Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.03.2016, Az. 2 StR 360/15

2. Strafsenat | REWIS RS 2016, 15129

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Gegenstand

Strafverfahren wegen Betruges: Beweiswürdigung bei Geständnis


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 20. Mai 2015 mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Betrugs in 34 Fällen und Urkundenfälschung in neun Fällen unter Einbeziehung weiterer Strafen aus früheren Verurteilungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt, außerdem hat es eine Anrechnungs- sowie eine Kompensationsentscheidung getroffen. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg.

2

1. Das [X.] hat seine Feststellungen zur Tatbegehung durch den Angeklagten und zu den Einzelheiten der verschiedenen Betrugstaten und Urkundenfälschungen allein auf das "glaubhafte und vollumfängliche Geständnis des Angeklagten" gestützt. Die Beweiswürdigung erschöpft sich insoweit in einem einzigen Satz. Damit fehlt dem Urteil eine tragfähige Beweisgrundlage.

3

Aus dem [X.] folgt die Verpflichtung der Strafgerichte, von Amts wegen den wahren Sachverhalt zu erforschen (vgl. [X.], Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a., NJW 2013, 1058, 1060). Diese Pflicht darf nicht dem Interesse an einer einfachen und schnellstmöglichen Erledigung des Verfahrens geopfert werden. Es ist unzulässig, dem Urteil einen Sachverhalt zu Grunde zu legen, der nicht auf einer Überzeugungsbildung unter Ausschöpfung des [X.] beruht. Dies gilt auch dann, wenn sich der Angeklagte geständig gezeigt hat (vgl. [X.], Beschlüsse vom 15. April 2013 - 3 StR 35/13, [X.], 684, vom 6. August 2013 - 3 [X.], [X.], 703 f., vom 5. November 2013 - 2 StR 265/13, [X.], 170 und vom 24. September 2013 - 2 StR 267/13, [X.]St 59, 21, 27 f.).

4

Nach diesem Maßstab ist die Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft, denn die Urteilsgründe lassen nicht erkennen, dass die [X.] das Geständnis des Angeklagten einer inhaltlichen Überprüfung unterzogen hat. Zu einer für das Revisionsgericht nachvollziehbaren Begründung des Urteils hätte es zunächst der Erläuterung der geständigen Einlassung bedurft; denn ohne Kenntnis von Einzelheiten vermag das Revisionsgericht nicht zu erkennen, ob ein auf Betrugs- und Urkundendelikte bezogenes Geständnis auch sämtliche Tatbestandsmerkmale dieser Straftatbestände erfasst. Dabei hätte die [X.] insbesondere darlegen müssen, aufgrund welcher Umstände sie sich im Einklang mit dem Geständnis des Angeklagten vom Vorliegen eines [X.] überzeugt hat. Denn dass der Angeklagte im Zeitpunkt der jeweiligen Vertragsabschlüsse nicht willens und auch nicht in der Lage war, die eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen, bzw. ihre Nichterfüllung billigend in Kauf genommen hat, versteht sich – auch vor dem Hintergrund, dass er die Taten "eingeräumt" hat - nicht von selbst. So hat er, wie es den Urteilsgründen an anderer Stelle zu entnehmen ist, angegeben, es seien auch viele Geschäfte, die er - wie in den der Verurteilung zugrunde liegenden Fällen - als Inhaber seiner Firma abgeschlossen habe, ordentlich abgewickelt worden. Warum in diejenigen Fälle, in denen es demgegenüber nicht zur Erfüllung der eingegangenen Verpflichtungen gekommen ist, eine vorsätzliche Täuschung über "Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit" und damit ein nach § 263 StGB strafbares Verhalten vorliegen soll, hätte unter Mitteilung der konkreten Angaben des Angeklagten in der Hauptverhandlung näherer Erörterung bedurft.

5

2. Die Sache bedarf insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung.

Appl     

Krehl     

     Eschelbach

Zeng     

R'in[X.] Dr. Bartel ist
wegen Urlaubs an der
Unterschrift verhindert.

Appl

Meta

2 StR 360/15

03.03.2016

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Meiningen, 20. Mai 2015, Az: 360 Js 2331/14 - 1 KLs

§ 263 StGB, § 261 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.03.2016, Az. 2 StR 360/15 (REWIS RS 2016, 15129)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 15129

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