Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.04.2005, Az. IV ZR 86/04

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 4098

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL [X.]/04

Verkündet am:

13. April 2005

Heinekamp

Justizhauptsekretär

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja

[X.]Z: nein

[X.]R: nein _____________________

[X.] § 2a Abs. 1

Wird dem Versicherer im Zusammenhang mit der Anforderung einer grünen Versicherungskarte mitgeteilt, daß sich der Versicherungsnehmer mit dem versicherten Fahrzeug in die [X.] begeben wird, muß er diesem - auch für die Fahrzeugversicherung - Klarheit über die Besonderheiten des [X.] verschaffen, der sich für die [X.] in einen (versicherten) [X.] und einen (nicht versicherten) asiatischen Teil spaltet.

[X.], Urteil vom 13. April 2005 - [X.]/04 - OLG München

LG München I

- 2 -

[X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], die Richterin Dr. Kessal-Wulf und [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 13. April 2005

für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 25. Zi-vilsenats des [X.] vom 9. März 2004 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen eines Fahrzeugbrandes auf Versicherungsleistungen in Anspruch.

Er hatte bei dieser eine Haftpflicht- und eine Fahrzeugversicherung für sein Wohnmobil genommen. Dem Versicherungsverhältnis lagen [X.] Versicherungsbedingungen ([X.]) zugrunde, die in ihrem hier maßgeblichen Teil den Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversi-cherung ([X.] 1996) entsprechen. - 3 -

[X.] beabsichtigte der Kläger eine Urlaubsreise in die [X.]. Vor Fahrtantritt setzte sich seine Ehefrau mit dem Versiche-rungsagenten der Beklagten, dem Zeugen S. , telefonisch in [X.]; Einzelheiten des Gesprächs sind zwischen den Parteien strei-tig. Der Kläger erhielt nachfolgend eine grüne Versicherungskarte über-sandt, bei der das Länderkürzel "[X.]" gestrichen war. Am 3. Juli 2002 brannte sein in [X.] bei [X.] abgestelltes Fahrzeug vollständig aus. Den dabei entstandenen Schaden machte der Kläger bei der Beklagten geltend. Diese verneinte ihre Eintrittspflicht, weil gemäß § 2a Abs. 1 [X.] für den asiatischen Teil der [X.] kein Versicherungsschutz bestehe.

Das [X.] hat der Zahlungsklage von 36.419,32 • nebst Zin-sen in Höhe von 5.025 • stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] - unter Zurückweisung des Rechtsmittels des [X.], der vor dem Berufungsgericht noch einen Zahlungsanspruch von insgesamt 33.500 • verfolgt hat - die Klage in vollem Umfang abge-wiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Revision.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

[X.] Dieses hat ausgeführt: Der Schaden habe sich im asiatischen Teil der [X.] und daher außerhalb des versicherten geographischen - 4 -

Bereichs ereignet. Eine "konkludente" Ausweitung des [X.] auf [X.] sei dem Vorbringen des [X.] nicht zu entnehmen. Allerdings könnten den Versicherer Hinweispflichten treffen, wenn der Versicherungsnehmer ihm eine geplante Auslandsreise bekanntgebe. Das gelte aber nicht grundsätzlich schon dann, wenn im Zusammenhang mit der Anforderung einer grünen Versicherungskarte das Wort "[X.]" falle. Es müsse den Verantwortlichen vielmehr bekannt sein oder sich ih-nen zumindest aufdrängen, daß eine Reise in ein nicht versichertes [X.] anstehe. In Fällen wie dem vorliegenden müsse der Versicherungs-nehmer zu erkennen geben oder es sonst nahe liegen, daß er in den au-ßer[X.] Teil der [X.] fahren wolle. Allein der Umstand, daß bei Anforderung der grünen Versicherungskarte die [X.] erwähnt [X.], begründe keine Aufklärungspflichten über die geographische Unter-teilung des [X.] und die daraus resultierenden versicherungsrechtli-chen Besonderheiten.

I[X.] Das ist nicht frei von [X.].

1. Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht aller-dings einen Anspruch auf Versicherungsleistungen verneint. Sie hat ge-mäß § 2a Abs. 1 [X.] ihr Leistungsversprechen nur auf [X.] und die außer[X.] Gebiete bezogen, die zum Geltungsbereich des [X.] über die [X.] gehören. Der [X.], aus dem der Kläger die Beklagte in Anspruch nimmt, hat sich jedoch in dem Teil der [X.] ereignet, der zu [X.] gehört. Damit besteht für den geltend gemachten Kaskoschaden kein Versicherungs-schutz. - 5 -

Entgegen der Auffassung der Revision halten die [X.] in ihrem hier entscheidenden Teil einer Inhaltskontrolle am Maßstab des [X.] (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) stand. Zwar ist der Versicherer gehalten, in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen die [X.] klar und durchschaubar darzustellen (vgl. [X.]Z 147, 354, 361 f.; 141, 137, 143). Diesem Gebot hat die [X.] indes genügt. Ihre Versicherungsbedingungen sind unter § 2a Abs. 1 verständlich und mit der erforderlichen Eindeutigkeit gefaßt, wenn sie darin die örtliche Geltung des Versicherungsvertrages auf den Be-reich [X.]s und auf bestimmte außereuropäische Gebiete beschränkt. Die Beklagte hat in der Klausel für die Haftpflichtversicherung den [X.] Geltungsbereich übernommen, wie er durch den Verordnungsgeber in § 1 der Kraftfahrzeug-Pflichtversicherungsverordnung festgelegt ist. Die in § 2a Abs. 1 [X.] weiter enthaltene Bestimmung, die Versicherung gelte auch für die Fahrzeugversicherung nur für [X.] und bestimmte außereuropäische Gebiete, läßt beim durchschnittlichen Versicherungs-nehmer, auf dessen Verständnismöglichkeit es ankommt (vgl. [X.]Z 123, 83, 85 und ständig), keine ernsthaften Zweifel daran aufkommen, daß Versicherungsschutz nicht für Schäden gewährt wird, die in einem Gebiet eintreten, das nicht zu [X.] gehört, wobei in diesem Zusammenhang auf eine geographische Sichtweise abzustellen ist ([X.]Z 40, 22, 24; [X.]Z 108, 200, 204). Es ist dabei nicht Sache des Versicherers, den Versicherungsnehmer in den Versicherungsbedingungen oder auf son-stige Weise über die genauen geographischen Grenzen [X.]s in Kenntnis zu setzen. Er darf dieses Wissen beim Versicherungsnehmer voraussetzen oder zumindest erwarten, daß dieser es sich aus eigener Veranlassung verschafft. - 6 -

2. Das Berufungsgericht geht weiter zu Recht davon aus, daß [X.] individuelle Erweiterung des Versicherungsschutzes in seinem [X.] Geltungsbereich gemäß § 2a Abs. 2 Satz 1 [X.] erfolgt ist. [X.] solche Vereinbarung im Zuge des zwischen der Ehefrau des [X.] und dem Zeugen Sch. geführten [X.] getroffen [X.] ist, hat der Kläger nicht behauptet. Auch die Aushändigung der - nur auf die Haftpflichtversicherung bezogenen - grünen Versicherungskarte hat keine Erstreckung des Versicherungsschutzes auf den asiatischen Teil der [X.] bewirkt. Dem Kläger ist die Versicherungskarte mit Strei-chung des Länderkürzels für die [X.] übersandt worden. Das mußte der Kläger als Versicherungsnehmer bei gehöriger Sorgfalt so verstehen, daß die Beklagte von der in § 2a Abs. 1 [X.] vorgesehenen Möglichkeit der Erweiterung des Geltungsbereiches des [X.] keinen Gebrauch machen und den Versicherungsschutz nicht auf den asiatischen Teil der [X.] ausdehnen wollte (vgl. [X.]Z 120, 87, 91 ff.). Das gilt erst recht für die Fahrzeugversicherung; auch hier war für den Kläger mit der gebotenen Deutlichkeit erkennbar, daß es die [X.] bei dem örtlichen Geltungsbereich des § 2a Abs. 1 [X.] belassen [X.]. Einer Beweisaufnahme zu der Frage, ob der Zeuge S. über grüne Versicherungskarten verfügte, bei denen das Länderkürzel für die [X.] nicht gestrichen war, bedurfte es entgegen der Ansicht der Revi-sion in diesem Zusammenhang nicht. Dadurch allein hätte der Kläger den ihm obliegenden Nachweis für eine Erweiterung des [X.] nicht führen können. Es genügt nicht, daß der Zeuge S. die Möglichkeit gehabt hätte, dem Kläger eine grüne Karte ohne Strei-chung des Länderkürzels "[X.]" zu übersenden. Damit wäre noch nicht bewiesen, daß die dem Kläger tatsächlich übersandte [X.] 7 -

te keine Streichung des Länderkürzels enthielt; nur darauf kommt es aber an.

Für die von der Revision angesprochene ergänzende Auslegung des Versicherungsvertrages ist angesichts der eindeutig abgefaßten Versicherungsbedingungen, die eine vertragliche Regelungslücke nicht erkennen lassen, kein Raum. Die Beklagte verhält sich schließlich auch nicht treuwidrig, wenn sie sich auf den beschränkten örtlichen [X.] beruft. Daß sie im Falle einer Erwei-terung des Versicherungsschutzes dem Kläger keine zusätzliche [X.] berechnet hätte, ist unerheblich. Daraus läßt sich nicht ableiten, daß sie dem Kläger gegenüber zu einer Einbeziehung auch des asiatischen Teils der [X.] in den Versicherungsvertrag verpflichtet ge-wesen wäre.

3. Nicht zu folgen ist dem Berufungsgericht jedoch darin, daß schon aus Rechtsgründen ein Schadensersatzanspruch des [X.] aus positiver Vertragsverletzung wegen der Verletzung von [X.] zu verneinen ist.

Es besteht in Literatur und Rechtsprechung Einigkeit, daß den Versicherer Hinweispflichten treffen, wenn für ihn erkennbar wird, daß der Versicherungsnehmer einer Belehrung bedarf, weil er über einen für ihn wesentlichen Vertragspunkt - wie etwa über die Reichweite des be-stehenden Versicherungsschutzes - irrige Vorstellungen hat ([X.]Z 108, 200, 205 f.; [X.] ZfS 1998, 261; OLG Stuttgart ZfS 1992, 412; [X.] NZV 1991, 314; OLG Köln [X.] 1989, 3; [X.] VersR 1988, 486; [X.], 943; Stiefel/[X.], 17. Aufl. - 8 -

§ 2a [X.] Rdn. 4; [X.] in [X.]/[X.], 27. Aufl. § 2a [X.] Rdn. 4). Eine solche Aufklärung kann ferner dann angezeigt sein, wenn dem Versicherer bekannt wird oder sich ihm zumindest hätte aufdrängen müssen, daß der Versicherungsnehmer sich mit dem versicherten Fahr-zeug außerhalb des örtlichen Geltungsbereiches des [X.] begeben will ([X.]/[X.]/Lemor, [X.]. § 2a [X.] Rdn. 3a).

Davon geht auch das Berufungsgericht grundsätzlich aus. Es [X.] indes im weiteren die [X.] des Versicherers in un-zulässiger Weise, wenn es die Benennung der [X.] als künftiges Rei-seziel nicht genügen läßt und zusätzlich verlangt, der Versicherungs-nehmer müsse zum Ausdruck bringen, er wolle sich mit dem Fahrzeug gerade auch in den asiatischen Teil der [X.] begeben. Vielmehr bringt schon die Erwähnung der [X.] für sich allein das Interesse des Versi-cherungsnehmers hinreichend zum Ausdruck, das Fahrzeug im [X.] der [X.] mit Versicherungsschutz führen zu können. Ange-sichts des Umstandes, daß die [X.] mit ihrem weit überwiegenden Teil geographisch dem [X.] zuzuordnen ist, liegt es nahe, daß sich der Versicherungsnehmer bei seiner angekündigten Reise nicht auf den [X.] Raum beschränken könnte. Dem sich daraus er-gebenden Aufklärungsbedürfnis darf sich der Versicherer redlicherweise nicht verschließen. Es ist seine Aufgabe, dem Versicherungsnehmer Klarheit über die Besonderheiten des Versicherungsschutzes zu [X.], der sich für die [X.] in einen (versicherten) [X.] und in einen (nicht versicherten) asiatischen Teil spaltet. Er hat dem Versicherungsnehmer die drohende Lücke im Versicherungsschutz vor Augen zu führen und zu erläutern, daß das Fahrzeug ohne eine [X.] 9 -

rung des örtlichen Geltungsbereiches des Versicherungsvertrages weder in der Haftpflichtversicherung noch in der Fahrzeugversicherung [X.] hat, sollte es im asiatischen Raum bewegt werden. Daß sich auch die Beklagte dieses Problems bewußt gewesen ist, zeigt die Aussage des Zeugen S. . Dieser hat bekundet, er stelle einem Versicherungsnehmer keine grüne Versicherungskarte aus, sondern verweise ihn an das [X.] der Beklagten, sollte ihm die [X.] als beabsichtigtes Reiseziel offengelegt werden, ohne dies mit der Einschränkung zu versehen, der Versicherungsnehmer müsse dabei zwi-schen dem [X.] und dem asiatischen Teil unterscheiden.

4. Durch seinen unzutreffenden rechtlichen Ansatz hat sich das Berufungsgericht den Blick auf die Frage verstellt, ob die Ehefrau des [X.] dem Zeugen S. - über allgemeine Urlaubsschilderungen hinausgehend - die [X.] als konkretes Reiseziel benannt hat. Sollte dies zu bejahen sein, wäre der Zeuge S. gehalten gewesen, für entsprechende Hinweise an den Kläger Sorge zu tragen. Es kommt somit auf das Ergebnis der landgerichtlichen Beweisaufnahme an, mit dem sich das Berufungsgericht bislang nicht auseinandergesetzt hat. Das - 10 -

wird nachzuholen sein. Das Berufungsgericht wird sich gegebenenfalls auch mit der Frage eines Mitverschuldens des [X.] zu befassen ha-ben, dem bei aufmerksamer Durchsicht der grünen Versicherungskarte hätte auffallen müssen, daß darin das Länderkürzel "[X.]" gestrichen war.

[X.] [X.] [X.]

Dr. Kessal-Wulf

[X.]

Meta

IV ZR 86/04

13.04.2005

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.04.2005, Az. IV ZR 86/04 (REWIS RS 2005, 4098)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 4098

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