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Berufungsverfahren: Nachweis des fristgerechten Eingangs der Berufungsbegründung
Zum Nachweis des fristgerechten Eingangs der Berufungsbegründung entgegen dem gerichtlichen Eingangsstempel.
Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluss der 2. Zivilkammer des [X.]. vom 29. November 2016 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen.
Wert: 788 €
I.
Die Klägerin verlangt nach Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit dem [X.]n von diesem den hälftigen Ausgleich restlicher Miet- und Stromkosten für die ehemals gemeinsam angemietete Wohnung in Höhe von 787,50 €. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 23. August 2016 zugestellte Endurteil hat der [X.] form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründungsfrist ist auf seinen Antrag vom 21. Oktober 2016 bis einschließlich Freitag, 4. November 2016, verlängert worden. Die [X.] vom 4. November 2016 trägt den Eingangsstempel "7. Nov. 2016" der Gemeinsamen [X.], Staatsanwaltschaft und Amtsgericht.
Auf den Hinweis des [X.], dass die [X.] nicht fristgerecht eingereicht worden und die Berufung daher unzulässig sei, hat der Prozessbevollmächtigte des [X.]n geltend gemacht, seine langjährige und stets außerordentlich zuverlässige [X.] habe den Schriftsatz am 4. November 2016 gegen 12.30 Uhr in den "Nachtbriefkasten" eingeworfen. Zur Glaubhaftmachung hat er sich auf eine beigefügte eidesstattliche Versicherung der [X.] gestützt und hilfsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
Das [X.] hat die Berufung wegen Versäumung der Begründungsfrist verworfen. Der Nachweis des fristgerechten Eingangs obliege dem Berufungskläger. Die Ermittlungen durch Nachfrage bei der Wachtmeisterei hätten ergeben, dass ein fristgerechter Eingang mit versehentlich verspätetem Abstempeln nahezu ausgeschlossen werden könne. Bei dieser Sachlage müsse trotz der eidesstattlichen Versicherung Verfristung angenommen werden. Für eine Wiedereinsetzung sei kein Raum, weil nicht eine entschuldbar verspätete, sondern eine fristgerechte Einreichung behauptet werde.
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des [X.]n.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft. Sie ist auch im Übrigen zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO eine Entscheidung des [X.] erfordert.
Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].
1. Der angefochtene Beschluss enthält allerdings noch ausreichende Ausführungen, um mit den vom Gesetz vorgesehenen Gründen versehen zu sein. Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, müssen den maßgeblichen Sachverhalt, über den entschieden wird, wiedergeben und den Streitgegenstand und die Anträge in beiden Instanzen erkennen lassen. Die Wiedergabe des Sachverhalts und der Anträge in einem die Berufung nach § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO verwerfenden Beschluss ist jedoch nicht ausnahmslos erforderlich. Ein solcher Beschluss kann sich etwa bei Verwerfung der Berufung wegen nicht gewahrter Berufungsfrist (§ 517 ZPO) oder Begründungsfrist (§ 520 Abs. 2 ZPO) auf die entscheidungserheblichen Umstände beschränken. Die Entscheidung des Berufungsgerichts muss aber auch in diesen Fällen jedenfalls die die Verwerfung tragenden Feststellungen enthalten, weil andernfalls dem Rechtsbeschwerdegericht die Überprüfung der Entscheidung nicht möglich ist (Senatsbeschluss vom 13. Januar 2016 - [X.] 605/14 - FamRZ 2016, 625 Rn. 6 [X.]). Diesem Erfordernis wird die vorliegende [X.] noch gerecht, indem sie auf den zuvor erteilten Hinweis Bezug nimmt, aus dem sich das Ende der Berufungsbegründungsfrist und das Datum des Eingangsstempels ergeben.
2. Die Rechtsbeschwerde rügt aber zu Recht, dass das [X.] den Anspruch des [X.]n gemäß Art. 103 Abs. 1 GG auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt hat, indem es ohne Hinweis nach § 139 Abs. 2 ZPO auf der Grundlage der vorliegenden Beweismittel entschieden hat.
Zwar erbringt der Eingangsstempel auf dem [X.]satz als öffentliche Urkunde gemäß § 418 Abs. 1 ZPO den Beweis dafür, dass der Schriftsatz an diesem Tag bei Gericht eingegangen ist. Dieser Beweis kann jedoch gemäß § 418 Abs. 2 ZPO durch einen im Wege des [X.] zu erbringenden Gegenbeweis entkräftet werden. Danach können auch eidesstattliche Versicherungen als Beweismittel ausreichen, wenn diese dem Gericht die volle Überzeugung von der Richtigkeit der versicherten Behauptung vermitteln. Da der Beweiswert einer eidesstattlichen Versicherung jedoch lediglich auf Glaubhaftmachung angelegt ist, reicht sie zum Nachweis der Fristwahrung regelmäßig nicht aus. Dann muss auf die Vernehmung der Beweispersonen, etwa des Rechtsanwalts oder seines Personals, als Zeugen oder auf andere Beweismittel zurückgegriffen werden (Senatsbeschlüsse vom 11. November 2009 - [X.] 174/08 - FamRZ 2010, 122 Rn. 6 ff. [X.] und vom 21. Februar 2007 - [X.] 37/06 - juris Rn. 8 [X.]; [X.] Beschluss vom 8. Oktober 2013 - [X.] - NJW-RR 2014, 179 Rn. 10 [X.]).
Sofern die eidesstattliche Versicherung der [X.] dem [X.] danach nicht die erforderliche Gewissheit vom rechtzeitigen Eingang der Berufungsbegründung vermitteln konnte, hätte es gegebenenfalls die Kanzleiangestellte als Zeugin vernehmen müssen. Zwar hat sich der [X.] in der Annahme, die vorgelegte eidesstattliche Versicherung sei ausreichend, nicht auf deren Vernehmung als Zeugin berufen. Das [X.] hätte ihn jedoch gemäß § 139 Abs. 2 ZPO darauf hinweisen müssen, dass zur Prüfung der Zulässigkeit des Rechtsmittels die vorgelegten Mittel zur Glaubhaftmachung nicht ausreichen, und ihm Gelegenheit geben müssen, Zeugenbeweis anzutreten. Das hat das [X.] gehörswidrig unterlassen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 21. Februar 2007 - [X.] 37/06 - juris Rn. 10 [X.] und vom 24. Februar 2010 - [X.] 129/09 - FamRZ 2010, 726 Rn. 10).
3. Weiter macht die Rechtsbeschwerde mit Erfolg geltend, dass das [X.] bei seiner Würdigung der erhobenen Beweise Vorbringen des [X.]n unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG übergangen hat.
Der [X.]nvertreter hat auf den am 24. November 2016 abgesandten Hinweis des [X.] mit beim [X.] am 30. November 2016 eingegangenem Schriftsatz vorgetragen, der Nachtbriefkasten funktioniere nicht ordnungsgemäß oder werde nicht ordnungsgemäß bedient. In der Vergangenheit sei es sowohl bei Post des Prozessbevollmächtigten als auch bei Post von drei anderen namentlich bezeichneten Rechtsanwaltskanzleien vorgekommen, dass rechtzeitig eingeworfene Schriftstücke einen verspäteten Eingangsstempel getragen hätten. Dem hätte das [X.] nachgehen und hierzu etwa eine dienstliche Stellungnahme der Wachtmeisterei einholen müssen, weil bereits früher aufgetretene Unrichtigkeiten Einfluss auf die vorzunehmende Beweiswürdigung entfalten können.
Der die Berufung verwerfende Beschluss trägt zwar das Datum 29. November 2016. Anders als im Geltungsbereich des § 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG, nach dem ein Beschluss mit dem Datum der Übergabe an die Geschäftsstelle oder der Bekanntgabe durch Verlesen der [X.] erlassen ist, erfolgt der Erlass eines - wie hier - nicht zu verkündenden Beschlusses (§ 329 Abs. 2 ZPO) im Rahmen der Zivilprozessordnung erst mit der Hinausgabe aus dem inneren Gerichtsbetrieb und damit zu dem Zeitpunkt, zu welchem der Beschluss die Geschäftsstelle mit der unmittelbaren Zweckbestimmung verlassen hat, den Parteien bekannt gegeben zu werden (Senatsbeschluss vom 27. Oktober 1999 - [X.] 18/99 - [X.], 813, 815; [X.]Z 164, 347 = NJW 2005, 3724, 3726; [X.] Beschlüsse vom 12. Juli 2012 - [X.] 270/11 - FamRZ 2012, 1561 Rn. 8 und vom 10. November 2011 - [X.] 165/10 - NJW-RR 2012, 179 Rn. 13 [X.]; Urteil vom 1. April 2004 - [X.]/03 - FamRZ 2004, 1368 [X.]). Dies kann vorliegend frühestens der 2. Dezember 2016 gewesen sein, weil erst mit diesem Datum die Verfügung des Vorsitzenden ausgeführt worden ist, den Beschluss an die Prozessbevollmächtigten hinauszugeben. Bis zum Zeitpunkt des Erlasses eingegangene Schriftsätze sind vom Gericht aber zu berücksichtigen ([X.] Beschluss vom 12. Juli 2012 - [X.] 270/11 - FamRZ 2012, 1561 Rn. 7; [X.] NJW 1993, 51).
4. Da der angefochtene Beschluss auf diesen Verfahrensfehlern beruhen kann, ist die Sache zur weiteren Aufklärung an das [X.] zurückzuverweisen.
Anders als die Rechtsbeschwerde meint, hat das [X.] über den (hilfsweise gestellten) Wiedereinsetzungsantrag entschieden, indem es ausgeführt hat, für eine Wiedereinsetzung sei kein Raum. Insoweit war der Beschluss ebenfalls aufzuheben, weil über den Wiedereinsetzungsantrag erst dann zu befinden ist, wenn die Frage, ob die [X.] rechtzeitig bei Gericht eingegangen ist, geklärt ist (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Februar 2007 - [X.] 37/06 - juris Rn. 12). Entgegen der von der Rechtsbeschwerde vertretenen Auffassung ist dem hierzu gehaltenen Vorbringen des [X.]n indes nicht zu entnehmen, dass - sollte der Schriftsatz tatsächlich verspätet eingegangen sein - die Kanzleiangestellte die [X.] zwar nach Dienstschluss mitgenommen, dann aber vergessen oder versäumt habe, sie am 4. November 2016 in den Gerichtsbriefkasten einzuwerfen.
Dose |
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Klinkhammer |
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Schilling |
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Nedden-Boeger |
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Guhling |
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Meta
26.04.2017
Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat
Beschluss
Sachgebiet: ZB
vorgehend LG Weiden, 29. November 2016, Az: 21 S 43/16
§ 418 Abs 1 ZPO, § 418 Abs 2 ZPO
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.04.2017, Az. XII ZB 33/17 (REWIS RS 2017, 11975)
Papierfundstellen: REWIS RS 2017, 11975
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
XII ZB 33/17 (Bundesgerichtshof)
IX ZR 242/19 (Bundesgerichtshof)
(Rechtliches Gehör: Berufungsverwerfung ohne Zeugenvernehmung des Instanzbevollmächtigten zum fristgemäßen Einwurf der Berufungsschrift in den gerichtlichen …
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