Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.03.2007, Az. IX ZR 127/05

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 4863

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 8. März 2007 [X.] als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 131; [X.] Nr. 15 Abs. 2 Die Sicherungsabtretung der einem Scheck zugrunde liegenden Forderung an die den Scheck einziehende Bank ist als inkongruente Sicherung anfechtbar. [X.], [X.]eil vom 8. März 2007 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. März 2007 durch [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.] und die Richterin [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision wird das [X.]eil des 8. Zivilsenats des Oberlan-desgerichts Nürnberg vom 20. Juni 2005 aufgehoben, soweit zum Nachteil des [X.]n entschieden ist. Die Berufung der Klägerin gegen das [X.]eil der 1. Zivilkammer des [X.] vom 7. September 2004 wird [X.]. Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen. Von Rechts wegen Tatbestand: Der [X.] ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin, die ein Autohaus betrieb. Die Schuldnerin unterhielt bei der Kläge-rin, einer Bank, ein auf Guthabenbasis geführtes Girokonto. Am 15. April 2003 reichte die Schuldnerin auf dieses Konto einen Scheck in Höhe von 59.967,95 • zur Gutschrift ein. Der Scheck war der Schuldnerin von der Firma [X.]zur Begleichung einer Kaufpreisforderung übergeben worden. 1 - 3 - Aufgrund der Einreichung des Schecks führte die Klägerin am 16. April 2003 einen Überweisungsauftrag der Schuldnerin über 51.505 • aus. Am 17. April 2003 stellte die Schuldnerin Antrag auf Eröffnung des [X.]. Am selben Tag wurde durch Beschluss des Amtsgerichts der [X.] zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellt und be-auftragt, Außenstände einzuziehen und alle eingehenden Gelder auf ein [X.] einzuzahlen. 2 Am 29. April 2003 wurde der Scheck von der bezogenen Bank wegen eines Formfehlers nicht eingelöst. Es erfolgte eine Rückbelastung auf dem Kon-to der Schuldnerin, das sich sodann wegen der durchgeführten Überweisung mit 51.612,71 • im Soll befand. 3 In der Folgezeit übersandte die Firma [X.] an die Schuldnerin einen neuen Scheck zur Bezahlung der Kaufpreisforderung, der auf Anweisung des [X.]n aber nicht über das Konto der Schuldnerin bei der Klägerin, son-dern über das [X.] eingezogen wurde. 4 Am 1. Juni 2003 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Klägerin begehrt den Ausgleich des [X.] auf dem Konto. Sie ist der [X.], dass der [X.] dadurch unberechtigt über die sicherungsabgetretene Kaufpreisforderung verfügt habe, dass er den neuen Scheck angenommen, über das [X.] eingezogen und dadurch das Erlöschen der abgetretenen Kaufpreisforderung bewirkt habe. Ihr stehe deshalb ein Ersatzabsonderungs-recht in Höhe des [X.] zu. 5 - 4 - Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr im Wesentlichen stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision ver-folgt der [X.] sein Klageabweisungsbegehren in vollem Umfang weiter. 6 Entscheidungsgründe: Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur vollständigen Abweisung der Klage. 7 [X.] Das Berufungsgericht meint, die Klägerin habe gemäß Nr. 15 Abs. 2 ihrer [X.] im Wege der Sicherungsabtretung die zugrunde liegende Kaufpreisforde-rung der Schuldnerin erworben. Die Zedentin habe die zunächst fortbestehende Einziehungsbefugnis auch ohne ausdrücklichen Widerruf der Klägerin mit Ein-reichung des [X.] verloren. Die gleichwohl durchgeführte Einzie-hung habe das im Insolvenzverfahren entstehende Absonderungsrecht der Klä-gerin vereitelt. Ihr stehe deshalb ein Ersatzabsonderungsrecht zu. Die vom [X.] erklärte Anfechtung der Sicherungsabtretung greife nicht durch. Die Klägerin habe die Sicherung nicht in inkongruenter Weise erworben; die Siche-rungsabtretung habe eine konkrete Forderung betroffen, nämlich die Forderung der Schuldnerin, die mit dem am 15. April 2003 eingereichten Scheck habe er-füllt werden sollen. Diese Abtretung habe der Sicherung der Klägerin für den Fall der Rückbelastung gedient. Mit der - vorläufigen - Kontogutschrift habe die Schuldnerin ein Äquivalent erhalten. Die Voraussetzungen für die Anfechtung einer kongruenten Deckung gemäß § 130 [X.] lägen nicht vor. 8 - 5 - I[X.] Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung in einem wesentlichen Punkt nicht Stand. Da der [X.] die Sicherungsabtretung wirksam angefoch-ten hat, steht der Klägerin ein Ersatzabsonderungsrecht analog § 48 [X.] nicht zu. 9 1. Zutreffend ist allerdings die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Klägerin die Kaufpreisforderung der Schuldnerin zunächst im Wege der Siche-rungsabtretung nach Nr. 15 Abs. 2 ihrer [X.] erworben hatte. Dies wird von der Revision nicht in Frage gestellt. 10 Nach Nr. 15 Abs. 1 ihrer [X.] (Nr. 15 entspricht Nr. 15 der [X.]) erwarb die Klägerin zur Sicherung ihrer Ansprüche aus der Kontoverbindung an dem (ersten) eingereichten Scheck im Zeitpunkt der Einreichung Sicherungsei-gentum. Nach Nr. 15 Abs. 2 der [X.] ging auf sie zugleich die zugrunde [X.] Forderung über. 11 Durch die Zahlung mittels erneutem Scheck erlosch die zugrunde [X.] Forderung auch mit Wirkung gegenüber der Klägerin, weil die Sicherungsab-tretung der Forderung gemäß Nr. 15 Abs. 2 der [X.] der Firma [X.]

nicht bekannt war (§ 362 Abs. 1, § 407 Abs. 1 BGB). Zugleich wurde das Entstehen eines (künftigen) Absonderungsrechts der Klägerin verhindert ([X.], [X.]. v. 1. Oktober 2002 - [X.] ZR 360/99, [X.], 2182, 2183; v. 6. April 2006 - [X.] ZR 185/04, [X.], 1009, 1010). Ein Ersatzabsonderungsrecht zu-gunsten der Klägerin ist dadurch jedoch nicht entstanden. Dies hätte vorausge-setzt, dass der [X.] die Einziehung unberechtigt vorgenommen hat ([X.] 144, 192, 198; [X.], [X.]. v. 19. März 1998 - [X.] ZR 22/97, [X.], 793, 797; v. 12 - 6 - 4. Dezember 2003 - [X.] ZR 222/02, [X.], 326, 328; v. 19. Januar 2006 - [X.] ZR 154/03, [X.], 959, 961; v. 6. April 2006 aaO S. 1011) und die [X.] nicht wirksam angefochten worden ist. 2. Ob die Einziehungsbefugnis der Schuldnerin mit Einreichung ihres [X.] auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erloschen ist, wie das Berufungs-gericht angenommen hat, kann dahingestellt bleiben. 13 3. Das Berufungsgericht hat jedenfalls verkannt, dass der [X.] die Sicherungsabtretung der Forderung an die Klägerin wirksam gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 [X.] angefochten hat. Schon aus diesem Grund liegt ein Ersatzab-sonderungsrecht nicht vor. 14 a) Die mit der Einreichung des ersten Schecks gemäß Nr. 15 Abs. 2 [X.] verbundene Sicherungsabtretung der zugrunde liegenden Forde-rung stellt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts eine inkongruente Deckung dar. 15 Der Senat hat zu Nr. 14 Abs. 1 [X.] entschieden, dass ein Pfandrecht an einem Anspruch auf Erteilung einer Gutschrift erst mit Eingang der Zahlung auf dem Konto des Kunden entsteht. Selbst wenn man Nr. 14 Abs. 1 [X.] dahin auslegt, dass die Bank und der Kunde sich nicht nur über die Pfandrechtsbestellung dinglich einig sind, sondern zugleich einen schuldrechtlichen Anspruch darauf begründen, würde dieser erst in demjenigen Zeitpunkt auf einen bestimmten [X.] konkretisiert, in dem die ver-pfändete Forderung entsteht ([X.] 150, 122, 126; [X.], [X.]. v. 2. Juni 2005 - [X.] ZR 181/03, [X.], 1651, 1652). 16 - 7 - b) Nichts anderes gilt für Nr. 15 Abs. 2 der [X.]. Bei der Vor-ausabtretung einer Forderung tritt die Wirkung der Abtretung gemäß § 140 Abs. 1 [X.] frühestens mit dem Entstehen der Forderung ein ([X.], [X.]. v. 20. März 2003 - [X.] ZR 166/02, [X.], 896, 897; v. 22. Juli 2004 - [X.] ZR 183/03, [X.], 1819, 1821 m.w.[X.]). Da die Abtretung hier erst zum Zeit-punkt der [X.] erfolgte, ist dieser Zeitpunkt maßgebend. 17 Eine pauschale Einigung dahin, sämtliche Forderungen, die künftig zum Einzug eingereichten Schecks oder Wechseln zugrunde liegen, sollten abgetre-ten werden, ist nicht geeignet, eine kongruente Sicherheit im Voraus zu be-gründen. Absprachen, die es dem Ermessen der Beteiligten oder dem Zufall überlassen, ob und gegebenenfalls welche konkrete Sicherheiten erfasst wer-den, rechtfertigen die Besserstellung einzelner Gläubiger unter Durchbrechung des insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht (vgl. [X.] 150, 122, 126; [X.], [X.]. v. 2. Juni 2005, aaO S. 1652). Ob sich Nr. 15 Abs. 2 der [X.] eine schuldrechtliche Verpflichtung zur Abtretung entnehmen lässt, kann deshalb dahinstehen. 18 Bei Einreichung des Schecks wurde von der Schuldnerin eine (neue) schuldrechtliche Verpflichtung zur Abtretung der dem konkret eingereichten Scheck zugrunde liegenden Forderung nicht begründet. Ob eine solche Abtre-tungsverpflichtung, bezogen auf die konkret individualisierte, dem gleichzeitig eingereichten Scheck zugrunde liegende Forderung, die Kongruenz begründet hätte, kann daher dahinstehen. 19 Hätte die Schuldnerin den zweiten Scheck über das Konto der Klägerin eingezogen, hätte diese allerdings die Gutschrift mit dem [X.] dürfen, weil ihr ein fälliger Anspruch gegen die Schuldnerin zustand. Das 20 - 8 - Konto durfte nach den vertraglichen Vereinbarungen nur im Guthaben geführt werden. Die Verrechnung wäre eine kongruente Erfüllung der Kreditforderung der Klägerin (vgl. [X.] 150, 122, 126 f) und nur unter den Voraussetzungen des § 130 Abs. 1 Nr. 2 [X.] anfechtbar gewesen. Dies ändert indessen nichts an der hier vorliegenden Inkongruenz der Sicherungsabtretung. c) Da die Sicherungsabtretung zwei Tage vor Einreichung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgte, sind die Anfechtungsvorausset-zungen des § 131 Abs. 1 Nr. 1 [X.] ohne weiteres gegeben. 21 d) Die Anfechtbarkeit nach § 131 [X.] ist auch nicht gemäß § 142 [X.] ausgeschlossen. Bei inkongruenter Sicherung oder Deckung finden die [X.] über das Bargeschäft keine Anwendung ([X.] 123, 320, 328; [X.], [X.]. v. 17. Juni 2004 - [X.] ZR 124/03, [X.], 1509, 1510; HK-[X.]/[X.], 4. Aufl. § 142 Rn. 8 f; MünchKomm-[X.]/Kirchhof, § 142 Rn. 7). 22 II[X.] Das Berufungsurteil ist damit aufzuheben, § 562 Abs. 1 ZPO. Da die Aufhebung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und die Sache zur Endentscheidung reif ist, 23 - 9 - hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen. [X.] [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.] [X.] OPf., Entscheidung vom 07.09.2004 - 1 O 163/04 - [X.], Entscheidung vom 20.06.2005 - 8 U 3614/04 -

Meta

IX ZR 127/05

08.03.2007

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.03.2007, Az. IX ZR 127/05 (REWIS RS 2007, 4863)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 4863

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