Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.04.2017, Az. XII ZB 33/17

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 11995

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:260417BXIIZB33.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 33/17
vom

26. April
2017

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO §§ 329 Abs. 2, 418
Zum Nachweis des fristgerechten Eingangs der Berufungsbegründung entgegen dem gerichtlichen Eingangsstempel.

[X.], Beschluss vom 26. April 2017 -
XII ZB 33/17 -
LG Weiden [X.] OPf.

[X.] [X.] OPf.

-
2
-

Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 26. April
2017
durch den
Vorsitzenden Richter Dose
und [X.] Klinkhammer, Schilling, Dr.
Nedden-Boeger
und Guhling
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des [X.]n wird der Beschluss der 2.
Zivilkammer
des [X.] Weiden i.
d.
[X.]. vom 29.
November
2016 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens,
an das Land-gericht zurückverwiesen.
Wert: 788

Gründe:
I.
Die Klägerin verlangt nach Beendigung der nichtehelichen Lebensge-meinschaft mit dem [X.]n von diesem den hälftigen Ausgleich restlicher Miet-
und Stromkosten für die ehemals gemeinsam angemietete Wohnung
in Höhe von 787,50

. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 23.
August 2016 zuge-stellte Endurteil hat der [X.] form-
und fristgerecht Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründungsfrist ist auf seinen Antrag vom 21.
Oktober 2016 bis ein-schließlich Freitag, 4.
November 2016, verlängert worden. Die [X.] vom 4.
November 2016 trägt den Eingangsstempel 1
2
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3
-

"7.
Nov.
2016"
der Gemeinsamen [X.], Staatsanwalt-schaft und Amtsgericht.
Auf den Hinweis des [X.], dass die Berufungsbegründungs-schrift nicht fristgerecht eingereicht worden und die Berufung daher unzulässig sei, hat der Prozessbevollmächtigte des [X.]n geltend gemacht, seine langjährige und stets außerordentlich zuverlässige [X.] habe den Schriftsatz am 4.
November 2016 gegen 12.30
Uhr in den "[X.]"
eingeworfen. Zur Glaubhaftmachung hat er sich auf eine beigefügte eides-stattliche Versicherung der [X.] gestützt
und hilfsweise Wieder-einsetzung in den vorigen Stand beantragt.
Das [X.] hat die Berufung wegen Versäumung der Begründungs-frist verworfen. Der Nachweis des fristgerechten Eingangs obliege dem [X.]. Die Ermittlungen durch Nachfrage bei der Wachtmeisterei hätten ergeben, dass ein fristgerechter Eingang mit versehentlich verspätetem [X.] nahezu ausgeschlossen werden könne. Bei dieser Sachlage müsse trotz der eidesstattlichen Versicherung Verfristung angenommen werden. Für eine Wiedereinsetzung sei kein Raum, weil nicht eine entschuldbar verspätete, sondern eine fristgerechte Einreichung behauptet werde.
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des [X.]n.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§
574 Abs.
1 Nr.
1, 522 Abs.
1 Satz
4, 238 Abs.
2 Satz
1 ZPO statthaft. Sie ist auch im Übrigen zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO eine Entscheidung des [X.] erfordert.

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4
-

Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung der [X.] Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landge-richt.
1. Der angefochtene Beschluss enthält allerdings noch ausreichende Ausführungen, um mit den vom Gesetz vorgesehenen Gründen versehen zu sein. Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, müssen den maßgeb-lichen Sachverhalt, über den entschieden wird, wiedergeben und den Streitge-genstand und die Anträge in beiden Instanzen erkennen lassen. Die Wiederga-be des Sachverhalts und der Anträge in einem die Berufung nach § 522 Abs. 1
Satz 2 ZPO verwerfenden Beschluss ist jedoch nicht ausnahmslos erforderlich. Ein solcher Beschluss kann sich etwa bei Verwerfung der Berufung wegen nicht gewahrter Berufungsfrist (§
517 ZPO) oder Begründungsfrist (§
520 Abs.
2 ZPO) auf die entscheidungserheblichen Umstände beschränken. Die Entschei-dung des Berufungsgerichts muss aber auch in diesen Fällen jedenfalls die die Verwerfung tragenden Feststellungen enthalten, weil andernfalls dem [X.] die Überprüfung der Entscheidung nicht möglich ist
(Senatsbeschluss vom 13.
Januar 2016 -
XII
ZB
605/14 -
FamRZ 2016, 625 Rn.
6 [X.]).
Diesem Erfordernis wird die vorliegende [X.] noch gerecht, indem sie auf den zuvor erteilten Hinweis Bezug nimmt, aus dem sich das Ende der Berufungsbegründungsfrist und das Datum des Eingangs-stempels ergeben.
2. Die Rechtsbeschwerde rügt aber zu Recht, dass das [X.] den Anspruch des [X.]n gemäß Art.
103 Abs.
1 GG auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt hat, indem es ohne Hinweis
nach §
139 Abs.
2 ZPO auf der Grundlage der vorliegenden Beweismittel entschieden hat.
Zwar
erbringt der Eingangsstempel auf dem Berufungsbegründungs-schriftsatz als öffentliche Urkunde gemäß § 418 Abs. 1 ZPO den Beweis dafür, dass der Schriftsatz an diesem Tag bei Gericht eingegangen ist. Dieser Beweis 7
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5
-

kann jedoch
gemäß § 418 Abs. 2 ZPO durch einen im Wege des [X.] zu erbringenden Gegenbeweis entkräftet werden. Danach können auch eides-stattliche Versicherungen als Beweismittel ausreichen, wenn diese dem Gericht die volle Überzeugung von der Richtigkeit der versicherten Behauptung vermit-teln. Da der Beweiswert einer eidesstattlichen Versicherung jedoch lediglich auf Glaubhaftmachung angelegt ist, reicht sie zum Nachweis der Fristwahrung re-gelmäßig nicht aus. Dann
muss auf die Vernehmung der Beweispersonen, etwa des Rechtsanwalts oder seines Personals, als Zeugen oder auf andere Be-weismittel zurückgegriffen werden (Senatsbeschlüsse vom 11.
November 2009 -
XII
ZB
174/08 -
FamRZ 2010, 122 Rn.
6
ff. [X.] und
vom 21.
Februar 2007 -
XII
ZB
37/06 -
juris Rn.
8 [X.]; [X.] Beschluss vom 8.
Oktober 2013 -
VIII
ZB
13/13 -
NJW-RR 2014, 179 Rn.
10
[X.]).
Sofern die eidesstattliche Versicherung der [X.] dem [X.] danach nicht die erforderliche Gewissheit vom rechtzeitigen Ein-gang der Berufungsbegründung vermitteln konnte, hätte es gegebenenfalls die Kanzleiangestellte als Zeugin vernehmen müssen.
Zwar hat sich der [X.] in der Annahme, die vorgelegte eidesstattliche Versicherung sei ausreichend, nicht auf deren Vernehmung als Zeugin
berufen. Das [X.] hätte ihn [X.] gemäß § 139 Abs. 2 ZPO darauf hinweisen müssen, dass zur Prüfung der Zulässigkeit des Rechtsmittels die vorgelegten Mittel zur Glaubhaftmachung nicht ausreichen,
und ihm Gelegenheit geben müssen, Zeugenbeweis anzutre-ten. Das hat das [X.] gehörswidrig unterlassen
(vgl. Senatsbeschlüsse
vom 21.
Februar 2007 -
XII
ZB
37/06 -
juris Rn.
10 [X.]
und
vom 24.
Februar 2010 -
XII
ZB
129/09 -
FamRZ 2010, 726 Rn.
10).
3. Weiter macht die Rechtsbeschwerde mit Erfolg geltend, dass das [X.] bei seiner Würdigung der erhobenen Beweise Vorbringen des [X.] unter Verstoß gegen Art.
103 Abs.
1 GG übergangen hat.

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6
-

Der [X.]nvertreter hat auf den am 24.
November 2016 abgesandten Hinweis des [X.]
mit beim [X.] am 30.
November 2016 einge-gangenem Schriftsatz vorgetragen, der Nachtbriefkasten funktioniere nicht [X.] oder werde nicht ordnungsgemäß bedient. In der Vergangenheit sei es sowohl bei Post des Prozessbevollmächtigten als auch bei Post von drei anderen namentlich bezeichneten Rechtsanwaltskanzleien vorgekommen, dass rechtzeitig eingeworfene Schriftstücke einen verspäteten Eingangsstempel ge-tragen hätten.
Dem hätte das [X.] nachgehen und hierzu etwa eine dienstliche Stellungnahme
der Wachtmeisterei einholen müssen, weil bereits früher aufgetretene Unrichtigkeiten Einfluss auf die vorzunehmende Beweis-würdigung entfalten können.
Der die Berufung verwerfende Beschluss trägt zwar das Datum 29.
November 2016. Anders als im Geltungsbereich des §
38 Abs.
3 Satz
3 FamFG, nach dem ein Beschluss mit dem Datum der Übergabe an die Ge-schäftsstelle oder der Bekanntgabe durch Verlesen der [X.] ist, erfolgt der Erlass eines
-
wie hier -
nicht zu verkündenden Beschlusses

329 Abs.
2 ZPO) im Rahmen der Zivilprozessordnung erst mit der [X.] aus dem inneren Gerichtsbetrieb und damit zu dem Zeitpunkt, zu welchem der Beschluss die Geschäftsstelle mit der unmittelbaren Zweckbestimmung [X.] hat, den Parteien bekannt gegeben zu werden (Senatsbeschluss vom 27.
Oktober 1999 -
XII
ZB
18/99 -
FamRZ 2000, 813, 815; [X.]Z 164, 347 = NJW 2005, 3724, 3726; [X.] Beschlüsse
vom 12.
Juli 2012 -
IX
ZB
270/11 -
FamRZ 2012, 1561 Rn. 8 und
vom 10.
November 2011 -
IX
ZB
165/10 -
NJW-RR 2012, 179 Rn.
13 [X.];
Urteil vom 1.
April 2004 -
IX
ZR 117/03 -
FamRZ 2004, 1368 [X.]). Dies kann vorliegend frühestens der 2.
Dezember 2016 ge-wesen sein, weil erst mit diesem Datum die Verfügung des Vorsitzenden ausge-führt
worden ist, den Beschluss an die [X.].
Bis zum Zeitpunkt des Erlasses eingegangene
Schriftsätze sind vom Ge-13
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7
-

richt aber zu berücksichtigen ([X.] Beschluss vom 12.
Juli 2012 -
IX
ZB
270/11 -
FamRZ 2012, 1561 Rn. 7; [X.] NJW 1993, 51).
4. Da der angefochtene Beschluss auf diesen
Verfahrensfehlern
beruhen kann, ist die Sache zur weiteren Aufklärung an das [X.] zurückzuver-weisen.
Anders als die Rechtsbeschwerde meint, hat das [X.] über den (hilfsweise gestellten) Wiedereinsetzungsantrag entschieden, indem es ausge-führt hat, für eine Wiedereinsetzung sei kein Raum. Insoweit war der Beschluss ebenfalls aufzuheben, weil
über den Wiedereinsetzungsantrag erst dann zu befinden ist, wenn die Frage, ob die [X.] rechtzeitig bei Gericht eingegangen ist, geklärt ist (vgl. Senatsbeschluss vom 21.
Februar 2007 -
XII
ZB
37/06 -
juris Rn.
12). Entgegen der von der Rechtsbeschwerde vertretenen Auffassung ist dem hierzu gehaltenen Vorbringen des [X.]n
indes
nicht zu entnehmen, dass -
sollte der Schriftsatz tatsächlich verspätet eingegangen sein -
die Kanzleiangestellte die [X.] zwar nach

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16
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8
-

Dienstschluss mitgenommen, dann aber vergessen oder versäumt habe, sie am 4.
November 2016 in den Gerichtsbriefkasten einzuwerfen.
Dose
Klinkhammer
Schilling

Nedden-Boeger
Guhling
Vorinstanzen:
[X.]
[X.] OPf., Entscheidung vom 22.08.2016 -
3 C 369/16 -

LG Weiden [X.] OPf., Entscheidung vom 29.11.2016 -
21 [X.]/16 -

Meta

XII ZB 33/17

26.04.2017

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.04.2017, Az. XII ZB 33/17 (REWIS RS 2017, 11995)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 11995

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