Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.07.2013, Az. 2 StR 620/12

2. Strafsenat | REWIS RS 2013, 3752

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
2 StR 620/12
vom
31. Juli 2013
in der Strafsache
gegen

wegen gefährlicher Körperverletzung

-
2
-
Der 2.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom
31. Juli 2013, an der teilgenommen haben:
[X.] am [X.]
Prof. Dr. [X.]

und [X.] am [X.]
Dr. [X.],
Prof. Dr. [X.],
[X.]in am [X.]
Dr. [X.],
[X.] am [X.]
[X.],

Staatsanwältin beim [X.]

als Vertreterin
der [X.],

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

-
3
-
1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 10. September 2012 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit die Unterbringung des [X.] in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechts-mittels, an eine andere Strafkammer des
[X.]s zurück-verwiesen.
2.
Die weitergehende Revision wird verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverlet-zung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Von weiteren Tatvor-würfen (schwere räuberische Erpressung und räuberische Erpressung in [X.] mit gefährlicher Körperverletzung) hat es ihn aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Die umfassend eingelegte, auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung des Urteils, soweit
das [X.] die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgelehnt hat; im Übrigen ist sie unbegründet.

1
-
4
-
1. Das [X.] hat sich den Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen angeschlossen, wonach "durchaus Anhaltspunkte dafür [X.], dass der Angeklagte den Hang im Sinne des § 64 Satz
1 StGB habe, alkoholische Getränke im Übermaß zu sich zu nehmen. Auch gebe es Hinweise dafür, dass ein symptomatischer Zusammenhang zwischen der hier in Rede stehenden Tat und dem Hang des Angeklagten gegeben sei. Allerdings beste-he keine hinreichend konkrete Aussicht auf einen Behandlungserfolg. Denn der Angeklagte habe bereits die ihm als Bewährungsauflage erteilte Weisung, eine Alkoholentwöhnungstherapie durchzuführen, nicht erfüllt, wie sich aus den Be-richten der Bewährungshelferin ergebe. Aus diesen Berichten gehe
hervor, dass bei dem Angeklagten die Einsicht, überhaupt ein Alkoholproblem zu ha-ben, nicht vorhanden sei, so dass eine Therapiemotivation fehle ([X.] 18)."

2. Diesen
Ausführungen begegnen durchgreifende sachlich-rechtliche
Bedenken.
a) Das [X.] hat nicht erkennbar bedacht, dass das Fehlen von Therapiewilligkeit einer Anordnung nach § 64 StGB grundsätzlich nicht entge-gensteht. Es
kann zwar ein gegen die Erfolgsaussicht sprechendes Indiz sein. In einem solchen Fall hat der Tatrichter aber zu prüfen, ob die konkrete [X.] besteht, dass die [X.] für eine Erfolg versprechende [X.] geweckt werden kann (vgl. [X.], Beschluss vom 10. Mai 2011

4
[X.], [X.], 323, 324; Senat, Beschluss vom 24. Juni 2009

2 [X.]/09 Rn. 5 juris; [X.], StGB, 60. Aufl., § 64 Rn. 20 mwN).
An einer solchen Prüfung hat es das [X.] fehlen lassen.

Der Umstand, dass der Angeklagte bereits einen erfolglosen
Therapie-versuch unternommen hat, steht der Annahme einer hinreichend konkreten [X.] grundsätzlich nicht entgegen (vgl. [X.], Beschluss vom 2
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4
5
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5
-
23.
Oktober 1996

4 StR 473/96, [X.], 131, 132; [X.] aaO Rn.
21). Der pauschale Hinweis des [X.]s
darauf, dass
der Angeklagte eine
entsprechende Bewährungsweisung
nicht erfüllt
hat, belegt ohne nähere Darlegung der Umstände dieser
Therapie und ihres Scheiterns das Fehlen [X.] der freiheitsentziehenden Maßregel des § 64 StGB nicht.
b) Diese Rechtsfehler entziehen der negativen Prognose des Landge-richts zur Erfolgsaussicht der Unterbringung die Grundlage. Da die bisherigen Feststellungen einen Hang des Angeklagten, alkoholische Getränke im Über-maß zu sich zu nehmen und einen symptomatischen Zusammenhang zwischen der Tat und dem Hang nahelegen, bedarf die Frage der
Maßregelanordnung gemäß § 64 StGB der nochmaligen Prüfung und Entscheidung durch einen neuen Tatrichter. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO).
Er hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht auch nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. [X.], Beschluss vom 10. Mai 2011

4 [X.], [X.], 323, 324 mwN).
3. Der Strafausspruch kann bestehen bleiben.
Grundsätzlich besteht wegen der "Zweispurigkeit"
von Strafe und [X.] zwischen beiden Rechtsfolgen keine Wechselwirkung, sie sollen unab-hängig voneinander bemessen
bzw. verhängt werden. Ungeachtet dessen kann aber im Einzelfall eine Wechselwirkung zwischen den beiden Rechtsfolgen zu bejahen sein, weil die für die deren Anordnung jeweils wesentlichen Gesichts-punkte nicht stets streng voneinander zu trennen sind (vgl.
[X.], Urteil vom 20.
September 2011

1 [X.], [X.], 72, 74 mwN).
Im vorliegenden Fall ist das [X.] zu Gunsten des Angeklagten von einem rechtsfehlerhaft zu niedrig berechneten Höchstmaß des nach §§ 21, 6
7
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-
6
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49 Abs. 1 Nr. 2 StGB verschobenen Strafrahmens

drei
Jahre
neun
Monate statt sieben Jahre sechs Monate Freiheitsstrafe

ausgegangen und hat eine angesichts der einschlägigen Vorstrafe, auf Grund derer der Angeklagte
zudem zum Tatzeitpunkt unter offener Bewährung stand, sehr milde Freiheitsstrafe von acht Monaten verhängt. Vor diesem Hintergrund schließt der Senat aus, dass das [X.]

auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass im [X.] Fall die Unterbringung die Dauer der Strafe überschreiten kann (vgl. hierzu Senat,
Beschluss vom 16. Februar 2012

2 StR 29/12, [X.], 202, 203)

eine noch
mildere Strafe verhängt
hätte, wenn es zugleich die Un-terbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet hätte.
4. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf die Sachrüge keinen Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten ergeben.

[X.]

[X.]

[X.]

Riin[X.] Dr. [X.] ist

[X.]

an der Unterschriftsleistung

gehindert.

[X.]
10

Meta

2 StR 620/12

31.07.2013

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.07.2013, Az. 2 StR 620/12 (REWIS RS 2013, 3752)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3752

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4 StR 178/11

1 StR 120/11

2 StR 29/12

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