Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.05.2018, Az. 3 StR 88/18

3. Strafsenat | REWIS RS 2018, 8613

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:280518B3STR88.18.1

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS

3
StR 88/18
vom
28. Mai
2018
in der Strafsache
gegen

wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge

-
2
-
Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers
am 28.
Mai
2018
gemäß §
349 Abs.
2 und 4
StPO einstimmig beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 11.
Oktober 2017, soweit es ihn betrifft, aufgehoben; jedoch bleiben die Feststellungen
zum Tatge-schehen aufrechterhalten.
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.].

Gründe:
Das [X.]
hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
in zwei Fällen unter Einbeziehung einer Strafe aus einem früheren Urteil und [X.] der darin angeordneten isolierten Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei
Jahren und drei
Monaten verurteilt. Das auf die allgemeine Sachrüge gestützte Rechtsmittel des
Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.
1.
Nach den Feststellungen bestellte der Angeklagte
bei einem
[X.] in [X.] insgesamt 520
Gramm
1
2
-
3
-
Marihuana, das in zwei Paketen -
eines mit 450
Gramm und eines mit
70
Gramm -
geliefert werden sollte. [X.] holte der Mitangeklagte das Rauschgift in [X.] ab und verbrachte es nach [X.], wo der Angeklagte
sogleich 450
Gramm Marihuana gewinnbringend verkaufte (Fall II. 1. d) aa) der Urteilsgründe). Was mit den restlichen 70
Gramm geschah, teilt das Urteil nicht mit.
Noch am selben Tag nahm der Angeklagte
erneut Kontakt zu dem
[X.] auf und erbat nun eine Lieferung von 500
Gramm
Marihuana, aufgeteilt in zwei Pakete zu 450
Gramm und 50
Gramm. Auch [X.] setzte er, sobald der Mitangeklagte das Rauschmittel wiederum über die Grenze gebracht hatte, mindestens 450
Gramm gewinnbringend ab
(Fall II. 1. d) bb) der Urteilsgründe). Zum Verbleib der restlichen 50
Gramm
verhält sich das Urteil nicht. Im Rahmen der rechtlichen Würdigung teilt das [X.]
lediglich mit, es hätten sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die beiden zu unterschiedlichen Zeiten gekauften Betäubungsmittelmen-gen -
sei es auch nur teilweise -
zu einem einheitlichen Verkaufsvorrat vereint worden seien. Ein vorübergehender gleichzeitiger Besitz der restlichen
70 Gramm aus der ersten Lieferung mit dem Betäubungsmittel
aus der zweiten Lieferung sei dagegen nicht ausschließbar.
Das [X.]
hat das Verhalten des Angeklagten in beiden Fällen
zutreffend als Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
gewertet. Dabei hat es zwei im Verhältnis der Tatmehrheit zueinander stehende Taten angenommen, da eine Bewertungseinheit nicht gegeben sei.
2.
Diese Bewertung des konkurrenzrechtlichen Verhältnisses der beiden Betäubungsmitteltaten zueinander hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
3
4
5
-
4
-
a)
Im Ansatz zutreffend geht das [X.] von zwei Taten des
Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge aus. Denn eine Bewertungseinheit ist nicht gegeben. Zwar werden sämtliche Betätigungen, die sich im Rahmen ein und desselben Güterumsatzes auf den Vertrieb einer
einheitlichen Rauschgiftmenge beziehen, vom gesetzlichen Tatbestand in dem pauschalierenden, verschiedenartige Tätigkeiten umfassenden Begriff des Handeltreibens zu einer Bewertungseinheit und damit zu einer Tat des [X.] verbunden (st.
Rspr.; vgl. etwa [X.], Beschluss vom 24.
Januar 2017
-
3
StR 487/16, [X.], 711, 712). Dabei ist jedoch entscheidend, dass sich die Bemühungen des [X.] auf dieselbe
Rauschgiftmenge beziehen (vgl. [X.], Urteil vom 26.
Februar 1997 -
3
StR 586/96, [X.], 344). Dies ist hier nicht der Fall, weil die Betäubungsmittel weder aus einem einheitlichen
Erwerbsvorgang stammen (vgl. [X.], Beschluss vom 20. Februar
2008
-
2
StR 619/07, [X.], 470) noch zu einem einheitlichen Verkaufsvorrat vereint wurden (vgl. [X.], Beschlüsse vom 11.
Januar 2012 -
5
StR 445/11, [X.], 121, 122; vom 28.
Juni 2011 -
3
StR 485/10, juris Rn.
5). Auch der bloße gleichzeitige Besitz zweier aus verschiedenen Liefervorgängen stammender Handelsmengen vermag, wie das [X.] richtig gesehen hat, zwei selbstständige Fälle des Handeltreibens nicht zu einer Bewertungseinheit im Sinne einer tatbestandlichen Handlungseinheit zu verbinden (st. Rspr.; vgl. etwa [X.], Urteil vom 2.
April 2015 -
3
StR 642/14, juris Rn.
7; Beschluss vom 24.
Januar 2017 -
3
StR 487/16, [X.], 711, 712
jew.
mwN).
b) Doch hat das [X.] bei der Annahme von Tatmehrheit nicht
bedacht, dass mehrere Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
-
unabhängig vom Vorliegen einer Bewertungseinheit -
zueinander dann in [X.] im Sinne des §
52 Abs.
1 StGB
stehen, wenn ihre tatbestandlichen [X.] sich -
teilweise -
überschneiden ([X.], Beschluss vom
24.
Januar 2017 -
3
StR 487/16, [X.], 711, 712 mwN; vgl. auch [X.], 6
7
-
5
-
Beschlüsse vom 10.
Juli 2017 -
GSSt 4/17, juris Rn.
23 [zur Veröffentlichung in [X.]St vorgesehen]; vom 28.
Juni 2011 -
3
StR 485/10, juris Rn.
5). Da das Vorhalten einer
Handelsmenge zum Vertrieb als Teilakt des Handeltreibens anzusehen ist, vermag der gleichzeitige Besitz zweier für den Verkauf bestimm-ter Vorräte jedenfalls dann Tateinheit in diesem Sinne zu begründen, wenn die Art und Weise der Besitzausübung über eine bloße Gleichzeitigkeit hinausgeht und die Wertung rechtfertigt, dass -
etwa wegen eines räumlichen und zeitli-chen Zusammenhangs (vgl. auch [X.], Urteil vom 2.
April 2015 -
3
StR 642/14, juris Rn.
8; Beschluss vom 10.
Juli 2017 -
GSSt 4/17, juris Rn.
29 [zur
Veröf-fentlichung in [X.]St vorgesehen]) -
die tatsächliche Ausübung des Besitzes über die eine Menge zugleich die Ausübung der tatsächlichen Verfügungs-
gewalt über die andere darstellt ([X.], Urteil vom 2.
April 2015 -
3
StR 642/14, juris Rn.
7
mwN; LK/[X.], StGB, 12.
Aufl., Vor §§
52 ff. Rn.
43; [X.], BtMG, 5.
Aufl., Vor
§§
29
ff. Rn.
628
ff.; vgl. auch [X.], Beschluss vom 13.
Oktober 1998 -
4
StR 315/98, NStZ-RR
1999, 119, 120).
Das [X.] hat dazu keine Feststellungen getroffen. Es hat indes einen gleichzeitigen Besitz des Angeklagten an den nach Verkauf der 450
Gramm verbliebenen 70 Gramm Marihuana aus der ersten Lieferung und der mit der zweiten Lieferung erhaltenen Betäubungsmittelmenge nicht aus-schließen können. Die Urteilsgründe verhalten sich nicht dazu, ob der Ange-klagte die mit der zweiten Lieferung erhaltenen Rauschmittel gegebenenfalls ganz oder teilweise in einem engen und unmittelbaren räumlichen [X.] mit dem Rest von 70 Gramm Marihuana aus der ersten Lieferung auf-
bewahrte, so dass er die beiden Rauschmittelmengen aus den getrennten
Erwerbsgeschäften nicht lediglich unabhängig voneinander gleichzeitig beses-sen, sondern gemeinsam über beide [X.] die [X.] ausgeübt hätte. Der [X.] kann deshalb nicht überprüfen, ob das Land-gericht das Konkurrenzverhältnis zwischen den beiden Taten rechtsfehlerfrei 8
-
6
-
als tatmehrheitlich bewertet oder der Angeklagte sich wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei tateinheitlich zusammentref-fenden Fällen strafbar gemacht hat.
3.
Die Sache bedarf hierzu neuer Verhandlung und Entscheidung. Die für sich rechtsfehlerfrei getroffenen bisherigen Feststellungen zum objektiven und subjektiven Tatgeschehen können bestehen bleiben. Das neu zur Entscheidung berufene Gericht wird lediglich ergänzende Feststellungen, die für die Bewer-tung des [X.] von Bedeutung sind, zu treffen haben, die allerdings zu den aufrechterhaltenen Feststellungen nicht in Widerspruch
stehen dürfen.

[X.] Gericke Spaniol

Berg Hoch

9

Meta

3 StR 88/18

28.05.2018

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.05.2018, Az. 3 StR 88/18 (REWIS RS 2018, 8613)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 8613

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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