Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.12.2014, Az. VII ZR 60/14

7. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 104

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Gegenstand

Baukonzessionsvertrag. Mehrvergütungsanspruch gegen den öffentlichen Auftraggeber wegen verzögerter Vergabe


Leitsatz

Die Anwendung der Grundsätze der Mehrvergütung bei verzögerter Vergabe kommt auch bei einem Baukonzessionsvertrag in Betracht (Fortführung von BGH, Urteil vom 11. Mai 2009, VII ZR 11/08, BGHZ 181, 47).

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Grundurteil des 16. Zivilsenats des [X.] vom 14. Februar 2014 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin macht aus abgetretenem und hilfsweise aus eigenem Recht einen Anspruch wegen einer [X.]auzeitverschiebung auf der Grundlage eines nach öffentlicher Ausschreibung geschlossenen [X.]aukonzessionsvertrags geltend.

2

Die [X.]eklagte schrieb im März 2005 im Verhandlungsverfahren europaweit einen Investorenwettbewerb für Planung, Finanzierung, Errichtung und [X.]etrieb eines [X.] für ein Fußballstadion aus. Die Ausschreibung sah keine [X.]auzeit vor. An der Ausschreibung beteiligte sich eine [X.], aus der die [X.] hervorging. Diese [X.] erstellte unter dem 29. Juni 2005 ein Angebot. [X.]estandteil des Angebots war ein [X.]auzeitplan, der eine [X.]auzeit von Januar 2006 bis April 2007 beinhaltete. Zudem wies das Angebot auf "Voraussetzungen" hin, von denen die [X.] ausgegangen sei. Eine dieser Voraussetzungen war die "Gültigkeit der VO[X.]/[X.]". Nach Aufforderung der [X.]eklagten überreichte die [X.] unter dem 14. Oktober 2005 ein ergänzendes Angebot mit unverändertem [X.]auzeitplan. Die Angebote vom 29. Juni und 14. Oktober 2005 sollten den Zuschlag erhalten. Dazu kam es aber zunächst nicht, weil mehrere Vergaberügen von Konkurrenten erhoben wurden, deren [X.]earbeitung bis März 2007 dauerte.

3

Unter dem 27. März 2007 teilte die [X.] der [X.]eklagten Folgendes mit:

"Durch die massiven Verzögerungen war es uns nicht mehr möglich, unsere Nachunternehmer an die ursprünglichen Preisangebote zu binden. Wir werden daher nicht umhinkommen, zum Zeitpunkt der [X.]eauftragung unseres Angebotes bezogen auf zeitliche wie vergütungsmäßige Auswirkungen unser Angebot auf der Grundlage von § 2 Nr. 5 VO[X.]/[X.] neu zu kalkulieren und Ihnen die Anpassungen mitzuteilen. Ausgangspunkt bleibt dabei selbstverständlich die Preisbasis des ursprünglichen Angebotes und im Übrigen der endverhandelte [X.]aukonzessionsvertrag.

Diese Preisanpassung auf der Grundlage von § 2 Nr. 5 VO[X.]/[X.] entspricht geltendem Recht und wurde von der Rechtsprechung mehrfach ausdrücklich im vorbezeichneten Sinne entschieden.

Wir sind bereit, unseren [X.]eitrag für die kurzfristige Realisierung des Projekts dergestalt zu erbringen, dass die Überprüfung der durch die zeitliche Verzögerung entstandenen Ansprüche aus § 2 Nr. 5 VO[X.]/[X.] zunächst zurückgestellt wird und z.[X.]. durch eine gemeinsame [X.]egutachtung möglichst einvernehmlich geklärt wird."

4

Eine Preisanpassung wegen des Zeitablaufs lehnte die [X.]eklagte ab.

5

Am 3. Mai 2007 erteilte die [X.]eklagte der [X.] den Zuschlag "auf der Grundlage der Angebote vom 29. Juni und 14. Oktober 2005 sowie des [X.] mit Stand vom 3. Mai 2007".

6

Der "endverhandelte Vertrag" ([X.]aukonzessionsvertrag) enthielt unter [X.], § 1 Nummer 3 folgende Regelung:

"Der Ersatzneubau ist spätestens 24 Monate nach Vorliegen einer vollziehbaren [X.]augenehmigung fertig zu stellen. Der Konzessionär verpflichtet sich, spätestens fünf Monate nach Rechtswirksamkeit des Vertrags einen genehmigungspflichtigen [X.]auantrag bei der zuständigen Stelle einzureichen."

7

Am 4. Mai 2007 unterzeichneten die [X.]eklagte und die [X.] den [X.]aukonzessionsvertrag. Der Vertrag beinhaltete, dass die [X.] einen Ersatzneubau für ein Fußballstadion errichtet und diesen dem im Stadion beheimateten Fußballverein als Hauptmieter für 30 Jahre zur Verfügung stellt. Die Höhe des Mietzinses wurde nach der Ligazugehörigkeit des Fußballvereins gestaffelt. Als Leistung der [X.]eklagten sah der Vertrag einen einmaligen [X.]aukostenzuschuss von 4,6 Mio. € und jährliche [X.]etriebskostenzuschüsse vor, um den Refinanzierungsaufwand der [X.] von knapp 41 Mio. € bei Annuitäten von 2,54 Mio. € zu sichern. Die von der [X.] geforderte Preisanpassung berücksichtigt der Vertrag nicht. Unmittelbar vor Unterzeichnung des Vertrags teilte die [X.] der [X.]eklagten mit:

"Der [X.]aukonzessionsvertrag wird nunmehr zu Dokumentationszwecken unterzeichnet. Wie angekündigt werden hiermit vor Vertragsunterzeichnung Mehrkosten aufgrund der verzögerten Zuschlagserteilung dem Grunde nach entsprechend § 2 Nr. 5 VO[X.]/[X.] angemeldet."

8

Auf Intervention der [X.]eklagten formulierte die [X.] das Schreiben wie folgt neu:

"Der [X.]aukonzessionsvertrag wird nunmehr durch die [X.] zu Dokumentationszwecken unterzeichnet. Wir bestätigen hiermit nochmals unsere Rechtsposition im Schreiben vom 27. März 2007, die von der [X.] zurück gewiesen wird."

9

Mit der Durchführung der [X.]auarbeiten beauftragte die [X.] die Klägerin als Generalübernehmerin. Die wegen des verzögerten Zuschlags angemeldeten Ansprüche trat sie an die Klägerin ab.

Die Klägerin hat die [X.]eklagte vor dem [X.] auf Zahlung einer Mehrkostenvergütung nach § 2 Nr. 5 VO[X.]/[X.] von ca. 6,5 Mio. € in Anspruch genommen. Das [X.] hat die Klage abgewiesen, weil bereits dem Grunde nach kein Anspruch bestehe. Dagegen hat sich die Klägerin mit der [X.]erufung gewandt und ihren Anspruch neu berechnet, indem sie die tatsächlich entstandenen [X.]aukosten mit den Kosten verglichen hat, die sie bei Einhaltung der vereinbarten [X.]auzeit hätte tragen müssen. Aus dieser [X.]erechnung hat sie einen Anspruch von knapp 3,2 Mio. € geltend gemacht. Das [X.]erufungsgericht hat die Parteien im [X.] an die mündliche Verhandlung vom 23. Februar 2013 darauf hingewiesen, dass es an einer Einigung der Vertragsparteien über die Höhe der Vergütung der [X.]eklagten fehlen könne und deshalb eine Abrechnung des [X.]auprojekts nach § 632 Abs. 2 [X.]G[X.] in [X.]etracht komme. Auf dieser Grundlage hat die Klägerin einen Restvergütungsanspruch von ca. 5,1 Mio. € ermittelt und diesen im Umfang des [X.]erufungsantrags zum Gegenstand des [X.]erufungsverfahrens gemacht. Die [X.]eklagte ist dem nach Grund und Höhe entgegengetreten, hat aber unstreitig gestellt, dass ein gegebenenfalls dem Grunde nach berechtigter Anspruch aus § 632 Abs. 2 [X.]G[X.] in irgendeiner Höhe bestehe. Vor diesem Hintergrund haben die Parteien sich mit einer Entscheidung des [X.]erufungsgerichts im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.

Das [X.]erufungsgericht hat durch Grundurteil einen sich aus § 632 Abs. 2 [X.]G[X.] ergebenden [X.] für gerechtfertigt erklärt. Dagegen wendet sich die [X.]eklagte mit der vom [X.]erufungsgericht zugelassenen Revision und begehrt die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

Die Revision der [X.]eklagten führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.]erufungsgericht.

I.

Das [X.]erufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:

Der Klägerin stehe aus abgetretenem Recht dem Grunde nach ein Anspruch zu, soweit ihre [X.]auleistung nach den Maßstäben einer üblichen Vergütung nicht abgegolten worden sei, §§ 631, 632 Abs. 2 [X.]G[X.]. Über die Vergütung hätten sich die Vertragsparteien am 3./4. Mai 2007 nicht geeinigt. Ein Angebot der [X.] habe nicht mehr vorgelegen. Diese habe klar, und zwar noch kurz vor Unterzeichnung des [X.], zum Ausdruck gebracht, nicht länger an dem angebotenen Preis festhalten zu können. Es habe deshalb ein Dissens bestanden, der aber entgegen der Auslegungsregel des § 154 Abs. 1 [X.]G[X.] nicht zur Unwirksamkeit des Vertrages führe, weil sich die Parteien trotz des offenen Vergütungspunktes erkennbar hätten vertraglich binden wollen. Die bestehende [X.] sei unter Heranziehung von § 632 Abs. 2 [X.]G[X.] zu schließen. Dem stehe die Struktur des [X.] nicht entgegen.

II.

Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

1. Die Annahme des [X.]erufungsgerichts, der [X.] enthalte zur Vergütung einen Dissens, und die daraus folgende [X.] sei unter Heranziehung von § 632 Abs. 2 [X.]G[X.] zu schließen, ist von Rechtsfehlern beeinflusst.

a) Die tatrichterliche Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen ist revisionsrechtlich nur dahingehend überprüfbar, ob Verstöße gegen gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, sonstige Erfahrungssätze oder Denkgesetze vorliegen oder die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht ([X.], Urteil vom 26. Juni 2014 - [X.], [X.], 1773 Rn. 13 = NZ[X.]au 2014, 555). Das [X.]erufungsurteil beruht auf der Außerachtlassung der Auslegungsregel des § 133 [X.]G[X.], dass für das Verständnis von Willenserklärungen der Wille der Vertragsparteien maßgeblich ist. Die deshalb notwendige neue Auslegung des [X.] kann der Senat selbst vornehmen, da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind.

b) Die Vertragsparteien haben den [X.] auf der Grundlage des in den Angeboten der [X.] vom 29. Juni und 14. Oktober 2005 entwickelten Konzepts geschlossen. Abweichendes hat die [X.] nicht erklärt. Im Schreiben vom 27. März 2007 weist sie ausdrücklich darauf hin, dass sie ihren Anspruch auf Mehrkostenvergütung auf der "Preisbasis des ursprünglichen Angebotes und im Übrigen des endverhandelten [X.]" geltend macht. Hierauf nimmt die [X.] mit dem Schreiben vom 4. Mai 2007 [X.]ezug. Es war daher der Wille der [X.], den [X.] so zu schließen wie geschehen. Die [X.] hat allein die Rechtsauffassung vertreten, aus dem geschlossenen [X.] mit § 2 Nr. 5 VO[X.]/[X.] ergebe sich der von ihr geltend gemachte Anspruch. Deshalb hat sie im Schreiben vom 27. März 2007 vorgeschlagen, den [X.] abzuschließen, um im Rahmen der Vertragsdurchführung die [X.]erechtigung der Forderung zu prüfen. Mit diesem Willen der [X.] und mit dem Willen der [X.]eklagten, dem Vergütungsanspruch die Angebote vom 29. Juni und 14. Oktober 2005 zugrunde zu legen, ist es unvereinbar, einen zur Unwirksamkeit der Vergütungsabrede führenden Dissens anzunehmen und die Vergütung nach § 632 Abs. 2 [X.]G[X.] zu bestimmen. Dieses Auslegungsergebnis wird durch die weitere Vertragsabwicklung bestätigt. Die aus der [X.] hervorgegangenen Gesellschaften führten das [X.]auvorhaben durch und berechneten parallel die Mehrkosten wegen einer [X.]auzeitverschiebung und klagten diese ein.

Soweit die Revisionserwiderung geltend macht, die [X.] habe mit dem Schreiben vom 4. Mai 2007 darauf hingewiesen, den Vertrag "nunmehr zu Dokumentationszwecken zu unterzeichnen", folgt daraus nichts anderes. Mit einer Dokumentation soll nach allgemeinem Sprachgebrauch eine Absicht bekundet und durch Dokumente bewiesen werden. Dementsprechend hat die [X.] den [X.] mit dem gewollten Inhalt unterzeichnet.

c) Auf dieser Grundlage sind die Willenserklärungen der Vertragsparteien dahingehend auszulegen, dass der [X.] in der unterzeichneten Fassung dem Willen aller [X.]eteiligten entsprach. Offen blieb allein die Rechtsfrage, ob sich aus dem [X.] ein Anspruch auf Mehrkostenvergütung aus § 2 Nr. 5 VO[X.]/[X.] wegen einer [X.]auzeitverschiebung ergibt.

Soweit das [X.] ausgeführt hat, worauf die Revision [X.]ezug nimmt, die Vertragsparteien hätten mit der Vertragsgestaltung den von der [X.] dem Grunde nach geltend gemachten Anspruch auf Mehrkostenvergütung ausgeschlossen, entspricht diese Auslegung ebenfalls nicht dem Willen der Vertragsparteien. Ebenso wie die [X.] war die [X.]eklagte daran interessiert, den [X.] abzuschließen und die Frage der [X.]erechtigung einer Mehrkostenvergütung im Zuge der Durchführung des [X.]auvorhabens zu klären. Dementsprechend hat die [X.]eklagte an der Formulierung des Schreibens der [X.] vom 4. Mai 2007 mitgewirkt, um die politische Sprengkraft der ursprünglich beabsichtigten Formulierung ("Nach Ermittlung der Mehrkosten wird Ihnen die Höhe des [X.] mitgeteilt") zu vermeiden. Daraus folgt der übereinstimmende Wille der Parteien, mit dem Abschluss des [X.] den geltend gemachten Anspruch auf Mehrkostenvergütung nicht auszuschließen.

2. Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache ist an das [X.]erufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Damit erhalten die Parteien Gelegenheit, über das [X.]estehen und den Umfang eines Anspruchs auf Mehrkostenvergütung wegen einer [X.]auzeitverschiebung mündlich zu verhandeln.

Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat darauf hin, dass nach den bisher getroffenen Feststellungen ein Anspruch der Klägerin in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VO[X.]/[X.] dem Grunde nach besteht.

a) Die Vertragsparteien haben die Geltung der VO[X.]/[X.] vereinbart. Die [X.] hat die Geltung der VO[X.]/[X.] zur Grundlage ihrer Angebote gemacht. Das hat die [X.]eklagte akzeptiert. Weder aus dem Zuschlag noch aus dem [X.], die auf die Angebote der [X.] [X.]ezug nehmen, ergibt sich anderes.

b) Die Frage der Anpassung der [X.]auzeit und des Vergütungsanspruchs im Wege ergänzender Auslegung des [X.]auvertrags bei Zuschlagsverzögerung aufgrund eines Nachprüfungsverfahrens war bereits Gegenstand mehrerer Entscheidungen des Senats. Daraus ergeben sich folgende Grundsätze:

Ein Zuschlag in einem durch ein Nachprüfverfahren verzögerten öffentlichen Vergabeverfahren über [X.]auleistungen erfolgt auch dann zu den angebotenen Fristen, wenn diese nicht mehr eingehalten werden können. Das gilt jedenfalls, wenn der Zuschlag erfolgt, ohne dass er ausdrückliche Erklärungen zur Anpassung der vorgesehenen Regelungen zur [X.]auzeit oder zur hiervon abhängigen Vergütung enthält. Die im Rahmen des § 150 Abs. 2 [X.]G[X.] geltenden Grundsätze erfordern, dass der Empfänger eines Vertragsangebots, will er von dem Vertragswillen des Anbietenden abweichen, dies in der Annahmeerklärung klar und unzweideutig zum Ausdruck bringt. Fehlt es daran, kommt der Vertrag zu den [X.]edingungen des Angebots zustande ([X.], Urteil vom 11. Mai 2009 - [X.], [X.]Z 181, 47 Rn. 34 f.; Urteil vom 22. Juli 2010 - [X.], [X.]Z 186, 295 Rn. 19; Urteil vom 25. November 2010 - [X.], [X.], 503 Rn. 14 = NZ[X.]au 2011, 97).

Der so zustande gekommene [X.]auvertrag ist, wenn die Parteien sich im Nachhinein nicht einigen, ergänzend dahin auszulegen, dass die [X.]auzeit unter [X.]erücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und der vertragliche Vergütungsanspruch in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VO[X.]/[X.] anzupassen sind ([X.], Urteil vom 11. Mai 2009 - [X.], [X.]Z 181, 47 Rn. 44 ff.). Die Vermutung der Ausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung gilt bei einem [X.]auvertrag nicht unabhängig von der Leistungszeit, weil diese regelmäßig Einfluss auf die Vereinbarung der Höhe der Vergütung des Auftragnehmers hat ([X.], Urteil vom 22. Juli 2010 - [X.], [X.]Z 186, 295 Rn. 25). Vereinbaren die Parteien nach dem Zuschlag neue Fristen und Termine, ohne sich zu den Folgen dieser Änderung zu einigen, verbleibt es deshalb bei der Anpassung des vertraglichen Vergütungsanspruchs in Anlehnung an § 2 Nr. 5 VO[X.]/[X.] ([X.], Urteil vom 26. November 2009 - [X.], [X.], 455 Rn. 13 = NZ[X.]au 2010, 102).

c) aa) Die [X.]eklagte hat mit dem Zuschlag vom 3. Mai 2007 die Angebote vom 29. Juni und 14. Oktober 2005 einschließlich des von der [X.] aufgestellten [X.]s angenommen.

In dem Zuschlag wird an erster Stelle auf die Angebote der [X.] [X.]ezug genommen. Damit war der in den Angeboten genannte [X.] [X.]estandteil des Zuschlags. Soweit in dem Zuschlag des Weiteren auf den "[X.] mit Stand 3. Mai 2007" verwiesen wird, ergibt sich daraus im Ergebnis nichts anderes. Zwar enthielt der "endverhandelte Vertrag" in [X.], § 1, Nummer 3 eine vom [X.] abweichende Regelung. Dass diese vorrangig gelten sollte, ergibt sich aber mit der erforderlichen Klarheit und Unzweideutigkeit weder aus dem Zuschlag selbst noch aus den für die [X.] erkennbaren Umständen.

Der Zuschlag nennt die Angebote und den [X.] ohne Einschränkungen gleichberechtigt nebeneinander. Ein Vorrangverhältnis könnte sich aber aus dem Verhandlungsergebnis ergeben, wenn die Vertragsparteien ohne Streit über die [X.]auzeit und die Vergütung endverhandelt hätten. Das war aber nicht der Fall. Während die [X.] die Auffassung vertrat, [X.]auzeit und Vergütung seien anzupassen, meinte die [X.]eklagte, nur die [X.]auzeit bedürfe einer Neuregelung. Dieser Streit der Parteien war, wie das Schreiben der [X.] vom 4. Mai 2007 zeigt, nicht geklärt. Die Vertragsparteien rangen vielmehr um eine pragmatische Lösung, die einen [X.]aubeginn ermöglichte, jedoch die unterschiedlichen Rechtsauffassungen unberührt ließ. Wenn vor diesem Hintergrund die Angebote der [X.] und der [X.], ohne ein Vorrangverhältnis zum Ausdruck zu bringen, nebeneinander genannt werden, ist das eine den unterschiedlichen Auffassungen der Vertragsparteien geschuldete Formulierung, die die [X.] nicht anders verstehen musste. Die Geltung der im [X.] vorgesehenen [X.]auzeit hätte den Zusammenhang von [X.]auzeit und Vergütung aufgehoben, der für die [X.] erkennbar von besonderer [X.]edeutung war.

bb) Die Lücke des mit dem Zuschlag geschlossenen Vertrags haben die Vertragsparteien hinsichtlich der [X.]auzeit durch die Zeichnung des [X.] geschlossen. Da der [X.] aber keine Regelung zu einer Mehrkostenvergütung enthält, ist diese [X.] in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VO[X.]/[X.] zu schließen. Daran ändert nichts der Umstand, dass es der [X.]eklagten darauf ankam, ihre eigene finanzielle [X.]eteiligung so gering wie möglich zu halten. Jedem Auftraggeber ist daran gelegen, den kalkulierten Kostenrahmen nicht zu überschreiten. Das rechtfertigt aber nicht, durch Änderungen der [X.]auzeit, die der Auftragnehmer nicht zu vertreten hat, das vermutete Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung einseitig zu Lasten des Auftragnehmers zu verschieben.

d) Die Eigenart des hier maßgeblichen [X.] steht einer Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VO[X.]/[X.] nicht entgegen.

Eine [X.]aukonzession ist nach § 22 VO[X.]/A (vgl. auch § 32 VO[X.]/[X.]) ein Vertrag über die Durchführung eines [X.], bei dem die Gegenleistung für die [X.]auarbeiten statt in einem Entgelt in dem befristeten Recht auf Nutzung der baulichen Anlage, gegebenenfalls zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht. [X.]esteht das Entgelt ausschließlich in dem Recht, die bauliche Anlage zu nutzen, und ist der Konzessionär frei in der Gestaltung des Nutzungsrechts, kann möglicherweise eine Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VO[X.]/[X.] ausgeschlossen sein, wenn durch die Einräumung des Nutzungsrechts das wirtschaftliche Risiko vollständig auf den Konzessionär verlagert wird (vgl. [X.]/[X.] in Kapellmann/[X.], VO[X.] Teile A und [X.], 4. Aufl., § 22 VO[X.]/A Rn. 42, 47). Das kann dahingestellt bleiben. Denn die Vertragsparteien haben neben der Übertragung des Nutzungsrechts einen einmaligen [X.]aukostenzuschuss und jährliche [X.]etriebskostenzuschüsse vorgesehen. Zudem wurde die [X.] in der [X.] eingeschränkt. Diese Vertragsgestaltung beruhte auf dem von der [X.]eklagten verfolgten Zweck, dem örtlichen Fußballklub zu festgelegten [X.]edingungen die Nutzung des Stadions zu ermöglichen. Zugleich sollte es der [X.] ermöglicht werden, ihren Refinanzierungsaufwand zu sichern. Damit haben die Vertragsparteien mit der Erteilung der Konzession das wirtschaftliche Risiko nicht (vollständig) auf die [X.] verlagert. Die Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VO[X.]/[X.], der das [X.] zwischen Leistung und Gegenleistung sichern will, ist also gerechtfertigt.

e) Für die Ermittlung der Höhe der zu zahlenden Mehrvergütung sind diejenigen Mehrkosten maßgeblich, die ursächlich auf die Verschiebung der [X.]auzeit zurückzuführen sind. Sie ergeben sich aus der Differenz zwischen den Kosten, die tatsächlich angefallen sind, und den Kosten, die bei Erbringung der [X.]auleistung in dem angebotenen Zeitraum hätten aufgewendet werden müssen ([X.], Urteil vom 10. September 2009 - [X.]/08, [X.], 1901 Rn. 42 = NZ[X.]au 2009, 771; Urteil vom 8. März 2012 - [X.], [X.], 939 Rn. 16 = NZ[X.]au 2012, 287). Diese Grundsätze sind unter [X.]erücksichtigung etwaiger [X.]esonderheiten des [X.] anzuwenden.

[X.]                     [X.]

            Jurgeleit                          [X.]

Meta

VII ZR 60/14

18.12.2014

Bundesgerichtshof 7. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Dresden, 14. Februar 2014, Az: 16 U 1480/12

§ 133 BGB, § 157 BGB, § 2 Nr 5 VOB B

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.12.2014, Az. VII ZR 60/14 (REWIS RS 2014, 104)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 104

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