Bundessozialgericht, Urteil vom 28.02.2013, Az. B 8 SO 1/12 R

8. Senat | REWIS RS 2013, 7792

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

(Sozialhilfe - Hilfe zur Pflege - häusliche Pflege - andere Leistung - Beschäftigung einer besonderen Pflegekraft - Vorhaltung eines Assistenzzimmers als Rückzugsmöglichkeit - Übernahme der hierdurch entstehenden Kosten - sozialgerichtliches Verfahren - abtrennbarer Streitgegenstand - kein Verweis auf Pflegesachleistungen nach § 36 SGB 11 - Privilegierung des Arbeitgebermodells)


Leitsatz

Bei dem in der Sozialhilfe privilegierten Arbeitgebermodell sind neben den Personalkosten als Hilfe zur Pflege auch erforderliche Sachkosten zu übernehmen, die aufgrund der Mitbenutzung der Wohnung durch die Pflegepersonen - beispielsweise für ein Assistenzzimmer - entstehen.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 28. November 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Revisionsverfahren zu erstatten.

Tatbestand

1

[X.] ist ein Anspruch des [X.] auf Übernahme der Kosten für die Wohnungsnutzung ([X.] und Nebenkosten) durch seine Pflegepersonen für Oktober 2005.

2

Der 1973 geborene, im streitbefangenen [X.]raum ledige und vermögenslose Kläger, der seit 1992 [X.] im sog [X.] ([X.]eschäftigung von Pflegepersonen als Arbeitgeber) erhält, leidet an einer Duchenneschen Muskeldystrophie mit beatmungspflichtiger respiratorischer Insuffizienz sowie Herzinsuffizienz. Er benötigt einen Spezialrollstuhl und ist rund um die Uhr auf Pflegeleistungen angewiesen. Er ist der [X.] zugeordnet und erhält Pflegegeld aus der [X.] Pflegeversicherung. Der Kläger erzielte aus einer [X.]ätigkeit als [X.]ildungs- und Sozialberater, die er in einem Umfang von 19,25 Stunden wöchentlich ausübte und zu deren Ausübung der [X.]eigeladene als Integrationsamt einen Zuschuss zur [X.]eschäftigung einer Assistenzkraft am Arbeitsplatz gewährte, im Oktober 2005 einen Verdienst von 1572,73 Euro brutto (1066,69 Euro netto).

3

Im [X.] 2004 stellte er einen Antrag auf weitere Übernahme der Pflegekosten für die persönliche Assistenz im Rahmen des [X.]s für die [X.] nach seinem Umzug von [X.] nach [X.], den er später ausdrücklich auf die Übernahme der anfallenden Kosten wegen eines den Pflegepersonen zur Verfügung gestellten [X.]s, eines sog [X.]s, erstreckte. Zum 1.11.2004 mietete er eine etwa 63 qm große Zweizimmerwohnung in [X.] an. Die Miete (487,15 Euro kalt zuzüglich 127,36 Euro Nebenkostenvorauszahlung) zahlte der Kläger ab September 2005 selbst. In der Wohnung wurde er rund um die Uhr durch von ihm angelernte und beschäftigte [X.] betreut, die jeweils in 24-stündigen Schichten tätig waren. Für deren Aufenthalt in [X.] und bei Arbeitsunterbrechungen war in der Wohnung ein separater Raum (Größe ca 16 qm) eingerichtet und mit dem notwendigen Mobiliar ausgestattet.

4

Die Lohn- und Lohnnebenkosten der vom Kläger beschäftigten [X.] übernahm die [X.]eklagte als Leistungen der Hilfe zur Pflege unter [X.]erücksichtigung des von der Pflegekasse an den Kläger gezahlten Pflegegelds ([X.]escheid vom [X.]). Die Übernahme der anteiligen Kosten für die Wohnungsnutzung lehnte die [X.]eklagte hingegen ab ([X.]escheid vom 10.2.2005; Widerspruchsbescheid vom 21.12.2005 unter [X.]eteiligung sozial erfahrener Dritter).

5

Auf die dagegen erhobene Klage hat das Sozialgericht ([X.]) Köln die [X.]eklagte verurteilt, "ab [X.] die anteiligen Kosten für das der jeweiligen Pflegeperson zur Verfügung gestellte [X.] zu übernehmen" (Urteil vom [X.]). Im Verfahren vor dem [X.] ([X.]) [X.] haben die [X.]eteiligten durch [X.]eilvergleich den streitbefangenen [X.]raum auf den Monat Oktober 2005 beschränkt; sodann hat das [X.] die [X.]erufung der [X.]eklagten zurückgewiesen (Urteil vom 28.11.2011). Zur [X.]egründung seiner Entscheidung hat das [X.] ausgeführt, die Kosten für das [X.] und die Wohnungsnutzung stellten angemessene Kosten iS des § 65 Abs 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zwölftes [X.]uch - Sozialhilfe - ([X.][X.] XII), also Kosten im Rahmen der Hilfe zur Pflege dar. Es könne dahinstehen, ob den Kläger bereits eine arbeitsrechtliche Verpflichtung treffe, [X.] für die Pflegepersonen bereitzustellen. Denn seine Pflege könne sinnvollerweise nur im Rahmen einer 24-Stunden-[X.]etreuung sichergestellt werden, weil eine ständige Rufbereitschaft auch in den Nachtstunden unabdingbar sei. Ein permanentes Verbleiben der jeweiligen Pflegekraft in der Küche oder im [X.] des [X.] sei für beide unzumutbar. [X.]ei den Kosten der Wohnungsnutzung handele es sich nicht um bloße Kosten der Unterkunft, weil maßgeblich für die Entstehung der Kosten die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Pflege sei.

6

Mit ihrer Revision rügt die [X.]eklagte eine Verletzung des § 65 Abs 1 Satz 2 [X.][X.] XII. Kosten, die einem behinderten Menschen für seine Wohnung durch den Einsatz von Pflegekräften entstünden, seien von der Vorschrift nicht erfasst, sondern vielmehr als Kosten der Unterkunft anzusehen. Darüber hinaus hätte der Kläger statt eines 24-stündigen Einsatzes kürzere Schichten vereinbaren können, um das Vorhalten eines Rückzugsraumes für die [X.] entbehrlich zu machen. Die für das [X.] anfallenden Kosten seien schließlich bereits bei der Prüfung der Anspruchsberechtigung für die Hilfe zur Pflege durch die Übernahme der Lohn- und Lohnnebenkosten in vollem Umfang berücksichtigt worden, sodass bei einer Übernahme von [X.] nach § 65 Abs 1 Satz 2 [X.][X.] XII eine doppelte [X.]erücksichtigung erfolgen würde.

7

Die [X.]eklagte beantragt,
die Urteile des [X.] und des [X.] aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält die Entscheidung des [X.] für zutreffend.

Der [X.]eigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz ). Das [X.] hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen; der [X.]läger hat dem Grunde nach (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG) gegen die zuständige Beklagte (§§ 3, 97, 98 [X.] den vom [X.] angewandten landesrechtlichen Vorschriften in der bindenden Auslegung durch das Berufungsgericht <§ 202 SGG iVm § 560 Zivilprozessordnung>) einen Anspruch auf Übernahme der [X.]osten für die Wohnungsnutzung als Leistung der Hilfe zur Pflege.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 10.2.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2005 (§ 95 SGG). Gegen diesen wendet sich der [X.]läger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 iVm § 56 SGG), zulässigerweise zeitlich beschränkt auf die im Monat Oktober 2005 angefallenen [X.]osten und in der Sache auf die Übernahme der [X.]osten für die Wohnungsnutzung, insbesondere für die des [X.]s, bei sachgerechter Auslegung des [X.]lägerbegehrens (§ 123 SGG) aber auch für die der insoweit entstandenen Nebenkosten.

Diese [X.]osten bilden als Leistung der Hilfe zur Pflege einen abtrennbaren Streitgegenstand. Sie lassen sich nämlich rechtlich und sachlich als nur mittelbar mit der Beschäftigung von besonderen Pflegekräften im [X.] (§ 66 Abs 4 Satz 2 [X.]I) verbundene [X.]osten von den übrigen Leistungen der Hilfe zur Pflege, die der [X.]läger nach §§ 61 ff [X.]I in der Form der Übernahme von Lohn- und Lohnnebenkosten und damit ggf zusammenhängender weiterer [X.]osten nach § 65 Abs 1 Satz 2 [X.]I erhält, trennen und sind deshalb nicht nur bloßes Berechnungselement im Rahmen eines Gesamtanspruchs aus § 65 Abs 1 Satz 2 [X.]I. Es handelt sich bei diesen nur mittelbar durch die Pflege des [X.] entstehenden Sachkosten um einen anderen Anspruch, der neben die von § 65 Abs 1 Satz 2 [X.]I schon seinem Wortlaut nach erfassten Personalkosten für die Pflegepersonen tritt und in der Sozialhilfe nur deshalb - nicht aber im [X.] - ([X.]) - übernahmefähig ist, weil das [X.] in § 66 Abs 4 Satz 2 [X.]I eine besondere Privilegierung erfahren hat. Davon ist im Übrigen auch die Beklagte ausgegangen, die über die [X.]osten für das [X.] und die Übernahme der Lohn- und Lohnnebenkosten der [X.] in getrennten Bescheiden entschieden hat.

Der [X.]läger hat einen Anspruch auf Übernahme der [X.]osten der Wohnungsnutzung nach § 19 Abs 3, § 61 Abs 1 und § 65 Abs 1 Satz 2 [X.]I (alle idF, die die Normen durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - [X.] 3022 - erhalten haben). Er gehört nach den bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des [X.] zu dem nach § 61 Abs 1 Satz 1 [X.]I anspruchsberechtigten Personenkreis. Bei den [X.]osten für die Wohnungsnutzung handelt es sich um eine Leistung der Hilfe zur Pflege, nicht um Eingliederungshilfe und auch nicht um Hilfe zum Lebensunterhalt. Diese sind nämlich untrennbar (nur) mit der Sicherstellung der häuslichen Pflege des [X.] verbunden; denn das [X.] wird allein zu diesem Zweck vorgehalten. Es soll damit - gleichermaßen wie mit der Beschäftigung der [X.] selbst - weder die Integration des [X.] in die Gesellschaft gefördert werden (dies kann zwar ein Nebeneffekt einer erfolgreichen Pflege sein, ist aber nicht ihr eigentliches Ziel, vgl § 53 Abs 3 Satz 2 [X.]I), worauf Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 53 Abs 3 [X.]I jedoch vorrangig hinzuwirken haben (dazu: Voelzke in [X.]/[X.], [X.]I, [X.] § 53 RdNr 32, Stand März 2009; [X.] in [X.]/[X.], [X.]I, 4. Aufl 2012, § 53 [X.]I RdNr 37; [X.] in juris Praxis[X.]ommentar [X.]I, § 53 [X.]I Rd[X.]5; [X.] in Lehr- und Praxiskommentar [X.]I, 9. Aufl 2012, § 53 [X.]I Rd[X.]4; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]I, 18. Aufl 2010, § 61 [X.]I RdNr 73), noch ist es das Ziel der Wohnungsnutzung, den [X.]n einen vor Unbilden des Wetters und der Witterung geschützten räumlichen Lebensmittelpunkt zu gewährleisten (so zum Zweck einer Unterkunft [X.]-3500 § 29 [X.] Rd[X.]4 mwN). Sie zählen deshalb auch nicht zu den [X.]osten der Unterkunft und Heizung, deren Übernahme sich nach § 29 [X.]I (idF, die die Norm durch das Gesetz zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht vom 21.3.2005 - [X.] 818 - erhalten hat) oder aber nach § 22 [X.] ([X.]) zu richten hätte. Die [X.] nutzen [X.] allein im Zusammenhang mit ihrer Verpflichtung zur Pflege des [X.] und haben ihren räumlichen Lebensmittelpunkt außerhalb. Auch der [X.]läger selbst hält [X.] nur für seine [X.] als Rückzugsraum bereit. Dass das [X.] räumlich Bestandteil der vom [X.]läger angemieteten Wohnung ist, genügt mithin nicht, um die anteilig anfallenden [X.]osten als [X.]osten der Unterkunft zu qualifizieren. Für eine Qualifizierung der [X.]osten der Wohnungsnutzung als Bestandteil der Hilfe zur Pflege nach § 65 Abs 1 Satz 2 [X.]I spricht zudem das mit der im Vergleich zur Hilfe zum Lebensunterhalt günstigeren Einkommensberechnung bei besonderen Sozialhilfeleistungen nach den §§ 85 ff [X.]I vom Gesetzgeber verfolgte Ziel der Sicherung eines Lebensstandards oberhalb der für die Hilfe zum Lebensunterhalt maßgeblichen Bedürftigkeitsgrenze nach § 19 Abs 1, §§ 82 ff [X.]I. Dieses könnte nur unzureichend sichergestellt werden, würden für die im [X.] anfallenden Sachkosten ungünstigere Einkommensgrenzen gelten.

Der Anspruch ergibt sich trotz des in § 61 Abs 2 Satz 2 [X.]I enthaltenen Verweises auf die Vorschriften der Sozialen Pflegeversicherung ([X.]) nicht aus § 36 [X.]. Denn der Verweis auf das [X.] ist weder im Hinblick auf Leistungshöhe noch den Inhalt der Leistungen im Bereich der Sozialhilfe abschließend. Es bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, welche Bedeutung diese - missglückte (vgl: [X.] in jurisP[X.]-[X.]I, § 61 [X.]I Rd[X.]03 mwN) - Vorschrift überhaupt hat - es könnte darin ggf zum Ausdruck gebracht werden, dass (nur) dort, wo das [X.]I keine besonderen Regelungen zu den Leistungen der Hilfe zur Pflege enthält, auf das [X.] zurückzugreifen ist; jedenfalls für die hier gewährten Leistungen der häuslichen Pflege enthalten die §§ 63 ff [X.]I ausdifferenzierte und vollständige Regelungen zu den Leistungsvoraussetzungen und dem Leistungsumfang, die einem Rückgriff auf § 36 [X.] entgegenstehen (so im Ergebnis: [X.]rahmer/[X.] in LP[X.]-[X.]I, 9. Aufl 2012, § 61 [X.]I Rd[X.]9; ein Vorrang-Nachrangverhältnis im Bereich häuslicher Pflege bejahend [X.], aaO, [X.], sowie [X.] in [X.]/[X.], [X.]I, 4. Aufl 2012, § 61 [X.]I RdNr 38). Dieses Verständnis der Vorschrift kommt auch in der Privilegierung des von § 66 Abs 4 Satz 2 [X.]I vorausgesetzten [X.]s in der Sozialhilfe gegenüber dem [X.] zum Ausdruck (vgl dazu näher [X.], aaO, § 66 [X.]I RdNr 44 ff mwN). Danach dürfen Pflegebedürftige nicht auf die Inanspruchnahme von Sachleistungen nach dem [X.] verwiesen werden, wenn sie ihre Pflege durch von ihnen beschäftigte Pflegekräfte ("[X.]") sicherstellen. In ihrer Funktion als Arbeitgeber obliegt es den Pflegebedürftigen dabei nicht nur, die Pflegepersonen eigenverantwortlich auszuwählen, sondern auch, sie in ihre Tätigkeit einzuweisen und ihre Arbeit im Rahmen des arbeitsrechtlich Zulässigen zu organisieren, sowie für ihre Entlohnung einzustehen ([X.], Persönliche Assistenz - [X.]ompendium von der Praxis für die Praxis, 1. Aufl 2011, [X.] ff); die §§ 75 ff [X.]I gelten nicht ([X.]/[X.] in jurisP[X.]-[X.]I, § 75 [X.]I Rd[X.]2.5).

Die Privilegierung der Beschäftigung von Pflegekräften in der Sozialhilfe ist historisch gewachsen, (erst) mit der Einführung der Sozialen Pflegeversicherung notwendig geworden und in bewusster Abgrenzung zum Leistungskatalog des [X.] normiert worden, weil dort seit [X.] (vgl § 77 Abs 1 Satz 3 bis 5 aF [X.]) gemäß § 77 Abs 1 Satz 3 [X.] Pflegebedürftige mit Pflegekräften, die häusliche Pflege und hauswirtschaftliche Versorgung sicherstellen, grundsätzlich kein Beschäftigungsverhältnis mehr begründen dürfen. Damit korrespondierend bestimmen § 36 Abs 1 Satz 3 und 4 [X.], dass Pflegesachleistungen nur durch solche Pflegekräfte erbracht und damit von der Pflegekasse vergütet werden, mit denen die Pflegekasse einen Vertrag geschlossen hat. Will der Pflegebedürftige mit von ihm selbst gewählten Pflegekräften einen Vertrag schließen, ist er von Pflegesachleistungen nach dem [X.] ausgeschlossen und kann an deren Stelle nur Pflegegeld nach § 37 [X.] in Anspruch nehmen. Mit der in § 66 Abs 4 Satz 2 [X.]I (mittelbar) zum Ausdruck gebrachten sozialhilferechtlichen Privilegierung des [X.]s sollte demgegenüber über das [X.] hinaus, das nur noch Personen, die ihre Pflege und Betreuung bereits früher durch von ihnen beschäftigte Pflegekräfte organisiert hatten, unter bestimmten Voraussetzungen die Fortführung dieses Modells erlaubte, generell die Bedarfsdeckung auf diese Weise weiterhin erlaubt werden (BT-Drucks 13/3696, [X.] zu Buchst A Allgemeiner Teil). Die Beschäftigung von [X.]n als Arbeitgeber ermöglicht es so auch dem bedürftigen zu Pflegenden seine Pflege so zu gestalten, dass ein möglichst selbstbestimmtes Leben geführt werden kann (vgl zur Definition und Inhalten der persönlichen Assistenz: [X.], aaO, S 89 ff).

Auch die spezifischen weiteren Voraussetzungen des § 65 Abs 1 Satz 2 [X.]I für die Übernahme der [X.]osten der Wohnungsnutzung sind nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des [X.] erfüllt. Danach sind, wenn neben oder anstelle der Pflege nach § 63 Satz 1 [X.]I ua die Heranziehung einer besonderen Pflegekraft erforderlich ist, die angemessenen [X.]osten zu übernehmen. Es handelt sich bei den [X.]n des [X.] um solche besonderen Pflegekräfte. In Abgrenzung zu § 65 Abs 1 Satz 1 [X.]I sind Pflegekräfte bereits dann "besondere" iS des § 65 Abs 1 Satz 2 [X.]I, wenn sie nicht in häuslicher oder nachbarschaftlicher Verbundenheit nach § 63 Satz 1 [X.]I pflegen (vgl dazu [X.], aaO, § 65 [X.]I RdNr 31.1). Schon infolge des beim [X.]läger rund um die Uhr bestehenden Pflegebedarfs konnte die Sicherstellung seiner Pflege durch Nahestehende oder im Wege der Nachbarschaftshilfe nicht erwartet und gefordert werden (zum [X.]riterium der Erforderlichkeit im Rahmen des § 69b Abs 1 Satz 2 Bundessozialhilfegesetz <[X.]> bereits BVerwGE 111, 241, 242 f; zu § 65 Abs 1 Satz 2 [X.]I: [X.]-3500 § 18 [X.] Rd[X.]0 und § 21 [X.] Rd[X.]8; BSG, Urteil vom [X.] - B 8 [X.] 1/11 R - Rd[X.]6). Besondere förmliche Qualifikationsanforderungen sind zumindest im [X.] wegen der mit der Arbeitgeberstellung des zu Pflegenden verbundenen Gestaltungshoheit und der vom Gesetzgeber gewollten Privilegierung nicht zu stellen, sodass es unerheblich ist, dass die vom [X.]läger beschäftigten Pflegekräfte nicht über eine besondere Ausbildung im pflegerischen Bereich verfügen. Es genügt, dass sie von ihm angelernt und in ihre Arbeit eingewiesen worden sind. Es kann deshalb gleichfalls dahinstehen, welche Qualifikationsanforderungen im [X.] an Sachleistungen erbringende "geeignete" Pflegekräfte (§ 36 Abs 1 [X.]) zu richten sind (dazu Piepenstock in [X.]/[X.], [X.], [X.] § 77 Rd[X.]2 und 13, Stand Oktober 2009; vgl auch [X.], aaO, RdNr 33).

Die [X.]osten für die Wohnungsnutzung sind [X.]osten iS des § 65 Abs 1 Satz 2 [X.]I; sie entstehen durch die Beschäftigung von Pflegepersonen. Eine Beschränkung des [X.]ostenübernahmeanspruchs auf die nur unmittelbar durch die Pflege hervorgerufenen [X.]osten, also die Lohn- und Lohnnebenkosten oder der Beiträge unter den Voraussetzungen des § 65 Abs 2 [X.]I, gebietet schon nicht der Wortlaut der Norm. Nicht zuletzt ist auch in diesem Punkt die Privilegierung des [X.]s zu beachten, das auch andere als die üblichen Pflegekosten zur Folge haben kann. Wollte man diese von der [X.]ostenübernahme nach § 65 Abs 1 Satz 2 [X.]I ausschließen, würde die Privilegierung wegen des damit verbundenen Wegfalls der besonderen Einkommensgrenzen nach den §§ 85 ff [X.]I konterkariert.

Es handelt sich auch um erforderliche [X.]osten; die Frage der Angemessenheit der [X.]osten ist dagegen für ein Grundurteil nicht zu prüfen. Der [X.]läger ist auf ständige Hilfe angewiesen, die ein eigenes [X.] und die Wohnungsmitbenutzung bedingen. Ob die Wohnung bereits unter diesem Aspekt angemietet worden ist, ist ohne Bedeutung. Der [X.]läger muss sich auch nicht, anders als die Beklagte meint, darauf verweisen lassen, die Einsatzzeiten der jeweiligen Pflegekräfte auf weniger als 24 Stunden zu reduzieren, mit der Folge, dass die Vorhaltung eines [X.]s ggf entbehrlich würde. Mit der Festlegung eines 24-Stunden-Einsatzes je Pflegekraft hat der [X.]läger die Grenzen seiner von der Beklagten zu respektierenden Gestaltungshoheit als Arbeitgeber nicht überschritten (§ 9 Abs 2 Satz 1 iVm Abs 1 [X.]I). Mit diesem Schichtmodell ist ihm jedenfalls ein hinreichendes Maß an Flexibilität in der Gestaltung des täglichen Lebens gesichert, was bei kürzeren, zB auf acht Stunden beschränkten Schichten, mit den damit verbundenen, mehrfach täglich entstehenden notwendigen Abstimmungsprozessen und [X.]ompromissen in der Tagesgestaltung, zudem immer mit der Gefahr einer zeitlichen Lücke bei der Pflege, nur bedingt gewährleistet wäre. [X.]ann somit der vom [X.]läger festgelegte Einsatzplan seiner Pflegekräfte von der Beklagten nicht erfolgreich angegriffen werden, ist unter Berücksichtigung des Umstands, dass der [X.]läger ständig eine Pflegeperson in seiner Nähe haben muss, auch unabhängig von der Arbeitsstättenverordnung - wie das [X.] zutreffend ausgeführt hat - sicherzustellen, dass ein Rückzugsraum zur Sicherung eines Mindestmaßes an Privat- und Intimsphäre für beide Personen besteht. Dies wäre allerdings nicht gewährleistet, müssten sich der [X.]läger und seine jeweilige Pflegeperson in [X.] aufhalten. Auf die [X.]üche als Rückzugsraum kann eine Pflegekraft dabei nicht zumutbar verwiesen werden. Zudem würden selbst dann die [X.]osten für die Mitbenutzung der Wohnung anfallen.

Dem somit bestehenden [X.]ostenübernahmeanspruch dem Grunde nach steht § 91 Abs 2 [X.], insbesondere § 91 Abs 2 Satz 3 [X.] nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung nicht entgegen. Danach werden in der [X.] Pflegeversicherung Pflegebedürftigen, die einen Vertrag mit einer zugelassenen Pflegeeinrichtung abgeschlossen haben, für die keine vertragliche Pflegevergütung nach §§ 85, 89 [X.] maßgeblich ist, maximal 80 % der Aufwendungen erstattet, die die Pflegekasse für die Leistungen nach den §§ 36 ff [X.] zu leisten hätte 91 Abs 2 Satz 1 und 2 [X.]); § 91 Abs 2 Satz 3 [X.] schließt eine weitergehende [X.]ostenerstattung durch den Träger der Sozialhilfe aus. Die Regelung umfasst allerdings schon nach ihrem Wortlaut nur die Höhe der Vergütung für zugelassene Pflegeeinrichtungen, die Pflegesachleistungen erbringen. Für die im [X.] insoweit korrespondierenden unmittelbaren [X.]osten der Pflege (also anstelle der Pflegesachleistung die unmittelbaren [X.]osten für die Beschäftigung von besonderen Pflegekräften), die hier nicht streitgegenständlich sind, trifft das [X.]I jedoch eine Sonderregelung, sodass Satz 3 schon bei der [X.] im [X.] hinsichtlich der Höhe der zu übernehmenden Pflegekosten keine Anwendung finden kann. Für die hier streitgegenständlichen, nur mittelbar durch die eigentliche Pflege entstandenen [X.]osten, für die schon keine Vergütungsvereinbarung nach den §§ 85, 89 [X.] abgeschlossen werden kann, findet Satz 3 erst recht keine Anwendung. Zudem besteht bei diesen mittelbaren [X.]osten nicht die Gefahr, der Satz 3 begegnen will, nämlich dass Pflegeeinrichtungen ohne Vergütungsvertrag mit Pflegebedürftigen Preisvereinbarungen zu Lasten des Sozialhilfeträgers abschließen und damit das vertragliche Vergütungssystem der [X.] Pflegeversicherung unterlaufen (vgl Mühlenbruch in [X.]/[X.], [X.], [X.] § 91 Rd[X.]1, Stand Oktober 2009). Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die Vorschrift im Zusammenhang mit § 66 Abs 4 Satz 2 [X.]I überhaupt einer teleologischen Reduktion bedarf (so [X.] in jurisP[X.]-[X.]I, § 65 [X.]I RdNr 40).

Der Leistung steht auch nicht der Mehrkostenvorbehalt des § 13 Abs 1 Satz 3 [X.]I entgegen, wonach der in § 13 Abs 1 Satz 2 [X.]I normierte Vorrang ambulanter vor stationärer Leistung dann nicht gilt, wenn eine Leistung für eine geeignete stationäre Einrichtung zumutbar und eine ambulante Leistung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden ist. Der Anspruch des [X.] ist ohne Rücksicht hierauf zu prüfen, weil er sich aufgrund der Übergangsregelung in § 130 [X.]I - er hatte am Stichtag, dem 26.6.1996, seine Pflege bereits durch von ihm beschäftigte Personen sichergestellt - noch auf den in § 3a [X.] normierten uneingeschränkten Vorrang ambulanter vor stationärer Pflege berufen kann.

Schließlich sind die Voraussetzungen der §§ 85 ff [X.]I erfüllt. Das Einkommen des vermögenslosen [X.] unterschreitet die Einkommensgrenze des § 85 [X.]I (idF, die die Norm durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch erhalten hat); die Voraussetzungen für den Einsatz von Einkommen unter der Einkommensgrenze nach § 88 [X.]I (ebenfalls idF dieses Gesetzes) liegen nicht vor. Da die für das [X.] anfallenden [X.]osten bereits Bestandteil der Hilfe zur Pflege nach § 65 Abs 1 Satz 2 [X.]I sind, sind sie insoweit allerdings nicht (mehr) bei der Ermittlung der Einkommensgrenze nach § 85 Abs 2 Satz 1 [X.] [X.]I (als [X.]osten der Unterkunft) zu berücksichtigen. Dies würde zu einer nicht zu rechtfertigenden Doppelberücksichtigung im Rahmen der Hilfe zur Pflege führen. Ein Anspruch des [X.] auf Leistungen der Hilfe zur Pflege besteht auch ohne diese [X.]osten selbst bei der für den [X.]läger ungünstigsten Berechnung der Einkommensgrenze nach § 85 Abs 2 Satz 1 [X.]I dem Grunde nach mit Sicherheit; ob eine hohe Wahrscheinlichkeit für den Erlass eines Grundurteils genügen würde, kann deshalb offenbleiben. Auszugehen ist bei der Berechnung von einem bereinigten Einkommen ([X.] in [X.]/[X.], [X.]I, 4. Aufl 2012, § 85 [X.]I Rd[X.]3), also dem, was (als bereites Mittel) tatsächlich zur Verfügung steht (zum [X.] vgl: [X.] in [X.]/[X.], [X.], [X.] § 11 RdNr 383, Stand Juni 2010; [X.] in [X.]/Spellbrink, [X.], 2. Aufl 2008, § 11 RdNr 91) und nicht normativ anerkannt für andere Zwecke genutzt werden kann oder darf. Dieses wird im [X.]I nach den §§ 82 bis 84 [X.]I ([X.], aaO, Rd[X.]3; [X.] in [X.], [X.]/[X.]I, § 85 [X.]I RdNr 8, Stand Februar 2010), im [X.] ([X.]) nach den §§ 11 ff [X.] bestimmt. Welcher Maßstab im Fall des [X.] anzulegen und ob dabei für die erforderliche Bereinigung für unter das [X.] fallende Leistungsberechtigte (§ 5 Abs 2 [X.], § 21 [X.]I) unmittelbar auf die Vorschriften des [X.] oder die des [X.]I zurückzugreifen ist, kann an dieser Stelle offen bleiben. Wenn man nur von dem von den Steuern und den Pflichtbeiträgen zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung bereinigten Nettoeinkommen des [X.] ausgeht (vgl § 82 Abs 2 [X.] und 2 [X.]I bzw § 11 Abs 2 [X.] und 2 aF [X.]), im nächsten Schritt bei der Berechnung der Einkommensgrenze nach § 85 [X.]I neben dem doppelten [X.] (§ 85 Abs 2 Satz 1 [X.] [X.]I) allein die anteilige [X.]altmiete (bei 63 qm Gesamtfläche der Wohnung, davon 16 qm für das [X.], also 47/63 der [X.]) und die hälftigen Nebenkosten (ohne Heizkosten) als [X.]osten der Unterkunft iS des § 85 Abs 2 Satz 1 [X.] [X.]I berücksichtigt, verbliebe kein Einkommen über der Einkommensgrenze, das nach § 87 [X.]I für die Finanzierung der Hilfe zur Pflege durch den [X.]läger selbst einzusetzen wäre. Daran würde sich auch dann nichts ändern, wenn die [X.]osten der Unterkunft (abstrakt oder konkret) unangemessen hoch wären. Es kann deshalb auch dahingestellt bleiben, ob [X.]osten der Heizung - anders als der Wortlaut nahelegt, wofür aber Sinn und Zweck der Vorschrift sprechen - nach § 85 Abs 2 Satz 1 [X.] [X.]I gleichermaßen als [X.]osten der Unterkunft zu berücksichtigen sind.

Die [X.]ostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Meta

B 8 SO 1/12 R

28.02.2013

Bundessozialgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: SO

vorgehend SG Köln, 27. September 2007, Az: S 13 (21) SO 22/06, Urteil

§ 61 Abs 1 S 1 SGB 12, § 61 Abs 2 S 1 SGB 12, § 61 Abs 2 S 2 SGB 12, § 63 S 1 SGB 12, § 63 S 2 SGB 12, § 65 Abs 1 S 2 SGB 12, § 66 Abs 4 S 2 SGB 12, § 19 Abs 3 SGB 12, § 85 SGB 12, §§ 85ff SGB 12, § 36 Abs 1 S 3 SGB 11, § 36 Abs 1 S 4 SGB 11, § 77 Abs 1 S 3 SGB 11 vom 14.06.1996

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 28.02.2013, Az. B 8 SO 1/12 R (REWIS RS 2013, 7792)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7792

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