Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.09.2016, Az. 2 StR 27/16

2. Strafsenat | REWIS RS 2016, 5076

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:220916U2STR27.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM [X.] [X.]S VOLKES

URTEIL
2 StR 27/16
vom
22. September 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.

wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.

Nachschlagewerk: ja
[X.]St:

ja -

[S.6/7 -
Fall 87 der Anklageschrift] u. [S. 13-15]
[X.]R: ja " " "
Veröffentlichung: ja

[X.] §
132

1.
Eine Sitzgruppe eines anfragenden Senats ist nicht gehindert, während der Dauer des von einer anderen Sitzgruppe desselben Senats beschlossenen [X.] auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung zu entscheiden.

2.
Eine Bindungswirkung entsteht erst durch den Antwortbeschluss des angefragten Senats, wenn dieser seine Zustimmung zu einer Änderung der bisherigen Recht-sprechung erteilt.

[X.], Urteil vom 22. September 2016 -
2 StR 27/16 -
LG [X.]

-
2
-
Der 2.
Strafsenat des [X.] hat aufgrund der Verhandlung vom 31.
August 2016 in der Sitzung am 22. September 2016, an denen
teilgenom-men haben:
[X.] am [X.]
Prof. Dr. Fischer,

[X.] am [X.]
Dr. [X.],
[X.],
[X.],
[X.]in am [X.]
Dr. [X.],

Oberstaatsanwalt beim [X.]

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt

als Verteidiger
für den Angeklagten [X.]

-
in der Verhandlung -,
Rechtsanwalt

als Verteidiger für den Angeklagten [X.]

-
in der Verhandlung -,

Rechtsanwalt

als Verteidiger
für den Angeklagten T.

-
in der Verhandlung -,

Rechtsanwalt

als Verteidiger
für den Angeklagten G.

-
in der Verhandlung -,

Justizhauptsekretärin

-
in der Verhandlung -,
Justizangestellte

-
bei der Verkündung -

als Urkundsbeamtinnen
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
-
3
-

1.
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des [X.]s [X.] vom 19.
Juni 2015 werden mit der [X.] verworfen, dass die von dem
Angeklagten G.

in dieser Sache in [X.] erlittene Auslieferungshaft im Verhältnis 1:1 anzurechnen ist.
Die Kosten der
Rechtsmittel
und die den Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
2.
Die Revision des Angeklagten [X.]

gegen das vorbezeichne-te Urteil wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten

[X.]

wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 48 Fällen, davon in 36 Fällen in Tateinheit mit Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen Anstiftung zur räuberischen Erpressung unter Freispruch im Übrigen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und neun [X.]
-
4
-
ten verurteilt sowie einen Geldbetrag in Höhe von 100.000
Euro für verfallen erklärt. Den Angeklagten T.

hat es unter Freisprechung im Übrigen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen unter Einbeziehung von früheren Einzelstrafen zu einer Gesamtfreiheits-strafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten G.

hat es wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmittel in nicht geringer Menge in 19 Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren [X.] und ihn im Übrigen freigesprochen.
Die auf eine Formalrüge und die Sachrüge gestützten
Revisionen
der Staatsanwaltschaft sowie die auf Verletzung materiellen Rechts gestützte Revi-sion des Angeklagten [X.]

bleiben ohne Erfolg.

I.
1. Nach den Feststellungen des [X.]s erwarben der Angeklagte

[X.]

in acht und der Angeklagte T.

in sieben Fällen im Zeitraum [X.] 2007 bis Ende 2008 in [X.]
Marihuana in einer Menge von jeweils 500
Gramm bis 4
kg, das sie von ihrem Kurier, dem Zeugen S.

, nach [X.] einführen ließen, wo sie es gewinnbringend [X.] (Fälle 1-8 der Anklageschrift).
Im Zeitraum Juli 2009 bis April 2010 veräußerte [X.]

in fünf Fällen un-ter Mithilfe
des Kuriers S.

jeweils zwischen 4 und 10
kg Amphetamin an den Zeugen Ma.

bzw. an von diesem vermittelte Abnehmer im [X.] (Fälle 16, 17, 19-21 der Anklageschrift).
2
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-
5
-
Im Frühjahr 2010 ging der Angeklagte [X.]

eine Geschäftsbeziehung mit dem Zeugen [X.].

ein, der mit dem

-Auslieferungsfahrer H.

über einen Rauschgiftkurier verfügte, der Betäubungsmittel
unauffäl-lig unter "Legalpaketen" aus [X.] einführen konnte. Ein direkter Kontakt zwischen [X.]

und H.

kam
dabei nicht
zustande.
[X.]

übermittelte seine
Anweisungen betreffend
die Einfuhr und Verteilung des von ihm erworbenen Rauschgifts an [X.].

, der sie an H.

weiterlei-tete. [X.]

und [X.].

verfügten jeweils über einen eigenen Abnehmer-kreis und handelten auf eigene Rechnung. Sie kooperierten insoweit, dass [X.].

H.

als Kurier zur Verfügung stellte und [X.]

im Gegen-zug seine Bezugsquelle in [X.] für [X.].

zugänglich [X.]. Auf diese Weise lieferte [X.]

bis Ende 2010 in sechs
Fällen Marihuana und Amphetamin in einer Größenordnung bis jeweils 4-5 kg (Fälle 22-25, 32 und 33 der Anklageschrift)
an seine inländischen Abnehmer.
Im Zeitraum Februar bis April 2011 lieferte [X.]

in zwei Fällen durch den Zeugen S.

jeweils 5
kg Marihuana an seine [X.] Abneh-mer (Fälle 34 und 35 der Anklageschrift).
Zwischen
Juni 2011 und
Januar 2012 übernahm der Zeuge H.

auf Weisung des Angeklagten [X.]

in [X.] 27
kg Amphetamin, das
er zunächst in seiner Wohnung zwischenlagerte und auf Weisung des [X.]

in der Folgezeit in sechs Teilmengen zu je 5
kg und einer
letzten
Teilmenge von 2
kg am 7.
März 2012 an den Zeugen W.

auslieferte (Fall 43 der [X.], [X.] von sechs Jahren).
Im Zeitraum April 2011 bis
Februar 2012 übergab der Mitangeklagte G.

in [X.] im Auftrag unbekannt gebliebener Drogenhändler in zwei Fällen jeweils mindestens 5
kg Marihuana an den als Kurier für den An-6
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6
-
geklagten [X.]

tätigen Zeugen H.

, der das Rauschgift dann in das [X.] einschleuste. Der Kurierlohn G.

'
betrug 25
Euro je transpor-tiertes
Kilo (Fälle 48
und 49 der Anklageschrift).
In demselben
Zeitraum und bis [X.] 2012 bezog der Angeklagte [X.]

in 19
weiteren Fällen jeweils bis zu 5
kg Marihuana und 10
kg Ampheta-min bei seinen
holländischen Lieferanten (Fälle 50-53, 64-78 der [X.]) unter Mitwirkung der Kuriere H.

und S.

sowie des [X.] G.

(Fälle 64-77 der Anklageschrift) und verkaufte das Rauschgift im [X.].
In drei Fällen (März bis Juli 2012)
hatte der Angeklagte G.

jeweils mindestens 2,5
kg Marihuana zur Abholung an
den Kurier H.

über-geben, wobei nicht aufgeklärt werden konnte, ob Auftraggeber insoweit der An-geklagte [X.]

oder der Zeuge [X.].

war (Fälle 81-83 der [X.]).
Am 13. September 2012 ließ der Angeklagte [X.]

importierte 2,5
kg Marihuana und 4 kg Amphetamin im Verkaufswert von insgesamt 30.000
Euro an den
für die Käufer handelnden
Kurier
S.

übergeben mit dem Auftrag, das
Rauschgift nach Sa.

zu transportieren, wo es jedoch aus ungeklärten Gründen nicht ankam (Fall 86 der Anklageschrift). Die Abnehmer, die davon ausgingen, S.

habe das Rauschgift unterschlagen, wandten sich an [X.]

, damit dieser S.

unter Druck setze,
um so die unterschlagenen [X.] oder jedenfalls einen deren Wert entsprechenden Geldbetrag ein-zutreiben. Der Angeklagte [X.]

, Vizepräsident des Rockerclubs MC B.

,
beauftragte entsprechend das Clubmitglied A.

, wobei er davon ausging, dass es gegenüber dem Zeugen S.

zu Drohungen und Gewaltanwendungen kommen könne. Am 22.
September 2012 suchte A.

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-
gemeinsam mit einem unbekannten [X.] den Zeugen S.

auf, bedrohte ihn mit einer Schusswaffe und forderte
entweder
die Rückgabe der [X.] oder die Zahlung von 60.000
Euro, die Hälfte des Betrages als Wertersatz, die andere Hälfte für die Bemühungen des Angeklagten [X.]

bei der Eintreibung. Unter dem Eindruck der Drohung gab S.

jedenfalls 1
kg bei ihm gefundenes Amphetamin heraus (Fall 87 der Anklageschrift).
Zwischen Oktober 2012 und Februar 2013 kam es zu vier weiteren Be-täubungsmittellieferungen des Angeklagten [X.]

an seine [X.] [X.] in einer Größenordnung von bis zu 2
kg Marihuana und 5
kg Amphe-tamin je Geschäft. Von der letzten Lieferung konnten am 6.
Februar 2013 noch 4
kg Amphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von 13,1% Amphetaminbase si-chergestellt werden
(Fälle
88-91 der Anklageschrift).
2. Von weiteren Anklagepunkten hat das [X.] die Angeklagten freigesprochen.
Was die Anklagepunkte 9-15 anbelangt, konnte sich die [X.] aufgrund der Angaben des Kurierfahrers
S.

nicht von der Täterschaft der
Angeklagten [X.]

und T.

-
die ihre Tatbeteiligung im Übrigen in allen abgeurteilten Fällen eingeräumt haben
-
überzeugen.
Hinsichtlich der Anklagepunkte 18, 26-31, 36-42, 44-47, 54-62, 81-84 und 92 konnte das [X.] nicht ausschließen, dass den von H.

in Holland übernommenen
Rauschgiftlieferungen
ein Auftrag des Zeugen [X.].

oder eines [X.] und nicht ein solcher des Angeklagten [X.]

zugrunde
lag.
Vom Vorwurf des unerlaubten Handeltreibens im Fall 63 der [X.] hat die [X.] den Angeklagten [X.]

aus rechtlichen Gründen 12
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freigesprochen, weil es sich bei der Rückgabe von schon gelieferten
(minder-wertigen) Betäubungsmitteln
um keine selbständige neue Tat im Verhältnis zu den vorangegangenen Lieferungen handele.
Den
Angeklagten G.

hat das [X.] in den Anklagepunkten 22, 25-27, 32,
33, 36-47,
50-63 und 84 freigesprochen. In diesen Fällen habe es sich entweder ausschließlich oder zumeist auch um [X.] gehandelt, in die der Angeklagte G.

-
anders als bei Marihuanageschäf-ten
-
nicht eingebunden gewesen sei.

II.
1. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft bleiben ohne Erfolg.
Die Staatsanwaltschaft wendet sich ausweislich ihrer [X.] dagegen, dass die
Angeklagten
[X.]

in den Fällen 9-15, 18, 26-31, 36-42, 44-47, 54-63, 81-84 und 92 der Anklageschrift,
T.

in den [X.] der Anklageschrift und G.

in den [X.], 33,
36-47, 50-63 und 84 der Anklageschrift freigesprochen worden sind. Soweit die Staatsanwaltschaft darüber hinaus die Freisprüche des Angeklagten [X.]

in den Fällen 23, 24, 32 und 43 beanstandet, ist dies unverständlich, weil der
Angeklagte insoweit verur-teilt wurde. Ähnliches gilt für die Erwähnung der Fälle 79 und 80 der [X.], hinsichtlich derer das Verfahren auf Antrag der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung nach §
154 Abs.
2 [X.] eingestellt worden ist.
Darüber hinaus beanstandet die Staatsanwaltschaft, die [X.] habe den Verurteilungen in den Fällen 1-8, 16, 17, 19-21, 23-25, 32, 43, 48-53, 64-70, 75-77, 86, 89 und 90 der Anklageschrift eine zu geringe Menge [X.] zugrunde gelegt,
in den Fällen 22, 33-35, 71-74, 78, 81-83 zu niedrige Ein-17
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zelstrafen verhängt
und die Anordnung von [X.] nicht ausreichend begründet.
a) Die erhobene Formalrüge, die [X.] habe ihre Aufklärungs-pflicht verletzt, weil sie den Zeugen M.

und Ma.

ein umfassendes Aus-kunftsverweigerungsrecht nach §
55 [X.] zugebilligt habe, ist jedenfalls unbe-gründet.
Beide Zeugen waren als Abnehmer bzw. als Vermittler in den [X.]handel der
Angeklagten eingebunden. Der Zeuge Ma.

war zur [X.] bereits rechtskräftig verurteilt, ohne dass die [X.] -
im Hinblick auf die Zulässigkeit der Verfahrensrüge bedenklich (vgl. [X.] vom 8.
Juni 2016 -
2 StR 539/15)
-
den Umfang seiner Verurteilung mitteilt. Die [X.] hat erwogen, dass noch nicht alle Drogengeschäfte zwischen Ma.

und den Angeklagten bekannt seien und ihm deshalb ebenso ein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht zugebilligt
wie dem Zeugen M.

. Dieser war wegen seiner Beteiligung an einigen Taten der Angeklagten
-
noch nicht rechtskräftig
-
verurteilt, zudem war noch ein
Ermittlungsverfahren wegen einer ihm zur Last gelegten Mitwirkung
im Fall
18 der Anklageschrift an-hängig.
Dagegen ist von Rechts wegen nichts zu erinnern. Die tatsächliche Beur-teilung der Verfolgungsgefahr obliegt dem Tatrichter und kann nicht zur Nach-prüfung durch das Revisionsgericht gestellt werden ([X.], Urteil vom 28.
November 1997 -
3 [X.], [X.]St 43, 321, 326). Dass der [X.] Rechtsfehler dahingehend unterlaufen sind, dass es den Umfang des Aus-kunftsverweigerungsrechts verkannt haben
könnte (vgl. [X.], Urteil vom 15.
Januar 1957 -
5 [X.], [X.]St 10, 104, 105),
lässt sich auch nach dem [X.] nicht erkennen.
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10
-
b) Der Freispruch der
Angeklagten [X.]

und G.

hinsichtlich des Falles 63 der Anklageschrift ist tragfähig begründet. Zu Recht ist das [X.] davon ausgegangen, dass die Rückabwicklung eines Betäubungsmittelge-schäfts
wegen mangelhafter Qualität gegenüber dem in aller Regel vorange-gangenen Erwerbsvorgang nicht als eigenständige Tat des Handeltreibens ver-folgt werden kann, weil insoweit ein einheitliches Geschäft vorliegt (vgl. [X.] vom 23.
September 2009 -
2 [X.], [X.]R BtMG § 29 Abs.
1 Nr.
1 Konkurrenzen
9, [X.], 24). Tragfähige Anhaltspunkte dafür, welche der vorangegangenen
Lieferung(en) dem behaupteten Rückgabege-schäft zugrunde gelegen haben, bestanden nicht, weshalb das [X.] kei-ne Veranlassung zu Erörterungen eventueller
Bewertungseinheiten hatte. Dass die Rückabwicklung des [X.] zu einem "Umtausch" der min-derwertigen Betäubungsmittel in mangelfreie Ware geführt hätte, ist weder fest-gestellt noch Gegenstand der Anklage.
c)
Gegen die Beweiswürdigung der [X.] bestehen keine rechtli-chen Bedenken.
Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters (§
261 [X.]). Ihm obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es ge-nügt, dass sie möglich sind. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich allein darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind; dies gilt auch, soweit der Tatrichter einen Angeklagten freispricht, weil er Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag. In sachlich-rechtlicher Hinsicht liegt ein Rechtsfehler vor, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze ver-stößt. Insbesondere sind die Beweise erschöpfend zu würdigen. Das Urteil muss erkennen lassen, dass der Tatrichter solche Umstände, die geeignet sind, 24
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-
11
-
die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beein-flussen, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat. Aus den [X.] muss sich ferner ergeben, dass die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert gewertet, sondern in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt wurden. Rechtsfehlerhaft ist eine Beweiswürdigung schließlich dann, wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen ge-stellt worden sind. Dabei ist es weder im Hinblick auf den [X.] noch sonst geboten, zu Gunsten des Angeklagten von Annahmen auszugehen, für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine konkreten tatsächlichen Anhalts-punkte erbracht hat (vgl. etwa [X.], Urteil vom 26.
April 2012 -
4 StR 599/11 mwN).

Diesen Anforderungen wird das Urteil gerecht.
Soweit die Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Fälle 1-15 der [X.] eine Auseinandersetzung mit Angaben des Zeugen Wa.

vermisst, verkennt sie, dass sachlich-rechtliche Beanstandungen gegen die Beweiswür-digung nicht auf urteilsfremdes Vorbringen gestützt werden können. Im Übrigen hat sich die [X.] mit den Einlassungen der Angeklagten [X.]

und T.

einerseits und den
Angaben
des Belastungszeugen S.

anderer-seits auseinandergesetzt. Die von ihr gezogenen Schlussfolgerungen sind [X.] möglich und damit im Rahmen der revisionsgerichtlichen Prüfung hin-zunehmen.
Was die
übrigen Freisprüche
des Angeklagten [X.]

anbelangt, genü-gen die [X.] ebenfalls den an ein freisprechendes Urteil zu stel-lenden Anforderungen. Dass der Kurier H.

neben den von dem [X.] [X.]

eingeräumten Drogentransporten
gleichzeitig auch
für den 27
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29
-
12
-
Zeugen [X.].

tätig war, ist hinreichend
belegt (vgl. [X.], 35, 64, 117 ff., 138).
Auf urteilsfremdes Vorbringen zu Einlassungen des Angeklagten G.

können sachlich-rechtliche Beanstandungen gegen die den Teilfreisprü-chen
dieses Angeklagten zugrundeliegende Beweiswürdigung nicht gestützt werden. Soweit das [X.] dem Angeklagten G.

glaubt, nur [X.], niemals aber Amphetamin übergeben
zu haben, findet
diese Annahme eine hinreichende Stütze darin, dass die Zeugen Ba.

und Ma.

in ihren polizeilichen Vernehmungen übereinstimmend angegeben haben, das Amphe-tamin stamme aus einer anderen Bezugsquelle
als das Marihuana. Bei [X.] habe G.

eine Rolle gespielt ([X.], 127).
Was die den Verurteilungen in den jeweiligen Fällen zugrunde
gelegten
Handelsmengen
anbelangt, zeigt die Revision ebenfalls keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf. Zwar rügt die Staatsanwaltschaft zutreffend, dass die in den einzelnen Fällen festgestellten
Handelspreise für Amphetamin und Marihuana extreme
Schwankungen aufweisen und in dieser Form praktisch nicht nachvoll-ziehbar sind. Von diesen Unzulänglichkeiten unberührt bleiben jedoch die -
von späteren Verkaufspreisen unabhängigen
-
Feststellungen zu den eingeführten Drogenmengen, die im Wesentlichen auf den insoweit geständigen Einlassun-gen der
Angeklagten beruhen. Dass die [X.] in Anwendung des [X.] in einzelnen Fällen nicht die von Zeugen lediglich geschätzte
höhere
Handelsmenge zugrunde
gelegt hat, stellt keinen
Rechtsfehler dar.
d) Da die Feststellungen der [X.] zum Schuldumfang
nach alle-dem auf einer
tragfähigen Beweiswürdigung beruhen und die Strafzumes-sungserwägungen im Übrigen für sich nicht zu beanstanden sind, bleibt die [X.] auch insoweit ohne Erfolg.
30
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-
13
-
e) Die Anordnung des Verfalls von Wertersatz in Höhe von 100.000

gegen den Angeklagten [X.]

lässt ebenfalls keinen Rechtsfehler erkennen. Die [X.] hat bedacht, dass der Wert des Erlangten
nach dem Brut-toprinzip zu bestimmen und gegebenenfalls durch Schätzung zu ermitteln ist. Außerdem hat
es gemäß §
73c Abs.
1 Satz
2 StGB berücksichtigt, dass der Angeklagte den größten Teil seiner erzielten Erlöse
"verjubelt" hat. Vor
diesem
Hintergrund
ist die [X.]sanordnung -
auch
wenn das [X.] seine Berechnungen
im Einzelnen nicht mitteilt
-
noch hinnehmbar.
f) Die hinsichtlich des Angeklagten G.

unterbliebene Entscheidung zum Anrechnungsmaßstab für die in [X.] erlittene Auslieferungs-haft (§
51 Abs.
4 Satz 2 StGB) hat der Senat entsprechend §
354 Abs.
1 [X.] selbst bestimmt, da eine andere Anrechnung als im Verhältnis 1 : 1 nicht in [X.] kommt.
2. Auch die Revision des Angeklagten [X.]

, mit der er im Wesentlichen seine Verurteilung im Fall 87 der Anklageschrift sowie im Übrigen die Strafzu-messung beanstandet, bleibt ohne Erfolg.
a) Der Angeklagte [X.]

, dem die [X.] im Fall 87 der [X.] den Einsatz der Schusswaffe durch den von ihm beauftragten "Geld-
bzw. [X.]" A.

nicht zugerechnet hat, ist rechtsfehler-frei wegen Anstiftung zur räuberischen Erpressung verurteilt worden. Wer -
wie hier der
deswegen noch nicht
rechtskräftig verurteilte A.

-
einen Rauschgift-händler
oder -kurier
mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zur Herausgabe von Drogen nötigt, um sich oder einen
[X.] zu Unrecht zu bereichern, macht
sich der räuberischen Erpressung schuldig. Die Rechts-ordnung kennt im Bereich der Vermögensdelikte kein wegen seiner Herkunft, Entstehung oder Verwendung
schlechthin schutzunwürdiges
Vermögen. Auch 33
34
35
36
-
14
-
an Sachen wie
Rauschgift, die jemand aufgrund einer strafbaren Handlung [X.] und als Tatmittel zur Begehung geplanter Straftaten bereitstellt, kann [X.] ihrer Zweckbestimmung oder Bemakelung, Erpressung und Betrug begangen werden.
Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundes-gerichtshofs ([X.], Urteil vom 4.
September 2001 -
1
StR
167/01, [X.]R StGB §
253 Abs.
1 Vermögenswert 3 mwN; Beschluss
vom 20.
September 2005
-
3 StR 295/05,
NJW 2006, 72).

Eine vom [X.] beantragte Aussetzung des Verfahrens war nicht veranlasst.
Zwar hat der erkennende Senat -
in anderer Besetzung
-
in der Sache
2 StR 335/15 mit Beschluss vom 1.
Juni 2016 die Revisionshauptverhandlung unterbrochen und, verbunden mit einer Anfrage an die übrigen Strafsenate des [X.], ob an bisheriger Rechtsprechung festgehalten werde, ausgeführt, er beabsichtige zu entscheiden:
"Die Nötigung zur Herausgabe von Betäubungsmitteln richtet sich nicht gegen das Vermögen des Geschädigten und erfüllt daher nicht den Tatbestand der Erpressung."
Jedoch hindert ein solches Anfrageverfahren nach §
132 [X.] nicht eine Sachentscheidung auf Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Bundes-gerichtshofs. Dass ein [X.] die angefragten Senate, die an der bisherigen Rechtsprechung festhalten wollen, nicht hindert, auf dieser Grundla-ge weiter zu entscheiden, hat der [X.] unter Hinweis auf eine fehlende Sperrwirkung bereits entschieden ([X.], Beschluss vom 24.
August 2000 -
1 [X.], [X.]R [X.] §
132 Anfrageverfahren
1; Beschluss vom 19.
Oktober 2004 -
1 [X.] mwN; sowie wenn die Rechtsfrage dem Gro-ßen Senat zur Entscheidung vorgelegt ist: [X.], Beschluss vom 9.
Dezember 37
38
39
-
15
-
2009 -
2
StR 433/09, [X.], 227). Ebenso wenig ist ein anfragender Senat gehindert, bei Vorliegen einer Binnendivergenz zwischen verschiedenen Sitz-gruppen abweichend von seiner eigenen Anfrage zu entscheiden. Der [X.] entfaltet keine Sperrwirkung. Er dient lediglich der Vorbereitung der Herbeiführung einer Rechtsprechungsänderung, ist aber selbst keine bindende Entscheidung, von der nicht abgewichen werden könnte. Eine Bindungswirkung entsteht erst durch den Antwortbeschluss des angefragten Senats, der seine Zustimmung zu einer Änderung der bisherigen Rechtsprechung erteilt
([X.], Beschluss vom 24. August 2000 -
1 [X.], aaO). Dann kann der anfra-gende Senat nicht mehr zu seiner ursprünglichen Rechtsprechung zurückkeh-ren, ohne den [X.] anzurufen; dies deshalb, weil die Entschließung über die Antwort des angefragten Senats, er halte an der [X.] Rechtsauffassung nicht mehr fest, die gleiche Bedeutung hat wie eine Revi-sionsentscheidung, in der er seine frühere Auffassung aufgibt (vgl. [X.], [X.] 1972, 119 ff.).
Eine Binnendivergenz führt auch nicht zu der Verpflichtung, eine Entscheidung des -
in der Sache unzuständigen
-
Senatsplenums herbei-zuführen. Eine solche "Entscheidung" hätte für die zuständige Sitzgruppe
keine
rechtliche Bindungswirkung.
-
16
-
b) Die [X.] bezüglich des Angeklagten [X.]

ist rechtsfehlerfrei erfolgt. Die Annahme minder schwerer Fälle nur in den Fällen 1-8 und 22 der Anklageschrift ist auch in Anbetracht der unterschiedlichen Mengen
des gehandelten Rauschgifts ausreichend begründet und nicht zu [X.]. [X.]eiches gilt für die jeweils verhängten Einzelstrafen und die daraus gebildete Gesamtfreiheitsstrafe. Die Verfallsanordnung hat ebenfalls Bestand (vgl. oben II. 1e)).
Fischer

[X.] Eschelbach

[X.] [X.]

40

Meta

2 StR 27/16

22.09.2016

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.09.2016, Az. 2 StR 27/16 (REWIS RS 2016, 5076)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 5076

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Zitiert

2 StR 27/16

2 StR 539/15

2 StR 335/15

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