Bundespatentgericht, Beschluss vom 28.10.2014, Az. 27 W (pat) 51/14

27. Senat | REWIS RS 2014, 1821

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "CHEFS TROPHY" – Mehrdeutigkeit des Wortes Chef – Kombination mit englischsprachigem Ausdruck - keine Unterscheidungskraft


Leitsatz

Chefs Trophy

Das Wort „Chef“ hat im Deutschen und in Fremdsprachen sehr verschiedene Bedeutungen (false friend). Im Zusammenhang mit bestimmten Waren und Dienstleistungen und in Kombination mit einem englischsprachigen Ausdruck hat es mit der englischen Bedeutung „Chefkoch, Küchenchef“ keine Unterscheidungskraft.

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2013 010 023.9

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] am 28. Oktober 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Dr. [X.] sowie der Richter [X.] und Schmid

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Anmelderin hat am 2. Januar 2013 beim [X.] beantragt, die Wortmarke

2

[X.] [X.]

3

für die Waren bzw. Dienstleistungen

4

16: Lehr- und Unterrichtsmaterial, [X.]

5

39: Reisen

6

41: Schulung, Ausbildung, Veranstaltungen, Durchführung von Seminaren

7

43: Verpflegung und Beherbergung von Gästen

8

in das Markenregister einzutragen.

9

Die Markenstelle für [X.] hat die Anmeldung durch [X.]uss vom 30. August 2013 zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Erinnerung blieb erfolglos und wurde durch weiteren [X.]uss der Markenstelle vom 3. Juli 2014 zurückgewiesen.

Nach den Entscheidungsgründen des [X.] entbehre das angemeldete Zeichen jeglicher Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] und sei daher nicht der Eintragung zugänglich. Der Begriff erschöpfe sich unter Zugrundelegung der Wortbedeutung „[X.]“ oder auch „[X.]“ in einer sachbezogenen Angabe und sei daher nicht geeignet, die beanspruchten Dienstleistungen nach ihrer betrieblichen Herkunft zu unterscheiden.

Für „[X.]" und „Lehr- und Unterrichtsmittel“ könne das Zeichen als Hinweis auf den Inhalt von Druckwerken aufgefasst werden, die sich mit einem Wettbewerb für Führungskräfte bzw. Küchenchefs befassen können. Ein derartiger Wettbewerb könne ferner Gegenstand der Dienstleistung „Organisation und Durchführung von Unterhaltungsveranstaltungen“ sein. Im Übrigen komme dem Zeichen zwar keine unmittelbar dienstleistungsbeschreibende Bedeutung zu, es stelle jedoch einen engen beschreibenden Bezug zu den ansonsten beanspruchten Waren und Dienstleistungen her. Bezogen auf „Veranstaltung von Reisen" und „Schulung; Ausbildung; Durchführung von Seminaren“ bezeichne der Begriff „Veranstaltungen für Vorgesetzte bzw. Küchenchefs“ Angebote, in deren Rahmen sich die Teilnehmer in Form eines [X.] messen könnten.

Ob auch das [X.] nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] gegeben sei, könne dahingestellt bleiben.

Gegen den am 8. Juli 2014 zugestellten [X.]uss wendet sich die Anmelderin mit ihrer am 8. August 2014 erhobenen Beschwerde.

Die Markenstelle habe der angemeldeten Marke zu Unrecht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen. Sie habe es versäumt, die im Zusammenhang der beanspruchten Waren und Dienstleistungen angesprochenen Verkehrskreise zu bestimmen. Das unterstellte Begriffsverständnis als „[X.]“ beruhe jedenfalls ausgehend vom Verständnis allgemeiner Verkehrskreise auf bloßen Spekulationen. Ferner reduzierten die Ausführungen der Markenstelle das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der angemeldeten Marke unzulässig, indem sie von speziellen Inhalten ausgeht, auf die das Verzeichnis sich tatsächlich nicht beziehe.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

den angegriffenen [X.]uss aufzuheben.

II.

Über die Beschwerde kann im schriftlichen Verfahren entschieden werden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war weder beantragt noch aus Sachdienlichkeit veranlasst, § 69 [X.].

Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

Wie die Markenstelle jedenfalls im Ergebnis zu Recht angenommen hat, steht der Eintragung des angemeldeten Zeichens das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft entgegen, s. § 37 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

Ob ein Zeichen über die insofern notwendige Eignung als betriebliches Unterscheidungsmittel verfügt, richtet sich nach der mutmaßlichen Wahrnehmung eines - gedachten - normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers (vgl. [X.], 411 Rn. 8 - [X.]; [X.], 569 Rn. 11 - HOT).

Wenngleich die im angegriffenen [X.]uss angeführten Zeichenbedeutungen im Sinn einer Trophäe, die Leistungen von Vorgesetzten würdigt oder durch Vorgesetzte verliehen wird, sprachlich nicht ausgeschlossen sind, können sie vorliegend außer Betracht bleiben, weil jedenfalls der sprachlich und im Kontext der beanspruchten Waren und Dienstleistungen näher liegende Wortsinn einer Trophäe, die eine(n) Küchenchef(in) auszeichnet, die Zurückweisung trägt. Hierauf hat sich die Markenstelle bereits im [X.]uss vom 30. August 2013 bezogen. Dieser Wortgehalt beruht auf der u.a. englischsprachigen Bedeutung des [X.] „[X.]“ und geht damit von einer durchgängig englischsprachigen und nicht von einer bezogen auf „[X.]“ wohl eher ungewöhnlichen Verbindung deutsch- und englischsprachiger Wortelemente aus. Unter näherer Bestimmung des im Inland verwendeten Ausdrucks „[X.]“ im Sinn „Trophäe“ bezeichnet der angemeldete Begriff damit eine „Küchenchef Trophäe“. Der Bestandteil „[X.]“ in Pluralform gibt in sprachüblicher Form das Teilnehmerfeld des [X.] an (vgl. etwa den Begriff „Champions Trophy“).

Der Begriff „Chef“ findet in der Bedeutung eines Küchenchefs bzw. einer Küchenchefin eines gehobenen oder größeren Küchenbetriebs auch im Inland Verwendung, vgl. dazu

Im Zusammenhang der beanspruchten Zeicheneintragung für „Veranstaltungen“ ([X.]) kann der angemeldete Begriff die Art der Veranstaltung angeben, nämlich einen Wettbewerb, der unter Küchenchefs ausgetragen wird. Entsprechend einem verbreiteten Sprachgebrauch bezeichnet die zu vergebende Auszeichnung auch den Wettbewerb als solchen (vgl. etwa „[X.]“, „[X.]“, „[X.]“). Die Eintragung für einen allgemein gefassten Waren- oder Dienstleistungsbegriff – hier: Veranstaltungen – ist dabei entgegen der Annahme der Anmelderin bereits dann ausgeschlossen, wenn sich auch nur für eine spezielle darunter fallende Ware oder Dienstleistung ein [X.] ergibt (vgl. [X.], 241 Rn. 14 - [X.]). Der Anmelderin ist es vorbehalten, den Schutzgegenstand zu bestimmen (vgl. § 32 Abs. 2 Nr. 3 [X.]). Wählt sie eine allgemeine Formulierung, die einen weiten Schutzbereich vermittelt, muss sie sich auch im Rahmen der Prüfung der im Allgemeininteresse bestehenden [X.]se hieran festhalten lassen (vgl. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]: „… für die Waren und Dienstleistungen …“).

Die im Bereich der [X.] beanspruchten „Veranstaltungen“ können sich auf – weithin verbreitete (vgl. nur die branchentypische Vergabe von „Sternen“) – Leistungsvergleiche auf dem Gebiet des Kochens, die kulturelle und unterhaltende Bezüge aufweisen, beziehen. Da ein derartiger Wettbewerb zunächst unmittelbar die als Teilnehmer vorgesehenen Chefköche anspricht, ist das o.g. veranstaltungsbeschreibende Begriffsverständnis keinem Zweifel ausgesetzt. Nachdem ein Begriff zudem im sachlichen Kontext konkreter Veranstaltungen - hier mit Bezug zum Kochen - wahrgenommen wird, ist eine regelmäßig ohnehin unerhebliche begriffliche Mehrdeutigkeit bereits im Ansatz nicht festzustellen.

Für die beanspruchten „[X.]“ stellt das Zeichen „[X.] [X.]“ eine ausschließlich inhaltsbezogene Angabe dar, etwa als veranstaltungsbegleitendes Programmheft oder als Bericht über den Verlauf eines [X.] (vgl. [X.], 850 Rn. 24 - FUßBALL [X.]; [X.], [X.]. v. 25. Januar 2006 - 29 W (pat) 162/03 - [X.]). Bezogen auf die „Veranstaltung von Reisen“ kann der angemeldete Begriff das Ziel oder jedenfalls den Anlass der Reise angeben (s. [X.] München, [X.]uss vom 1. Oktober 2008, 26 W (pat) 55/07 Rn. 13 – [X.]). Die genannten Waren bzw. Dienstleistungen richten sich vorrangig an Besucher derartiger Veranstaltungen, die angesichts des zur sachgerechten Beobachtung und Einordnung der Leistungen von Küchenchefs erforderlichen Sachkunde regelmäßig über ausreichende Sprach- und Branchenkenntnisse verfügen, um den Begriff „[X.] [X.]“ im Zusammenhang der betroffenen Waren bzw. Dienstleistungen im Sinn von „Küchenchefs Trophäe“ zu verstehen.

Der Anwendungsbereich der Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist nicht auf Bezeichnungen beschränkt, welche konkret die Art oder Merkmale der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen beschreiben. Die Eignung, Waren oder Dienstleistungen ihrer Herkunft nach zu unterscheiden, fehlt auch solchen Angaben, die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, und die - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden ([X.], 952 Rn. 10 – [X.]). Damit sind insbesondere auch ohne weiteres als bloße werbliche Anpreisungen verständliche Aussagen vom Markenschutz ausgeschlossen (vgl. [X.] Rn. 21 f. - [X.]). In Bezug auf die Waren bzw. die Dienstleistungen „Verpflegung und Beherbergung von Gästen“ wie „Schulung, Ausbildung, Durchführung von Seminaren“ und entsprechend die zugehörigen Waren „Lehr- und Unterrichtsmaterial“ kann der Begriff „[X.] [X.]“ mit Rücksicht auf die branchenübliche Vergabe und Bezugnahme auf Auszeichnungen („Sternekoch“) als Hinweis auf eine Ehrung im Rahmen eines [X.] unter Chefköchen aufgefasst werden. Auch insoweit ist das genannte Begriffsverständnis entscheidungserheblich, da in erster Linie Gäste gehobener Küche oder - im Bereich „Schulung, Ausbildung, Durchführung von Seminaren“ - mit brancheneigenen Begrifflichkeiten vertraute Personen wie angehende Köche oder interessierte Laien angesprochen sind.

Ob zudem das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] der Eintragung entgegensteht, wofür jedenfalls teilweise deutliche Anhaltspunkte bestehen, kann dahin gestellt bleiben.

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

Meta

27 W (pat) 51/14

28.10.2014

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 28.10.2014, Az. 27 W (pat) 51/14 (REWIS RS 2014, 1821)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 1821

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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