Bundespatentgericht, Beschluss vom 08.11.2012, Az. 25 W (pat) 68/11

25. Senat | REWIS RS 2012, 1594

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren "OCUPLAST/OCCLU" – keine Verwechslungsgefahr -


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2009 009 924

hat der 25. Senat ([X.]) des [X.] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 8. November 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.], des Richters [X.] und der Richterin Grote-Bittner

beschlossen:

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 22. April 2009 angemeldete Marke

2

[X.]

3

ist am 10. September 2009 in das beim [X.] geführte Markenregister unter der Nummer 30 2009 009 924 für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 5, 10 und 44  eingetragen worden:

4

Klasse 5:

5

pharmazeutische Erzeugnisse und Präparate; chemische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Nahrungsergänzungsmittel für nicht-medizinische Zwecke auf Basis von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, Aminosäuren; Pflaster, Verbandsstoffe, Desinfektionsmittel;

6

Klasse 10:

7

chirurgische, ärztliche, zahn- und tierärztliche Instrumente und Apparate;

8

Klasse 44:

9

medizinische und veterinärmedizinische Dienstleistungen; Ernährungs- und Gesundheitsberatung.

Gegen die Eintragung dieser Marke hat die Inhaberin der älteren, am 20. Oktober 1982 für die Waren der

Klasse 5:

zahnmedizinische Erzeugnisse, nämlich Mittel zur farblichen Markierung von Zahnoberfläche,

unter der Nummer 1039852 eingetragenen Marke

[X.]

zunächst gegen alle von der angegriffenen Marken geschützten Waren und Dienstleistungen Widerspruch erhoben. Im Verfahren vor der Markenstelle hat sie ihren Widerspruch sodann auf die folgenden Waren der Klassen 5 und 10 der angegriffenen Marke beschränkt: „Pharmazeutische Erzeugnisse und Präparate; chemische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Pflaster, Verbandsstoffe, Desinfektionsmittel, chirurgische, ärztliche, zahn- und tierärztliche Instrumente und Apparate“.

Bereits im Verfahren vor der Markenstelle hat der Inhaber der angegriffenen Marke mit Schriftsatz vom 6. August 2010 die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Die Widersprechende hat daraufhin eine eidesstattliche Versicherung mit Datum vom 1. Oktober 2010 ihres kaufmännischen Angestellten K… ([X.]. 44 der Patentamtsakte) sowie Etikette und Katalogauszüge von Produkten mit den Bezeichnungen „[X.]® [X.]“, „[X.]-[X.]“, „[X.]®“ vorgelegt ([X.]. 45-53  der Patentamtsakte).

Die Markenstelle für die Klasse 5 des [X.]s hat den Widerspruch durch Beschluss einer Beamtin des höheren Dienstes zurückgewiesen.

Nach Auffassung der Markenstelle besteht zwischen den Vergleichsmarken bereits nach der [X.] keine Verwechslungsgefahr i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.], so dass es auf die Frage der Benutzung der Widerspruchsmarke nicht mehr ankomme. Soweit sich die Vergleichsmarken auf identischen Waren begegnen könnten, da unter chemische Erzeugnisse für medizinische Zwecke auch zahnmedizinische Erzeugnisse, nämlich Mittel zur farbigen Markierung von Zahnoberflächen, fallen könnten, und die Widerspruchsmarke mangels entgegenstehender Anhaltspunkte über durchschnittliche Kennzeichnungskraft verfüge, halte die jüngere Marke den zu fordernden deutlichen [X.] auch bei Anwendung durchschnittlicher Sorgfalt des angesprochenen Verkehrs ein. Dies gelte erst Recht, soweit auch Fachkreise aus der Medizin hinsichtlich identischer Vergleichswaren angesprochen werden, da diese Personen berufsbedingt besonders aufmerksam seien. Die sich gegenüberstehenden Marken „[X.]“ und „[X.]“  würden sich schon durch ihre Wortlänge auffällig voneinander unterscheiden.  Die  angegriffene   Marke   verfüge  zudem  über  den  [X.]“, der in der Widerspruchsmarke fehle, wobei diese noch den Buchstaben „L“ an anderer Stelle habe. Es bestehe auch kein Anlass, bei den Marken einen Bestandteil wegzulassen oder zu vernachlässigen, da Marken grundsätzlich in ihrer Gesamtheit wahrgenommen würden und es sich bei den Vergleichsmarken um Einwortmarken handele, von denen erfahrungsgemäß keine Teile abgetrennt würden. Des weiteren sei die Widerspruchsmarke relativ kurz, so dass schon geringe Abweichungen bemerkt würden. Diese Unterschiede würden ausreichen, um den Marken ein eigenständiges Klangbild zu verleihen, so dass Verwechslungen in klanglicher Hinsicht auszuschließen seien. Eine schriftbildliche Verwechslungsgefahr könne aufgrund der unterschiedlichen Wortlängen sowie der typische Umrisscharakteristik von „-[X.]“ der jüngeren Marke gegenüber „-C“ der älteren Marke, die der jeweils anderen Marke fehlen würden, ebenfalls ausgeschlossen werden. Zudem stünden die Buchstaben „L“ und „U“ jeweils an anderer Stelle innerhalb der Markenwörter. Für andere Arten der Verwechslungsgefahr habe die Widersprechende nichts vorgetragen, solche seien aber auch nicht ersichtlich. Die angesprochenen Verkehrskreise würden auch nicht davon ausgehen, dass es sich bei der jüngeren Marke um ein weiteres Produkt der Widersprechenden handeln würde, da es schon an einem wesensgleichen Bestandteil der Vergleichsmarken fehlen würde.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden.

Eine Verwechslungsgefahr der sich gegenüberstehenden Marken sei entgegen der Auffassung der Markenstelle gegeben. Denn es sei nur der Bestandteil „[X.]“ der angegriffenen Marke der Widerspruchsmarke „[X.]“ gegenüber zu stellen, da der weitere Bestandteil „[X.]“ der jüngeren Marke unmittelbar beschreibend, außerdem gebräuchlicher Bestandteil von Marken sei und daher wenig oder gar nicht zur Unterscheidung der Vergleichsmarken beitragen könne. Das Element „[X.]“ habe nicht nur einen Sinnanklang an „Plastik, plastisch“, sondern werde umgangsprachlich als eigenes Wort für „Plastik, Kunststoff“ verwendet, wie die freie Enzyklopädie Wikipedia belege; außerdem sei der Begriff als beschreibender Bestandteil von Wortkombinationen zu finden, wie z.B. Plastverarbeitung und Plastfacharbeiter. Eine von ihr durchgeführte Markenrecherche habe bei [X.] Marken und Gemeinschaftsmarken mit dem Bestandteil „[X.]“ 437 Treffen bei den Waren 5 und 10 ergeben. Ihre Auffassung würde durch Entscheidungen des [X.] in Sachen „[X.] /[X.]“ und „[X.]/[X.]“ bestätigt.

Die Widersprechende beantragt (sinngemäß),

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des [X.]s vom 16. März 2011 aufzuheben und wegen des Widerspruchs aus der Marke 1039852 die Löschung der angegriffenen Marke 30 2009 009 924 in Bezug auf die Waren „pharmazeutische Erzeugnisse und Präparate; chemische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Pflaster, Verbandsstoffe, Desinfektionsmittel, chirurgische, ärztliche, zahn- und tierärztliche Instrumente und Apparate“, anzuordnen.

Der Markeninhaber beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er tritt der Auffassung der Widersprechenden entgegen und verweist auf seinen Vortrag im Verfahren vor der Markenstelle. Dort hatte er ausgeführt, dass die Vergleichsmarken in ihrem Gesamteindruck mit lediglich zwei identischen Buchstaben an gleicher Stelle, wobei die angegriffene Marke aus acht Buchstaben bestehe, sowohl schriftbildlich wie auch klanglich deutlich unterscheidbar seien. Die Vergleichsmarken würden auch nicht gedanklich miteinander in Verbindung gebracht, da die Bestandteile „[X.]“ und „[X.]“ einen völlig anderen Sinngehalt hätten. „[X.]“ leite sich vom [X.] Verb „occludere“ ab, was verschließen bedeute, während „[X.]“ an das [X.] Substantiv „oculus“, also Auge, angelehnt sei. Schließlich sei eine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der Serienmarke auszuschließen, da die angesprochenen Verkehrkreise den übereinstimmenden Buchstaben „OC“ nicht als Stammzeichen der älteren Marke werten würden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 [X.] statthaft.

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Der Senat teilt die Auffassung der Markenstelle, dass zwischen den Vergleichsmarken keine Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Absatz 1 Nr. 2 [X.] besteht, so dass der nach § 42 Absatz 2 Nr. 1 [X.] erhobene Widerspruch aus der Marke 1039852 von der Markenstelle gemäß § 43 Absatz 2 Satz 2 [X.] zu Recht zurückgewiesen worden ist.

1.

Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen ([X.] GRUR 2006, 237, [X.]. 18 -PICASSO; [X.], 387, [X.]. 22 - Sabèl/[X.]). Ihre Beurteilung bemisst sich insbesondere nach der Identität oder Ähnlichkeit der Waren, der Identität oder Ähnlichkeit der Marken und dem Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. [X.], 258 – INTERCONNECT/T-InterConnect; [X.], 772, [X.]. 31 – [X.]; vgl. [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 9 [X.]r. 40).

Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr der Vergleichsmarken ist einerseits auf Fachkreise, nämlich (Zahn)Ärzte, Apotheker usw. abzustellen, die aufgrund ihrer  beruflichen Praxis und Erfahrung im Umgang mit pharmazeutischen und chemischen Erzeugnissen für medizinische Zwecke bzw. zahnmedizinischen Erzeugnissen sehr sorgfältig und in ihrem Unterscheidungsvermögen geschult sind, und andererseits auch auf die durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher, deren Aufmerksamkeit je nach Art der Ware oder Dienstleistung unterschiedlich hoch sein kann und die insbesondere allem, was mit der Gesundheit zusammenhängt eine gesteigerte Aufmerksamkeit beizumessen pflegen (vgl. [X.], 50, 53 - [X.]/Indohexal).

a)

Vorliegend kann dahinstehen, ob die Widerspruchsmarke rechtserhaltend für die Waren „Zahnmedizinische Erzeugnisse, nämlich Mittel zur farbigen Markierung von Zahnoberflächen“ benutzt worden ist bzw. wird, was wegen der Benutzung von  „[X.]“ nach den von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen  nicht in Alleinstellung, sondern regelmäßig mit einem weiteren Wortbestandteil, wie z.B. „[X.]“, „[X.]“ usw., in Frage gestellt werden könnte, wofür aber in Anbetracht dieser produktbeschreibenden und damit eine den kennzeichnenden Charakter einer Marke grundsätzlich nicht verändernden Zusätze (§ 26 Abs. 3 [X.]) einiges spricht. Denn die angegriffene Marke hält den gebotenen Abstand zu der älteren Marke auch dann ein, soweit ausgehend von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke bei weder den Schutzumfang mindernden  noch sie steigernden Aspekten eine rechtserhaltende Benutzung für diese Waren unterstellt wird und daher davon auszugehen ist, dass sich die Vergleichsmarken teilweise auf identischen Waren begegnen können, nämlich im Bereich der „zahnmedizinische Erzeugnisse, nämlich Mittel zur farbigen Markierung von Zahnoberflächen“, die von dem weitergehenden Warenbegriff der „chemischen Erzeugnisse für medizinische Zwecke“ der angegriffenen Marke mit umfasst sind.

b)

Soweit danach bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und bei zugunsten der Widersprechenden anzunehmender teilweiser Warenidentität der Vergleichsmarken strenge Anforderungen an den [X.] zu stellen sind, wird die angegriffene Marke diesen Anforderungen in jeder Hinsicht gerecht.

Eine relevante Markenähnlichkeit kann in klanglicher, schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht bestehen, wobei es für die Feststellung einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr grundsätzlich ausreicht, wenn nur in einer dieser Wahrnehmungsrichtungen ausreichende Übereinstimmungen bestehen (vgl. [X.], 803, [X.]. 21 - [X.]; [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 9, [X.]r. 224 [X.]). Jedoch ist weder in schriftbildlicher, klanglicher oder begrifflicher Hinsicht eine für die Annahme einer Verwechslungsgefahr hinreichende Ähnlichkeit der Vergleichsmarken festzustellen.

In ihrer Gesamtheit heben sich die Vergleichsmarken allein aufgrund ihrer unterschiedlichen Wortlänge sowohl im Schriftbild als auch im Klang bei der Aussprache auffällig und damit in einer die Verwechslungsgefahr ausschließenden Weise voneinander ab.

Die Widerspruchsmarke „[X.]“ verfügt über fünf Buchstaben, während die angegriffene Marke „[X.]“ aus acht Buchstaben besteht und somit unübersehbar länger ist. Weiter verwechslungsmindernd wirken mit [X.]ick auf die Umrisscharakteristik der Buchstaben „LU“ einerseits und „[X.]“ andererseits optisch deutliche und ohne weiteres wahrnehmbare Abweichungen am Wortende der Vergleichsmarken.

Auch in klanglicher Hinsicht weisen die Vergleichsmarken durch die unterschiedlichen Längen unüberhörbare Unterschiede auf. Die ältere Marke „[X.]“ wird zweisilbig ausgesprochen, während die jüngere Marke „[X.]“ aus drei Silben besteht und damit insgesamt deutlich länger ist. Die ältere Marke schließt zudem mit dem offen und gedehnt gesprochenen Vokal „U“, während die jüngere Marke mit den kurz und scharf gesprochen Konsonanten „[X.]“ endet.

In begrifflicher Hinsicht ergeben sich keine verwechslungsrelevanten Aspekte, da weder „[X.]“ noch „[X.]“ über einen erkennbaren Bedeutungsgehalt verfügen. Auch wenn die Widerspruchsmarke „[X.]“ an den [X.] Begriff „occludere“, der mit „schließen“ zu übersetzen ist, angelehnt sein kann, wird der Verkehr ihr  auch bei unterstellten [X.] wegen der starken Verkürzung nicht ohne weiteres diese Bedeutung beimessen. Dies gilt in gleicher Weise für „[X.]“, selbst wenn der Verkehr die Einwortmarke nicht als einheitliches Wort wahrnehmen, sondern  in die Bestandteile „[X.]“ und „[X.]“ aufspalten würde, wobei zudem auch dem weiteren Element „[X.]“ kein beschreibender Bedeutungsgehalt zukommt, wie noch ausgeführt wird (s. Ziffer 1 c).

c)

Aufgrund der aufgezeigten Unterschiede der [X.] käme die Bejahung einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr nur dann in Betracht, wenn der Wortbestandteil „[X.]“ in der angegriffenen Marke den Gesamteindruck dieser Marke derart prägen würde, dass der weitere Wortbestandteil „[X.]“ weitgehend in den Hintergrund tritt und den Gesamteindruck der Marke nicht mehr mitbestimmt (vgl. [X.] GRUR 2005, 1042, [X.]. 28f - [X.]; [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 9, [X.]. 320 ff.), wobei beschreibende oder kennzeichnungsschwache Markenteile nicht von vornherein unberücksichtigt bleiben dürfen (vgl. [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 9, [X.]. 333).

Entgegen der Auffassung der Widersprechende ist nicht von einer Prägung der Buchstabenfolge „[X.]“ in der angegriffenen Marke auszugehen, vielmehr bestimmt der weitere [X.] „[X.]“ den Gesamteindruck der  jüngeren Marke in relevanter Weise mit. Das letztgenannte Element  stellt schon keine glatt beschreibende Angabe im Sinne von „Plastik“ bzw. „Kunststoff“ dar und ist auch kein gleichwertiges Synonym für diese Begriffe. Soweit die Widersprechende zum Nachweis für ein solches Verständnis auf einen von ihr vorgelegten [X.] verweist (s. [X.]. 24 – 26 d.A), handelt es sich bei den dort aufgeführten Bezeichnungen ersichtlich um Einzelfälle, die zudem auch seit vielen Jahren nicht mehr verwendet werden, da es sich um spezielle in der [X.] verwendete Berufs- und Tätigkeitsbezeichnungen handelt. Daher wird der Verkehr wie bei der bekannten Marke „HANSA[X.]“ dem [X.] „[X.]“  bei der in gleicher Weise gebildeten angegriffenen Marke  nicht die Bedeutung von „Plastik“ oder „Kunststoff“ beimessen. Aber selbst wenn „[X.]“ als beschreibende Angabe gewertet würde, führt dies nicht dazu, dass dieser Bestandteil bei der Beurteilung des Gesamteindrucks vernachlässigt werden könnte. Denn es handelt sich bei der angegriffenen Marke um eine eingliedrige Marke, bei der die Schlusssilbe „[X.]“ in der [X.] aufgeht, und bei der „[X.]“ auch als (unterstellter) beschreibender und damit  schutzunfähiger Bestandteile zur Prägung beiträgt (vgl. [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 9 [X.]. 435 m.w.N.).

Schließlich ist auch nicht aus anderen Gründen allein der Bestandteil „[X.]“ der angegriffenen Marke  der Widerspruchsmarke gegenüber zu stellen. Der Verkehr, der grundsätzlich Marken in ihrer Gesamtheit wahrnimmt, wird auch nicht ausnahmsweise bei der Wahrnehmung der jüngeren das weitere in dieser  enthaltene Element „[X.]“ abspalten. Ein Fall der Abspaltung wird bei begrifflicher  Mehrgliedrigkeit von Marken mit einer glatt beschreibenden Angabe angenommen, die der Verkehr auch innerhalb eines einheitlichen Markenzeichens nicht als zur eigentlichen Kennzeichnung gehörend wertet und daher von dieser abspaltet (vgl. zur Abspaltung: [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 9, [X.]. 433). Ein solcher Fall der abgespalteten Wahrnehmung durch den Verkehr ist offensichtlich bei „[X.]“ nicht gegeben; nach den obigen Ausführungen handelt es sich bei „[X.]“ nicht um eine typischen glatt beschreibenden Bestandteil, wie dies beispielsweise bei Elementen wie „aktiv“ oder „plus“ oder im Arzneimittelbereich bei isolierten Zeichenschlusselementen wie „forte“ oder „retard“, die die starke Dosierung des Medikaments bzw. die verlangsamte Freisetzung des Wirkstoffes beschreiben, der Fall ist. Insofern ist das vorliegend zu beurteilende Gesamtzeichen „[X.]“ nicht mit den von der Widersprechenden genannten Fällen „[X.]/[X.]“ und „[X.]/[X.]“ vergleichbar.

Nach alledem ist eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zu verneinen.

e)

Schließlich scheidet auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt einer von der Widersprechenden benutzten Zeichenserie aus.

Eine derartige Verwechslungsgefahr wird angenommen, wenn zwei [X.] als solche ohne besondere Schwierigkeiten auseinander zu halten sind, aber aufgrund von bestimmten charakteristischen Gemeinsamkeiten, nämlich eines identischen oder zumindest wesensgleichen Stammbestandteils einer Markenserie der Widersprechenden mit Hinweischarakter auf die Widersprechende, der Verkehr dennoch von einer gemeinsamen betrieblichen Herkunft ausgeht (vgl. [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 9 [X.]r. 443 m.w.N.).

Soweit die Widersprechende mit „[X.]-[X.]“ und „[X.]-PRINT“ über eine benutzte Zeichenserie mit dem Stammbestandteil „[X.]“ verfügt bzw. verfügen sollte, wird der Verkehr die angegriffene Marke „[X.]“ nicht als eine zu dieser Serie gehörende Marke erkennen. Denn die insoweit allein in Betracht kommenden Marken bzw. Markenbestandteile „[X.]“ und „[X.]“ sind weder identisch noch derart ähnlich, dass sie als wesensgleiche Stammbestandteil i.S.d. Rechtsprechung (vgl. [X.] GRUR 2008, 343, 346 - [X.]/[X.]; [X.] GRUR 2008, 343 - [X.]) eingestuft werden könnten. Da die Vorstellung von Serienmarken eine sorgfältige Prüfung und eine Vertrautheit mit der Markenserie voraussetzt, können irrige Herkunftsvorstellungen nämlich nur entstehen, wenn die Abweichungen in dem in Betracht kommenden Stammbestandteil so unauffällig sind, dass sie entweder nicht bemerkt oder als Hör- oder Druckfehler gewertet werden (vgl. [X.], 359, 362 – Abbo/[X.]; [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 9 [X.]. 457 m.w.N.). Insoweit reichen bereits geringfügige Unterschiede aus, um den Gedanken an Serienmarken desselben Unternehmens nicht aufkommen zu lassen (vgl. [X.]/[X.], a. a. O.). Die beiden Vergleichsbestandteile bzw. [X.] „[X.]“ einerseits und „[X.]“ andererseits weisen aber unter dem vorgenannten Aspekt der Wesensgleichheit sowohl in schriftbildlicher als auch in klanglicher Hinsicht mehr als nur unerhebliche Unterschiede auf.

f)

Soweit der Vertreter der Widersprechenden in der mündlichen Verhandlung vom 8. November 2012 sinngemäß ausgeführt hat, dass auch aus der Kombination von Gesichtspunkten der unmittelbaren und der mittelbaren Verwechslungsgefahr, sich eine komplexe Ähnlichkeit der Vergleichsmarken und daraus eine komplexe Verwechslungsgefahr ergeben könnte, kann dem nicht gefolgt werden. Diese Art der Verwechslungsgefahr ist in speziellen Einzelfällen bejaht worden, wobei es sich in diesen Fällen um quasi kumulierende Elemente von klanglichen und/oder schriftbildlichen und/oder begrifflichen Gemeinsamkeiten der Vergleichsmarken handelte (siehe dazu auch [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 9 [X.]. 265). Abgesehen davon, dass bei der Bejahung einer solchen Verwechslungsgefahr Zurückhaltung geboten ist, kann sie nicht mit der Kombination von Elementen der unmittelbaren und mittelbaren Verwechslungsgefahr begründet werden, weil diese Arten der Verwechslungsgefahr sich regelmäßig ausschließen. Voraussetzung für die Bejahung einer mittelbaren Verwechslungsgefahr ist, dass der insoweit maßgebliche Verkehrskreis den Unterschied zwischen den Marken bemerkt und gerade nicht unmittelbar miteinander verwechselt. Ausgehend davon verbietet es sich dann aber auch aus Gründen der Logik Elemente der unmittelbaren und mittelbaren Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der komplexen Verwechslungsgefahr in einen relevanten Zusammenhang zu bringen.

2.

Für eine Auferlegung von Kosten aus Billigkeitsgründen bestand kein Anlass, § 71 Abs. 1 [X.].

Meta

25 W (pat) 68/11

08.11.2012

Bundespatentgericht 25. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 08.11.2012, Az. 25 W (pat) 68/11 (REWIS RS 2012, 1594)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1594

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