Bundesfinanzhof, Beschluss vom 24.03.2014, Az. X B 24/13

10. Senat | REWIS RS 2014, 6839

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Gegenstand

Wiederkehrende Leistungen an Geschwister des Vermögensübernehmers


Leitsatz

NV: Bei wiederkehrenden Leistungen an Geschwister des Vermögensübernehmers spricht eine allgemeine Vermutung für das Vorliegen von Gleichstellungsgeldern und gegen Versorgungsleistungen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wird mit seiner [X.]hefrau im Streitjahr 2008 zusammen zur [X.]inkommensteuer veranlagt. [X.]r betreibt einen Hof, den er aufgrund eines Vertrages vom 21. April 2007 im Wege der vorweggenommenen [X.]rbfolge von seinen [X.]ltern ([X.]) übernommen hatte. In diesem Zusammenhang zahlte er seinen Schwestern, den Beigeladenen --im Streitjahr erstmals-- jeweils [X.] jährlich.

2

Neben den Flächen eines [X.]hegattenhofes und drei unbelasteten Baugrundstücken, die zum Vermögen des Hofes der [X.] nach der Höfeordnung ([X.]) gehörten, erhielt der Kläger 33 [X.]rbbaurechtsgrundstücke.

3

In Abschnitt [X.] war unter der Überschrift "Abfindung der weichenden [X.]rben, Nachabfindungsansprüche" erläutert, die Beigeladenen hätten als erbberechtigte Abkömmlinge der [X.] bereits Zuwendungen in Geld oder Geldeswert erhalten, die sie sich auf ihren Pflichtteil anrechnen lassen bzw. die --soweit sie hinsichtlich des [X.] Vermögens gesetzliche Miterbinnen wären-- ausgeglichen werden müssten. [X.] hätten die Beigeladenen bislang nicht erklärt. Sie sollten nach der von ihnen akzeptierten Vorstellung der [X.] auf ihren dem Grunde nach feststehenden erhöhten Abfindungsanspruch, der sich betragsmäßig nicht eindeutig ermitteln ließe, verzichten. Als Gegenleistung hierfür sollten sie vom Kläger lebenslängliche Versorgungsleistungen erhalten.

4

Diese Verpflichtung des [X.], die im Abschnitt [X.] als "dauernde Last" bezeichnet wurde, sollte sich auf einen jährlichen Betrag von [X.] belaufen, was nach damaliger [X.]inschätzung etwa einem 15 %igen Anteil an dem nach steuerlichen Grundsätzen zu ermittelnden Überschuss der [X.]rbbauzinsen über die Ausgaben, die mit den 33 erbbaurechtsbelasteten Grundstücken im Zusammenhang stünden, entsprochen habe.

5

Die Vertragsparteien vereinbarten die Abänderbarkeit nach § 323 der Zivilprozessordnung (ZPO) für den Fall, dass sich der jährliche Überschuss aus den [X.]rbbaurechten nicht unwesentlich ändern sollte oder weitere [X.]rbbaurechte an bisher unbelasteten Grundstücken bestellt würden. Demgegenüber war die Abänderbarkeit für den Fall des Verkaufs von [X.]rbbaugrundstücken oder bei Pflegebedürftigkeit einer der Beigeladenen ausdrücklich ausgeschlossen.

6

Die Beigeladenen verzichteten im Gegenzug auf etwaige [X.] nach § 12 [X.] sowie Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche aus Anlass oder infolge der Übertragung des Hofes und des übrigen im Übergabevertrag beschriebenen Grundbesitzes an den Kläger.

7

Die vom Kläger und seiner [X.]hefrau in ihrer [X.]inkommensteuererklärung 2008 als dauernde Last geltend gemachten Zahlungen an die Beigeladenen berücksichtigte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --[X.]--) nicht als abziehbare Sonderausgaben. Vorverfahren und Klageverfahren waren erfolglos. Das Finanzgericht ([X.]) wies die Klage mit der Begründung ab, die Zahlungen an die Schwestern dienten ihrer Gleichstellung. Der Kläger habe die allgemeine Vermutung nicht widerlegt, dass die drei Schwestern mit den Regelungen im Übergabevertrag nicht in erster Linie versorgt, sondern gleichgestellt werden sollten. Die Beigeladenen hätten zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages über [X.] [X.]inkommen bzw. [X.]hegatteneinkommen verfügt, weshalb sie zur Befriedigung ihrer Grundbedürfnisse nicht auf weitere Geldzahlungen des [X.] angewiesen gewesen seien. Auch fehle es an einer [X.]ingliederung der Beigeladenen in die Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft des [X.]. Konkrete Gründe dafür, warum die Beigeladenen ohne einen angemessenen Ausgleich endgültig auf die Abfindungs- und Nachabfindungsansprüche hinsichtlich des [X.] oder der den [X.] Grundbesitz betreffenden Pflichtteilsansprüche verzichtet hätten, seien nicht ersichtlich. Die Abänderbarkeit der Leistungen nach § 323 ZPO sei ausdrücklich auf den Fall einer eventuellen Änderung des Überschusses aus den [X.]rbbaurechtsverträgen beschränkt worden, was für Versorgungsleistungen untypisch sei.

8

Der Kläger stützt seine Nichtzulassungsbeschwerde auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O).

9

Das [X.] tritt der Beschwerde entgegen.

Entscheidungsgründe

II. Die Beschwerde hat keinen [X.]rfolg.

1. [X.]ine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 [X.]O zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung wegen Divergenz setzt voraus, dass das [X.] bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als der [X.] ([X.]), das [X.], der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des [X.], ein anderes oberstes [X.]gericht oder ein anderes [X.]. Das [X.] muss seiner [X.]ntscheidung einen tragenden Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit den ebenfalls tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung des anderen Gerichts nicht übereinstimmt. Zur schlüssigen Darlegung einer [X.] nach § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O gehört u.a. eine hinreichend genaue Bezeichnung der vermeintlichen Divergenzentscheidung sowie die Gegenüberstellung tragender, abstrakter Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des [X.] einerseits und aus den behaupteten Divergenzentscheidungen andererseits, um eine Abweichung deutlich erkennbar zu machen (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Januar 2014 [X.]181/13, [X.]/NV 2014, 523, m.w.[X.]). Des Weiteren ist darzulegen, dass es sich im Streitfall um einen vergleichbaren Sachverhalt oder um eine identische Rechtsfrage handelt (vgl. Senatsbeschluss vom 18. Oktober 2013 [X.]135/12, [X.]/NV 2014, 156).

a) Der Senat hat schon Zweifel daran, ob der Kläger dem angefochtenen Urteil des [X.] einen "Rechtssatz" entnimmt, wenn er im [X.] an die Darstellung seiner Rechtsansichten unter Verweis auf die Rechtsprechung verschiedener Oberlandesgerichte ([X.]) zu § 12 Abs. 2 HöfeO und zur Höhe der Abfindung einzelne seiner Ansicht nach vorliegende Widersprüche der [X.]ntscheidung des [X.] zu den [X.] vom 26. November 2003 [X.] ([X.][X.] 204, 192, [X.], 820), vom 11. Oktober 2007 [X.] ([X.][X.] 219, 160, [X.], 123) und zum Beschluss des Großen Senats des [X.] vom 15. Juli 1991 GrS 1/90 ([X.][X.] 165, 225, [X.] 1992, 78) aufführt.

b) Jedenfalls aber divergiert das [X.]-Urteil zu keiner der genannten [X.]ntscheidungen des [X.].

aa) So geht das [X.] in Übereinstimmung mit der Senatsentscheidung in [X.][X.] 204, 192, [X.], 820 davon aus, dass die Beigeladenen zum Generationennachfolgeverbund gehören, da sie gesetzlich erb- und pflichtteilsberechtigte Abkömmlinge der [X.] sind. Wie dort vom [X.] verlangt, prüft das [X.], ob die Schwestern aus übergeordneten Gründen zur [X.]rhaltung von Familienvermögen Versorgungsleistungen aus dem ihnen an sich zustehenden Vermögen erhalten oder eine Verrentung des [X.]rbteils vorliegt. Aussagen zur Frage der Versorgungsbedürftigkeit der weichenden [X.]rben als (weitere) Voraussetzung für die Abzugsfähigkeit von Versorgungsleistungen problematisiert der Senat in seiner [X.]ntscheidung in [X.][X.] 204, 192, [X.], 820 nicht. Vielmehr geht das [X.] in Übereinstimmung mit dem Senatsurteil vom 20. Oktober 1999 [X.] ([X.][X.] 190, 365, [X.] 2000, 602) davon aus, dass bei wiederkehrenden Leistungen an Geschwister des [X.] zu prüfen ist, ob diese gleichgestellt werden sollen, wofür eine Vermutung spreche. Auch das vom Kläger angeführte Senatsurteil in [X.][X.] 204, 192, [X.], 820 unterstreicht dies unter [X.], wenn es ausdrücklich auf das Senatsurteil in [X.][X.] 190, 365, [X.] 2000, 602 verweist.

bb) [X.] gilt in Bezug auf das vom Kläger angeführte Senatsurteil in [X.][X.] 219, 160, [X.], 123. Dort wird --wie im [X.]-Urteil-- wiederum auf die allgemeine Vermutung nach der [X.]-Rechtsprechung abgestellt, wonach Geschwister des [X.] in erster Linie nicht versorgt werden sollen. Wie das [X.] geht auch der [X.] in dieser [X.]ntscheidung unter [X.] davon aus, dass gesetzlich erb- und pflichtteilsberechtigte Abkömmlinge des Übergebers nur dann begünstigte [X.]mpfänger der Versorgungsleistung sein können, wenn tatsächlich das Versorgungsbedürfnis im Vordergrund steht. Dies unterstellt der [X.] allerdings in dem von ihm entschiedenen Fall, wenn die Leistungen der Sicherstellung der Versorgung der späteren [X.]hefrau dienen sollen. In diesem Fall und ausdrücklich in Abgrenzung zum --hier vorliegenden-- Fall unter [X.] sei die Absicht zur Gleichstellung nicht erkennbar.

cc) Keine Relevanz zum vorliegenden Fall vermag der Senat zu erkennen, soweit der Kläger auf die [X.]ntscheidung des Großen Senats des [X.] in [X.][X.] 165, 225, [X.] 1992, 78 und auf den Vorlagebeschluss des Senats vom 25. April 1990 [X.] ([X.][X.] 160, 33, [X.] 1990, 625) verweist. Während sich beide [X.]ntscheidungen mit der Frage der Abgrenzung der dauernden Last von der Leibrente und damit mit Fragen bei --unstreitigem-- Vorliegen einer Versorgungsleistung befassen, hat das [X.] im vorliegenden Streitfall zu Recht die Frage des Vorliegens von Versorgungsleistungen in Abgrenzung zu [X.] bei gesetzlich erb- und pflichtteilsberechtigten Abkömmlingen des Übergebers geprüft.

Den beiden genannten [X.]-[X.]ntscheidungen ist nicht zu entnehmen, dass schon der Bezug auf § 323 ZPO dazu führen müsse, Versorgungsleistungen (dann in Gestalt der dauernden Last) anzunehmen. Vielmehr bejaht auch der [X.] des [X.] in [X.][X.] 165, 225, [X.] 1992, 78, unter [X.] ausdrücklich, auch bei der Zuordnung von Versorgungsleistungen zum Rechtsinstitut "dauernde Last" behalte § 12 des [X.]inkommensteuergesetzes seine Bedeutung für die Abgrenzung zwischen den abziehbaren privaten Versorgungsleistungen und den nicht abziehbaren Unterhaltsleistungen.

[X.]twas anderes ergibt sich auch nicht deshalb, weil das [X.] in seinem Urteil auf Leistungen eines "typischen" Versorgungsvertrags --gemeint ist insoweit das [X.] Altenteil (auch: Leibgeding)-- eingeht, da es sich insoweit nur um eine beispielhafte Darstellung handelt, der für die weitere [X.]ntscheidung keine Bedeutung zukommt. Vielmehr prüft das [X.] --wie unter [X.] bereits aufgezeigt-- ausgehend vom Senatsurteil in [X.][X.] 190, 365, [X.] 2000, 602 das Vorliegen von Versorgungsleistungen in Abgrenzung zu Gleichstellungszahlungen an die Beigeladenen.

dd) Unerheblich für die Zulassung der Revision ist die vom Kläger angenommene Abweichung des [X.]-Urteils von der Rechtsprechung verschiedener [X.] schon deshalb, weil weder die Zuordnung der unbelasteten Grundstücke zum [X.] noch die Höhe der Abfindung entscheidungsrelevant waren.

2. [X.]ine [X.]ntscheidung des [X.] ist auch nicht aus einem anderen Grund zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 [X.]O geboten. Zwar ist die Revision auch zuzulassen, wenn ein Rechtsfehler des [X.] zu einer "greifbar gesetzeswidrigen" [X.]ntscheidung geführt hat. [X.]ine greifbare Gesetzeswidrigkeit liegt vor, wenn die angefochtene [X.]ntscheidung objektiv willkürlich erscheint, auf sachfremden [X.]rwägungen beruht und unter keinem Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist (vgl. [X.]-Beschluss vom 1. September 2008 IV B 4/08, [X.]/NV 2009, 35). Unterhalb dieser Grenze liegende erhebliche Rechtsfehler reichen nicht aus, um die Revision zuzulassen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschluss vom 2. März 2011 I[X.]144/10, [X.]/NV 2011, 1367, m.w.[X.]). Anhaltspunkte für eine derart gesetzeswidrige [X.]ntscheidung sind im Streitfall auch im Ansatz nicht erkennbar.

3. Im [X.] wendet sich der Kläger gegen die --seiner Meinung nach fehlerhafte-- Sachverhaltswürdigung des [X.]. [X.]in solcher materiell-rechtlicher Fehler könnte grundsätzlich selbst dann nicht zur Zulassung der Revision führen, wenn er tatsächlich vorläge (vgl. [X.]-Beschlüsse vom 27. April 2007 VIII B 250/05, [X.]/NV 2007, 1675, und vom 29. April 2008 I[X.]15/08, [X.]/NV 2008, 1350).

4. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O. Außergerichtliche Kosten der weiteren Beteiligten werden nicht erstattet (§ 139 Abs. 4 [X.]O; Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 139 Rz 140).

5. Von einer weiteren Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 [X.]O ab.

Meta

X B 24/13

24.03.2014

Bundesfinanzhof 10. Senat

Beschluss

vorgehend FG Münster, 24. Januar 2013, Az: 8 K 3412/10 E, Urteil

§ 10 Abs 1 Nr 1a EStG 2002, EStG VZ 2008

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 24.03.2014, Az. X B 24/13 (REWIS RS 2014, 6839)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6839

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