Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.02.2023, Az. V ZR 255/21

5. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 2381

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde in Wohnungseigentumssachen: Rechtsschutzbedürfnis nach rechtskräftiger Ungültigerklärung eines Beschlusses; Streitwertbemessung für Beschlussanfechtungsklage


Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] - 14. Zivilkammer - vom 10. November 2021 wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Kläger zu 8, 9 und 23.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 50.594,40 €.

Gründe

I.

1

Die Parteien bilden eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ([X.]). Am 29. Oktober 2018 fand eine außerordentliche Eigentümerversammlung statt, in der die Finanzierung von Maßnahmen im Rahmen der Notgeschäftsführung der Verwalterin beschlossen wurde.

2

Mit der im Jahr 2018 eingegangenen Klage beantragen die Kläger zu 1 bis 23, den Beschluss für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die hiergegen eingelegte Berufung hat das [X.] das amtsgerichtliche Urteil unter Abweisung der Klage im Übrigen dahingehend abgeändert, dass die Ungültigerklärung lediglich auf die Klagen der Kläger zu 6 und 7 hin erfolgt. Gegen die Nichtzulassung der Revision wenden sich die Kläger zu 8, 9 und 23 mit ihrer Beschwerde, deren Zurückweisung die Beklagte zu 10 beantragt.

II.

3

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig.

4

1. Es ist bereits zweifelhaft, ob das Rechtsschutzinteresse (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 3. November 1971 - [X.], [X.]Z 57, 224, 225) der Beschwerdeführer noch fortbesteht, nachdem der angefochtene Beschluss mit dem Urteil des Berufungsgerichts aufgrund der von den Klägern zu 6 und 7 erhobenen Klage rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist. Dieses Sachurteil wirkt nach § 48 Abs. 3 [X.] aF i.V.m. § 48 Abs. 5 [X.] nämlich auch zu Gunsten der Beschwerdeführer, die notwendige Streitgenossen der Kläger zu 6 und 7 sind (vgl. Senat, Urteil vom 27. März 2009 - [X.], [X.], 373 Rn. 22). Ein Rechtsschutzinteresse kann sich jedenfalls nicht daraus ergeben, dass die Beschwerdeführer weitere Anfechtungsgründe geltend machen, die nicht der Grund für die erfolgte Ungültigkeitserklärung waren; denn einzelne Beschlussmängel sind nur Teile des einheitlichen Streitgegenstands einer Anfechtungsklage (vgl. Senat, Urteil vom 13. Januar 2023 - [X.], juris Rn. 10).

5

2. Jedenfalls übersteigt der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

6

a) Für die Wertgrenze der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist der Wert des [X.] aus dem beabsichtigten Revisionsverfahren maßgebend; um dem Revisionsgericht die Prüfung dieser Zulässigkeitsvoraussetzung zu ermöglichen, muss der Beschwerdeführer innerhalb laufender Begründungsfrist darlegen und glaubhaft machen, dass er mit der beabsichtigten Revision das Berufungsurteil in einem Umfang, der die Wertgrenze von 20.000 € übersteigt, abändern lassen will (Senat, Beschluss vom 11. Februar 2021 - [X.]/20, [X.], 333 Rn. 4 mwN).

7

b) Die Kläger zu 8, 9 und 23 haben in der Nichtzulassungsbeschwerde eine 20.000 € übersteigende Beschwer nicht dargelegt und glaubhaft gemacht. Sie meinen, ihre Beschwer stimme mit dem von dem Berufungsgericht für das Berufungsverfahren auf der Grundlage des gemäß § 49a Abs. 1 Satz 1 GKG aF festgesetzten Streitwert von 338.358,50 € überein. Dies trifft nicht zu. Der Streitwert für wohnungseigentumsrechtliche Beschlussklagen entspricht in der Regel nicht der für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels maßgeblichen Beschwer. Maßgebend ist vielmehr das Interesse des Rechtsmittelführers an der Abänderung des angefochtenen Urteils, das unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten ist (vgl. Senat, Beschluss vom 17. November 2016 - [X.], NJW-RR 2017, 584 Rn. 2; Beschluss vom 19. Januar 2017 - [X.], [X.], 635 Rn. 3). Anhaltspunkte für eine derartige Bewertung hat die Beschwerde nicht dargelegt.

8

c) Der Senat schätzt die Beschwer der Kläger zu 8, 9 und 23 auf insgesamt 10.119,88 €. Das Revisionsgericht muss in dem Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gegebenenfalls eine Schätzung vornehmen; als Grundlage der Schätzung dienen dabei aber nur solche Tatsachen, die der Beschwerdeführer innerhalb der Begründungsfrist dargelegt und glaubhaft gemacht hat oder die jedenfalls in Verbindung mit dem Berufungsurteil offenkundig sind (vgl. Senat, Beschluss vom 24. März 2022 - [X.], [X.], 791 Rn. 7). Hier lässt sich die Höhe des Interesses der Kläger zu 8, 9 und 23 an der Entscheidung den von dem Berufungsgericht in Bezug genommenen Ausführungen in dem amtsgerichtlichen Urteil entnehmen, gegen die sich die Kläger nicht gewandt haben. Hiernach beträgt das Interesse der Kläger zu 8 und 9 (2.287,19 € + 2.652,60 € =) 4.939,79 €, dasjenige der Klägerin zu 23 (2.080,72 € + 2.893,74 € + 205,63 € =) 5.180,09 €.

III.

9

1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

2. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 49a Abs. 1 GKG aF (zu dessen Anwendbarkeit auf Altfälle vgl. Senat, Beschluss vom 30. September 2021 - [X.]/20, NJW-RR 2022, 20 Rn. 18 f.). Dabei legt der Senat bezüglich des Gesamtinteresses der Parteien mangels anderer Anhaltspunkte den von dem Berufungsgericht in Bezug genommenen Wert von 1.713.313,08 € zugrunde. Der nach § 49a Abs. 1 Satz 1 GKG aF grundsätzlich auf das hälftige Gesamtinteresse zu bestimmende Wert ist nach § 49a Abs. 1 Satz 2 GKG aF auf den fünffachen Wert des Interesses der Kläger zu 8, 9 und 23 begrenzt.

Brückner    

        

Göbel    

        

Malik 

        

Laube    

        

Grau    

        

Meta

V ZR 255/21

23.02.2023

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Nürnberg-Fürth, 10. November 2021, Az: 14 S 7436/19 WEG

§ 544 Abs 2 Nr 1 ZPO, § 48 WoEigG, § 49a Abs 1 GKG vom 27.02.2014

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.02.2023, Az. V ZR 255/21 (REWIS RS 2023, 2381)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 2381

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

V ZR 62/21 (Bundesgerichtshof)

Nichtzulassungsbeschwerde in Wohnungseigentumssachen: Bemessung des Wertes der Beschwer bei Anfechtung eines Beschlusses über die Genehmigung …


V ZR 149/21 (Bundesgerichtshof)

Wohnungseigentumssache: Streitwert für Beschlussklage und maßgebliche Beschwer für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels


V ZR 258/20 (Bundesgerichtshof)

Wohnungseigentumssache: Bemessung des Streitwerts einer Beschlussanfechtungsklage für nach dem 1. Dezember 2020 eingelegte Rechtsmittel


V ZR 174/20 (Bundesgerichtshof)

Nichtzulassungsbeschwerde in Wohnungseigentumssachen: Bestimmung der Rechtsmittelbeschwer


V ZR 227/22 (Bundesgerichtshof)

Wert der Beschwer bei Streit um Sondernutzungsrecht


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

V ZR 258/20

V ZR 149/21

V ZR 167/16

V ZR 86/16

V ZR 140/20

V ZR 43/22

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.