Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.01.2010, Az. 5 StR 488/09

5. Strafsenat | REWIS RS 2010, 9991

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Gegenstand

Urkundenfälschung: Telekopie und Ausdruck einer Computerdatei als Urkunde


Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 14. Juli 2009 nach § 349 Abs. 4 StPO dahingehend abgeändert, dass der Angeklagten wegen Untreue zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt ist und im Übrigen freigesprochen wird.

Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Die Staatskasse trägt die Kosten, soweit der Angeklagte freigesprochen worden ist; im Übrigen trägt der Angeklagte die Kosten seiner Revision.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Untreue in Tatmehrheit mit Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Die hiergegen mit Verfahrensrügen und der allgemeinen Sachrüge gerichtete Revision des Angeklagten erzielt den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg.

2

1. Nach den Feststellungen des [X.]s sagte der Angeklagte dem Geschädigten zwischen Ende 2003 und Beginn 2004 zu, über ein von ihm in [X.] gehaltenes Bankkonto einen Zahlungsfluss des Geschädigten in Höhe von 571.000 € von [X.] über [X.] in die [X.] verschleiern zu helfen. Der Geschädigte wollte den Geldbetrag hierdurch dem Zugriff seiner damaligen Ehefrau im Rahmen eines bevorstehenden Scheidungsverfahrens entziehen. Da sich das Bankinstitut in [X.] mangels [X.] weigerte, die Weiterüberweisung in die [X.] an eine andere Person als den Angeklagten durchzuführen, überwies der Angeklagte einen Teilbetrag von 520.000 € auf ein [X.] Konto, dessen Inhaber er selbst war. Von dort aus wollte er den Betrag auf das [X.] Konto des Geschädigten weiterleiten. Jedoch verlangte auch sein [X.] Bankinstitut einen Beleg dafür, dass die Summe aus einer rechtmäßigen Quelle [X.]. Spätestens jetzt fasste der Angeklagte den Entschluss, die Geldmittel für sich selbst zu verwenden. Er täuschte den Geschädigten über den Verbleib des Geldes und brach dann den Kontakt ab.

3

Um das Geld anlegen zu können, gebrauchte der Angeklagte gegenüber seiner [X.] Bank eine manipulierte notarielle Urkunde über einen Grundstücksverkauf. Hierzu ging er wie folgt vor: Er verfügte über eine [X.], auf der eine eingescannte Version des zwischen ihm und dem Geschädigten im September 2003 geschlossenen notariellen Kaufvertrages abgespeichert war. Die eingescannte Version war in mehreren Punkten verändert worden, wobei das [X.] nicht festzustellen vermochte, dass der Angeklagte selbst die Manipulationen vorgenommen hatte. So war im Original die Wohnanschrift des Angeklagten in [X.] aufgeführt. Diese war in eine Briefkastenanschrift in [X.] verändert. Der Kaufpreis von ehemals 80.000 € war auf 571.000 € erhöht, das Datum der Fälligkeit vom 1. November 2003 auf den 5. Februar 2004 verschoben. Darüber hinaus war in der verfälschten Version bestimmt, dass der Kaufpreis vom Geschädigten auf das Konto des Angeklagten in [X.] zu überweisen sei.

4

Anfang April 2004 druckte der Angeklagte die veränderte Version des Kaufvertrags aus. Er übermittelte sie am 5. April 2004 per [X.] an seine [X.] Bank. Die Bank akzeptierte den Nachweis und legte den größten Teil des Geldes zu seinen Gunsten in verschiedenen Fonds an.

5

2. Die Verfahrensrügen versagen aus den Gründen der Antragsschrift des [X.]. Jedoch führt die revisionsrechtliche Nachprüfung auf die allgemeine Sachrüge hin zur Aufhebung des Schuldspruchs und zur Freisprechung wegen Urkundenfälschung, demzufolge zum Wegfall der verhängten Einzelgeldstrafe sowie der Gesamtfreiheitsstrafe.

6

a) Die Verurteilung wegen Untreue wird entgegen der Auffassung der Verteidigung von den Feststellungen getragen. Namentlich steht der Anwendbarkeit des § 266 Abs. 1 StGB nicht entgegen, dass der durch den Geschädigten an den Angeklagten erteilte Auftrag rechtlich und sittlich missbilligten Zwecken diente ([X.]St 8, 254, 256 ff.; [X.] NJW 1984, 800; [X.], StGB 57. Aufl. § 266 Rdn. 46).

7

b) Demgegenüber hält die Verurteilung wegen Urkundenfälschung rechtlicher Prüfung nicht stand. Der Angeklagte hat weder durch das Ausdrucken des manipulierten Kaufvertrages eine unechte oder verfälschte Urkunde hergestellt noch hat er eine solche durch Versendung dieses Ausdrucks hergestellt oder gebraucht.

8

aa) Das ausgedruckte Exemplar des manipulierten Schriftstücks erfüllte den Urkundenbegriff nach § 267 Abs. 1 StGB nicht. Urkunden im Sinne des Strafrechts sind verkörperte Erklärungen, die ihrem gedanklichen Inhalt nach geeignet und bestimmt sind, für ein Rechtsverhältnis Beweis zu erbringen, und die ihren Aussteller erkennen lassen (st. Rspr.; vgl. etwa [X.]St 4, 60, 61; 24, 140, 141; [X.] aaO § 267 Rdn. 2 m.w.[X.]). Zwar kann im Wege computertechnischer Maßnahmen wie der Veränderung eingescannter Dokumente grundsätzlich eine (unechte) Urkunde hergestellt werden (vgl. [X.]R StGB § 267 Abs. 1 Urkunde 5). Dafür muss die Reproduktion jedoch den Anschein einer von einem bestimmten Aussteller [X.]nden Gedankenäußerung vermitteln, also einer Originalurkunde so ähnlich sein, dass die Möglichkeit einer Verwechslung nicht ausgeschlossen werden kann ([X.], 2553, 2554; [X.] aaO § 267 Rdn. 12d).

9

Daran fehlt es hier. Der bloße Ausdruck der Computerdatei wies nicht die typischen Authentizitätsmerkmale auf, die einen notariellen Kaufvertrag bzw. die Ausfertigung eines solchen prägen. Er spiegelte für den Betrachter erkennbar lediglich ein Abbild eines anderen Schriftstücks wider. Damit stand er einer bloßen Fotokopie gleich, der, sofern als Reproduktion erscheinend, mangels Beweiseignung sowie Erkennbarkeit des Ausstellers ebenfalls kein Urkundencharakter beizumessen ist (vgl. [X.]St 20, 17, 18 f.; 24, 140, 141 f. m.w.[X.]; [X.] wistra 1993, 225; 341).

bb) Mit der Übermittlung des Schriftstücks per [X.] und dessen Ausdruck auf dem Empfängergerät hat der Angeklagte desgleichen keine Urkunde hergestellt. Nicht anders als bei einer („gewöhnlichen“) Fotokopie enthält die beim Empfänger ankommende [X.] eines existenten Schriftstücks - für den Adressaten und jeden Außenstehenden offensichtlich - nur die bildliche Wiedergabe der in jenem Schriftstück verkörperten Erklärung (vgl. [X.] NJW 1998, 2918; [X.] NStZ 2009, 391; [X.] in MünchKomm-StGB § 267 Rdn. 89; [X.] in LK 12. Aufl. § 267 Rdn. 125; [X.] aaO § 267 Rdn. 12d; [X.] JuS 2000, 123). Eine Beweisbedeutung kann ihr demgemäß mangels Erkennbarkeit eines Ausstellers und damit verbundener eigener Garantiefunktion für die Richtigkeit des Inhalts (vgl. [X.] wistra 1993, 341) jedenfalls unter den hier gegebenen Umständen (zu den in Betracht kommenden Fallgestaltungen [X.] aaO) nicht beigemessen werden.

Anderes ergibt sich auch nicht dann, wenn - was das [X.] nicht ausdrücklich festgestellt hat - durch das Gerät des Empfängers auf der [X.] die übliche Kurzbezeichnung des Absenders aufgedruckt gewesen ist. Ein solcher Aufdruck ist entgegen einer im Schrifttum vertretenen Auffassung ([X.]/[X.] in [X.]/[X.], StGB 27. Aufl. § 267 Rdn. 43 m.w.[X.]) nicht etwa einer Beglaubigung gleichzusetzen. Der Rechtsverkehr misst ihm eine solche Bedeutung ersichtlich nicht zu. Ferner bestätigt der Empfängeraufdruck nicht die inhaltliche Richtigkeit des versandten Schriftstücks (zur Lage bei der Beglaubigung [X.]R StGB § 267 Abs. 1 Gebrauchmachen 4), sondern allenfalls, dass die eingegangene [X.] vom Absender gemäß Aufdruck in das [X.]rgerät eingelegt und versandt worden ist. Insofern gibt er aber das Geschehene zutreffend wieder.

cc) Da es dem übermittelten Schriftstück an der Qualität als Urkunde ermangelte (vgl. Buchstabe aa), liegt schließlich kein Gebrauchmachen von einem unechten oder verfälschten „originalen“ Falsifikat vor (vgl. dazu [X.]St 24, 140, 142; [X.] aaO Rdn. 24).

3. Andere Straftatbestände sind nicht erfüllt. Namentlich scheidet § 269 Abs. 1 StGB in der Form des Gebrauchmachens veränderter Daten aus. Denn das auf der [X.] gespeicherte und dann in den Arbeitsspeicher des Computers des Angeklagten eingelesene Abbild enthielt aus den Gründen zu Ziffer 2 a nicht die Merkmale einer Urkunde (vgl. [X.]R StGB § 269 Verfälschen 1).

4. Die Einzelgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 5 € wegen Urkundenfälschung sowie die Gesamtfreiheitsstrafe müssen nach alledem entfallen. Hiervon nicht beeinflusst wird die wegen Untreue verhängte Freiheitsstrafe von neun Monaten. Sie kann deshalb bestehen bleiben.

[X.]                                   Raum                                  Schaal

                      Schneider                                König

Meta

5 StR 488/09

27.01.2010

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Cottbus, 14. Juli 2009, Az: 22 KLs 6/09, Urteil

§ 267 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.01.2010, Az. 5 StR 488/09 (REWIS RS 2010, 9991)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 9991

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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