Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.05.2011, Az. XII ZR 112/09

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 7044

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XII ZR 112/09
Verkündet am:

4. Mai 2011

Küpferle,

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 4.
Mai 2011
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
[X.]
und [X.], Dose, Schilling und Dr.
Günter
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 1.
Zivilkammer des [X.] vom 18.
Juni 2009 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 20.
November 2007 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren
werden den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von den
Beklagten die Zahlung von [X.].
[X.] mieteten die Beklagten von der Klägerin gewerbliche Mieträume.
Gemäß §
4 des [X.] belaufen sich die Vorauszahlungen
für Heizkosten auf 495

auf ebenfalls 495

bei einer monatlichen Grundmiete von 5.197,50

Mietnebenkosten verweist der Mietvertrag auf seine Anlage
1. Diese enthält eine Aufstellung der einzelnen Betriebskosten. Unter Nr.
17 sind als sonstige 1
2
-
3
-
Betriebskosten unter anderem "die Kosten der kaufmännischen und techni-schen Hausverwaltung der Mietsache"
aufgeführt. Mit Schreiben vom 30.
Oktober 2006 erfolgte die Abrechnung der Betriebskosten für das [X.] 2005. Danach entfällt auf die Verwaltungsgebühren
ein Betrag von 2.652,80

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Be-klagten
hat das [X.] das amtsgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom [X.] zugelas-senen Revision.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückweisung der Berufung und damit zur Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

I.
Das Berufungsgericht vertritt die Auffassung, §
4 des [X.] in Verbindung mit Nr.
17 der Anlage
1 zum Mietvertrag beinhalte eine unwirksame allgemeine Geschäftsbedingung. Es könne dahinstehen, ob diese Bestimmung bereits wegen unangemessener Benachteiligung der Mieter gemäß §
307 Abs.
1 Satz
1, Abs.
2
Nr.
1 BGB unwirksam sei. Jedenfalls bedeute die Über-bürdung von nicht bezifferten Hausverwaltungskosten auf die Beklagten durch eine allgemeine Geschäftsbedingung eine Überraschungsklausel gemäß 3
4
5
6
-
4
-
§
305
c BGB und sei unwirksam, weil sie in ihrer konkreten Auswirkung von den Erwartungen des Vertragspartners des Verwenders deutlich abweiche und die-ser mit ihr vernünftigerweise nicht habe zu rechnen brauchen.

II.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Der Senat hat nach Erlass des angefochtenen Urteils entschieden, dass eine in einem gewerblichen Mietverhältnis vereinbarte -
mit der hier streitgegen-
ständlichen Klausel inhaltsgleichen
-
Formularklausel zur Umlage der "Kosten der kaufmännischen und technischen Hausverwaltung"
nicht überraschend im Sinne von §
305
c Abs.
1 BGB ist und den Mieter auch nicht im Sinne von §
307 BGB unangemessen benachteiligt (Senatsurteil [X.], 299 =
NJW 2010, 671; siehe auch Senatsurteil vom 24.
Februar 2010 -
XII
ZR
69/08
-
NJW-RR 2010, 739).
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts handelt es sich bei der streitgegenständlichen Klausel nicht um eine Überraschungsklausel im Sin-ne des §
305
c BGB.
Die Umlegung von Verwaltungskosten auf den gewerblichen Mieter ist nicht so ungewöhnlich, dass dieser als Vertragspartner damit nicht zu rechnen brauchte. Etwas anderes ergibt sich weder aus der Art der Kosten noch aus den sonstigen Umständen (vgl. Senatsurteil [X.], 299 =
NJW 2010, 671 Rn.
9).
Die Frage der Einbeziehung der Klausel ist aufgrund des [X.] zu beurteilen,
§
305
c BGB. Dass die Bewertung der Klausel nicht von der Höhe 7
8
9
10
11
-
5
-
der Kosten im Einzelfall und deren Verhältnis zu anderen Positionen abhängen kann, zeigt sich schon daran, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht feststehen muss, welche Kosten entstehen werden. Der Mieter ist insoweit vor überhöhten Forderungen durch das allgemeine Wirtschaftlichkeitsgebot ge-schützt, das den Vermieter etwa dazu verpflichtet, den Mieter von der Umle-gung nicht erforderlicher
Kosten freizustellen (Senatsurteil [X.], 299 =
NJW 2010, 671 Rn.
11). Der Vermieter kann die Verwaltungskosten im Rah-men des Ortsüblichen und Notwendigen umlegen. Daraus ergibt sich gleichzei-tig, dass die Kosten nicht zu einem Überraschungseffekt führen.
Wenn sie sich im Rahmen des Ortsüblichen halten, können sie von dem
gewerblichen Mieter wenigstens im Groben abgeschätzt werden (vgl. Senatsurteil [X.], 299 =
NJW 2010, 671 Rn.
12 mwN).
Das Berufungsgericht hat nicht in Frage gestellt,
dass die in der Neben-kostenabrechnung vom 30.
Oktober 2006 mit 5,5
% der Bruttomiete veran-schlagten Verwaltungskosten üblich sind. Demnach mussten die Beklagten als gewerbliche Mieter aufgrund der Beschreibung der [X.] ("Kosten der kaufmännischen und technischen Hausverwaltung") auch ohne zusätzliche Auf-klärung oder Bezifferung der Kosten damit rechnen, dass Kosten in dieser [X.] anfallen werden (vgl. Senatsurteil [X.], 299 =
NJW 2010, 671 Rn.
13).
Ebenso wenig verschleiert die streitgegenständliche Klausel in Verbin-dung mit den auf die Nebenkosten zu leistenden Vorauszahlungen die wahre Höhe der vom Mieter insgesamt zu tragenden Betriebskosten.
Ausweislich des vom Berufungsgericht in Bezug genommenen §
4 des [X.] belaufen sich die Vorauszahlungen
für Betriebskosten (ohne Heizkosten) auf 495

n-12
13
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-
6
-
über beträgt der auf die Beklagten umgelegte Anteil der [X.] 2.652,80

ar belaufen sich die -
auf die Beklagten umgelegten
-
gesamten Betriebskosten (ohne Heizkosten) auf insgesamt 10.381,34

nicht, dass die Klausel zur Umlage der Verwaltungskosten überraschend ist. Denn ein Mieter darf nicht ohne weiteres darauf vertrauen, dass sich die Kosten im Rahmen der Vorauszahlungen
halten. Nach der Rechtsprechung des Senats begründet allein der Umstand, dass die vom gewerblichen Vermieter verlangten Betriebskostenvorauszahlungen
die später entstandenen Kosten deutlich unter-schreiten, noch keinen Vertrauenstatbestand, der wegen unzureichender Auf-klärung eine Schadensersatzpflicht des Vermieters auslösen oder den Mieter aufgrund §
242 BGB zu einer Leistungsverweigerung berechtigten könnte. Ein solcher Vertrauenstatbestand erfordert vielmehr das Vorliegen besonderer Um-stände (Senatsurteil [X.], 299 =
NJW 2010,
671 Rn.
14
mwN). Besonde-re Umstände, die ein Vertrauen der Beklagten darauf rechtfertigen könnten, dass die abzurechnenden
Kosten nicht -
wesentlich
-
über den Vorauszahlun-gen liegen würden, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
Ein Überraschungseffekt ergibt sich auch nicht aus der Stellung der Klausel über die Verwaltungskosten im Rahmen der allgemeinen Geschäftsbe-dingungen. Durch die Platzierung der Klausel in Nr.
17 wird auch im [X.] mit der fehlenden Bezifferung der Kosten nicht der
Eindruck erweckt, dass es sich um eine vergleichsweise unbedeutende Position handele. Zur [X.] Begründung nimmt der Senat auf seine Entscheidung vom 9.
Dezember 2009 Bezug (Senatsurteil [X.], 299 =
NJW 2010, 671 Rn.
16 ff.).
Schließlich folgt auch nicht aus einer Gesamtwürdigung der Umstände, hier also
der im Mietvertrag nicht genannten konkreten Höhe der [X.] sowie die niedriger festgesetzten Vorauszahlungen, dass die Klausel überraschend ist. Hätten die Beklagten nähere Angaben über die Kosten haben 15
16
-
7
-
wollen, hätten sie insoweit nachfragen müssen (vgl. Senatsurteil [X.], 299 =
NJW 2010, 671 Rn.
20).
2. [X.] benachteiligt die Beklagten als Mieter auch nicht unange-messen im Sinne von §
307 BGB.
a) Der Senat hat
bereits entschieden, dass die Klausel nicht wegen Ver-stoßes gegen das -
vom Berufungsgericht nicht erwogene
-
Transparenzgebot nach §
307 Abs.
1 Satz
2 BGB unwirksam ist (zur Begründung im Einzelnen siehe Senatsurteil [X.], 299 =
NJW 2010, 671 Rn.
21
ff.; s.
auch Senats-urteil
vom 24.
Februar 2010 -
XII
ZR
69/08
-
NJW-RR 2010, 739 Rn.
7
ff.).
b) Ebenso wenig führt die Klausel zu einer unangemessenen Benachtei-ligung gemäß §
307 Abs.
1 Satz
1, Abs.
2 Nr.
1 BGB.
Der Senat hat in seinem Urteil vom 9.
Dezember 2009 ausgeführt, dass die Umlegung von [X.] bei der [X.] nicht ungewöhnlich ist (Senatsurteil [X.], 299 =
NJW 2010, 671
Rn.
10 mwN; s. auch Wolf/[X.]/Ball
Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht-
und Leasingrechts 10.
Aufl. Rn.
511). Zudem erlaubt die streitgegenständliche Klausel dem Vermieter nur, die [X.]
im Rahmen des Ortsüblichen und Notwendigen umzulegen; demgemäß wird der Mieter -
wie oben bereits ausgeführt
-
vor überhöhten Forderungen durch das allgemeine
Wirtschaftlichkeitsgebot geschützt
(Senatsurteile [X.], 299 =
NJW 2010, 671 Rn.
11
f.
und vom 24.
Februar 2010 -
XII
ZR
69/08
-
NJW-RR 2010, 739 Rn.
11).

III.
17
18
19
20
-
8
-
Da die erforderlichen Feststellungen getroffen sind bzw. die der
Klage-forderung zugrundeliegenden Tatsachen unstreitig sind, kann der Senat ab-schließend in der Sache entscheiden, §
563 Abs.
3 ZPO.
Nach der
vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Nebenkostenab-rechung vom 30.
Oktober 2006 entfielen an Betriebskosten für das hier [X.] insgesamt 10.381,34

k-sichtigung der Vorauszahlungen
in einer
Gesamthöhe von 5.197,50

sich zu Lasten der Beklagten eine Nachzahlung von 5.183,84

. Hiervon ist ihr Guthaben aus der [X.] in Höhe von 3.395,94

ab-zuziehen, so dass der vom Amtsgericht ausgeurteilte Zahlbetrag verbleibt.
21
-
9
-
Soweit die Beklagten in der mündlichen Verhandlung ausgeführt haben, in den [X.] seien auch nicht umlagefähige Kosten enthalten, fehlt es hierzu an Feststellungen seitens des Berufungsgerichts. Eine ord-nungsgemäße Gegenrüge ist nicht erhoben.

[X.] Weber-Monecke
RiBGH Dose ist tagungs-bedingt verhindert zu un-terschreiben.

[X.]

Schilling

Günter

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 20.11.2007 -
217 C 180/07 -

LG [X.], Entscheidung vom 18.06.2009 -
1 S 393/07 -

22

Meta

XII ZR 112/09

04.05.2011

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.05.2011, Az. XII ZR 112/09 (REWIS RS 2011, 7044)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7044

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XII ZR 112/09

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