Bundessozialgericht, Urteil vom 16.04.2013, Az. B 14 AS 71/12 R

14. Senat | REWIS RS 2013, 6654

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Hilfebedürftigkeit - Berücksichtigung von Partnereinkommen - Leistungsausschluss des Partners wegen stationärer Unterbringung in einem Pflegeheim - Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft - Bedarfsbestimmung beim eventuell Leistungsberechtigten - Regelbedarf für Alleinstehende - kein Kopfteilprinzip bei den Kosten der Unterkunft - abweichende Bedarfsbestimmung nach dem SGB 12 beim Untergebrachten


Leitsatz

Wenn ein Partner einer gemischten Bedarfsgemeinschaft im Pflegeheim lebt, ist für die Prüfung der Hilfebedürftigkeit des anderen nach dem SGB 2 abweichend von den allgemeinen Regeln der Bedarf des im Pflegeheim Wohnenden nach dem SGB 12 zu bestimmen.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 17. Februar 2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin ein Anspruch auf Leistungen nach dem [X.] ([X.]) für die [X.] vom 1.11.2007 bis zum 30.4.2008 zusteht.

2

Die 1949 geborene Klägerin lebte bis zum [X.] gemeinsam mit ihrem 1945 geborenen Ehemann in einem ursprünglich ihr allein gehörenden Wohnhaus. Im Jahre 2004 hatte die Klägerin ihrem [X.] das Haus zur Hälfte übertragen. Das Grundstück war seither mit einem lebenslänglichen dinglich gesicherten Wohnrecht zugunsten der Klägerin und ihres Ehemanns belastet. Die Eheleute zahlten auf ein Bauspardarlehen monatlich 420 [X.], wobei darin zum Darlehensrückzahlungsbeginn im September 2007 130,26 [X.] auf Zinszahlungen entfielen. Die Nebenkosten wurden mit 137,52 [X.], die Heizkosten mit 142 [X.] monatlich nachgewiesen. Die Angaben bezogen sich auf das gesamte Haus.

3

Am [X.] erlitt der Ehemann der Klägerin einen Herzinfarkt. Er befand sich seither im Wachkoma und wurde zunächst im Krankenhaus und seit dem 17.7.2007 in einem Pflegeheim betreut. Der Ehemann erhielt in dem streitgegenständlichen [X.]raum eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung sowie eine Betriebsrente in Höhe von zusammen 1466,08 [X.] monatlich. Die Pflegekasse gewährte ihm Leistungen in Höhe von 1432 [X.] monatlich.

4

Der Heimvertrag zwischen dem Pflegeheim und dem Ehemann sah ein Gesamtentgelt in Höhe von 2696,70 [X.] vor. Dieses schlüsselte sich auf in ein Einzelentgelt für Unterkunft und Verpflegung in Höhe von 470,40 [X.], ein Einzelentgelt für allgemeine Pflegeleistungen in Höhe von 1911,30 [X.] und ein Einzelentgelt für nicht geförderte Investitionskosten in Höhe von 315 [X.]. Das Pflegeheim verlangte von dem Ehemann monatlich den Differenzbetrag zwischen dem Gesamtentgelt und den von der Pflegekasse gezahlten Leistungen. Einen bei dem Beigeladenen gestellten Antrag auf Übernahme der ungedeckten Pflegekosten hat dieser mit Bescheid vom [X.] abgelehnt, der Bescheid ist bestandskräftig geworden. Am 25.4.2011 verstarb der Ehemann der Klägerin.

5

Die Klägerin, die über keine eigenen Einnahmen verfügte, beantragte am 5.11.2007 bei dem Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.]. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 23.11.2007 ab, der hiergegen erhobene Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 21.12.2007).

6

Das Sozialgericht ([X.]) hat den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 23.11.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.12.2007 verurteilt, der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] für die [X.] vom 1.11.2007 bis zum 30.4.2008 zu gewähren. Das [X.] ([X.]) hat das [X.] beigeladen und sodann die gegen das Urteil des [X.] gerichtete Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat das [X.] ausgeführt, es könne dahingestellt bleiben, ob die Klägerin und ihr Ehemann im streitgegenständlichen [X.]raum noch eine Bedarfsgemeinschaft gebildet hätten, denn selbst in diesem Falle übersteige der Bedarf die zur Verfügung stehenden Einnahmen. Gehe man von einer gemischten Bedarfsgemeinschaft aus, richte sich der maßgebliche Bedarf auch des Ehemanns nach dem [X.]. Als Einkommen des Ehemanns seien die Rentenzahlungen anzurechnen, die Leistungen der Pflegekasse blieben dagegen als zweckbestimmte Leistungen zur Mitfinanzierung der Pflege unberücksichtigt. Als Einkommen sei aber noch die bereitgestellte Vollverpflegung im Heim zu berücksichtigen. Nach Abzug der [X.] habe der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 1641,08 [X.] zur Verfügung gestanden. Unter Berücksichtigung der zu tragenden Heimkosten sei anrechenbares Einkommen des Ehemanns nicht verblieben. Welche Leistungen der Klägerin in welcher Höhe konkret zu gewähren seien, was von den genauen Wohnverhältnissen abhänge, könne dahingestellt bleiben. Das [X.] habe den Beklagten nur dem Grunde nach zur Leistung verpflichtet, deren Höhe noch nicht feststehe.

7

Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Beklagten, mit der er eine Verletzung des § 19 Abs 1 [X.] rügt. Der Bedarf eines nach § 7 Abs 4 [X.] vom Leistungsbezug ausgeschlossenen Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft zur Deckung der Pflegekosten sei beim kommunalen Sozialleistungsträger nach dem [X.] ([X.]B XII) geltend zu machen, weil Pflegekosten keinen Bedarf iS von § 19 Abs 1 [X.] darstellten. Da der Ehemann der Klägerin Mitglied der Bedarfsgemeinschaft gewesen sei, ergebe sich ein Bedarf in Höhe von insgesamt 1493,74 [X.] (2 x 312 [X.] Regelleistung, Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 399,34 [X.] und Kosten der Unterkunft des Ehemanns in Höhe von 470,40 [X.]). Das Gesamteinkommen habe 1529,68 [X.] betragen (1436,08 [X.] bereinigte [X.] und 93,60 [X.] bereitgestellte Verpflegung), sodass der Bedarf nach dem [X.] habe gedeckt werden können.

8

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des [X.]s Berlin-Brandenburg vom 17. Februar 2012 und das Urteil des [X.] vom 4. Mai 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angegriffene Urteil des [X.] für zutreffend.

Der Beigeladene hat sich nicht geäußert und keine Anträge gestellt.

Entscheidungsgründe

Die Revision des Beklagten hat im Sinne der Aufhebung der zweitinstanzlichen Entscheidung und der Zurückverweisung der Sache an das [X.] Erfolg (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz <[X.]G>). Auf der Grundlage der Feststellungen des [X.] konnte nicht entschieden werden, ob der [X.]lägerin ein Anspruch auf Leistungen nach dem [X.] zusteht.

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 23.11.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.12.2007, mit dem der Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem [X.] für den [X.]raum vom 1.11.2007 bis zum 30.4.2008 abgelehnt worden ist. Inwieweit hinsichtlich des [X.] anzubringen sind, weil die Antragstellung erst am Montag, den 5.11.2007 erfolgte, wird das [X.] dabei - auch unter dem Aspekt der Erreichbarkeit des [X.] - zu prüfen haben.

Gegen die genannten [X.] hat sich die [X.]lägerin in zulässiger Weise mit einer Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 [X.]G) gewandt, wobei sie allerdings keinen bezifferten Antrag gestellt, sondern nur eine Verurteilung dem Grunde nach beantragt hat. Das [X.] hat, wie sich aus der Begründung seiner Entscheidung ergibt, zur Zahlung eines konkreten monatlichen Betrages verurteilt und ist damit zu Unrecht über den Antrag der [X.]lägerin hinausgegangen. Dies hat das [X.] korrigiert, indem es nach Maßgabe der Entscheidungsgründe nur zu einer Leistung dem Grunde nach verurteilt hat, wozu es aufgrund des nur von dem Beklagten eingelegten Rechtsmittels befugt war.

2. Die Feststellungen des [X.] reichen nicht aus, um abschließend entscheiden zu können, ob der [X.]lägerin die geltend gemachte Leistung dem Grunde nach zusteht. Nach § 7 Abs 1 Satz 1 [X.] (idF des [X.] vom 30.7.2004 - [X.] 2014) erhalten Leistungen nach dem [X.] Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben ([X.]), die erwerbsfähig ([X.]) und hilfebedürftig ([X.]) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der [X.] haben ([X.]). Dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen im angefochtenen Urteil kann zwar entnommen werden, dass die [X.]lägerin die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 Satz 1 [X.] hinsichtlich des Lebensalters und des gewöhnlichen Aufenthalts erfüllt. Auch eine Erwerbsfähigkeit im streitgegenständlichen [X.]raum liegt nahe, wenngleich hierzu keine ausdrücklichen Feststellungen getroffen wurden. Ausreichende Feststellungen fehlen in jedem Fall zur Hilfebedürftigkeit der [X.]lägerin nach § 7 Abs 1 Satz 1 [X.] [X.].

3. Nach § 9 Abs 1 [X.] (idF des [X.] vom 30.7.2004 - [X.] 2014) ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen [X.]räften und Mitteln, vor allem nicht durch die Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus zu berücksichtigendem Einkommen und Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen erhält. Nach § 9 Abs 2 Satz 1 [X.] ist bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, ua auch das Einkommen des Partners zu berücksichtigen. Nach § 9 Abs 2 Satz 3 [X.] gilt schließlich (im Grundsatz) jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, wenn in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen [X.]räften und Mitteln gedeckt ist. Wegen dieser gesetzlichen Vorgaben, wonach Hilfebedürftigkeit ausnahmslos vom Bedarf aller Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft einerseits und des der Bedarfsgemeinschaft zufließenden Einkommens und des vorhandenen Vermögens andererseits abhängig ist, darf bei Prüfung der Hilfebedürftigkeit als Teil der Anspruchsvoraussetzungen nicht offenbleiben, welche Personen der Bedarfsgemeinschaft angehören. Eine wahlweise Feststellung, wie sie das [X.] vorgenommen hat, genügt zur Feststellung der Tatbestandsvoraussetzungen auch dann nicht, wenn es lediglich um die Verurteilung dem Grunde nach geht.

Die [X.]lägerin bildete mit ihrem Ehemann im streitigen [X.]raum eine Bedarfsgemeinschaft, wenn sie auch während der [X.], in der dieser stationär versorgt wurde, von ihm nicht dauernd getrennt lebte. Die Auslegung des Begriffs "Getrenntleben" richtet sich auch im Rahmen des [X.] nach familienrechtlichen Grundsätzen ([X.] Urteil vom [X.] - B 4 AS 49/09 R - B[X.]E 105, 291 = [X.] 4-4200 § 7 [X.]6, Rd[X.]3 ff; Urteil des Senats vom 19.10.2010 - [X.] [X.]/10 R - [X.] 4-4200 § 22 [X.]2 Rd[X.]7). Gemäß § 1567 [X.] leben Ehegatten getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Maßgebend ist also ein objektiv hervortretender [X.]. Demgegenüber können Ehegatten zwar häuslich getrennt sein und dennoch - mit den Einbußen, die sich aus dem Fehlen der häuslichen Gemeinschaft notwendig ergeben - die eheliche Lebensgemeinschaft bejahen und verwirklichen ([X.] <[X.]> Urteil vom 25.1.1989 - [X.] - FamRZ 1989, 479 = juris Rd[X.]). Auch wenn sich bei einer unfreiwilligen Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft die allein noch mögliche [X.]ontaktpflege auf Besuche beschränkt, so ist dies doch der Restbestand der Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft ([X.], aaO). Zur Aufgabe einer solchen, wenn auch nur rudimentär verwirklichten Lebensgemeinschaft und damit zum Getrenntleben kommt es nur, wenn der trennungswillige Ehegatte seine Verhaltensabsicht unmissverständlich zu erkennen gibt. Da es sich dabei nicht um eine Willenserklärung handelt, kann auch ein Geschäftsunfähiger diesen Willen äußern ([X.], aaO, juris Rd[X.] mwN; vgl zum Begriff des Getrenntlebens auch [X.], FamRZ 1981, 52).

Daran anschließend ist das B[X.] auch für den Bereich des [X.] davon ausgegangen, dass eine Bedarfsgemeinschaft bei Eheleuten (noch) bestehen kann, wenn diese wegen des pflegebedingten Aufenthalts eines Ehegatten in einem Heim räumlich voneinander getrennt leben (B[X.] Urteil vom [X.] - B 4 AS 49/09 R - B[X.]E 105, 291 = [X.] 4-4200 § 7 [X.]6, Rd[X.]4 mwN; mit anderen Akzenten, aber im Wesentlichen mit gleichem Ergebnis zum [X.]B XII Coseriu, juris P[X.], [X.]B XII, 1. Aufl 2011, § 19, Rd[X.]4 f). Das [X.] wird hierzu weitere Feststellungen zu treffen und dabei zu berücksichtigen haben, dass nach den dargelegten Grundsätzen der [X.] "unmissverständlich" zum Ausdruck gekommen sein muss und dass insofern die bloße Erklärung des Getrenntlebens für sich genommen ohne weitere objektive Anhaltspunkte nicht genügt.

Die Tatsache, dass der Ehemann wegen seiner Unterbringung in einer stationären Einrichtung einerseits und als Bezieher einer Rente wegen Alters andererseits aufgrund der Regelung des § 7 Abs 4 Satz 1 [X.] selbst keine Leistungen nach dem [X.] erhalten konnte, steht seiner Einbeziehung in die Bedarfsgemeinschaft nicht entgegen (vgl nur B[X.] Urteile vom 7.11.2006 - B 7b [X.] - B[X.]E 97, 217 = [X.] 4-4200 § 22 [X.], Rd[X.]1 und 15; vom 15.4.2008 - [X.]/7b [X.]/06 R - [X.] 4-4200 § 9 [X.] Rd[X.]1).

4. Hat zwischen der [X.]lägerin und ihrem Ehemann im streitgegenständlichen [X.]raum eine Bedarfsgemeinschaft bestanden, so richtet sich die Prüfung der Hilfebedürftigkeit der [X.]lägerin nach den Grundsätzen, die das B[X.] für derartige "gemischte Bedarfsgemeinschaften" entwickelt hat (vgl grundlegend B[X.] Urteil vom 15.4.2008 - [X.]/7b [X.]/06 R - [X.] 4-4200 § 9 [X.] Rd[X.]9 ff). Danach ist in einem ersten Schritt der Bedarf der [X.]lägerin zu bestimmen und in einem zweiten Schritt zu prüfen, in welchem Umfang dem Bedarf der [X.]lägerin eigenes Einkommen oder Einkommen ihres Ehemanns gegenübersteht (dazu unter 5.). In einem letzten Schritt ist zu erörtern, ob der Hilfebedürftigkeit der [X.]lägerin verwertbares Vermögen entgegensteht (dazu unter 6.).

Der Bedarf der [X.]lägerin setzt sich zusammen aus dem Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts (§ 20 [X.], dazu unter a) und den Bedarfen für Unterkunft und Heizung (§ 22 [X.], dazu unter b).

a) Auch wenn die Feststellungen des [X.] ergeben, dass mangels [X.]ns ein "dauerndes Getrenntleben" nicht vorgelegen hat, ist gleichwohl der für die [X.]lägerin maßgebliche Regelbedarf in Höhe der Regelleistung für Alleinstehende oder alleinerziehende anzusetzen, der im Streitzeitraum nach § 20 Abs 2 [X.] (idF des [X.] am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 - [X.]) iVm § 20 Abs 4 Satz 3 [X.] in Verbindung mit der Bekanntmachung über die Höhe der Regelleistung nach § 20 Abs 2 des [X.] vom 18.6.2007 ([X.] 1139) damals 347 Euro betrug. Nach den Grundsätzen, die der Senat im Urteil vom 6.10.2011 ([X.] [X.]71/10 R - B[X.]E 109, 176 = [X.] 4-4200 § 20 [X.]6) aufgestellt hat, ist eine Regelleistung von [X.] nur dann gerechtfertigt, wenn beide Partner in einer [X.] umfassend "aus einem Topf" wirtschaften mit der Folge, dass zwei zusammenlebende Partner einen finanziellen Mindestbedarf haben, der unter dem doppelten des Bedarfs eines Alleinwirtschaftenden liegt (vgl auch [X.] in [X.]/[X.], [X.], [X.] § 20 RdNr 67, Stand: 4/2010 mwN). Wenn dagegen nicht mehr "aus einem Topf" gewirtschaftet werden kann, besteht zwar weiterhin eine Bedarfsgemeinschaft, die genannten Einsparmöglichkeiten durch das gemeinsame Wirtschaften entfallen jedoch. Es ergibt sich deshalb ein Anspruch der [X.]lägerin auf Berücksichtigung der vollen Regelleistung aus der analogen Anwendung des § 20 Abs 2 [X.], denn ihre Bedarfslage entspricht der einer Alleinstehenden. Dies entspricht auch verfassungsrechtlichen Vorgaben, weil im Referenzsystem des [X.]B XII in der hier maßgeblichen Fassung der Regelsatzverordnung (RSV) in § 3 Abs 3 RSV eine Regelleistung in Höhe von jeweils [X.] ausdrücklich nur für zusammenlebende Ehegatten oder Lebenspartner vorgesehen war und eine vom [X.] abweichende noch niedrigere Regelleistung nur für Haushaltsangehörige normiert war (vgl dazu im Einzelnen B[X.] Urteil vom 6.10.2011 - [X.] [X.]71/10 R - B[X.]E 109, 176 = [X.] 4-4200 § 20, Rd[X.]4, 25), sodass eine Regelleistung von [X.] in Fällen wie dem vorliegenden unter Gleichheitsgesichtspunkten (Art 3 Abs 1 Grundgesetz) nicht vertretbar wäre. Dementsprechend hat der Gesetzgeber mit Wirkung vom 1.1.2011 die Regelung des § 8 [X.] in seinem Abs 1 [X.] dahingehend gefasst, dass sich der Regelbedarf von jeweils [X.] - wie in § 3 Abs 3 RSV - ausdrücklich auf zwei erwachsene Leistungsberechtigte, die als Ehegatten … einen gemeinsamen Haushalt führen, bezieht.

b) Hinzu kommen für die Bedarfsberechnung die Leistungen für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 [X.]. Danach werden die Leistungen grundsätzlich in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind. Die tatsächlich aufgewandten [X.]osten für Unterkunft und Heizung sind für die [X.]lägerin berücksichtigungsfähig jedoch nur in dem Umfang, in dem sie auf ihre Nutzung des Wohnhauses entfallen. Wenn neben der [X.]lägerin auch ihr [X.] das Haus bewohnt hat, sind die [X.]osten für die Nutzung des Wohnhauses (regelmäßig) unabhängig von Alter, Nutzungsintensität oder Zugehörigkeit zur Bedarfsgemeinschaft pro [X.]opf aufzuteilen (vgl B[X.] Urteile vom 27.2.2008 - [X.]/11b [X.]/06 R - [X.] 4-4200 § 22 [X.]; vom 31.10.2007 - [X.]/11b [X.]; vom 23.11.2006 - B 11b [X.]/06 R- B[X.]E 97, 265 = [X.] 4-4200 § 20 [X.], Rd[X.]8 unter Hinweis auf BVerwGE 79, 17 zur Sozialhilfe). Die tatsächlichen Verhältnisse werden im wiedereröffneten Berufungsverfahren weiter aufzuklären sein. Dagegen ist für die Anwendung des [X.]opfteilprinzips auch in Bezug auf den im Pflegeheim lebenden Ehemann der [X.]lägerin kein Raum. Die Aufteilung der [X.]osten der Unterkunft und Heizung nach dem [X.]opfteilprinzip setzt nach der Rechtsprechung des B[X.] voraus, dass die Wohnung gemeinsam mit anderen Personen genutzt wird, also den aktuellen Unterkunftsbedarf weiterer Personen abdeckt. Daran fehlt es, wenn ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft die Wohnung über einen [X.]raum nicht nutzt, der auch zu einem Ausschluss von Leistungen nach § 7 Abs 4, 4a [X.] führt (vgl dazu B[X.] Urteil vom 19.10.2010 - [X.] [X.]/10 R - [X.] 4-4200 § 22 [X.]2). Inwieweit es bei einer solchen [X.]onstellation dem verbliebenen Partner zugemutet werden kann, die Gesamtkosten der Unterkunft zu mindern und die Wohnverhältnisse einer dauerhaften alleinigen Nutzung der Wohnung anzupassen, braucht hier nicht entschieden zu werden, denn es fehlt bereits an einer [X.]ostensenkungsaufforderung seitens des Beklagten. Es kann somit auch weiter offenbleiben, ab welchem [X.]punkt bei mehr als sechsmonatiger Abwesenheit Maßnahmen zur [X.]ostensenkung verlangt werden können.

5. Da die [X.]lägerin selbst nicht über Einkommen verfügte, bleibt bei Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft zu klären, ob und ggf in welchem Umfang Einkommen ihres Ehemanns zu berücksichtigen ist. Da nur eine sog "gemischte Bedarfsgemeinschaft" in Betracht kommt, ist in Modifikation der Grundregel des § 9 Abs 2 Satz 3 [X.] nur das den Bedarf des nicht leistungsberechtigten Mitglieds übersteigende Einkommen auf die hilfebedürftigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft entsprechend dem Anteil ihres individuellen Bedarfs am Gesamtbedarf zu verteilen (Urteil vom 15.4.2008 - [X.]/7b [X.]/06 R - [X.] 4-4200 § 9 [X.] Rd[X.]9).

Wenn der Ehemann im streitigen [X.]raum dauerhaft in einer stationären Einrichtung iS des § 13 [X.]B XII untergebracht war, wofür nach den bisherigen Feststellungen des [X.] vieles spricht, ist sein Bedarf - abweichend vom Regelfall einer gemischten Bedarfsgemeinschaft (vgl B[X.], aaO, Rd[X.]0) - nicht nach dem [X.] zu bestimmen, sondern nach dem [X.]B XII. Zwar ist in gemischten Bedarfsgemeinschaften grundsätzlich auch der Bedarf des anderen - von Leistungen nach dem [X.] ausgeschlossenen - Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft nach dem [X.] zu ermitteln (B[X.] Urteil vom 15.4.2008 - [X.]/7b [X.]/06 R - [X.] 4-4200 § 9 [X.] Rd[X.]0 unter Hinweis auf B[X.]E 97, 242 = [X.] 4-4200 § 20 [X.], Rd[X.]4; B[X.] Urteil vom [X.] [X.]/06 R - [X.] 4-4200 § 7 [X.]). Der Senat hat in der genannten Entscheidung aber bereits angedeutet, dass in besonderen Fällen eine Abweichung von diesem Grundsatz geboten sein kann. Eine abweichende Bedarfsbestimmung ist insbesondere dann erforderlich, wenn Besonderheiten vorliegen, die mit einer fiktiven Bedarfsberechnung nach dem [X.] nicht abgebildet werden können. Dies ist der Fall, wenn der von Leistungen nach dem [X.] Ausgeschlossene in einer stationären Einrichtung versorgt wird und sein notwendiger Lebensunterhalt daher nach den besonderen Vorschriften des § 35 [X.]B XII (ab dem 1.1.2011: § 27b [X.]B XII) ermittelt wird, die wiederum in engem Zusammenhang mit den §§ 75 ff [X.]B XII stehen. Für diese besondere Bedarfssituation enthält das [X.] keine Grundlage, weil die Grundsicherung für Arbeitsuchende eine Hilfe in Einrichtungen nicht kennt (vgl [X.], juris P[X.], [X.]B XII, Stand [X.], § 27b, Rd[X.]) und den Fall eines solchen nur im [X.]B XII berücksichtigten Bedarfs als Teil des [X.] bei [X.] Bedarfsgemeinschaft nicht regelt. Die unzulängliche Abstimmung der [X.] des [X.] und des [X.]B XII machen an dieser Schnittstelle deshalb eine nach dem [X.]B XII vergleichende Berechnung des Bedarfs und des Einkommens erforderlich (ähnlich bereits B[X.] Urteil vom [X.] [X.] 20/09 R - B[X.]E 108, 241 = [X.] 4-3500 § 82 [X.], Rd[X.]0 unter Hinweis auf B[X.] Urteil vom 15.4.2008 - [X.]/7b [X.]/06 R - [X.] 4-4200 § 9 [X.] Rd[X.]9). Das [X.] wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren also im Falle der Betreuung in einer stationären Einrichtung den Bedarf des Ehemanns nach den Maßstäben des § 35 [X.]B XII zu ermitteln haben, nach dessen Abs 1 Satz 1 der notwendige Lebensunterhalt in Einrichtungen den darin erbrachten sowie in stationären Einrichtungen zusätzlich den weiteren notwendigen Lebensunterhalt umfasst.

Auch die Frage, inwieweit der Ehemann sein Einkommen aus Rentenzahlungen sowie den Leistungen der Pflegekasse nach den Regelungen des [X.]B XI für die genannten Bedarfe nach § 35 [X.]B XII einzusetzen hat, ist nach den allgemeinen Regelungen zur Einkommensberücksichtigung gemäß §§ 82 ff, 92, 92a [X.]B XII zu entscheiden. Danach erfolgt ein Einsatz seines Einkommens für die stationären Leistungen der Einrichtung nur bis zur Höhe des (fiktiven) Anteils der Hilfe zum Lebensunterhalt an dem notwendigen Lebensunterhalt in Einrichtungen (vgl [X.], juris P[X.], [X.]B XII, Stand [X.], § 27b, Rd[X.]4). Soweit im Übrigen eine fiktive Zuordnung zu den Leistungen nach dem Fünften bis [X.] [X.]apitel des [X.]B XII erfolgt, sind die besonderen Regelungen der §§ 85 ff [X.]B XII maßgebend. Hierbei ist zu beachten, dass bei der [X.]lägerin Einkommen ihres Ehemanns nur insoweit berücksichtigt werden darf, als es nach sozialhilferechtlichen Maßstäben einzusetzen ist (vgl B[X.] Urteil vom [X.] [X.] 20/09 R - B[X.]E 108, 241 = [X.] 4-3500 § 82 [X.], Rd[X.]4).

6. Bei der Prüfung, ob die [X.]lägerin einen Anspruch auf Leistungen nach dem [X.] hat, ist neben der Berücksichtigung eigenen Einkommens und ggf (überschießenden) Einkommens ihres Ehemanns zu ermitteln, ob der Hilfebedürftigkeit der [X.]lägerin verwertbares Vermögen entgegengestanden hat. Als einzusetzendes Vermögen gemäß § 12 Abs 1 [X.] könnte vorbehaltlich einer Privilegierung gemäß § 12 Abs 3 Satz 1 [X.] [X.] das der [X.]lägerin gehörende hälftige Hausgrundstück zählen. Ob ausgehend von der Gesamtwohnfläche des Hauses und der Gesamtgrundstücksfläche sowie nach der Bewohnerzahl eine Berücksichtigung als Vermögen in Betracht kommt, kann aufgrund fehlender tatsächlicher Feststellungen nicht entschieden werden. Auch zur Verwertbarkeit des Miteigentumsanteils sind keine Feststellungen getroffen worden. [X.] wäre auch zu klären, ob eine mögliche Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich wäre oder eine besondere Härte darstellen würde (§ 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 [X.]). Ferner ist auch ein möglicher Schenkungsrückforderungsanspruch als Vermögenswert in Betracht zu ziehen (zur Berücksichtigung eines Schenkungsrückforderungsanspruchs im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung nach dem [X.]B XII B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] [X.] 21/08 R - juris Rd[X.]3 ff).

Das [X.] wird über die [X.]osten des Verfahrens einschließlich des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Meta

B 14 AS 71/12 R

16.04.2013

Bundessozialgericht 14. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Berlin, 4. Mai 2010, Az: S 115 AS 30405/08, Urteil

§ 7 Abs 1 S 1 SGB 2, § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a SGB 2, § 7 Abs 4 S 1 SGB 2, § 9 Abs 1 SGB 2, § 9 Abs 2 S 1 SGB 2, § 9 Abs 2 S 3 SGB 2, § 20 Abs 2 S 1 SGB 2, § 22 Abs 1 S 1 SGB 2, § 35 Abs 1 S 1 SGB 12 vom 27.12.2003, § 82 SGB 12, §§ 82ff SGB 12, § 3 Abs 3 RSV, § 1567 Abs 1 S 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 16.04.2013, Az. B 14 AS 71/12 R (REWIS RS 2013, 6654)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6654

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