Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28.07.2011, Az. 2 C 16/10

2. Senat | REWIS RS 2011, 4285

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Gegenstand

Beamtendisziplinarrecht: Außerdienstliche Steuerhinterziehung; prognostische Gesamtwürdigung; Disziplinarmaßnahme


Leitsatz

1. Die VwGO lässt die Beschränkung der Berufung auf das Disziplinarmaß in Disziplinarklageverfahren nicht zu.

2. Bei außerdienstlichen Steuerhinterziehungen kommt bei einem Hinterziehungsbetrag in siebenstelliger Höhe die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder die Aberkennung des Ruhegehalts in Betracht.

3. Auch bei enormer Höhe des Hinterziehungsbetrags kann die höchste Disziplinarmaßnahme nicht verhängt werden, wenn der Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung (Selbstanzeige aus freien Stücken) eingreift.

4. Dies gilt bei einer Selbstanzeige aus Furcht vor Entdeckung nur dann, wenn weitere mildernde Umstände von erheblichem Gewicht hinzutreten.

Tatbestand

1

Der Beklagte war seit April 1975 zunächst im Beamtenverhältnis auf Probe Leiter des Rechenzentrums der ... Universität (früher Gesamthochschule) [X.] Im August 1978 berief ihn das klagende Land in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit; im November 1982 wurde der Beklagte zum Regierungsdirektor (Besoldungsgruppe [X.]) der Laufbahn "Dienst in der Datenverarbeitung" ernannt. Mit Ablauf des Mai 2003 trat er aus Altersgründen in den Ruhestand.

2

Der Beklagte gab in den Steuererklärungen für die Jahre 1991 bis 2000, die er auch für seine Ehefrau erstellte, bewusst nicht an, dass diese 1990 von ihrem Vater ein unversteuertes Barvermögen in Höhe von etwa 5,4 Millionen DM geerbt hatte. Weiterhin verschwieg er unversteuerte Vermögenswerte in Höhe von etwa 410 000 DM, die er teils geerbt, teils durch eine Tätigkeit im Ausland verdient hatte.

3

Einen auf Initiative des Finanzamts vereinbarten Besprechungstermin am 27. November 2002 nahmen die Eheleute nicht wahr. Mit Schreiben ihres Steuerberaters vom 28. November 2002 zeigten sie die Steuerhinterziehungen dem Finanzamt an. Im September 2003 setzte das Finanzamt Einkommenssteuern, [X.] und Vermögenssteuern für die Jahre 1991 bis 2000 neu fest, woraus sich ein Steuerhinterziehungsbetrag von insgesamt rund 1 233 320 € ergab. Nachdem die Eheleute die Steuernachforderungen nebst Zinsen und Zuschlägen von rund 500 000 € innerhalb der ihnen gesetzten Frist beglichen hatten, stellte das Finanzamt das nach der Selbstanzeige eingeleitete Ermittlungsverfahren am 27. Oktober 2004 ein.

4

Das klagende Land hat im Februar 2006 wegen der Steuerhinterziehungen ein Disziplinarverfahren gegen den Beklagten eingeleitet und im Januar 2007 Disziplinarklage erhoben. Das Verwaltungsgericht hat dem Beklagten das Ruhegehalt aberkannt. Das Oberverwaltungsgericht hat die auf das Disziplinarmaß beschränkte Berufung zurückgewiesen. In dem Berufungsurteil heißt es:

5

Aufgrund der Beschränkung der Berufung stehe bindend fest, dass die Steuerhinterziehungen ein Dienstvergehen darstellten. Im Berufungsverfahren gehe es nur noch um die Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme. Das Verwaltungsgericht habe dem Beklagten zu Recht das Ruhegehalt aberkannt, weil dieser als Beamter untragbar geworden sei. Steuerhinterziehungen stellten gravierende außerdienstliche Pflichtenverstöße dar. Im Falle des Beklagten komme der exorbitanten Größenordnung des [X.] entscheidendes Gewicht zu. Auch habe der Beklagte sein Fehlverhalten zehn Jahre lang fortgesetzt. Ihn könne weder entlasten, dass die Steuerpflicht größtenteils das Vermögen seiner Ehefrau betroffen habe, noch dass er bei pflichtgemäßem Verhalten die Steuerhinterziehungen seines verstorbenen Schwiegervaters hätte offenlegen müssen.

6

Auch die Selbstanzeige des Beklagten sei trotz der dadurch erwirkten Straffreiheit nicht geeignet, um von der Aberkennung des Ruhegehalts abzusehen. Eine derartige Selbstanzeige stelle einen mildernden Umstand von erheblichem Gewicht dar, wenn sie der Beamte aus freien Stücken und nicht aus Furcht vor Entdeckung abgegeben habe. Selbst dann könne sie jedoch eine Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht rechtfertigen, wenn die Steuerhinterziehung wie im vorliegenden Fall durch einen extrem hohen Hinterziehungsbetrag geprägt sei. Daher könne dahingestellt bleiben, ob die Selbstanzeige des Beklagten trotz des vereinbarten [X.] im Finanzamt noch als freiwillig angesehen werden könne.

7

Hiergegen richtet sich die Revision des Beklagten, mit der er die Verletzung materiellen [X.] rügt. Er macht geltend, das Oberverwaltungsgericht habe das Gewicht der strafbefreienden Selbstanzeige verkannt.

8

Der Beklagte beantragt,

die Urteile des [X.] für das [X.] vom 23. September 2009 und des [X.] vom 18. Juni 2008 aufzuheben und die Disziplinarklage abzuweisen.

9

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das Berufungsurteil. Das Oberverwaltungsgericht habe alle bemessungsrelevanten Gesichtspunkte erkannt und nachvollziehbar gewürdigt.

Entscheidungsgründe

[X.]ie Revision des [X.]n ist mit der Maßgabe begründet, dass das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). [X.]as Berufungsurteil verletzt [X.], nämlich § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 des [X.] [X.] in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. November 2004 - [X.] - (GVBl S. 624). [X.]ie Tatsachenfeststellungen des [X.] reichen nicht aus, um dem [X.] eine abschließende Entscheidung über die [X.] zu ermöglichen.

1. Indem der [X.] das Vermögen seiner Ehefrau in den von ihm erstellten Steuerklärungen für die Jahre 1991 bis 2000 verschwiegen hat, hat er nicht nur den Straftatbestand der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 der Abgabenordnung - [X.] - erfüllt, sondern auch ein vorsätzliches [X.]ienstvergehen begangen.

a) Allerdings hat das Oberverwaltungsgericht zu Unrecht angenommen, aufgrund der Beschränkung der Berufung des [X.]n auf das [X.]isziplinarmaß sei es an die Würdigung der Steuerhinterziehungen als [X.]ienstvergehen durch das Verwaltungsgericht gebunden. Eine derartige Bindung besteht nicht, weil die Berufung des [X.]n als uneingeschränkt eingelegt gilt. [X.]emnach ist das erstinstanzliche Urteil nicht in [X.] erwachsen, sodass das Oberverwaltungsgericht die [X.] in der Berufungsinstanz in gleichem Umfang wie das Verwaltungsgericht hätte prüfen müssen (§ 128 Satz 1 VwGO, § 3 [X.]).

[X.]ie Möglichkeit, die Berufung auf das [X.]isziplinarmaß zu beschränken, ist eröffnet, wenn aufgrund der ergänzenden Anwendung der Strafprozessordnung, wie sie die Bundesdisziplinarordnung und Landesdisziplinarordnungen für gerichtliche [X.]isziplinarverfahren angeordnet haben, § 318 Satz 1 StPO anwendbar ist oder eine inhaltsgleiche disziplinargesetzliche Regelung besteht. Nach § 318 Satz 1 StPO kann die Berufung auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt werden. [X.]ie danach zulässige Beschränkung der Berufung auf das [X.]isziplinarmaß hat zur Folge, dass das erstinstanzliche [X.]isziplinarurteil in [X.] erwächst. [X.]as Berufungsgericht ist an die Tat- und Schuldfeststellungen des erstinstanzlichen Gerichts ebenso gebunden wie an dessen disziplinarrechtliche Würdigung der angeschuldigten Handlungen als [X.]ienstvergehen. Es hat nur noch darüber zu befinden, welche [X.]isziplinarmaßnahme zu verhängen ist (stRspr; vgl. nur Urteile vom 23. Februar 2005 - BVerwG 1 [X.] 13.04 - BVerwGE 123, 75 <77> und vom 5. Juli 2006 - BVerwG 1 [X.] 5.05 - [X.] 235 § 82 B[X.]O Nr. 7 Rn. 34).

[X.]as [X.] [X.]isziplinargesetz trifft keine Aussage zur Zulässigkeit der auf das [X.]isziplinarmaß beschränkten Berufung; insbesondere enthält das Kapitel 3 "[X.]isziplinarverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht" keinen Hinweis. [X.]ie Anwendung des § 318 Satz 1 StPO ist ausgeschlossen, weil § 3 Abs. 1 [X.] (ebenso wie § 3 B[X.]G) nicht die Bestimmungen der Strafprozessordnung, sondern der Verwaltungsgerichtsordnung für ergänzend anwendbar erklärt.

Nach der Verwaltungsgerichtsordnung kann die Berufung auf einen von mehreren selbstständigen Streitgegenständen einer Klage (objektive Klagehäufung nach § 44 VwGO) oder auf einen abgrenzbaren Teil des Streitgegenstandes beschränkt werden. Nur insoweit ist der Erlass eines Teilurteils nach § 110 VwGO möglich. [X.]er Streitgegenstand wird durch den Klageantrag und den Klagegrund, d.h. den Sachverhalt bestimmt, aus dem der Kläger die angestrebte Rechtsfolge herleitet (stRspr, vgl. Urteil vom 25. März 2010 - BVerwG 2 [X.] 52.08 - NVwZ 2010, 1507 Rn. 17). [X.]emnach ist es ausgeschlossen, die Berufung auf die Nachprüfung einzelner materiellrechtlicher Voraussetzungen des Klagebegehrens zu beschränken. [X.]araus folgt, dass die Verwaltungsgerichtsordnung eine auf das [X.]isziplinarmaß beschränkte Berufung in [X.]verfahren nicht zulässt (vgl. auch [X.], Urteil vom 29. August 2008 - 12 Bf 32/08.F - IÖ[X.] 2009, 29; [X.], Grundzüge des Beamtendisziplinarrechts, 1. Auflage 2010, Rn. 471):

Streitgegenstand dieses Verfahrens ist der [X.]isziplinaranspruch des [X.]ienstherrn gegen den Beamten, d.h. der Anspruch auf die Bestimmung der angemessenen [X.]isziplinarmaßnahme für die Handlungen, die dem Beamten in der [X.]schrift zur Last gelegt werden. [X.]er [X.]isziplinaranspruch besteht, wenn ein [X.]ienstvergehen festgestellt wird, d.h. der Beamte die angeschuldigten Handlungen ganz oder teilweise begangen hat und die nachgewiesenen Handlungen als [X.]ienstvergehen zu würdigen sind, und wenn dem Ausspruch der hierfür erforderlichen [X.]isziplinarmaßnahme kein rechtliches Hindernis entgegensteht (§ 59 Abs. 2 Satz 1 und 2; § 57 Abs. 1 Satz 1; §§ 5 ff.; § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 2 [X.]). Bei den [X.] "Feststellung des [X.]ienstvergehens" und "Bestimmung der [X.]isziplinarmaßnahme" handelt es sich um materiellrechtliche Voraussetzungen des einheitlichen [X.]isziplinaranspruchs, die verfahrensrechtlich nicht selbständig geltend gemacht werden können. [X.]ie [X.] kann daher auch nicht auf die Feststellung eines [X.]ienstvergehens beschränkt werden. Vielmehr macht der [X.]ienstherr mit der Klageerhebung stets einen Anspruch auf Festsetzung einer [X.]isziplinarmaßnahme geltend, nämlich gegen einen aktiven Beamten einen Anspruch auf Zurückstufung oder Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, gegen einen Ruhestandsbeamten einen Anspruch auf Aberkennung des Ruhegehalts (§ 35 Abs. 1 [X.]; § 34 Abs. 1 B[X.]G).

[X.]aran ändert nichts, dass der [X.]ienstherr keinen Antrag auf Festsetzung einer bestimmten [X.]isziplinarmaßnahme stellen muss und ein derartiger Antrag für das Verwaltungsgericht unverbindlich ist. [X.]ie Entbehrlichkeit bzw. Unverbindlichkeit eines bestimmten Klageantrags folgt zwangsläufig daraus, dass die [X.]isziplinarbefugnis nach § 59 Abs. 2 [X.] Nr. 1 [X.] (§ 60 Abs. 2 [X.] Nr. 1 B[X.]G) den Verwaltungsgerichten zugewiesen ist. Gelangen diese zu der Überzeugung, dass ein [X.]ienstvergehen vorliegt, bestimmen sie die erforderliche [X.]isziplinarmaßnahme aufgrund einer eigenen Bemessungsentscheidung, ohne in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht an die Wertungen des [X.]ienstherrn gebunden zu sein (Urteil vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 [X.] 12.04 - BVerwGE 124, 252 <255 f.> = [X.] 235.1 § 13 B[X.]G Nr. 1 Rn. 16).

b) Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsurteils besteht allerdings kein Zweifel, dass die Steuerhinterziehungen des [X.]n ein [X.]ienstvergehen darstellen. [X.]ie disziplinarrechtliche Beurteilung richtet sich hier nach § 83 Abs. 1, § 57 des Beamtengesetzes für das Land [X.] in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Mai 1981 - [X.] - (GVBl S. 234), weil diese Regelungen während des Tatzeitraums gegolten haben. Nach § 83 Abs. 1 Satz 1 [X.] begeht der Beamte ein [X.]ienstvergehen, wenn er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt. Nach [X.] ist ein Verhalten des Beamten außerhalb des [X.]ienstes ein [X.]ienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalles im besonderen Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des öffentlichen [X.]ienstes bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. [X.]er gesetzliche Begriff des [X.]ienstvergehens umfasst alle disziplinarrechtlich bedeutsamen [X.]ienstpflichtverletzungen des Beamten. [X.]iese werden durch eine einheitliche [X.]isziplinarmaßnahme geahndet, die aufgrund einer Gesamtwürdigung des Verhaltens und der Persönlichkeit des Beamten zu bestimmen ist (Grundsatz der Einheit des [X.]ienstvergehens; vgl. Urteil vom 14. Februar 2007 - BVerwG 1 [X.] 12.05 - BVerwGE 128, 125 = [X.] 232 § 77 [X.] Nr. 26 ).

[X.]ie Begriffsbestimmung des außerdienstlichen [X.]ienstvergehens in § 83 Abs. 1 [X.] [X.] schränkt die disziplinarrechtliche Bedeutung außerdienstlichen Verhaltens ein (vgl. auch § 77 Abs. 1 [X.] [X.]; § 47 Abs. 1 [X.] BeamtStG). [X.]er Regelung liegt die Einschätzung des Gesetzgebers zugrunde, dass sich die gesellschaftlichen Anschauungen über die Stellung der Beamten gewandelt haben. Von ihnen wird kein wesentlich anderes Sozialverhalten erwartet als von anderen Bürgern. [X.]aher ist außerdienstliches Fehlverhalten nicht mehr generell geeignet, das Ansehen des [X.] in disziplinarrechtlich bedeutsamer Weise zu beeinträchtigen (Urteile vom 30. August 2000 - BVerwG 1 [X.] 37.99 - BVerwGE 112, 19 <23 f.> = [X.] 232 § 54 Satz 3 [X.] Nr. 23 S. 22 f., vom 8. Mai 2001 - BVerwG 1 [X.] 20.00 - BVerwGE 114, 212 <216 f.> = [X.] 232 § 54 Satz 3 [X.] Nr. 29 S. 37 ff. und vom 25. März 2010 - BVerwG 2 [X.] 83.08 - BVerwGE 136, 173 = [X.] 235.1 § 13 B[X.]G Nr. 11 ).

Anforderungen an das außerdienstliche Verhalten des Beamten beschreibt lediglich die Generalklausel des § 57 Satz 3 [X.] [X.]anach muss sein Verhalten innerhalb und außerhalb des [X.]ienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Beruf erfordert. [X.]ie beruflichen Erfordernisse, die eine Pflicht des Beamten zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten außerhalb des [X.]ienstes begründen, sind inhaltlich in Einklang mit § 83 Abs. 1 [X.] [X.] zu konkretisieren. Sie ergeben sich vor allem aus dem Amt des Beamten im konkret-funktionellen Sinn, d.h. aus seinem dienstlichen Aufgabenbereich, daneben aus der Notwendigkeit, das Ansehen des [X.] zu wahren, wenn dies nach heutigen Vorstellungen erforderlich erscheint.

[X.]anach verstößt ein außerdienstliches Verhalten des Beamten gegen die Wohlverhaltenspflicht des § 57 Satz 3 [X.], wenn es bei fallbezogener Würdigung nachteilige Rückschlüsse auf die Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben zulässt. [X.]ieser dienstliche Bezug ist gegeben, wenn aufgrund des außerdienstlichen Verhaltens Zweifel bestehen, ob der Beamte seine innerdienstlichen Pflichten beachten wird. [X.]ie [X.]ienstausübung ist auch betroffen, wenn zu befürchten ist, dass der Beamte wegen der gegen ihn bestehenden Vorbehalte nicht mehr die Autorität genießt, auf die er für die Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben zwingend angewiesen ist. Ansonsten verstößt ein außerdienstliches Verhalten gegen berufliche Erfordernisse im Sinne von § 57 Satz 3 [X.], wenn dadurch das Vertrauen der Bevölkerung in das Beamtentum als Sachwalter einer stabilen und gesetzestreuen Verwaltung beeinträchtigt werden kann (Urteile vom 30. August 2000 a.a.[X.] <26> bzw. S. 25, vom 8. Mai 2001 a.a.[X.] <218 f.> bzw. S. 39 f. und vom 25. März 2010 a.a.[X.] ).

Eine Verletzung der außerdienstlichen Wohlverhaltenspflicht des § 57 Satz 3 [X.] hat disziplinarrechtliche Bedeutung, wenn die qualifizierten Voraussetzungen des § 83 Abs. 1 [X.] [X.] erfüllt sind. [X.]ie danach erforderliche besondere Eignung des Fehlverhaltens zur Beeinträchtigung des Vertrauens in die Amtsführung des Beamten oder des Ansehens des öffentlichen [X.]ienstes setzt voraus, dass die befürchteten nachteiligen Rückschlüsse oder Auswirkungen auf die [X.]ienstausübung oder die [X.] mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. [X.]ie Nachteile des Fehlverhaltens sind bedeutsam im Sinne des § 83 Abs. 1 [X.] [X.], wenn seine disziplinarrechtliche Relevanz das jeder außerdienstlichen Pflichtverletzung innewohnende Maß deutlich überschreitet (Urteil vom 8. Mai 2001 a.a.[X.] <219 f.> bzw. S. 40).

[X.]er [X.] hat diese gesetzlichen Vorgaben dahingehend konkretisiert, dass ein außerdienstliches Fehlverhalten, das keinen Bezug zur [X.]ienstausübung aufweist, regelmäßig ein disziplinarrechtliches Sanktionsbedürfnis auslöst, wenn es sich dabei um eine Straftat handelt, deren gesetzlicher Strafrahmen bis zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren reicht, und der daran gemessene Unrechtsgehalt der konkreten Tat nicht gering wiegt. [X.]urch die Bewertung eines Fehlverhaltens als strafbar hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass er dieses Verhalten als in besonderem Maße verwerflich ansieht. [X.]ies lässt ohne Weiteres darauf schließen, dass das Fehlverhalten das Ansehen des [X.] in einer Weise beschädigt, die im Interesse der Akzeptanz des öffentlichen [X.]ienstes in der Bevölkerung und damit seiner Funktionsfähigkeit nicht hingenommen werden kann. An dem objektiven Maßstab des gesetzlichen Strafrahmens hat sich die Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe der § 57 Satz 3, § 83 Abs. 1 [X.] LBG NRW zu orientieren. Eine derartige Straftat eines Beamten ist nur dann nicht disziplinarrechtlich relevant, wenn ihr Unrechtsgehalt nach den konkreten Umständen des Falles erkennbar an der unteren Schwelle liegt (Urteile vom 25. März 2010 a.a.[X.] und vom 19. August 2010 - BVerwG 2 [X.] 13.10 - [X.] 235.1 § 13 B[X.]G Nr. 12 Rn. 17).

[X.]ie Steuerhinterziehungen des [X.]n weisen keinen Bezug zu seiner früheren dienstlichen Tätigkeit auf. Weder ließen sie nachteilige Rückschlüsse auf die Erfüllung der [X.]ienstpflichten zu noch waren sie geeignet, die für die Amtsführung unabdingbare Autorität zu beeinträchtigen. Ihre disziplinarrechtliche Relevanz folgt aus dem erheblichen [X.], den der [X.] durch sein Fehlverhalten herbeigeführt hat. [X.]er [X.] hat von 1991 bis 2000 jährlich eine Straftat begangen, die nach § 370 Abs. 1 [X.] mit Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren belegt ist. [X.]er Unrechtsgehalt seines strafbaren Verhaltens wiegt besonders schwer, weil die Gesamthöhe der hinterzogenen Steuern eine Million Euro übersteigt. [X.]ass er aufgrund der Selbstanzeige nach § 371 [X.] straffrei geblieben ist, lässt den Unrechtsgehalt seines strafbaren Verhaltens und damit dessen disziplinarrechtliche Relevanz unberührt.

2. [X.]ie Bemessungsentscheidung des [X.], wonach die Aberkennung des Ruhegehalts allein wegen der Gesamthöhe der hinterzogenen Steuern geboten ist, verstößt gegen die [X.] nach § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 [X.]. [X.]er [X.] kann die angemessene [X.]isziplinarmaßnahme schon deshalb nicht selbst festsetzen, weil das Berufungsurteil nicht alle bemessungsrelevanten Gesichtspunkte enthält (Urteile vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 [X.] 9.06 - [X.] 235.1 § 13 B[X.]G Nr. 3 Rn. 26 f. und vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 [X.] 59.07 - [X.] 235.1 § 70 B[X.]G Nr. 3 Rn. 25 f.).

a) Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 [X.] ist die [X.]isziplinarmaßnahme insbesondere nach der Schwere des [X.]ienstvergehens zu bemessen. Nach [X.] ist das Persönlichkeitsbild des Beamten angemessen zu berücksichtigen. Nach Satz 3 soll ferner berücksichtigt werden, in welchem Umfang das Vertrauen des [X.]ienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt worden ist.

[X.]ie Regelungen des § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 [X.] verlangen ebenso wie die inhaltsgleichen Regelungen des § 13 Abs. 1 [X.] bis 4 B[X.]G, dass die [X.]isziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte bestimmt wird. [X.]abei ist fallbezogen dem auch im [X.]isziplinarrecht geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen (stRspr; vgl. Urteile vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 [X.] 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258> = [X.] 235.1 § 13 B[X.]G Nr. 1 Rn. 22 und vom 3. Mai 2007 a.a.[X.] Rn. 30).

Wie Satz 1 des § 13 Abs. 2 [X.] durch die Verwendung des Wortes "insbesondere" zum Ausdruck bringt, ist die Schwere des [X.]ienstvergehens richtungweisend für die Bestimmung der erforderlichen [X.]isziplinarmaßnahme. [X.]ie Schwere beurteilt sich nach objektiven Handlungsmerkmalen wie Eigenart und Bedeutung der [X.]ienstpflichtverletzungen, den besonderen Umständen der Tatbegehung sowie Häufigkeit und [X.]auer eines wiederholten Fehlverhaltens, nach subjektiven Handlungsmerkmalen wie Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten, den Beweggründen für sein Verhalten sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für [X.]ritte. [X.]as [X.]ienstvergehen ist nach der festgestellten Schwere einer der im Katalog des § 5 [X.] (§ 5 B[X.]G) aufgeführten [X.]isziplinarmaßnahme zuzuordnen. [X.]avon ausgehend kommt es darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der [X.] im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des [X.]ienstvergehens indizierte Maßnahme geboten ist (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.[X.] <258 f.> bzw. Rn. 22 und vom 3. Mai 2007 a.a.[X.] Rn. 20).

Eine vollständige und richtige Gesamtwürdigung setzt voraus, dass die Verwaltungsgerichte die im Einzelfall bemessungsrelevanten, d.h. die für die Schwere und das Persönlichkeitsbild bedeutsamen Tatsachen ermitteln und mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Gesamtbewertung einbeziehen. [X.]abei findet der Grundsatz "in dubio pro reo" Anwendung: [X.]ie Verwaltungsgerichte dürfen nur solche belastenden Tatsachen in die Gesamtwürdigung einstellen, die zur Überzeugung des Gerichts feststehen. [X.]emgegenüber müssen entlastende (mildernde) Umstände schon dann zugunsten des Beamten berücksichtigt werden, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht möglich ist (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.[X.] <258 f.> bzw. Rn. 22 f. und vom 3. Mai 2007 a.a.[X.] Rn. 17).

Nach § 13 Abs. 3 Satz 1 [X.] ist ein Beamter aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn er durch ein [X.]ienstvergehen das Vertrauen des [X.]ienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Befindet er sich bereits im Ruhestand, so ordnet [X.] stattdessen die Aberkennung des Ruhegehalts an. [X.]iese Regelungen enthalten keine zusätzlichen Bemessungskriterien. Ebenso wie die inhaltsgleichen Regelungen des § 13 Abs. 2 Satz 1 und 2 B[X.]G stellen sie klar, dass das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit aufzulösen ist, wenn die Maßnahmebemessung nach § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 [X.] zu dem Ergebnis führt, dass der Beamte untragbar geworden ist. [X.]ies ist anzunehmen, wenn der Beamte ein schweres [X.]ienstvergehen begangen hat und die prognostische Gesamtwürdigung ergibt, er werde auch künftig in erheblicher Weise gegen [X.]ienstpflichten verstoßen oder die von ihm zu verantwortende [X.] sei bei einem Verbleib im Beamtenverhältnis nicht wieder gutzumachen. Je schwerer das [X.]ienstvergehen wiegt, desto näher liegt eine derartige Prognose (stRspr; vgl. Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.[X.] <258 f.> bzw. Rn. 21 f. und vom 3. Mai 2007 a.a.[X.] Rn. 18).

[X.]ie [X.]isziplinarmaßnahme der Aberkennung des Ruhegehalts stellt sicher, dass sich der Beamte der Sanktionierung eines schweren [X.]ienstvergehens, das er im aktiven [X.]ienst begangen hat, nicht durch den Eintritt in den Ruhestand entziehen kann. Sie findet ihre Rechtfertigung in der Wahrung der Integrität des [X.] und des Ansehens des öffentlichen [X.]ienstes sowie in dem Gebot der Gleichbehandlung ([X.], [X.] vom 22. November 2001 - 2 BvR 2138/00 - NVwZ 2002, 467; BVerwG, Beschluss vom 13. Oktober 2005 - BVerwG 2 B 19.05 - [X.] 235.1 § 15 B[X.]G Nr. 2 Rn. 6).

[X.]ie Entscheidung des Gesetzgebers, die disziplinarrechtliche Relevanz außerdienstlichen Fehlverhaltens einzuschränken, wirkt sich auch auf die Bemessungsentscheidung nach § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 [X.] aus. Sie führt dazu, dass ein [X.]ienstvergehen außerhalb des [X.]ienstes jedenfalls dann regelmäßig nicht die Beendigung des Beamtenverhältnisses nach sich zieht, wenn es keine Rückschlüsse auf die [X.]ienstausübung des Betroffenen zulässt, seine disziplinarrechtliche Relevanz sich vielmehr ausschließlich aus dem damit verbundenen [X.] ergibt. In diesen Fällen kommen Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. Aberkennung des Ruhegehalts nur in Betracht, wenn das [X.]ienstvergehen im Einzelfall durch vom Regelfall abweichende, besonders erschwerende Umstände gekennzeichnet ist.

Für die Bestimmung der Schwere des [X.]ienstvergehens kann auf die Maßstäbe zurückgegriffen werden, die der [X.]isziplinarsenat des [X.] für einzelne Fallgruppen entwickelt hat. Nach dessen Rechtsprechung ist die [X.]isziplinarmaßnahme für außerdienstliche Steuerhinterziehungen ohne dienstlichen Bezug wegen der Variationsbreite der möglichen Verfehlungen, insbesondere wegen der sehr unterschiedlichen Hinterziehungsbeträge, grundsätzlich nach den Umständen des jeweiligen Falles festzulegen. Ist der Umfang der hinterzogenen Steuern besonders hoch oder sind mit der Steuerhinterziehung zusätzliche Straftatbestände oder andere nachteilige Umstände mit erheblichem Eigengewicht verbunden, so soll eine Zurückstufung angemessen sein. Eine außergewöhnliche Höhe des [X.] nimmt der [X.]isziplinarsenat bei einem sechsstelligen [X.]M-Betrag an (stRspr; vgl. Urteil vom 8. September 2004 - BVerwG 1 [X.] 18.03 - [X.] 235.1 § 85 B[X.]G Nr. 7 S. 14). [X.]avon ausgehend kommt die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. die Aberkennung des Ruhegehalts in Betracht, wenn der [X.] wie im vorliegenden Fall einen siebenstelligen Euro-Betrag erreicht.

b) [X.]ie Strafaufhebung nach § 371 [X.] kann nicht unbesehen als [X.] in die Bemessungsentscheidung nach § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 [X.] übernommen werden. [X.]er Verzicht auf den [X.] ist vorrangig dem fiskalischen Interesse an der Erschließung unbekannter Steuerquellen geschuldet ([X.], Beschluss vom 20. Mai 2010 - 1 StR 577/09 - NJW 2010, 2146 Rn. 7). [X.]ieses Interesse stellt keinen Gesichtspunkt dar, der dem Bemessungskriterium des Persönlichkeitsbildes des Beamten im Sinne von § 13 Abs. 2 [X.] [X.] zugeordnet werden kann. [X.]aher ist für die Bestimmung des Gewichts einer Selbstanzeige nach § 371 [X.] in erster Linie auf die disziplinarrechtlichen Milderungsgründe zurückzugreifen, die Elemente des Persönlichkeitsbildes zum Ausdruck bringen.

[X.]anach kommt der Selbstanzeige entscheidendes Gewicht für die Maßnahmebemessung zu, wenn der Beamte dadurch den [X.] der freiwilligen Offenbarung erfüllt. [X.]er [X.]isziplinarsenat des [X.] hat diesen [X.] für die Fallgruppe der Veruntreuung amtlich anvertrauter Gelder entwickelt, jedoch auch auf Steuerhinterziehungen angewandt. Er liegt vor, wenn der Beamte das [X.]ienstvergehen vor seiner Aufdeckung aus eigenem Antrieb ohne Furcht vor konkreter Entdeckung vorbehaltlos und vollständig offenlegt. [X.]er [X.] greift nicht mehr ein, wenn der Beamte das [X.]ienstvergehen offenbart, weil er damit rechnet, dass deswegen gegen ihn ermittelt wird (Urteile vom 5. Oktober 1994 - BVerwG 1 [X.] 31.94 - BVerwGE 103, 177 <180 f.>, vom 6. Juni 2000 - BVerwG 1 [X.] 66.98 - [X.] 235 § 17 B[X.]O Nr. 1 S. 4 und vom 23. Februar 2005 - BVerwG 1 [X.] 13.04 - BVerwGE 123, 75 <78 f.>).

[X.]urch die freiwillige Offenbarung zeigt der Beamte, dass er sein Fehlverhalten bereut und aus innerer Einsicht entschlossen ist, sich künftig rechtstreu zu verhalten. Sein Persönlichkeitsbild im Sinne von § 13 Abs. 2 [X.] [X.] erscheint in einem günstigeren Licht, sodass die Erwartung gerechtfertigt ist, die von dem Beamten verursachte [X.] könne wettgemacht werden. Mit dem Zweck des [X.]es der freiwilligen Offenbarung lässt sich nicht vereinbaren, den in die Tat umgesetzten Persönlichkeitswandel generell für unbeachtlich zu erklären. Vielmehr führt die Umkehr des Beamten aus freien Stücken selbst bei schwerwiegenden innerdienstlichen Pflichtenverstößen regelmäßig zur Bestimmung einer [X.]isziplinarmaßnahme, die um eine Stufe niedriger liegt als die durch die Schwere des [X.]ienstvergehens indizierte Maßnahme. [X.]ies gilt nur dann nicht, wenn dem [X.] erschwerende Umstände von ganz erheblichem Gewicht entgegenstehen. [X.]azu gehört eine enorme Schadenshöhe bei Vermögens- und Abgabedelikten nicht, wenn der Beamte seine Bereitschaft zur Wiedergutmachung des Schadens gezeigt hat und dazu in der Lage ist. [X.]ie Fähigkeit zur Wiedergutmachung des Schadens ist im Allgemeinen wegen des Einsatzes der [X.]ienst- oder Versorgungsbezüge zu bejahen (Urteile vom 5. Oktober 1994 a.a.[X.] <181>, vom 6. Juni 2000 a.a.[X.] S. 4 und vom 23. Februar 2005 a.a.[X.] <78 f.>).

[X.]emgegenüber kommt einer Selbstanzeige nach § 371 [X.], die der Beamte aus Furcht vor Entdeckung abgibt, naturgemäß ein geringeres Gewicht zu. [X.]ies gilt unabhängig davon, ob der Beamte dadurch Straffreiheit erlangt. Hier muss davon ausgegangen werden, dass der Beamte weniger aus innerer Einsicht als vielmehr in dem Bestreben tätig wird, die nachteiligen Folgen seines Fehlverhaltens so gering als möglich zu halten. [X.]aher hängt es vom Hinzutreten weiterer, dem Persönlichkeitsbild zuzuordnenden mildernden Umständen ab, welche [X.]isziplinarmaßnahme angemessen ist. Jedenfalls bei einer siebenstelligen Größenordnung der hinterzogenen Steuern kann die höchste [X.]isziplinarmaßnahme angezeigt sein, wenn im Einzelfall Erschwerungsgründe vorliegen, denen keine Milderungsgründe von solchem Gewicht gegenüberstehen, dass eine Gesamtbetrachtung noch den Schluss rechtfertigt, der Beamte sei noch tragbar. Je gravierender die Erschwerungsgründe in ihrer Gesamtheit zu Buche schlagen, desto gewichtiger müssen die Milderungsgründe sein. [X.]en [X.] darf nicht unabhängig von ihrem Gewicht unter Verweis auf die Größenordnung des [X.] jede entscheidungserhebliche Bedeutung abgesprochen werden.

Ein beachtlicher [X.], der die [X.]ienstentfernung oder die Aberkennung des Ruhegehalts bei Fehlen besonderer Erschwerungsgründe ausschließt, liegt darin, dass der Beamte nach der Selbstanzeige aus Furcht vor Entdeckung den Schaden alsbald ausgeglichen, nämlich die zu seinen Gunsten hinterzogenen Steuern innerhalb der ihm gesetzten Frist (§ 371 [X.]) entrichtet und dadurch Straffreiheit erlangt hat (vgl. Urteil vom 5. Oktober 1994 a.a.[X.] <181>). Gleiches gilt, wenn der Beamte durch seine Mitwirkung die Aufklärung des [X.]ienstvergehens ermöglicht oder erheblich vereinfacht hat (Urteil vom 6. Juni 2000 a.a.[X.] S. 4). Auch kann zugunsten des Beamten zu berücksichtigen sein, dass er sich nicht selbst bereichert, sondern [X.]ritten auf deren [X.]rängen ungerechtfertigte Vorteile verschafft hat (Urteil vom 23. Februar 2005 a.a.[X.] <77>).

c) [X.]as Oberverwaltungsgericht ist den Anforderungen an die prognostische Gesamtwürdigung nach § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 [X.] nicht gerecht geworden. Es hat zwar verschiedene bemessungsrelevante Gesichtspunkte aufgeführt, die Aberkennung des Ruhegehalts jedoch abweichend von der Rechtsprechung des [X.]isziplinarsenats des [X.] allein schon wegen der enormen Größenordnung der Steuerhinterziehungen des [X.]n für zwingend geboten gehalten. Nach seiner Auffassung kann bei der hier festgestellten Schadenshöhe dem [X.] der freiwilligen Offenbarung, d.h. einer Selbstanzeige aus freien Stücken, unter keinen Umständen entscheidungserhebliches Gewicht zukommen. [X.]ementsprechend hat das Oberverwaltungsgericht dahingestellt sein lassen, ob der [X.] die Selbstanzeige aus freien Stücken oder bereits aus Furcht vor Entdeckung abgegeben hat. [X.]ies wird es aufzuklären haben, wobei dem [X.]n möglicherweise der Grundsatz "in dubio pro reo" zugute kommt. Es wird insbesondere darauf ankommen, ob der [X.] bei Abgabe der Selbstanzeige damit rechnen musste, dass wegen der hinterzogenen Steuern bereits gegen ihn ermittelt wird. Ist von einer Selbstanzeige aus freien Stücken auszugehen, so kommt die Aberkennung des Ruhegehalts nach Lage der [X.]inge nicht in Betracht.

Gewinnt das Oberverwaltungsgericht nach erschöpfender Sachaufklärung die Überzeugung, dass der [X.] die Selbstanzeige aus Furcht vor Entdeckung abgegeben hat, so wird es aufzuklären haben, ob dem [X.]n neben der Schadenshöhe weitere Erschwerungsgründe anzulasten sind. Auf der anderen Seite wird es zu berücksichtigen haben, dass der [X.] den gesamten [X.] nebst Zinsen und Zuschlägen fristgerecht entrichtet hat. Gegebenenfalls wird das Oberverwaltungsgericht weiter nachzuprüfen haben, ob einer der dargestellten weiteren Milderungsgründe hinzutritt.

Meta

2 C 16/10

28.07.2011

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 23. September 2009, Az: 3d A 1849/08.O, Urteil

§ 13 Abs 2 DG NW 2004, § 13 Abs 3 DG NW 2004, § 3 DG NW 2004, § 128 VwGO, § 318 StPO, § 83 Abs 1 BG NW vom 01.05.1981, § 57 S 3 BG NW vom 01.05.1981, § 370 Abs 1 AO, § 371 AO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28.07.2011, Az. 2 C 16/10 (REWIS RS 2011, 4285)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 4285

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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