Bundesfinanzhof, Beschluss vom 08.06.2011, Az. X B 216/10

10. Senat | REWIS RS 2011, 5954

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Wiederkehrende Leistungen an Geschwister durch einen Vermögensübernehmer - Anforderungen an die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde bei behaupteter Divergenz


Leitsatz

1. NV: Erhalten Geschwister des Vermögensübernehmers von diesem wiederkehrende Leistungen, so ist zu prüfen, ob deren Versorgung im Vordergrund steht oder ob der Erbteilsverzicht oder Pflichtteilsverzicht verrentet werden soll .

2. NV: Die Abgrenzung hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Dabei gilt die allgemeine Vermutung, dass Geschwister nicht in erster Linie versorgt werden sollen (Bestätigung der BFH-Rechtsprechung) .

Gründe

1

Die Beschwerde ist --bei erheblichen Zweifeln an ihrer Zulässigkeit im Hinblick auf die Erfüllung der Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung ([[X.].] jedenfalls unbegründet.

2

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O liegen nicht vor. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision wegen des Erfordernisses einer Entscheidung des [[X.].] ([[X.].]) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 [X.]O sind nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O entsprechend dargelegt worden.

3

1. Das Finanzgericht ([X.]) hat seine Entscheidung in doppelter Weise begründet. Es hat zum einen die Zahlungen des [[X.].] und Beschwerdeführers (Kläger) deswegen nicht als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr 2005 geltenden Fassung (EStG) anerkannt, weil die Empfängerin der Zahlungen, [X.], wegen ihres lange vor dem Erbfall und auch vor dem Abschluss des Erbvertrages erfolgten Pflichtteilsverzichts nicht mehr zum Generationennachfolgeverbund gezählt habe. Zum anderen scheiterte der Sonderausgabenabzug auch daran, dass --nach Auffassung des [X.] der Kläger die Vermutung, er sei aus Gründen der Gleichstellung mit der Zahllast zugunsten seiner Adoptivschwester belastet worden, nicht widerlegen konnte.

4

Ist das Urteil des [X.] kumulativ auf mehrere Gründe gestützt, so muss hinsichtlich jeder Begründung ein Zulassungsgrund dargelegt werden und vorliegen (ständige Rechtsprechung des [[X.].], vgl. Senatsbeschluss vom 17. April 2000 [X.] B 9/00, [[X.].]/NV 2000, 1334, m.w.N.; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 28).

5

2. Macht der Beschwerdeführer die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend, so muss er u.a. substantiiert darauf eingehen, weshalb die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Zur schlüssigen Darlegung der Klärungsbedürftigkeit muss er außerdem begründen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und streitig ist. Dazu gehört auch, dass sich der Beschwerdeführer mit der zu dieser Rechtsfrage bereits vorhandenen Rechtsprechung auseinandersetzt und substantiiert darlegt, weshalb nach seiner Ansicht diese Rechtsprechung keine Klärung herbeigeführt habe.

6

Hat der [[X.].] bereits früher über die Rechtsfrage entschieden, muss der Beschwerdeführer begründen, weshalb er gleichwohl eine erneute Entscheidung zu dieser Frage für erforderlich hält. Hierzu muss er substantiiert vortragen, inwiefern und aus welchen Gründen die höchstrichterlich beantwortete Frage weiterhin umstritten ist, insbesondere welche neuen und gewichtigen, vom [[X.].] noch nicht geprüften Argumente in der Rechtsprechung der [X.] und/oder in der Literatur gegen die Rechtsprechung des [[X.].] vorgebracht worden sind (ständige [[X.].]-Rechtsprechung, siehe Beschluss vom 20. April 2009 [X.]/08, nicht veröffentlicht, juris, vgl. auch Gräber/Ruban, a.a.[X.], § 116 Rz 33, m.w.N.).

7

a) Der angerufene Senat kann es dahinstehen lassen, ob der von dem Kläger aufgeworfenen Frage, ob im Falle eines Pflichtteilsverzichts durch einen Berechtigten der Versorgungsleistungen im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge noch ein Fall der begünstigten Versorgungsleistungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG vorliege, vor dem Hintergrund der Senatsrechtsprechung (vgl. z.B. Senatsurteil vom 20. Oktober 1999 [X.] R 86/96, [[X.].]E 190, 365, [X.], 602) grundsätzliche Bedeutung beizumessen ist.

8

b) Dem Kläger ist es nicht gelungen, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in Bezug auf die kumulativ gegebene Begründung des [X.], es handele sich nicht um Versorgungs- sondern um [X.], darzulegen. Er trägt lediglich vor, bei der finanzgerichtlichen Vermutung, es handele sich bei den Zahlungen um Gleichstellungsgelder, müsse ebenfalls "die Frage nach Sinn und Zweck der Abzugsbedingungen hinterfragt werden". Mit diesem Vorbringen hat er sich nicht substantiiert mit der Rechtsprechung des [[X.].], insbesondere mit der Senatsrechtsprechung in den Entscheidungen in [[X.].]E 190, 365, [X.], 602 (unter [X.]), vom 26. November 2003 [X.] R 11/01 ([[X.].]E 204, 192, [X.], 820 unter [X.]), vom 28. April 1994 [X.] B 162/94 ([[X.].]/NV 1995, 18) und vom 11. Oktober 2007 [X.] R 14/06 ([[X.].]E 219, 160, [X.], 123 unter [X.]) auseinandergesetzt, wonach gesetzlich erb- und pflichtteilsberechtigte Abkömmlinge des Übergebers nur dann begünstigte Empfänger von Versorgungsleistungen sein können, wenn tatsächlich das Versorgungsbedürfnis im Vordergrund steht. Werden Geschwister des [X.] mit wiederkehrenden Leistungen bedacht, so ist nach der Senatsrechtsprechung zu prüfen, ob die Geschwister gleichgestellt werden sollen. Wird in erster Linie der Erb- oder Pflichtteilsverzicht verrentet und steht nicht die Versorgung der Geschwister im Vordergrund, so sind die Zahlungen als entgeltliches Rechtsgeschäft zu beurteilen. Diese Abgrenzung hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, wobei nach der [[X.].]-Rechtsprechung die allgemeine Vermutung gilt, dass Geschwister nicht in erster Linie versorgt werden sollen ([[X.].]-Entscheidung in [[X.].]E 219, 160, [X.], 123).

9

3. Sofern der Kläger der Auffassung ist, das [X.] habe im Streitfall verkannt, dass die Zahlungen des [[X.].] der Sicherstellung der Versorgung seiner Adoptivschwester dienten, kann dieses Vorbringen nicht zur Zulassung der Revision führen. Die Rüge der falschen Rechtsanwendung und tatsächlichen Würdigung des Einzelfalls durch das [X.] ist im [X.] grundsätzlich unbeachtlich (ständige Rechtsprechung des [[X.].], siehe dazu Gräber/Ruban, a.a.[X.], § 115 Rz 55, m.w.N.)

4. Zur schlüssigen Darlegung einer Divergenzrüge i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 [X.]O gehört u.a. eine hinreichend genaue Bezeichnung der vermeintlichen Divergenzentscheidungen sowie die Gegenüberstellung tragender, abstrakter Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des [X.] einerseits und aus den behaupteten Divergenzentscheidungen andererseits, um eine Abweichung deutlich erkennbar zu machen. Des Weiteren ist insbesondere auszuführen, dass es sich im Streitfall um einen vergleichbaren Sachverhalt und um eine identische Rechtsfrage handelt (ständige [[X.].]-Rechtsprechung, vgl. Senatsbeschluss vom 21. Januar 2009 [X.] B 125/08, [[X.].]/NV 2009, 951, m.w.N.).

Der Kläger führt lediglich pauschal aus, soweit die Rechtsprechung die von ihm formulierten Gedanken an anderer Stelle entsprechend umsetze, stehe das angegriffene finanzgerichtliche Urteil dazu in Widerspruch. Es fehlt damit sowohl an der genauen Bezeichnung der abweichenden Urteile mit Aktenzeichen und Datum oder der Fundstelle (vgl. [[X.].]-Beschluss vom 30. März 1983 [X.], [[X.].]E 138, 152, [X.] 1983, 479) als auch an der Herausarbeitung und Gegenüberstellung der tragenden Rechtssätze des finanzgerichtlichen Urteils und der Divergenzentscheidungen im Hinblick auf die beiden vom [X.] gegebenen Begründungen.

Damit reicht das Vorbringen des [[X.].] insgesamt nicht aus, die Revision zuzulassen.

Meta

X B 216/10

08.06.2011

Bundesfinanzhof 10. Senat

Beschluss

vorgehend FG München, 24. September 2010, Az: 8 K 3817/09, Urteil

§ 10 Abs 1 Nr 1a EStG 2002 vom 05.07.2004, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 2 Alt 2 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 08.06.2011, Az. X B 216/10 (REWIS RS 2011, 5954)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5954

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

X B 24/13 (Bundesfinanzhof)

Wiederkehrende Leistungen an Geschwister des Vermögensübernehmers


X B 226/10 (Bundesfinanzhof)

(Versorgungsleistungen - qualifizierter Rechtsanwendungsfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO)


X B 133/11 (Bundesfinanzhof)

Pflicht zur Aufbewahrung der sog. Schichtzettel im Taxigewerbe; keine Revisionszulassung wegen Einwendungen gegen die Richtigkeit …


VIII R 57/10 (Bundesfinanzhof)

Zahlungen aufgrund eines vor Eintritt des Erbfalls erklärten Erb- und/oder Pflichtteilsverzichts sind nicht einkommensteuerbar - …


X B 117/10 (Bundesfinanzhof)

Darlegungserfordernisse bei behaupteter Divergenz und kumulativer finanzgerichtlicher Begründung


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.