Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.04.2005, Az. XII ZR 29/02

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 3958

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 20. April 2005 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

BGB a.F. §§ 566, 126 Abs. 2 Die Schriftform eines langfristigen Mietvertrags ist gewahrt, wenn der Vermieter mit dem [X.] schriftlich vereinbart, daß der [X.] in den Vertrag eintritt und dieser der Vertragsübernahme formlos zustimmt. [X.], Urteil vom 20. April 2005 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. April 2005 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.] Dr. [X.], [X.], Dr. [X.] und die Richterin Dr. [X.] für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 23. Januar 2002 wird auf Kosten der [X.] zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Klägerin begehrt als Mieterin die Feststellung, daß ihr die Beklagte zum Schadensersatz verpflichtet sei, weil diese ihr Geschäftsräume nicht über-lassen, sondern anderweitig vermietet habe. Ab Anfang 1999 verhandelte der jetzige Geschäftsführer der Klägerin [X.] für die [X.] auf der Mieterseite mit der [X.] über die Anmietung einer größeren Gewerbefläche in dem in der Errichtung befindlichen Einkaufszentrum "E." in [X.], auf der ein Fachmarkt für [X.] betrieben werden sollte. Am 20./26. August 1999 unterzeichne-te die Beklagte als Vermieterin und [X.] für die als Mieterin aufgeführte [X.] einen Mietvertrag. Nach dessen § 1 Nr. 1 Abs. 2 wur-de eine Fläche von "ca. 2.223,57 m² (ca. 1.802,37 m² Verkaufsfläche/ca. 421,20 m² [X.])" vermietet. Nach § 2 des [X.] wurde das - 3 - Mietverhältnis auf die Dauer von zehn Jahren fest abgeschlossen mit einer Ver-längerungsoption von vier mal fünf Jahren zugunsten der Mieterin. Der Mietver-trag nimmt in § 13 Nr. 5 auf [X.]n als Anlagen Bezug, die nach § 9 Nr. 3 Bestandteil des Mietvertrags sind. Zugleich vereinbarten die Mietparteien im Nachtrag Nr. 1 zum Mietver-trag, daß der Mietvertrag mit allen Rechten und Pflichten nach erfolgter Eintra-gung der Klägerin in das Handelsregister auf diese als Mieterin übergehen und die [X.] aus dem Mietvertrag ausscheiden solle. Der Nach-trag ist auf seiten der Vermieterin von einem Vertreter der [X.] unter-schrieben. Für die Mieterin hat [X.] unter Beifügung eines Stempels der [X.] unterschrieben. Die Klägerin ist am 13. August 1999 gegründet und am 28. September 1999 in das Handelsregister eingetragen worden. Mit Schreiben vom 9. November 1999 an die [X.] erklärte die Beklagte den Rücktritt vom Mietvertrag. Sie vermietete die Flächen an eine Konkurrentin der Klägerin, die die Räumlichkeiten im Juni 2000 bezog. Auf die Klage der Klägerin hat das [X.] festgestellt, daß die [X.] verpflichtet sei, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der ihr durch die Nichterfüllung des [X.] entstanden sei. Dabei ging das [X.] davon aus, daß der [X.] sei. Das [X.] hat die Berufung der [X.] zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Senat angenommene Revision der [X.], mit der sie weiterhin die Abweisung der Klage begehrt.
- 4 - Entscheidungsgründe: Die Revision hat keinen Erfolg. I. Das [X.] hat ausgeführt, der Klägerin stehe ein [X.] aus § 325 Abs. 1, § 535 BGB a.F. zu, weil die Beklagte durch Doppelvermietung des Objekts und dessen Überlassung an einen [X.] sich die Erfüllung ihrer Leistungspflicht gegenüber der Klägerin schuldhaft unmöglich gemacht habe. Der Mietvertrag sei wirksam zustande gekommen. [X.], der der maßgebliche Gesellschafter gewesen sei, habe bei Abschluß des [X.] und des Nachtrags Nr. 1 sowohl Vollmacht der Klägerin als auch der [X.] besessen. Der Mietvertrag sei daher auf die Klägerin übergegangen. Der im Schreiben der [X.] vom 9. November 1999 erklär-te Rücktritt sei wirkungslos, weil der [X.] keine Rücktrittsgründe zuge-standen hätten. Die gesetzliche Schriftform des § 566 BGB a.F. sei eingehalten. Zwar sei der Mietgegenstand in § 1 Nr. 1 Abs. 2 des [X.] nicht hinrei-chend bestimmbar angegeben, weil die Lage der Mietfläche innerhalb der [X.] des Einkaufszentrums von ca. 20.000 m² nicht erkennbar sei. Diese lasse sich auch nicht aus der Baubeschreibung und aus der vorgelegten [X.] nach [X.] 277 entnehmen. Die Klägerin habe jedoch in der letzten mündlichen Verhandlung die in § 13 Nr. 5 des [X.] aufgeführte [X.] vorgelegt, die gemäß § 9 Nr. 3 des [X.] ausdrücklich dessen Bestandteil sei. Dabei handele es sich um einen Lageplan des [X.] "E." vom 9. August 1999, in dem die an die Klägerin vermietete Fläche insgesamt gelb umrandet und mit 1.802,73 m² sowie Lager näher gekennzeich-net sei, und im übrigen um zwei Detailpläne der "Verkaufsfläche" 1.820 m² vom 15. Juni 1999. Mittels dieser [X.]n, auf die der Mietvertrag verweise, - 5 - sei der Inhalt der in § 1 Nr. 1 Abs. 2 niedergelegten Einigung über die Mietflä-che hinsichtlich ihrer Belegenheit eindeutig ausgewiesen.

[X.] Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. 1. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß infolge des Nachtrags Nr. 1 zum Mietvertrag zwischen der [X.] und der [X.] die Klägerin an deren Stelle in den Mietvertrag auf [X.] eingetreten ist. Entgegen der Meinung der Revision stellt die Vereinbarung der [X.] mit der [X.] im Nachtrag Nr. 1 keinen (un-wirksamen) Vertrag zu Lasten der Klägerin dar. Dies wäre nur dann der Fall gewesen, wenn die Vertragsübernahme und somit auch die Pflicht der Klägerin zur Zahlung des Mietzinses ohne Mitwirkung der Klägerin hätte erfolgen sollen. Das Berufungsgericht hat jedoch den Nachtrag Nr. 1 in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dahin ausgelegt, daß die Übernahme des [X.] durch die Klägerin mit deren Zustimmung erfolgen sollte. Nach allgemeiner Meinung ist die Vertragsübernahme nicht eine Kombi-nation von Abtretung und Schuldübernahme, sondern ein einheitliches Rechts-geschäft. Sie bedarf der Zustimmung aller Beteiligter (vgl. [X.] 96, 302, 308; [X.] 154, 171, 175). Die Vertragsübernahme kann als dreiseitiger Vertrag oder aber auch durch Vertrag zwischen zwei Beteiligten geschlossen werden, der durch den dritten Beteiligten genehmigt wird. Dabei kann nach dem Prinzip der Vertragsfreiheit der Eintritt des neuen Mieters in den Vertrag auch dadurch - 6 - erfolgen, daß der [X.] einen Vertrag zwischen Vermieter und [X.] genehmigt (vgl. [X.] 72, 394, 396; 96, 302, 309). Das Berufungsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, daß die Klägerin, vertreten durch den Generalbevollmächtigten [X.], diese Zustimmung erteilt hat. Entgegen dem Vorbringen der Revision steht dieser Annahme nicht ent-gegen, daß die Klägerin bei Vertragsschluß etwa noch nicht gegründet [X.] wäre und deswegen dem [X.] nicht hätte zustimmen [X.]. Vielmehr ist nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Oberlandes-gerichts die Klägerin vor Vertragsschluß, nämlich am 13. August 1999 gegrün-det worden. Sie konnte daher als Vorgesellschaft der Vertragsübernahme vom 20./26. August 1999 zustimmen, wobei die Rechte und Pflichten hieraus mit der Eintragung der Klägerin in das Handelsregister auf diese übergingen (vgl. [X.] 80, 129, 131 ff.). 2. Der Mietvertrag zwischen den Parteien entspricht der in § 566 BGB a.F. vorgesehenen Schriftform. a) Zu Unrecht macht die Revision geltend, die Zustimmung der Klägerin zur Vertragsübernahme habe zur Erhaltung der zehnjährigen Laufzeit in § 2 des Mietvertrags gemäß § 566 BGB a.F. der Schriftform bedurft. Dies ist nicht der Fall. Vielmehr steht der Umstand, daß die Zustimmung des [X.] nicht schrift-lich erfolgte, der Einhaltung der Schriftform nicht entgegen. Der Senat hat be-reits entschieden, daß die Zustimmung des Mieters zu einem zwischen [X.] und neuem Vermieter vereinbarten [X.] formfrei ist (vgl. [X.] 154, 179 f.). Die dort genannten Gründe sprechen auch dafür, daß die Zustimmung des neuen Mieters zu einem vom Vermieter und altem Mieter [X.] Mieterwechsel formfrei wirksam ist. Denn der Schriftform genügt auch - 7 - ein Mietvertrag, der vorsieht, daß er erst nach Zustimmung eines [X.] wirk-sam werden soll; dessen Zustimmung muß nicht in dieselbe Urkunde [X.] oder gar von beiden Parteien noch einmal unterschrieben werden, da sie formfrei ist und nicht der Form des [X.] bedarf. § 566 BGB a.F. verfolgt eben nicht den Zweck, einem späteren Grundstückserwerber zu ermög-lichen, sich allein anhand der Urkunde Gewißheit über das Zustandekommen oder den Fortbestand eines langfristigen [X.] zwischen dem [X.] und dem Mieter zu verschaffen. Für die in § 566 Satz 1 BGB a.F. vorge-schriebene Schriftform genügt es vielmehr, wenn ein späterer Grundstückser-werber aus einer einheitlichen Urkunde ersehen kann, in welche langfristigen Vereinbarungen er nach § 571 Abs. 1 BGB a.F. gegebenenfalls eintritt, nämlich dann, wenn diese im Zeitpunkt der Umschreibung des Grundstücks (noch) [X.] (vgl. Senatsurteil vom 14. Juni 2004 - [X.] ZR 68/02 - NJW 2004, 2962, 2964). Diesen Voraussetzungen aber genügt der Nachtrag, weil ein potentieller Grundstückserwerber aus ihm in Verbindung mit dem Mietvertrag ersehen kann, daß er, sofern der Mietvertrag überhaupt noch besteht, in ein langfristiges Mietverhältnis entweder mit dem alten oder dem neuen Mieter eintritt. b) Der Vertrag ist entgegen der Revision auch nicht deswegen formun-gültig, weil in ihm die Lage der vermieteten Fläche nicht hinreichend genau be-stimmt wäre. Zu Recht führt das [X.] allerdings aus, daß im [X.] selbst die Lage der Mietfläche im [X.] nicht beschrieben ist. Der von der Klägerin vorgelegte Plan ist daher nicht nur Orientierungshilfe zur näheren Bestimmung der bereits ohnehin schriftlich festgelegten Lage der ver-mieteten Flächen. Doch geht das [X.] zu Recht davon aus, daß die für die Wahrung der Schriftform erforderliche Einheit der Urkunde besteht. Der Mietvertrag verweist nämlich in § 13 Nr. 5 auf die als Anlage aufgeführte [X.], die gemäß § 9 Nr. 3 ausdrücklich Bestandteil des [X.] ist. Nach den Feststellungen des [X.]s sind in dem Lageplan des - 8 - Gesamtprojekts "E." vom 9. August 1999 die an die Klägerin vermieteten [X.] insgesamt gelb umrandet und mit "1.802,32 m²" sowie "Lager" näher [X.]. Das genügt, um die Einheit zwischen der [X.] und der Anlage zu dokumentieren. Insbesondere brauchten die Parteien den Lageplan nicht gesondert zu unterschreiben. Soweit nämlich der vollständigen Unter-schrift im Rahmen der gesetzlichen Schriftform auch die Funktion der Doku-mentation und die Bekräftigung des rechtsgeschäftlichen Erklärungswillens bei-gemessen wird, ist diesem Erfordernis bereits durch die Unterzeichnung des Vertrags genügt, der die Anlage durch Verweisung zum Vertragsbestandteil macht (vgl. Senatsurteil vom 29. September 1999 - [X.] ZR 313/98 - NJW 2000, 354, 357). c) Soweit die Beklagte rügt, die Klägerin habe selbst nicht behauptet, den [X.]n liege eine Einigung der Parteien zugrunde, das Berufungsge-richt habe gemäß §§ 139, 278 Abs. 3 ZPO auf die Bedeutung der Planunterla-gen hinweisen müssen, hat der Senat diese [X.] von [X.] geprüft und nicht für durchgreifend erachtet (§ 565 a ZPO a.F.). 3. Der Schadensersatzanspruch der Klägerin ergibt sich allerdings ent-gegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht aus § 325 Abs. 1, § 535 Satz 1 BGB a.F., sondern aus §§ 541, 538 BGB a.F. Da die Beklagte die Flächen rechtswirksam anderweitig vermietet hat, liegt ein Rechtsmangel im Sinne von § 541 BGB vor. Die in dieser Vorschrift enthaltene Verweisung auf § 538 BGB a.F. verdrängt auch vor Übergabe der Mietsache die §§ 306, 275 und 325 BGB - 9 - a.F. (vgl. Senatsurteil vom 29. November 1995 - [X.] ZR 230/94 - NJW 1996, 714, 715; [X.] Urteil vom 5. Juni 1991 - [X.] - NJW 1991, 3277). Hahne [X.] [X.] [X.] [X.]

Meta

XII ZR 29/02

20.04.2005

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.04.2005, Az. XII ZR 29/02 (REWIS RS 2005, 3958)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 3958

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