Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.03.2013, Az. VI ZB 68/12

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 7321

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI [X.]/12

vom

19. März 2013

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 520 Abs. 2 Satz 1, § 234 Abs. 3 C
a)
[X.] der Berufungskläger die Berufung erst nach der Entscheidung über das [X.] begründen, hat er durch einen rechtzeitigen Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist dafür zu sorgen, dass eine Wieder-einsetzung nicht notwendig wird.

b)
Die Jahresfrist des § 234 Abs. 3 ZPO hat als Höchstfrist für den Antrag auf
Wie-dereinsetzung in den vorigen Stand absoluten Charakter. Sie verfolgt den Zweck, eine unangemessene Verzögerung von Prozessen zu verhindern und den Eintritt der Rechtskraft zu gewährleisten
[X.], Beschluss vom 19. März 2013 -
VI [X.]/12 -
LG [X.] I

AG [X.]

-
2
-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat am 19. März 2013
durch den Vorsitzenden [X.], die Richter Zoll
und Wellner, die Richterin
[X.] und
den Richter Pauge
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 30.
Zivilkammer des [X.]s [X.] I vom 9.
Oktober 2012 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen.
[X.]: 2.570,76

Gründe:
I.
Die Klägerin macht Ansprüche auf Geldentschädigung wegen Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts gegen den Beklagten geltend.
Das Urteil des Amtsgerichts ist der Klägerin am 30.
September 2010 zu-gestellt worden. Mit Schriftsatz vom 1.
November 2010, beim [X.] [X.] am 2.
November 2010, hat sie Prozesskostenhilfe für ein beabsich-tigtes Berufungsverfahren beantragt. Das [X.] hat mit Beschluss vom 16.
Februar 2011, der Klägerin zugestellt am 19.
Februar 2011, die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt, weil die Bedürftigkeit nicht nachgewiesen und die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht Erfolg versprechend seien. Die 1
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mit Schreiben vom 7.
März 2011 dagegen erhobene Anhörungsrüge und Ge-genvorstellung hat das [X.] durch Beschluss vom 20. Februar 2012, der Klägerin zugegangen
am 28. Februar 2012, zurückgewiesen. Am 13.
März 2012 hat die Klägerin durch anwaltlichen Schriftsatz Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 24.
September 2010 eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Zur [X.] hat sie geltend gemacht, dass sie ohne ihr Verschulden gehindert gewesen sei, die Berufungsfrist einzuhalten, denn sie habe aufgrund eines [X.] beim [X.] im [X.] 2009 ([X.], Beschlüsse vom 22.
Juli 2009 und vom 12.
August 2009 -
XII
[X.]/09) sowie ihrer seither unveränderten persönlichen und wirtschaftlichen [X.] damit rechnen können, nach wie vor bedürftig im Sinne der §§
114
ff. ZPO zu sein. Da das [X.] bei seiner Entscheidung in vielerlei Hinsicht das
Recht auf rechtliches Gehör verletzt habe, sei zu erwarten gewesen, dass es sich auf die Anhörungsrüge hin im Wege der Selbstkorrektur hinsichtlich der Frage der Bedürftigkeit der Ansicht des [X.] anschließen oder andernfalls zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Rechtsbe-schwerde zum [X.] zulassen würde, trotz der Zurückweisung des Antrags auf Prozesskostenhilfe auch wegen der fehlenden Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung.
Durch Beschluss vom 16.
April 2012 hat das [X.] die Klägerin [X.] hingewiesen, dass die Kammer beabsichtige, die Berufung kostenpflichtig als unzulässig zu verwerfen, und dass sie das Wiedereinsetzungsgesuch in Bezug auf die Versäumung der Berufungsfrist für unbegründet erachte. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 9.
Oktober 2012 hat das [X.] den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der [X.] zurückgewiesen und die Berufung verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.
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II.
Die gemäß §§
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1, 522 Abs.
1 Satz
4, 238 Abs.
2 Satz
1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, da die Vorausset-zungen des §
574 Abs.
2 ZPO nicht gegeben sind.
1. Obwohl der angegriffene Beschluss keine Sachverhaltsdarstellung enthält, kann von dessen Aufhebung und der Zurückverweisung der Sache an das [X.] abgesehen werden. Durch die Bezugnahme auf den Hinweis-beschluss des [X.]s vom 16. April 2012 sind tatsächliche Angaben zur Überprüfung des Beschlusses noch hinreichend gegeben.
Nach gefestigter Rechtsprechung des [X.] (vgl. zuletzt Senat, Beschluss vom 6. November 2012 -
VI
ZB 33/12, juris Rn.
4; [X.], [X.] vom 31.
März 2011 -
V
ZB 160/10, Grundeigentum 2011, 686
Rn.
3; vom 16. September 2010 -
V
ZB 95/10, juris Rn. 3; vom 11.
Mai 2006 -
V
ZB 70/05, [X.], 1030; vom 7.
April 2005 -
IX
ZB 63/03, NJW-RR 2005, 916) müssen Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt wiedergeben (vgl. für Urteile: Senats-urteil vom 30.
September 2003 -
VI
ZR 438/02, [X.]Z 156, 216, 217 ff.
mwN), wobei auch das mit dem Rechtsmittel verfolgte [X.] deutlich wer-den muss (vgl. [X.], Beschluss vom 31.
März 2011 -
V
ZB 160/10 aaO mwN). Diese Anforderungen gelten auch für einen Beschluss, durch den die Berufung verworfen wird (vgl. Senat, Beschluss vom 16. November 2012 -
VI
ZB 33/12, aaO). Nach §
577 Abs.
2 Satz
4, §
559 ZPO hat das Rechtsbeschwerdegericht grundsätzlich von dem Sachverhalt auszugehen, den das Beschwerdegericht festgestellt hat. Fehlen tatsächliche Feststellungen, ist es zu einer rechtlichen Überprüfung nicht in der Lage. Ausführungen des [X.], die eine 4
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solche Überprüfung nicht ermöglichen, sind keine Gründe im zivilprozessualen Sinne.
2. Das [X.] hat die Berufung der Klägerin mit Recht als unzuläs-sig verworfen und die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der [X.] versagt.
a) Die Berufung ist schon deshalb unzulässig, weil sie nicht innerhalb der gemäß §
520 Abs.
2 Satz 1 ZPO am 30. November 2010 endenden Frist be-gründet worden ist. Ein Prozesskostenhilfeantrag beeinflusst den Lauf der [X.]sfrist nicht. [X.] der Berufungskläger die Berufung erst nach der Ent-scheidung über das Prozesskostenhilfegesuch begründen, hat er durch einen rechtzeitigen Antrag auf Fristverlängerung dafür zu sorgen, dass eine Wieder-einsetzung nicht notwendig wird. Eine Verlängerung der [X.] ist während laufender Frist nicht beantragt worden.
b) Eine Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungs-
und Berufungs-begründungsfrist kommt nicht mehr in Betracht, weil zum Zeitpunkt des Antrags auf Wiedereinsetzung am 13. März 2012 bereits vom Ende der versäumten Be-rufungsfrist am 2. November 2010 bzw. der versäumten [X.] am 30. November 2010 an gerechnet mehr als ein Jahr verstrichen war (§
234 Abs.
3 ZPO). Eines rechtlichen Hinweises an die Klägerin auf die Ausschlussfrist des §
234 Abs.
3 ZPO bedurfte es nicht. Der Klägerin war, wie aus ihrem Schreiben an das [X.] vom 23.
November 2011 hervorgeht, die Ausschlussfrist mit den daran gebundenen rechtlichen Folgen bekannt. [X.] der dort von ihr vertretenen Auffassung greift die Frist des §
234 Abs.
3 ZPO im Streitfall ein.
Die Jahresfrist des §
234 Abs.
3 ZPO hat als Höchstfrist für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand absoluten Charakter und verfolgt 7
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den Zweck, eine unangemessene Verzögerung von Prozessen zu verhindern und den Eintritt der Rechtskraft zu gewährleisten. Die Vorschrift ist allerdings dann nicht anwendbar, wenn die Ursache der Fristüberschreitung nicht in der Sphäre der Partei liegt, sondern allein dem Gericht zuzurechnen ist (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Juni 1973 -
VI
ZR 121/73 -
ZMR 1978, 152; [X.], [X.] vom 20. Februar 2008 -
XII
ZB 179/07, NJW-RR 2008, 878 Rn.
15 und vom 7. Juli 2004 -
XII
ZB 12/03, [X.], 1478, 1479; Hk-ZPO/[X.], 5.
Aufl., §
234 Rn.
8
f.). So liegt der Streitfall nicht.
Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist zwar eine Rechtsmittel-
oder Rechtsmittelbegründungsfrist nicht schuldhaft versäumt, wenn der Rechtsmittelkläger innerhalb der Frist Prozesskostenhilfe beantragt hat und auf deren Bewilligung vertrauen durfte (vgl. etwa [X.], Beschlüsse vom 31. August 2005 -
XII
ZB 116/05, [X.], 1901
f. und vom 19. Mai 2004 -
XII
ZA 11/03, [X.], 1548). Es ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dann zu bewilligen, wenn er dies innerhalb der mit Kenntnis der Ent-scheidung über sein Prozesskostenhilfegesuch beginnenden Wiedereinset-zungsfrist beantragt und innerhalb der Frist auch die versäumte Prozesshand-lung nachholt ([X.], Beschlüsse vom 22. Juni 2005 -
XII
ZB 34/04, NJW-RR 2005, 1586, 1587
und vom 31. Januar 2007 -
XII
ZB 207/06, [X.], 801, 802). Dies hat die Klägerin nicht getan. Die Frist für die Einreichung des [X.] hat mit der Zustellung des die Prozesskostenhilfe verweigernden Beschlusses am 19. Februar 2011 zuzüglich einiger Tage Über-legungszeit zu laufen begonnen. Für die Klägerin bestand kein begründeter [X.] zu der Annahme, dass das Berufungsgericht auf die mit ihrer Anhörungs-rüge verbundenen Ausführungen hin die Erfolgsaussicht ihres Rechtsmittels bejahen und Prozesskostenhilfe bewilligen würde. Sie hat mithin die Wiederein-setzungsfrist in die von ihr versäumten Fristen schuldhaft versäumt.
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c) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde wird die Klägerin durch den angefochtenen Beschluss auch nicht in ihrem Grundrecht auf rechtli-ches Gehör aus Art.
103 Abs.
1 GG verletzt. Der Rechtssache kommt nicht die von der Rechtsbeschwerde angenommene grundsätzliche Bedeutung zu, weil der [X.] bisher nicht entschieden habe, ob eine Anhörungsrüge die Fristen des §
234 Abs.
1 ZPO offen halten oder -
auch bei Erfolglosigkeit
-
wieder in Gang setzen könne. Die Klägerin vermag insoweit bereits nicht aufzu-zeigen, dass die von ihr dargelegten Rechtsfragen in Rechtsprechung und Rechtslehre umstritten sind und die Rechtssache damit eine Rechtsfrage im
konkreten Fall als entscheidungserheblich, klärungsbedürftig und klärungsfähig aufwirft, wodurch das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt wird (vgl. [X.], Beschluss vom 27. März 2003 -
V
ZR 291/02, [X.]Z 154, 288, 291). Der fehlende Einfluss einer Anhörungsrüge auf den [X.], insbesondere auch auf die [X.] gemäß §
234 Abs.
1 ZPO, ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde geklärt (vgl. [X.], Beschluss vom 24. Juni 2009 -
IV
ZB 2/09, r+s
2010, 40, 41
f.
mwN).
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Ein [X.] ist insgesamt nicht dargetan.
Galke
Zoll
Wellner

[X.]
Pauge

Vorinstanzen:
AG [X.], Entscheidung vom 24.09.2010 -
122 C 817/09 -

LG [X.] I, Entscheidung vom 09.10.2012
-
30 S 20343/10 -

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Meta

VI ZB 68/12

19.03.2013

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.03.2013, Az. VI ZB 68/12 (REWIS RS 2013, 7321)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7321

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VI ZB 68/12

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