als Rechtsnachfolgerin der bis zu diesem Zeitpunkt zivilrechtlich fortbestehenden [X.] in den Vertrag eingetreten.

aaa) Das [X.] hat im Ergebnis zu Recht die Auffassung vertreten, dass die [X.] bis 2005 (bis zum Zeitpunkt der "Ü[X.]tragung der Beteiligung durch die [X.] auf die [X.] AG") weiterbestanden habe. Die Voraussetzungen für eine gesetzliche Auflösung der [X.] nach Erreichen oder Unmöglichwerden des vereinbarten Zwecks (§ 726 des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB--) sind im Streitfall nicht erfüllt. Angesichts des Zwecks der [X.], eine bestimmte organisatorisch-rechtliche Funktion in einem auf Dauer angelegten Konzernaufbau zu erfüllen (Hahn, juris [X.] Steuerrecht 13/2016, [X.]. 6 – zu [X.]), kann auch unter Berücksichtigung der gesetzlichen Abschaffung der [X.] nicht von einer Zweckerreichung gesprochen werden. Selbst wenn der Zweck der Errichtung der [X.] eine Verbindung zu den erwünschten Rechtsfolgen nach den (früheren) steuerrechtlichen Regeln der [X.] aufweisen sollte, ist es jedenfalls auch nach der Gesetzesänderung nicht ausgeschlossen, ein ähnliches Ergebnis durch eine Anpassung der Konzernstruktur zu erreichen (zutreffend Hahn, a.a.[X.]). So wird z.B. nach dem BMF-Schreiben in [X.], 1038 "eine im [X.] steuerlich wirksame Organschaft ... für die Zukunft steuerlich weiter anerkannt, wenn die Voraussetzungen der Aufnahme einer eigenen gewerblichen Tätigkeit und des Haltens der Organbeteiligung im Gesamthandsvermögen bis zum 31. Dezem[X.] 2003 vorgelegen haben" (dort [X.] 22; s. im Übrigen zur gesetzlichen Ü[X.]gangsregelung den Senatsbeschluss vom 15. Februar 2012 I B 7/11, [X.], 444, [X.], 751). Jedenfalls ist ein mit der Existenz des § 14 Abs. 2 [X.] 2002 verknüpfter Zweck der [X.] nicht ersichtlich. Auch die Ansicht, dass die [X.] ohne eigenen anderweitigen gewerblichen Zweck für Besteuerungszwecke "steuerlich als aufgelöst (gilt)" (BMF-Schreiben in [X.], 1038, [X.] 7, 9 [kein Realisationstatbestand durch fehlendes Betriebsvermögen, Fortfall der gewerbesteuerlichen Verlustvorträge]), [X.]ührt die im Bereich der [X.] entscheidenden zivilrechtlichen Maßgaben (s. z.B. Senatsurteil vom 30. Juli 1997 I R 7/97, [X.], 88, [X.] 1998, 33) nicht. Nichts anderes wird man dem BMF-Schreiben in [X.], 1038 entnehmen können, wenn man die dort zu [X.] 24 niedergelegte Auffassung, die Änderung der gesetzlichen Regelungslage sei ein für die [X.] steuerrechtlich "unschädlicher wichtiger Grund" i.S. des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 [X.] 2002 n.F., auf die Kündigung einer noch wirksamen Vereinbarung bezieht (s.a. --im Zusammenhang mit § 14 Abs. 3 [X.] 2002 i.d.[X.] [X.] in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften [[X.]] vom 9. Dezem[X.] 2004 [[X.], 3310, [X.]. 3843, [X.], [X.] den Senatsbeschluss vom 27. Novem[X.] 2013 I R 36/13, [X.], 108, [X.], 651, dort [X.] 52).

bbb) Folge hiervon war des Weiteren, dass --entsprechend der Handelsregistereintragung am 14. Novem[X.] 2005-- das Ausscheiden der [X.] als vorletzter [X.]erin der [X.] zum Ü[X.]gang des genannten [X.]svermögens auf die [X.] AG (§ 738 Abs. 1 Satz 1 BGB: "Eintritt in alle Aktiven und Passiven" der [X.]) und damit zu einer Gesamtrechtsnachfolge geführt hat [X.], a.a.[X.], zu [X.].; s. zur [X.] auch z.B. [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 14 [X.] 284; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 14 [X.] [X.] 214), die sich auch auf den [X.] bezieht. Auch waren mit Rücksicht auf das Rechtsstatut der [X.] AG und ihre den Feststellungen des [X.] zu entnehmende Qualifikation als unternehmerisch tätige Aktiengesellschaft die Erfordernisse des § 291 Abs. 1 Satz 1 [X.] gewahrt. Darü[X.] hinaus stand einer solchen Rechtswirkung auch § 296 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht entgegen [X.], a.a.[X.]), da mit dem [X.] davon auszugehen ist, dass vermittels der Rechtsnachfolge das gesamte Geschäftsjahr 2005 von der Ergebnisabführungsverpflichtung betroffen ist.

cc) Nichts anderes ist schließlich § 14 Abs. 1 Satz 1 [X.] 2002 n.F. zu entnehmen, nach dem der Gewinn der Organgesellschaft an "ein einziges anderes gewerbliches Unternehmen" abzuführen ist. Der Streitfall gibt dem Senat keine Gelegenheit, die mit diesem Tatbestandsmerkmal verbundenen Eingrenzungen der körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft abschließend zu bestimmen. Jedenfalls wird hierdurch --wie im [X.] nicht ausgeschlossen, dass die dem Organträger nach dem [X.] zukommende Rechtsstellung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf ein anderes Rechtssubjekt ü[X.]geht.

b) Die Klägerin war im gesamten Streitjahr finanziell in das Unternehmen der [X.] eingegliedert, da die [X.] AG mit einer Stimmrechtsmehrheit (51 %) an der Klägerin unmittelbar beteiligt war (s.a. [X.]/[X.], Die Unternehmensbesteuerung --[X.]-- 2016, 647, 652). Nach den Feststellungen des [X.] hatten weder die [X.] AG noch die [X.] ihre Beteiligung an der Klägerin in das Gesamthandsvermögen der [X.] eingebracht (s. insoweit auch § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 [X.] 2002 [Beteiligung der "[X.]er der Personengesellschaft an der Organgesellschaft"]). Auch ist anerkannt, dass die Zurechnung der Beteiligung an die zivilrechtlichen Eigentümer durch die Existenz einer [X.] als reiner [X.] nicht [X.]ührt wird (z.B. BMF-Schreiben in [X.], 1038, [X.] 8 ["kein Betriebsvermögen"]); insbesondere lag wirtschaftliches Eigentum der [X.] (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 der Abgabenordnung --AO--) nicht vor.

Darü[X.] hinaus hat das [X.] ohne Rechtsfehler dahin erkannt, dass eine im sog. Konsortialvertrag zwischen den [X.]ern der Klägerin getroffene schuldrechtliche Einschränkung der Stimmrechte für die Ermittlung der finanziellen Eingliederung nicht maßgeblich ist (s.a. Niedersächsisches [X.], Urteil vom 7. Juni 1990 [X.], [X.] --GmbHR-- 1991, 290 [[X.] 34 des [X.]]; [X.] in [X.]/[X.]/ Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 14 [X.] [X.] 258; [X.]/ [X.], a.a.[X.], § 14 [X.] 133). Ferner hat das [X.] ohne Rechtsfehler angenommen, dass auch der [X.] mit der [X.] der Stimmrechtsmehrheit der [X.] AG nicht entgegensteht. Denn dieser Vertrag stellt keine Abänderung des sich aus den Aktien originär ergebenden Stimmrechts (§ 12 [X.]) dar: Weder war die [X.] (unmittelbar) Aktionärin der Klägerin geworden noch konnten die [X.] AG und die [X.] ihre Stimmrechte von ihren Aktien "abspalten" und auf die [X.] ü[X.]tragen (§ 8 [X.]). Die [X.] AG hätte ihren auf die Klägerin bezogenen [X.] nach dem dort vereinbarten Mehrheitsstimmrecht auch ü[X.] die [X.] durchsetzen können.

c) Der Eintritt der Rechtsfolge ist im Streitjahr auch nicht dadurch "gesperrt", dass in den beiden Vorjahren mit Blick auf die (alte) [X.] die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 [X.] 2002 n.F. nicht erfüllt waren ("unterbrochene Organschaft"). Dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, dass stets alle Tatbestandsmerkmale der steuerrechtlichen Anerkennung erfüllt sein müssen, um dem Erfordernis des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 [X.] 2002 n.F. zu genügen, nach dem der Vertrag im Rahmen der [X.] "während seiner gesamten Geltungsdauer" durchgeführt werden muss.

aa) Der Vertrag war auf unbestimmte Zeit geschlossen worden und erlaubte erstmals eine Kündigung nach dem Ablauf von fünf Jahren nach dem Wirksamwerden. Der Vertrag wurde --was unstreitig [X.] während seiner Laufzeit den gesetzlichen Maßgaben entsprechend "tatsächlich durchgeführt" (s. z.B. Senatsbeschluss vom 26. April 2016 I B 77/15, [X.], 1177, m.w.[X.]), indem es in den Jahren 2001 bis 2005 zu einer Ergebnisü[X.]nahme im Verhältnis zwischen den Parteien kam.

bb) Der Umstand, dass in den Jahren 2003 und 2004 die Organschaft steuerrechtlich nicht anzuerkennen war, da die [X.] in diesem Zeitraum steuerrechtlich nicht als gewerbliches Unternehmen zu qualifizieren und die Klägerin in diese nicht finanziell eingegliedert war, schließt die Möglichkeit der steuerrechtlichen Anerkennung der mit dem ursprünglichen Vertrag begründeten Organschaft im Streitjahr nicht aus.

aaa) Ob eine "Unterbrechung der Organschaft" vor dem Ablauf der Mindestlaufzeit des Vertrags dazu führt, dass die Organschaft insgesamt (rückwirkend und zukünftig) zu versagen ist, ist bisher vom [X.] nicht entschieden. Die Frage wird von einem Teil der Literatur (z.B. [X.] in [X.], [X.], § 14 [X.] 637, 720; [X.] in [X.]/Stöcker/ Lie[X.], Die Organschaft, 10. Aufl., [X.] 822; [X.]/[X.], a.a.[X.], § 14 [X.] 532; [X.], GmbHR 2011, 806, 808) und wohl auch der Finanzverwaltung bejaht (evtl. R 60 Abs. 2 Satz 2 der [X.] und R 14.5 Abs. 2 Satz 2 [X.] 2015 [Hinweis auf den Eintritt der Rechtsfolgen des § 14 Abs. 1 Satz 1 [X.]]). Dies wird maßgeblich damit begründet, dass hinsichtlich der Mindestlaufzeit der Beginn an die erstmalige steuerliche Zurechnung des Einkommens an den Organträger und damit an das Vorliegen aller Organschaftsvoraussetzungen angeknüpft werde. Nach anderer Auffassung ist die Organschaft für die Jahre anzuerkennen, in denen alle Voraussetzungen vorliegen ([X.] in [X.]/[X.]/Möhlenbrock, a.a.[X.], § 14 [X.] [X.] 633; [X.] in Schnitger/[X.], [X.], § 14 [X.] 493; [X.]/[X.], [X.] 2016, 647, 652 f.; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], Steuerliche Organschaft, [X.] 11.7, m.w.[X.], u. [X.] 11.9; wohl auch [X.]/[X.], § 14 [X.] [X.] 131), so dass eine "Unterbrechung" nicht schadet.

bbb) Der Senat folgt --wie auch das [X.]-- im Grundsatz der zuletzt genannten Ansicht.

Nach dem Wortlaut des Gesetzes muss der Gewinnabführungsvertrag auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen und während seiner gesamten Geltungsdauer durchgeführt werden (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 [X.] 2002 n.F.). Das Erfordernis der Vertragsdurchführung bezieht sich auf die zivilrechtlichen Vertragspflichten (z.B. [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 14 [X.] [X.] 203; [X.]/[X.], § 14 [X.] [X.] 134 ff.), nicht allgemein auf die steuerrechtlichen Tatbestandsvoraussetzungen des § 14 [X.]. Wenn die Mindestvertragsdauer dazu dient, auszuschließen, dass die Organschaft zum Zweck willkürlicher Beeinflussung der Besteuerung und zu Einkommensverlagerungen von Fall zu Fall abgeschlossen bzw. beendet wird, ist dem durch die laufzeitbezogene vertragliche Verpflichtung begegnet (ebenso [X.]/[X.], [X.] 2016, 647, 653). Dem Hinweis, dass auch mit Blick auf die übrigen Tatbestandserfordernisse ein Bedarf bestehe, Manipulationen (i.S. eines gezielten "[X.]" der Einkommenszurechnung) auszuschließen (s. etwa [X.]/[X.], a.a.[X.], § 14 [X.] 531; Tiedchen, E[X.] 2016, 401 f.; dazu ablehnend [X.]/[X.] in [X.]/[X.], a.a.[X.], [X.] 11.7), kommt jedenfalls in der dem Streitfall zugrunde liegenden Konstellation (Änderung der Rechtslage) kein entscheidendes Gewicht zu.

Darü[X.] hinaus verdeutlicht die in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 [X.] 2002 n.F. getroffene und ausdrücklich zeitpunktbezogene Regelung, nach der die finanzielle Eingliederung vom Beginn des [X.] der Organgesellschaft an gegeben sein muss, dass § 14 [X.] nicht von einem allgemeinen Grundsatz vertragslaufzeitbezogener Erfordernisse getragen wird. Hierauf hat der Senat [X.]eits in seinem Urteil vom 24. Juli 2013 I R 40/12 ([X.], 139, [X.], 272) hingewiesen. Dort war darü[X.] zu entscheiden, ob die gewerbliche Tätigkeit einer [X.] schon zu Beginn des [X.] ausgeübt werden muss. Diese Frage hat der Senat verneint, da der Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 [X.] 2002 n.F. für eine solche zeitliche Anforderung nichts hergibt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Gesetzge[X.] ausdrücklich festgelegt hätte, dass die gewerbliche Betätigung [X.]eits zu Beginn des [X.] der Organgesellschaft ausgeübt werden müsse, wenn er dies hätte bestimmen wollen (s. insoweit nochmals [X.] in [X.]/[X.]/ Möhlenbrock, a.a.[X.], § 14 [X.] [X.] 635; [X.] in [X.]/ Drüen, [X.]/[X.]/[X.], § 14 [X.] [X.] 666; s.a. die nach dem Streitjahr durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20. Februar 2013 [[X.], 285, [X.], 188] eingefügte und mit einem konkreten Zeitbezug verbundene Tatbestandsvoraussetzung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 [X.]).

d) Die Organschaft ist hiernach im Streitjahr anzuerkennen. Ein Anhaltspunkt für die in erster Instanz von den Beteiligten diskutierte Frage, dass durch die (erst) im Streitjahr (als letztem Jahr der Vertragslaufzeit) wirksam werdende Rechtsnachfolge ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts i.S. des § 42 AO vorliegen könnte, ist insbesondere mit Rücksicht darauf, dass die Beteiligten auf eine geänderte Gesetzeslage reagiert haben, nicht ersichtlich.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O. Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig (§ 139 Abs. 4 [X.]O).

Meta

I R 51/15

10.05.2017

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht des Saarlandes, 16. Juni 2015, Az: 1 K 1109/13, Urteil

§ 14 Abs 2 KStG 2002, § 14 Abs 1 S 1 KStG 2002 vom 16.05.2003, § 14 Abs 1 S 1 Nr 1 KStG 2002 vom 16.05.2003, § 14 Abs 1 S 1 Nr 3 S 1 KStG 2002 vom 16.05.2003, § 726 BGB, § 738 Abs 1 S 1 BGB, KStG VZ 2005

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.05.2017, Az. I R 51/15 (REWIS RS 2017, 11194)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 11194

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

I R 36/13 (Bundesfinanzhof)

Vororganschaftlich verursachte Mehrabführungen als fiktive Gewinnausschüttungen: "Saldierungsverbot", Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot - Vorzeitige Beendigung eines …


I R 38/11 (Bundesfinanzhof)

Vororganschaftlich verursachte Mehrabführungen als fiktive Gewinnausschüttungen: Einbeziehung auch von "Minderverlustübernahmen", Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot - …


I R 40/12 (Bundesfinanzhof)

Organschaft: Zeitpunkt der gewerblichen Betätigung des Organträgers - Besitz-Personengesellschaft als Organträger - Rückwirkende steuerliche Anerkennung …


I R 36/20 (Bundesfinanzhof)

("Finanzielle Eingliederung" bei unterjähriger Verschmelzung auf eine Kapitalgesellschaft; Feststellungsgegenstand des § 14 Abs. 5 KStG …


I R 51/19 (Bundesfinanzhof)

(§ 14 Abs. 3 Satz 1 KStG umfasst keine außerorganschaftlichen Mehrabführungen)


Referenzen
Wird zitiert von

1 K 536/21

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.