Bundesfinanzhof, Urteil vom 24.06.2014, Az. VIII R 54/10

8. Senat | REWIS RS 2014, 4670

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Gegenstand

(Feststellungslast bei vGA - Sinngemäße Anwendung des § 32a KStG bei Herabsetzung einer vGA im Insolvenzverfahren der Körperschaft - Ermessensreduzierung auf Null - Mängel in der Kassenbuchführung - Schätzung der Besteuerungsgrundlagen)


Leitsatz

1. NV: Wandelt sich das von einer Kapitalgesellschaft betriebene und wegen Insolvenzeröffnung zunächst unterbrochene Klageverfahren betreffend Körperschaftsteuer durch Aufnahme des Rechtsstreits durch das für die Besteuerung der Kapitalgesellschaft zuständige Finanzamt in ein Insolvenz-Feststellungsverfahren und einigen sich die Beteiligten jenes Verfahrens allein aus dem Grunde einer ökonomischen Verfahrensbeendigung über eine Verminderung der ursprünglich angesetzten verdeckten Gewinnausschüttung mit der Folge, dass dieses Finanzamt seine Anmeldungen zur Insolvenztabelle entsprechend vermindert und der Rechtsstreit in der Körperschaftsteuersache in der Hauptsache für erledigt erklärt wird, so ist das für den Gesellschafter zuständige Finanzamt nicht aufgrund einer Ermessensreduzierung auf Null nach § 32a Abs. 1 Satz 1 KStG zur entsprechenden Änderung der in der Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen auf Einkommensteuer verpflichtet.

2. NV: Die objektive Feststellungslast für die Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung obliegt dem Finanzamt. Spricht der festgestellte Sachverhalt dafür, dass die Tatbestandsvoraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung erfüllt sind, kann es allerdings Sache des Steuerpflichtigen sein, den dadurch gesetzten Anschein zu widerlegen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Treuhänder über das Vermögen des [X.] war seit 1997 Geschäftsführer und Alleingesellschafter einer GmbH ([X.]), die in den Streitjahren 1999 bis 2003 mehrere Gaststätten in A betrieb.

2

Eine ab September 2005 bei der [X.] durchgeführte Außenprüfung für die Streitjahre stellte fest, dass die Kassenführung und die Buchführung nicht ordnungsgemäß gewesen seien. Es lägen [X.] vor. Inventuren zur Ermittlung des [X.] seien nicht vorgelegt worden. Sie schätzte daher Umsatzerlöse und Betriebsausgaben hinzu. Die Hinzuschätzungsbeträge ermittelte die Außenprüfung durch eine für das [X.] durchgeführte [X.] für drei der Gaststätten. Danach erhöhten sich die Einnahmen in der Summe wie folgt:

3

Jahr 1999:

157.850 D[X.],

Jahr 2000:

326.537 D[X.],

Jahr 2001:

232.328 D[X.],

[X.]:

130.049 €,

[X.]:

121.096 €.

4

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das [X.]inanzamt --[X.]--) änderte am 11. Dezember 2006 die Einkommensteuerbescheide des [X.] für die Jahre 1999, 2000 sowie 2002 entsprechend den [X.]eststellungen der Außenprüfung. [X.]ür das nicht veranlagte Jahr 2001 setzte das [X.] erstmals Einkommensteuer durch Bescheid vom 14. Dezember 2006 fest. Nachdem das [X.] [X.] erfolglos aufgefordert hatte, eine Einkommensteuererklärung für das [X.] abzugeben, erließ es am 26. [X.]ärz 2007 einen Einkommensteuerbescheid für 2003, in dem das [X.] die von der Außenprüfung festgestellten Kalkulationsdifferenzen als Einnahmen des [X.] aus verdeckten Gewinnausschüttungen (vGA) erfasste.

5

Die Einsprüche blieben --mit Ausnahme der Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens auf die vGA für die Jahre 2001 bis 2003-- erfolglos.

6

Das für die [X.] zuständige [X.]inanzamt ([X.]) hatte aufgrund der [X.]eststellungen der Außenprüfung die [X.] der [X.] für die Jahre 1999 bis 2003 geändert. Da auch diese Einsprüche erfolglos blieben, erhob die [X.] im Januar 2007 vor dem [X.]inanzgericht ([X.]G) Klage. Nachdem das Klageverfahren zunächst nach § 240 der Zivilprozessordnung (ZPO) wegen Insolvenzeröffnung über das Vermögen der [X.] unterbrochen wurde, nahm [X.] das Verfahren nach § 180 Abs. 2 der Insolvenzordnung ([X.]) wieder auf. Der Berichterstatter äußerte sich nach summarischer Prüfung zu den Erfolgsaussichten der Klage dahingehend, dass eine Schätzungsbefugnis des [X.] wohl bestanden habe, aber die Beträge ihm um ca. ein Drittel zu hoch erschienen. Der Insolvenzverwalter und das [X.] einigten sich schließlich, dass die [X.] um ein Drittel verringert werden und der verbleibende Betrag nur zur Hälfte als vGA angesetzt werde. Das [X.] begründete diese Einigung mit der Vermeidung eines langwierigen und zeitaufwendigen Verfahrens und mit der Insolvenz der [X.]. Es berichtigte entsprechend die zur Insolvenztabelle angemeldeten [X.]. Der Rechtsstreit wurde von den Beteiligten in der Hauptsache für erledigt erklärt.

7

[X.] erhob am 20. November 2007 Klage beim [X.]G gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1999 bis 2003. Am … Januar 2009 eröffnete das Amtsgericht über das Vermögen des [X.] das Verbraucherinsolvenzverfahren. Der zum Treuhänder bestellte Kläger bestritt die zur Insolvenztabelle angemeldeten [X.] und nahm den Rechtsstreit auf. Das [X.]G wies die Klage ab und beseitigte den Widerspruch des [X.] gegen die zur Insolvenztabelle angemeldeten Einkommensteuerforderungen für die Jahre 1999 bis 2003. Es führte im Wesentlichen aus, das [X.] sei nach § 162 Abs. 1 der Abgabenordnung ([X.]) berechtigt gewesen, die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen und diese Schätzung auf [X.] des [X.] bei dessen Einkommensteuerveranlagungen zu verwenden.

8

Die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1999 bis 2003 seien auch nicht aufgrund der im Klageverfahren der [X.] gegen die [X.] erzielten Einigung zwischen dem Insolvenzverwalter über das Vermögen der [X.] und dem [X.] rechtswidrig. Das [X.] sei nicht nach § 32a des [X.] ([X.]) zur Änderung der Einkommensteuerbescheide verpflichtet.

9

[X.]it der Revision rügt der Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des [X.]G aufzuheben und der Klage stattzugeben, hilfsweise, das Urteil des [X.]G aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.]G zurückzuverweisen.

Das [X.] beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision des [X.] ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der [X.]inanzgerichtsordnung --[X.]O--).

1. Die Revision ist zulässig. Das durch die Klage des [X.] anhängig gewordene Klageverfahren ist aufgrund der Eröffnung des [X.] (vgl. Urteil des [X.] vom 24. Juli 2003 IX ZR 333/00, Neue Juristische [X.] Zivilrecht 2004, 48) über das Vermögen des [X.] unterbrochen worden (§ 155 [X.]O i.V.m. § 240 ZPO). Der Kläger ist vom Insolvenzgericht zum Treuhänder (§ 313 Abs. 1 Satz 1 [X.]) über das Vermögen des [X.] bestellt worden und hat das Klageverfahren aufgenommen. Er hat gegen die vom [X.] zur Eintragung in die Insolvenztabelle angemeldeten Ansprüche auf Einkommensteuer und den Solidaritätszuschlag Widerspruch erhoben (§ 174, § 175 Abs. 1 Satz 1, § 178 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Dem gesetzlichen Übergang vom bisherigen Anfechtungs- zum Insolvenzfeststellungsverfahren und dem damit verbundenen Wechsel des [X.] entspricht die Umstellung des Klageantrags (vgl. Urteil des [X.] --[X.]-- vom 15. November 2011 I R 96/10, [X.], 991, m.w.N.). Der Antrag ist nicht mehr auf eine geänderte Steuerfestsetzung, sondern darauf gerichtet, den Widerspruch gegen die vom [X.] zur Insolvenztabelle angemeldeten Einkommensteuerforderungen insoweit für begründet zu erklären, als diese Steuern auf Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von 157.850 D[X.] für das [X.], 326.537 D[X.] für das [X.], 116.164 D[X.] für das [X.], 65.024 € für das [X.] und 60.548 € für das [X.] beruhen.

2. Die Revision ist auch begründet. Zwar hat das [X.] dem Grunde nach zu Recht die Voraussetzungen für eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen bei der [X.]-GmbH bejaht (a). Es hat aber rechtsfehlerhaft die Schätzung des [X.] der Höhe nach als in sich schlüssig und deshalb rechtmäßig angesehen (b). Die [X.]eststellungen des [X.] reichen zudem für die Annahme einer dem [X.] zurechenbaren vGA nicht aus (c).

a) Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen als sonstige Bezüge aus Anteilen an einer GmbH auch vGA. Eine vGA im Sinne dieser Vorschrift liegt nach ständiger Rechtsprechung des [X.] vor, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vorteil zuwendet und diese Zuwendung ihren Anlass im Gesellschaftsverhältnis hat (z.B. [X.]-Urteile vom 24. Juli 1990 VIII R 304/84, [X.]/NV 1991, 90; vom 13. September 2000 I R 10/00, [X.]/NV 2001, 584; vom 22. September 2004 III R 9/03, [X.]E 207, 549, [X.], 160; [X.]-Beschluss vom 14. Juli 1998 VIII B 38/98, [X.]E 186, 379).

Ergeben sich aufgrund einer Nachkalkulation Differenzen bei der Kapitalgesellschaft und schätzt das [X.] deshalb --wie im [X.] dem Gewinn Beträge hinzu, sind die Zuschätzungen nicht zwingend als Zuwendungen an den verantwortlichen Gesellschafter-Geschäftsführer oder an die Gesellschafter zu beurteilen. Die Annahme einer vGA setzt zum einen voraus, dass die Kalkulationsdifferenzen auf nicht vollständig erklärten Betriebseinnahmen der Kapitalgesellschaft beruhen und zum anderen, dass die nicht erklärten Betriebseinnahmen nicht betrieblich verwendet worden, sondern einem oder allen Gesellschaftern zugeflossen sind ([X.]-Urteil in [X.]E 207, 549, 555, [X.], 160, 163).

Zu Recht hat das [X.] --entgegen der Auffassung des [X.]-- die Voraussetzungen für eine Hinzuschätzung von Betriebseinnahmen bei der [X.]-GmbH dem Grunde nach bejaht. Zu schätzen ist gemäß § 162 Abs. 2 Satz 1 [X.] u.a. dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag, und nach § 162 Abs. 2 Satz 2 [X.] dann, wenn die Buchführung nach § 158 [X.] der Besteuerung nicht zugrunde gelegt wird. Gemäß § 158 [X.] ist die Buchführung, die den Vorschriften der §§ 140 bis 148 [X.] entspricht, der Besteuerung zugrunde zu legen, soweit nach den Umständen des Einzelfalls kein Anlass besteht, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden.

Die Buchführung der [X.]-GmbH entsprach nicht der Vorschrift des § 146 Abs. 1 [X.] und hatte sonach nicht die Vermutung sachlicher Richtigkeit für sich. Buchungen und sonst erforderliche Aufzeichnungen sind vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen (§ 146 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Kasseneinnahmen und [X.] sollen überdies täglich festgehalten werden (§ 146 Abs. 1 Satz 2 [X.]). Kassenaufzeichnungen müssen so beschaffen sein, dass ein Buchsachverständiger jederzeit in der Lage ist, den [X.] mit dem Istbestand der [X.] zu vergleichen ([X.]-Urteile vom 31. Juli 1974 I R 216/72, [X.]E 113, 400, 402, [X.] 1975, 96, 97; vom 17. November 1981 VIII R 174/77, [X.]E 135, 11, 15, [X.] 1982, 430, 432; vom 20. September 1989 [X.], [X.]E 158, 301, [X.] 1990, 109). Die Einnahmeermittlung --z.B. bei Einsatz von Registrierkassen durch Erstellung und Aufbewahrung der [X.] muss nachvollziehbar dokumentiert und überprüfbar sein. Die Aufbewahrung aller Belege ist im Regelfall notwendige Voraussetzung für den Schluss, dass nicht nur die geltend gemachten Betriebsausgaben als durch den Betrieb veranlasst angesehen werden, sondern auch die Betriebseinnahmen vollständig erfasst sind (vgl. [X.]-Urteil vom 15. April 1999 IV R 68/98, [X.]E 188, 291, [X.] 1999, 481; [X.]-Beschluss vom 7. [X.]ebruar 2008 [X.], juris).

Diesen [X.]aßstäben genügte die Kassenbuchführung der [X.]-GmbH nicht. Nach den [X.]eststellungen des [X.] hat die [X.]-GmbH ihre gesamten Umsätze in einer Summe erfasst, ohne das Zustandekommen der Summe durch Aufbewahrung der angefallenen Kassenstreifen, Kassenzettel und [X.] nachzuweisen. Auch die von [X.] zur Ermittlung der Tageseinnahmen gefertigten Inventurblätter sind nicht vorgelegt worden. In den Registrierkassen sind nur die Waren gebucht worden, die nicht durch Zählwerke erfasst worden sind. Eine solche Kassenbuchführung ist [X.], wenn --wie im [X.] weitere Zählwerke neben einer Registrierkasse geführt und die Einzelergebnisse nicht nachvollziehbar und richtig zusammengeführt werden; denn hier ist es offensichtlich, dass in der Registrierkasse nur ein Teil der Einnahmen erfasst wird und die sich aus der Verwendung der Registrierkasse ergebenden Aufzeichnungen nicht vollständig sein können. Die [X.] der Kassenführung ergreift bei der Struktur des Betriebs der [X.]-GmbH (sie tätigte [X.]) ihre gesamte Buchführung. Eine Schätzung der Besteuerungsgrundlage Betriebseinnahmen (Umsatzerlöse) war daher geboten.

Da nicht ordnungsmäßige Kassenaufzeichnungen nach den Umständen des Einzelfalls den Schluss zulassen können, dass nicht alle Bareinnahmen verbucht worden sind ([X.]-Urteile vom 2. [X.]ebruar 1982 VIII R 65/80, [X.]E 135, 158, 165, [X.] 1982, 409, 412; in [X.]E 158, 301, [X.] 1990, 109), ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das [X.] das [X.] für berechtigt gehalten hat, Betriebseinnahmen bei der [X.]-GmbH dem Grunde nach [X.]. Der Kläger hat nach den Darlegungen des [X.] für die [X.]ehler in der Kassenführung keine substantiierte und nachprüfbare Erklärung angeboten.

Die Vorentscheidung hat ferner zu Recht die Einwendungen des [X.] als unsubstantiiert zurückgewiesen, soweit das [X.] --nach einer Bestätigung durch den Kläger-- im Rahmen der Schätzung angenommen hat, dass die betrieblichen Verhältnisse des Jahres 2002 denen der anderen Streitjahre entsprechen. Das [X.] hat auch rechtsfehlerfrei keine Bedenken gegen die Annahme des [X.] geäußert, dass die Kalkulationsdifferenzen auf nicht vollständig erklärten Betriebseinnahmen der [X.]-GmbH beruhen. [X.]ür die unsubstantiierten Einwendungen des [X.], dass sich eventuell die Bierfahrer durch die Zurückbehaltung abgerechneter Bierfässer und die [X.]itarbeiter durch die Unterschlagung von Betriebseinnahmen bereichert hätten, liegen keinerlei Anhaltspunkte vor.

b) Der Höhe nach hat das [X.] aber zu Unrecht die Schätzung des [X.] als in sich schlüssig und deshalb rechtmäßig beurteilt.

Nach § 162 Abs. 1 Satz 2 [X.] sind bei einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Das gewonnene Schätzungsergebnis muss schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein (vgl. [X.]-Urteil vom 17. Juni 2004 IV R 45/03, [X.]/NV 2004, 1618; [X.]-Beschluss vom 28. [X.]ärz 2001 VII B 213/00, [X.]/NV 2001, 1217, m.w.N.).

aa) Zwar ist die Vorentscheidung des [X.] revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, soweit es die Ermittlung der Umsatzerlöse und Betriebseinnahmen durch die Außenprüfung mittels für das [X.] durchgeführten [X.] für die einzelnen Gaststätten auf der Grundlage der auf der jeweiligen Speise- und Getränkekarte ausgewiesenen Preise und die Aufgliederung des [X.] in Getränke und Küchenwaren als rechtmäßig angesehen hat. Zu Recht hat es das [X.] auch nicht beanstandet, dass die Außenprüfung den Wareneinsatz in den Jahren 1999 und 2000 auf die Gaststätten prozentual nach den Umsätzen verteilt und der Kalkulation zugrunde gelegt hat. Da der Wareneinsatz in diesen Jahren nicht getrennt verbucht worden war, bestand für die Außenprüfung keine andere [X.]öglichkeit, die Aufteilung vorzunehmen.

bb) Die Auffassung des [X.], die im Streitfall zu beurteilende Schätzung des [X.] sei der Höhe nach in sich schlüssig und begegne keinen Bedenken, ist indes durch tatsächliche [X.]eststellungen nicht gedeckt. Es ist nicht nachvollziehbar, auf welcher Grundlage das [X.] zu diesem Ergebnis kommen konnte, denn es hat keine ausreichenden [X.]eststellungen zu den einzelnen Schätzungsgrundlagen getroffen. Das [X.] verweist zwar wegen der Einzelheiten der Kalkulationen auf den Bericht der Außenprüfung vom 25. September 2006 und den [X.] vom 8. November 2006 sowie wegen der Berechnung der Kalkulation auf Blatt "446 f der Bp-Arbeitsakte". Diese [X.]eststellungen sind aber unzureichend. Denn für die Berechnung der Kalkulationsdifferenzen und die Ermittlung des [X.] und damit zu den einzelnen Schätzungsgrundlagen wird in den Berichten auf diverse Anlagen Bezug genommen, die den Berichten nicht beigefügt sind.

Die Schätzungsgrundlagen (z.B. Wareneinsatz) sind damit weder nachprüfbar noch schlüssig begründet. Die Rechtmäßigkeit der Schätzung konnte das [X.] anhand dieser unvollständigen Berichte der Außenprüfung nicht überprüfen. Das [X.] hätte vielmehr Angaben machen müssen, die es dem Gericht ermöglicht hätten, die Angemessenheit der betreffenden Kalkulationen festzustellen. Dass das [X.] seine Beurteilung, die Schätzung des [X.] sei der Höhe nach unbedenklich, auf eine unzureichende Tatsachengrundlage gestützt hat, stellt einen Rechtsfehler dar, der schon für sich allein zur Aufhebung der Vorentscheidung führt.

c) Unbeschadet dessen sind zudem weitere [X.]eststellungen des [X.] für die Annahme einer dem [X.] zurechenbaren vGA notwendig.

aa) Die objektive [X.]eststellungslast dafür, ob die Voraussetzungen einer vGA vorliegen, obliegt grundsätzlich dem [X.] (vgl. [X.]-Urteile vom 16. [X.]ebruar 1977 I R 94/75, [X.]E 122, 48, [X.] 1977, 568; vom 27. Oktober 1992 VIII R 41/89, [X.]E 170, 1, [X.] 1993, 569; vom 13. Juli 1994 I R 43/94, [X.]/NV 1995, 548; vom 9. August 2000 I R 82/99, [X.] 2001, 208). Das betrifft sowohl das Vorliegen einer Vermögensminderung (verhinderten Vermögensmehrung) als auch die [X.]rage nach der Veranlassung dieser Vermögensminderung (verhinderten Vermögensmehrung) durch das Gesellschaftsverhältnis. Zudem setzt die Erfassung einer vGA als Einnahme i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG ihren Zufluss beim Empfänger voraus (§ 8 Abs. 1, § 11 Abs. 1 EStG). Spricht der festgestellte Sachverhalt dafür, dass diese Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind, kann es allerdings Sache des Gesellschafters sein, den dadurch gesetzten Anschein zu widerlegen. Es gelten die allgemeinen Grundsätze zur Beweisrisikoverteilung (vgl. [X.]-Urteil vom 17. Oktober 2001 I R 103/00, [X.]E 197, 68, [X.] 2004, 171; [X.]-Beschluss vom 4. April 2002 I B 140/01, [X.]/NV 2002, 1179; vgl. auch [X.]-Urteil in [X.]E 207, 549, [X.], 160).

bb) Wie das [X.] rechtsfehlerfrei angenommen hat, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die [X.]itarbeiter der [X.]-GmbH durch eine [X.]anipulation der Bierzählerstände oder Dritte sich einen Teil der vereinnahmten Entgelte zugeeignet hätten. Das [X.] hat aber die Veranlassung der Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis und den deswegen widerlegbar zu vermutenden Zufluss noch nicht hinreichend aufgeklärt. Auch ist aus diesem Grund die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das [X.] zurückzuverweisen. Das [X.] hat z.B. keine [X.]eststellungen zu dem im [X.] der Außenprüfung vom 8. November 2006 (Seite 2) enthaltenen Hinweis getroffen, dass die z.T. unregelmäßige Auszahlung des [X.] bzw. die Buchung des Gehalts nur über ein Verrechnungskonto ein Indiz für die fehlende Trennung des Bereichs der GmbH zur privaten Vermögenssphäre des Geschäftsführers ist. Sofern sich --beispielsweise-- eine solch fehlende Trennung des Bereichs der [X.]-GmbH zur privaten Vermögenssphäre des Alleingesellschafters [X.] im zweiten Rechtsgang als zutreffend herausstellen sollte, wäre es nach den Umständen des Streitfalls Sache des [X.], den dadurch gesetzten Anschein für die Veranlassung der Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis und den entsprechenden Zufluss bei [X.] zu widerlegen.

3. Die Sache ist nicht spruchreif, sondern muss an das [X.] zur Nachholung der unterbliebenen [X.]eststellungen zurückverwiesen werden.

a) Das [X.] wird zunächst erneut nach den oben (unter [X.]) niedergelegten [X.]aßstäben die Hinzuschätzungen auf [X.] der [X.]-GmbH zu prüfen haben. Soweit es an einem schlüssigen Schätzungsverfahren des [X.] fehlen sollte, muss das [X.] von seiner eigenen Schätzungsbefugnis (§ 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 [X.]O i.V.m. § 162 [X.]) Gebrauch machen.

b) Sollte das [X.] im zweiten Rechtsgang Hinzuschätzungen bei der [X.]-GmbH dem Grunde und der Höhe nach --durch tatsächliche [X.]eststellungen unterlegt-- für rechtmäßig erachten, hat es die notwendigen [X.]eststellungen für die Annahme einer dem [X.] zurechenbaren vGA nachzuholen (vgl. oben II.2.c).

c) Sollte sich danach eine bei [X.] als Einnahme zu erfassende vGA ergeben, so wäre, wovon das [X.] im Ergebnis zutreffend ausgegangen ist, das [X.] nicht aufgrund der Einigung zwischen dem Insolvenzverwalter und dem [X.] nach § 32a [X.] zur Änderung der in der Insolvenztabelle angemeldeten Ansprüche auf Einkommensteuer für die Jahre 1999 bis 2003 verpflichtet.

Nach § 32a Abs. 1 Satz 1 [X.] kann ein Steuerbescheid oder ein [X.]eststellungsbescheid gegenüber dem Gesellschafter, dem die vGA zuzurechnen ist, aufgehoben oder geändert werden, soweit gegenüber einer Körperschaft ein Steuerbescheid hinsichtlich der Berücksichtigung einer vGA erlassen, aufgehoben oder geändert wird. Der zeitliche Anwendungsbereich des § 32a [X.] ist eröffnet, da die aufgrund der Einigung geänderten Körperschaftsteuerberechnungen für die [X.]-GmbH, die zu einer Verminderung der angemeldeten Körperschaftsteuerforderungen geführt haben, nach dem 18. Dezember 2006 erfolgten (vgl. zum zeitlichen Geltungsbereich der Norm statt aller [X.]/Rengers, § 32a [X.] Rz 9).

Zwar ist § 32a Abs. 1 [X.] nach einer im Verfahren zur Aussetzung der Vollziehung gebotenen summarischen Prüfung nach Auffassung des Senats ([X.]-Beschluss vom 20. [X.]ärz 2009 VIII B 170/08, [X.]E 224, 439) sachlich auch dann sinngemäß anwendbar, wenn sich die Beteiligten in dem Insolvenz-[X.]eststellungsverfahren darauf geeinigt haben, dass die bei der [X.]-GmbH angesetzte vGA reduziert wird und das für die [X.]-GmbH zuständige [X.] seine Anmeldung zur Insolvenztabelle entsprechend herabgesetzt hat. Im Streitfall kann die [X.]rage einer sinngemäßen Anwendbarkeit der Vorschrift (streitig; bejahend [X.] in Dötsch/Pung/[X.]öhlenbrock, Kommentar zum [X.] und EStG, § 32a [X.] Rz 14b; kritisch [X.]/Rengers, § 32a [X.] Rz 23; verneinend [X.]rotscher in [X.]rotscher/[X.], [X.], [X.], [X.], [X.]reiburg 2011, § 32a [X.] Rz 20, 23) indes offenbleiben. Wenn § 32a Abs. 1 Satz 1 [X.] sinngemäß anwendbar wäre, hätte das [X.] die äußeren Grenzen des eingeräumten Ermessens nicht überschritten.

Die in § 32a Abs. 1 Satz 1 [X.] gebrauchte [X.]ormulierung "kann" legt zwar eine Ermessensentscheidung der [X.]inanzbehörde nahe (vgl. [X.]-Beschluss in [X.]E 224, 439; [X.], [X.] --DStR-- 2007, 1502), die in den Anwendungsbereich des § 102 [X.]O fällt (vgl. [X.]-Urteil vom 28. September 2011 VIII R 8/09, [X.]E 235, 298, [X.] 2012, 395; Gräber/von [X.], [X.]inanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 102 Rz 12, m.w.N.). Dabei prüft das Gericht, ob die gesetzlichen Grenzen der [X.] eingehalten wurden und ob die Behörde das ihr eingeräumte Ermessen unter Beachtung des Gesetzeszwecks fehlerfrei ausgeübt hat (vgl. [X.]-Urteil in [X.]E 235, 298, [X.] 2012, 395; Gräber/von [X.], a.a.[X.], § 102 Rz 2, m.w.N.). Das der [X.]inanzverwaltung eingeräumte Ermessen wird in den [X.]ällen des § 32a [X.] allerdings regelmäßig auf Null reduziert, wenn die Steuerfestsetzung für den Gesellschafter ohne die Änderung sachlich unrichtig wäre und daher jede andere Entscheidung als die der Änderung der unrichtigen Steuerfestsetzung als ermessenswidrig beurteilt werden müsste (vgl. [X.]-Beschluss in [X.]E 224, 439, m.w.N.).

Das [X.] hat im Streitfall zutreffend die Voraussetzungen einer Ermessensreduzierung auf Null nicht als erfüllt angesehen. Denn die Einigung zwischen dem Insolvenzverwalter und dem [X.] war wegen der Insolvenz der [X.]-GmbH allein von dem Gedanken einer ökonomischen Verfahrensbeendigung geprägt und stellt keine sachgerechte Schätzung der Besteuerungsgrundlagen der [X.]-GmbH dar. Entgegen der Auffassung des [X.] folgt auch aus der Stellungnahme des Berichterstatters am [X.] vom 29. August 2007 im damaligen Klageverfahren kein anderes Ergebnis. Zwar hat sich dieser dahingehend geäußert, dass nach "summarischer Prüfung" die Reduzierung der vGA um 1/3 als möglich erscheine. Es ist jedoch --mangels Begründung durch den [X.] nicht nachvollziehbar, wie er zu diesem Ergebnis gelangt ist, insbesondere hat er seinen Vorschlag nicht anhand von konkreten Zahlen oder durch die Benennung eines konkreten [X.]ehlers bei der Schätzung belegt. Ebenso wenig ist bei der letztlich erzielten Einigung --Reduzierung der Hinzuschätzungsbeträge bei der [X.]-GmbH um ein Drittel und Ansatz lediglich eines Drittels als vGA-- eine sachliche Grundlage in dem festgestellten Sachverhalt ersichtlich. Es ist daher revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das [X.] annimmt, dass der Insolvenzverwalter über das Vermögen der [X.]-GmbH und das [X.] mit der Einigung angesichts der geringen wirtschaftlichen Bedeutung das Klageverfahren ohne sachgerechte Schätzung der Besteuerungsgrundlagen der [X.]-GmbH ohne Weiteres zum Abschluss bringen wollten.

d) Auf die Verfahrensrüge, mit der der Kläger geltend macht, die Vorentscheidung verstoße gegen den klaren Inhalt der Akten (§ 96 [X.]O), da die angenommenen Kassenfehlbeträge widerlegt worden seien, kam es wegen der Zurückverweisung an das [X.] nicht mehr an.

4. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das [X.] beruht auf § 143 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VIII R 54/10

24.06.2014

Bundesfinanzhof 8. Senat

Urteil

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 7. Dezember 2010, Az: 15 K 458/07, Urteil

§ 20 Abs 1 Nr 1 S 2 EStG 1997, § 8 Abs 3 S 2 KStG 1999, § 32a Abs 1 KStG 1999, § 90 AO, § 146 Abs 1 AO, § 158 AO, § 162 AO, § 240 ZPO, § 174 InsO, § 175 InsO, § 178 Abs 1 S 1 InsO, § 313 InsO, § 8 Abs 3 S 2 KStG 2002, § 32a Abs 1 KStG 2002

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 24.06.2014, Az. VIII R 54/10 (REWIS RS 2014, 4670)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4670

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VIII B 141/21 (Bundesfinanzhof)

Zustellung eines finanzgerichtlichen Urteils an das elektronische Anwaltspostfach des Prozessbevollmächtigten im Jahr 2021


VIII R 30/12 (Bundesfinanzhof)

(Folgeänderungen nach § 32a KStG bei festsetzungsverjährten Einkommensteuerbescheiden - Aufhebung und Zurückverweisung - Keine Vorlage …


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20 B 15.565

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