Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.10.2017, Az. AK 56/17

3. Strafsenat | REWIS RS 2017, 3649

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:191017BAK56.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS

AK 56/17
vom
19.
Oktober 2017
in dem Strafverfahren
gegen

wegen Unterstützung einer ausländischen terroristischen [X.] u.a.

-
2
-
Der 3.
Strafsenat des [X.] hat am 19.
Oktober
2017 gemäß §§
121, 122 [X.] beschlossen:

Der Haftbefehl der 13. großen Strafkammer -
Staatsschutzkammer -
des [X.] vom 4.
September 2017 (13
KLs 451 Js 1436/17 (10/17)) wird aufgehoben.
Der Angeklagte ist in dieser Sache aus der Untersuchungshaft zu entlassen.

Gründe:
I.
Der Angeklagte war am 26.
Januar 2017 vorläufig festgenommen worden und befand sich für das vorliegende Verfahren ab dem 27.
Januar 2017 auf
Grund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des [X.]) vom selben Tag sowie
dessen -
konkretisierend gefassten -
Haftbefehls vom 19.
Juni 2017 zunächst bis zur Aufhebung der Haftbefehle durch das Oberlan-desgericht [X.]
mit
Beschluss vom 20.
Juli 2017 in Untersuchungshaft. Seit dem 4.
September 2017 wird gegen den Angeklagten ein neuer Haftbefehl der 13.
großen Strafkammer -
Staatsschutzkammer -
des [X.] vom selben Tag vollzogen.
Gegenstand der Haftbefehle des [X.]) vom 27.
Ja-nuar und vom 19.
Juni 2017 war der Vorwurf, der Angeklagte habe als straf-rechtlich verantwortlicher Jugendlicher oder als Heranwachsender eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, indem er sich im Umgang mit Schuss-1
2
-
3
-
waffen und Sprengstoff habe unterweisen lassen, strafbar gemäß §
89a Abs.
1, 2 Nr.
1 StGB, §§
1, 3, 105 [X.]. Der Angeklagte habe sich im
[X.] Bilder von Einzelteilen des [X.] ([X.]) und von [X.] sowie Informationen über den Kauf und den Gebrauch von Schusswaf-fen beschafft, um in [X.] einen Terroranschlag zu verüben.
Das [X.] stützte seine im Haftprüfungsverfah-ren erlassene, die Haftbefehle aufhebende Entscheidung vom 20.
Juli 2017 [X.], dass §
89a Abs.
2 Nr. 1 StGB (Vorbereitung einer schweren staatsgefähr-denden Gewalttat) tatbestandlich nicht vorliege, weil das Sichunterweisenlas-sen "eine über ein Selbststudium hinausgehende Kommunikation zwischen ei-nem Schüler und einem Lehrer" erfordere. Zwar dürften die Tatbestands-voraussetzungen des §
91 Abs.
1 Nr.
2 StGB (Anleitung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat) erfüllt sein; insoweit bestehe aber keine die
Fluchtgefahr begründende Straferwartung.
Wegen des Vorwurfs der Vorbereitung einer schweren staatsgefährden-den Gewalttat hatte die Staatsanwaltschaft [X.]
zuvor mit Anklageschrift vom 6.
Juli 2017 Anklage zum [X.] erhoben. In tatsächlicher Hinsicht hatte sie den dem Angeklagten zur Last gelegten Sachverhalt insbesondere dahin erweitert, dass er sich im
[X.] eine vollständige Bauanleitung zur Her-stellung einer nichtregistrierten [X.] ("

") habe zu-senden lassen.
Den neuen -
bis zum heutigen Tag vollzogenen -
Haftbefehl vom 4.
Sep-tember 2017 verkündete das Landgericht
[X.] am dritten [X.]. Gegenstand dieses Haftbefehls ist der Vorwurf, der Angeklagte habe in der [X.] von November 2015 bis zum 26.
Januar 2017 als strafrechtlich verantwort-licher Jugendlicher sich eine Schrift (§
11 Abs.
3 StGB), die nach ihrem Inhalt 3
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5
-
4
-
geeignet sei, als Anleitung zu einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat (§
89a Abs.
1 StGB)
zu dienen, verschafft, um eine schwere staatsgefährdende Gewalttat zu begehen, sowie tateinheitlich hierzu die [X.]" ([X.]) unterstützt, deren Zwecke darauf gerichtet seien, Mord (§
211 StGB) und Totschlag (§
212 StGB) zu begehen, strafbar gemäß §
91 Abs.
1 Nr.
2, §
129a Abs.
1 Nr.
1, Abs.
5
Satz
1, §
129b Abs.
1, §
52 StGB, §§
1, 3
[X.]. Der Angeklagte habe sich eine Anleitung zum Bau
eines nichtregistrierten Sturmgewehrs AK
47 ([X.]) zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat beschafft. Zudem habe er sich seit seiner Einreise nach
[X.] im [X.] 2015 "dem [X.] als 'Schläfer'
zur Verfügung gestellt", indem er
"sich ernsthaft bereit gezeigt"
habe, "entweder auf Befehl von Seiten des sogenannten Kalifats oder in dessen Sinn auf eigene Faust"
in [X.] einen Terroranschlag zu verüben. Schließlich habe
er per [X.] eine [X.] für den [X.] entfaltet, indem er über die [X.][X.]" und "[X.]" in einem "Unterstützernetzwerk"
aktiv ge-wesen sei, dabei versucht habe, weitere Mitglieder und Unterstützer zu werben, Propagandamaterial gesammelt und weitergeleitet sowie Anhänger der [X.]
mit deren Informationsmedien vernetzt habe.
Mit weiterem Beschluss ebenfalls vom 4.
September 2017 erklärte sich das [X.] für sachlich unzuständig und verwies die Sache nach §
270 [X.] an das [X.]. Der [X.], der daraufhin erstmals mit dem Vorgang befasst war, gab das Verfahren mit Vermerk vom 14.
September 2017 wegen minderer Bedeutung im Sinne des §
142a Abs.
2 Nr.
2 GVG an die Generalstaatsanwaltschaft [X.] ab. Diese beantragte mit Verfügung vom 29. September 2017 beim [X.] einen neuen Haftbe-fehl; der Angeklagte sei der mitgliedschaftlichen Beteiligung am [X.], nicht nur der Unterstützung der [X.] dringend verdächtig. Mit Vermerk vom 5.
Okto-ber 2017 sah der 1.
Strafsenat des [X.]s "schon deshalb" vom [X.]
-
5
-
lass eines Haftbefehls ab, weil kein dringender Tatverdacht hinsichtlich einer Mitgliedschaft im [X.] bestehe; denn die Beweislage sei "nach derzeitigem Akten-bestand insoweit nicht hinreichend eindeutig".
II.
Die Prüfung, ob die Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus [X.] darf (§§
121, 122 [X.]), führt zur Aufhebung des Haftbefehls des [X.] vom 4.
September 2017.
1. Das [X.] war für den Erlass des Haftbefehls nach §
125 Abs.
2 [X.] nur insoweit sachlich zuständig, als dem Angeklagten zur Last liegt, er habe einen Terroranschlag in [X.] dadurch vorbereitet, dass er im [X.] Erkundigungen zum Umgang mit Schusswaffen und Sprengstoff einge-holt habe. Lediglich
dieser Lebensvorgang ist Gegenstand der [X.] Anklage
(sowie der Verweisung an das [X.] gemäß §
270 Abs.
1, 3 [X.]).
Mit der Anklageschrift vom 6.
Juli 2017 warf die Staatsanwaltschaft [X.] dem Angeklagten ausschließlich die Vorbereitung einer schweren staatsgefähr-denden Gewalttat gemäß §
89a
Abs.
1, 2 Nr.
1 StGB vor. Nach der Sachver-haltsschilderung im [X.] soll die
Vorbereitung darin bestanden haben, dass sich der Angeklagte für den geplanten Terroranschlag über das [X.] Bilder, Zeichnungen und Informationsmaterial zu Schusswaffen sowie Spreng-stoff verschafft habe, möglichweise auch darin, dass er sich erfolglos
um
eine Unterrichtung im
Gebrauch dieser Gegenstände bemüht habe. Die Anklage be-zog sich -
allenfalls -
auf dieses tatsächliche Geschehen.
a) Bei der Bestimmung des Gegenstands der Anklage der Staatsanwalt-schaft [X.] ist von folgenden rechtlichen Prämissen auszugehen:
7
8
9
10
-
6
-
aa) Der [X.] enthält die Schilderung der einem Angeschuldigten angelasteten Tat als historisches Ereignis
(s. §
200 Abs.
1 Satz
1 [X.]). Dabei sind die gesetzlichen Merkmale des ihm vorgeworfenen objektiven und subjek-tiven Straftatbestandes mit einem entsprechenden äußeren und inneren Zu-stand oder Vorgang zu belegen. Dies bestimmt den Verfolgungswillen der Staatsanwaltschaft. Enthält der [X.] weitere Angaben, die nicht die an-geklagte prozessuale Tat, sondern einen anderen getrennten Lebensvorgang betreffen, so wird dieser hierdurch nicht zum Verfahrensgegenstand
im Sinne des §
264 Abs.
1 [X.]. Was dem
Verfolgungswillen der Staatsanwaltschaft unterliegt, ist im
Zweifel durch Auslegung zu ermitteln, wobei nach den Um-ständen des Einzelfalls auch das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen heran-gezogen werden kann (vgl. [X.]
[X.]/[X.], §
264 Rn.
15; [X.], [X.],
7.
Aufl., §
264 Rn.
9, jeweils
[X.]).
bb) Bei §
89a StGB hat sich der Gesetzgeber betreffend den objektiven Tatbestand einer besonderen Regelungstechnik bedient: Die Tathandlung wird in §
89a Abs.
1 Satz 1 StGB zunächst nur unspezifisch als Vorbereitung
einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat beschrieben. Sie wird sodann durch die abschließende Aufzählung der einzelnen Tatvarianten in
§
89a Abs.
2 Nr.
1 bis 3, Abs.
2a StGB näher bestimmt. Nach der Gesetzeskonzeption knüpft die Strafbarkeit somit an konkret umschriebene Vorbereitungshandlungen an, die in Verbindung mit den tatbestandlich vorausgesetzten Beweggründen, die [X.] des [X.] zugrunde liegen, bereits eine Gefahr für die in §
89a Abs.
1 Satz 2 StGB genannten Schutzgüter, etwa den
Bestand und die Sicherheit ei-nes Staates, begründen. [X.] sich der Entschluss zu einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat in anderer Weise
als durch die in §
89a Abs.
2 Nr.
1 bis 3, Abs.
2a StGB normierten Tathandlungen, so begründet dies keine Strafbarkeit (vgl. [X.], Beschluss vom 5.
Juli 2017 -
StB 14/17, [X.], 2693, 2694).
11
12
-
7
-
b) Daraus folgt, dass nicht sämtliches in
der Anklageschrift vom 6.
Juli 2017 beschriebenes Verhalten des Angeklagten, das einen Bezug zu dem
Vor-haben
des Angeklagten aufweist, einen Terroranschlag in [X.] zu verüben, den Gegenstand der Anklage bildet, sondern nur diejenige Tätigkeit, die nach der Beurteilung der Staatsanwaltschaft ein Sichunterweisenlassen im Umgang mit Schusswaffen und Sprengstoff darstellt.
Hierfür kommen ersichtlich nur die Informationsbeschaffung über Schusswaffen und Sprengstoff im [X.] sowie
-
gegebenenfalls -
die entsprechenden Bemühungen in Betracht. Allein darauf kann sich der Verfolgungswille der Staatsanwaltschaft
beziehen, die keinen an-deren Vorwurf als denjenigen des §
89a Abs.
1, 2 Nr.
1 StGB erhoben hat.
Ersichtlich
dienen etliche
sonstige im [X.] enthaltene Angaben zu
Handlungen
des Angeklagten lediglich der Darstellung der Beweislage hin-sichtlich des Anschlagsvorhabens oder haben
bloß
erläuternden
Charakter, indem sie etwa den Hintergrund der -
von ihm vorgenommenen und intendier-ten -
Informationsbeschaffung beleuchten. Das gilt etwa für die einleitenden Sätze, wonach der für den [X.] sympathisierende Angeklagte zum Zweck der At-tentatsbegehung über das [X.] Kontakt zu Gleichgesinnten aufgenommen habe, bei denen er davon ausgegangen sei, dass sie seine Einstellung und [X.] teilten. Sofern
die Generalstaatsanwaltschaft [X.] dem
eine erweiternde
Umschreibung des [X.] entnimmt, ist ihr darin nicht zu folgen.
2. Soweit dem Angeklagten die Informationsbeschaffung über Schuss-waffen und Sprengstoff im [X.] angelastet wird
und damit die sachliche [X.] des [X.] gegeben war, besteht eine grundsätzliche Bindungswirkung der Haftprüfungsentscheidung des [X.] vom 20.
Juni 2017. Hat das Haftprüfungsgericht einen Haftbefehl bereits mangels allgemeiner Haftvoraussetzungen, insbesondere wegen Fehlens eines dringenden Tatverdachts
oder eines Haftgrundes, aufgehoben, so ist das nach 13
14
15
-
8
-
§§
125, 126 [X.] zuständige Gericht nur bei einer wesentlichen Änderung der Sach-
und Erkenntnislage befugt, einen neuen Haftbefehl zu erlassen (vgl.
[X.], [X.], 7.
Aufl., §
121 Rn.
31; ferner [X.] [X.]/Krauß,
§
122 Rn.
9); eine
derartige Änderung ist hier nicht eingetreten. Im Einzelnen:
a) Nach der
vom [X.] vorgenommenen rechtli-chen
Beurteilung
stellt die
dem Angeklagten angelastete Informationsbeschaf-fung
über Schusswaffen und Sprengstoff im [X.] -
mangels kommunikativen Akts zwischen dem Angeklagten als Unterwiesenem und einem Unterweisen-den (s. hierzu
[X.], Beschluss vom 19.
September 2017 -
3
StR 412/17, juris Rn.
8 [X.]; MüKoStGB/[X.], 3.
Aufl., §
89a Rn.
37
f.) -
keine Vorbereitung einer staatsgefährdenden Gewalttat gemäß §
89a Abs.
1, 2 Nr.
1 StGB dar. So-weit der Angeklagte aus dem [X.] entsprechendes Material (Bilder und eine Bauanleitung) herunterlud, hat das [X.] nur
die tatbestandlichen
Voraussetzungen der Anleitung zur Begehung einer schweren staatsgefähr-denden Gewalttat nach §
91 Abs.
1 Nr.
2 StGB als erfüllt angesehen, insoweit aber eine die Fluchtgefahr begründende Straferwartung verneint.
b) Die
Sach-
und Erkenntnislage hat sich nicht dadurch wesentlich geän-dert, dass die Informationsbeschaffung zugleich als ein Unterstützen der aus-ländischen terroristischen [X.] [X.] zu bewerten wäre. Eine in diesen
-
angeklagten -
Handlungen begründete Strafbarkeit gemäß §
129a Abs.
1 Nr.
1, Abs.
5 Satz
1, §
129b Abs.
1 Satz
1 StGB scheidet weiterhin, vornehmlich aus Rechtsgründen, aus.
aa) Unter einem Unterstützen im Sinne dieser Vorschriften ist nach [X.] Rechtsprechung grundsätzlich jedes Tätigwerden eines [X.] zu verstehen, das die innere Organisation der [X.] und ihren Zusammen-halt unmittelbar fördert, die Realisierung der von ihr geplanten Straftaten
16
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-
9
-
-
wenngleich nicht unbedingt maßgebend -
erleichtert oder sich sonst auf deren Aktionsmöglichkeiten und Zwecksetzung in irgendeiner Weise positiv auswirkt und damit die ihr eigene Gefährlichkeit festigt (st. Rspr.; vgl. nur
[X.], Urteil vom 14.
August 2009 -
3
StR 552/08, [X.]St
54, 69, 117). Dies kann zum einen dadurch geschehen, dass ein Außenstehender mitgliedschaftliche Betätigungs-akte eines Angehörigen der [X.] fördert; in diesem Sinne handelt es sich beim Unterstützen um eine zur [X.]chaft verselbständigte Beihilfe zur Mitgliedschaft (vgl. etwa [X.], Urteil vom 3.
Oktober 1979 -
3
StR 264/79, [X.]St
29, 99, 101). Zum anderen greift der Begriff des Unterstützens einer [X.] über ein im strengeren Sinne des §
27 Abs.
1 StGB auf die Förde-rung der Tätigkeit eines [X.]smitglieds beschränktes Verständnis hin-aus; denn er bezieht sich auch und -
wie schon der Wortlaut des Gesetzes zeigt -
sogar in erster Linie auf die [X.] als solche, ohne dass im konkreten Fall die Aktivität des [X.] zu einer einzelnen organisationsbezogenen Tätigkeit eines Organisationsmitglieds hilfreich beitragen muss (vgl. [X.], Urteil vom 14.
August 2009 -
3
StR 552/08, aaO, S.
117
f.; Beschluss vom 16.
Mai 2007 -
AK 6/07, [X.]St
51, 345, 350
f.). Auch muss das Wirken des Nichtmit-glieds nicht zu einem von diesem erstrebten Erfolg führen; es genügt, wenn sein Tun für
die Organisation objektiv nützlich ist, ohne dass der Nutzen [X.] (vgl. [X.], Urteile vom 25.
Januar 1984 -
3
StR 526/83, [X.]St
32, 243, 244; vom 25.
Juli 1984 -
3
StR 62/84, [X.]St
33, 16, 17; vom 14.
August 2009 -
3
StR 552/08, aaO, S.
116). Erforderlich ist aber immer, dass das Nichtmitglied eine konkret wirksame Unterstützungsleistung für die Vereini-gung erbringt
(vgl. [X.], Beschlüsse vom 16.
Mai 2007 -
AK 6/07, aaO, S.
349; vom 17.
August 2017 -
AK 34/17, juris Rn.
6), die einen objektiven
Nutzen ent-faltet
(vgl. [X.], Beschluss vom 27.
Oktober 2015 -
3
StR 334/15, [X.]R StGB §
129a Abs.
5 Unterstützen
6).
Dies muss anhand belegter Fakten nachgewie--
10
-
sen sein
(vgl. [X.], Beschluss vom 11.
Juli 2013 -
AK 13-14/13, [X.]St
58, 318, 323
f.).
bb) Gemessen hieran stellt
die dem Angeklagten zur Last liegende
In-formationsbeschaffung kein Unterstützen
im Sinne des §
129a Abs.
5 Satz
1 StGB
dar. Sie hatte noch keinen vorteilhaften Effekt für die terroristische Verei-nigung.
Solches
folgt auch nicht aus den diesen Handlungen zugrundeliegenden Beweggründen. Der Haftbefehl des [X.] nennt als Motiv für das mutmaßliche Sichverschaffen einer Bauanleitung für ein Sturmgewehr
das Vor-haben, einen Terroranschlag in [X.] "entweder auf Befehl des sogenannten Kalifats oder in dessen Sinn auf eigene Faust" zu verüben. Dies entspricht der sich aus den Sachakten ergebenden Beweislage.
Die Aneignung von notwen-digen Kenntnissen im Vorfeld eines
geplanten Terroranschlags, den der Ange-klagte noch dazu unter Umständen selbständig ("auf eigene Faust") ausführen wollte, entfaltet indes nicht schon deshalb einen objektiven Nutzen für den [X.], weil
derartige
[X.]e
dessen erklärten Zielen ("in dessen Sinn") entsprechen
und die [X.]
sich nachher nach ihrem Belieben dazu bekennen kann.
Die vergleichsweise weite Begriffsbestimmung des Unterstützens im Sinne des §
129a Abs.
5 Satz
1 StGB darf nicht dahin missverstanden werden, dass jedes Handeln eines [X.] im Sinne der [X.] als tatbe-standsmäßig einzustufen
wäre, ohne dass es auf die konkreten Wirkungen sei-nes Tuns ankäme
(vgl. [X.], Beschluss vom 11.
Juli 2013 -
AK 13-14/13, aaO, S.
323).
c) Ebenso wenig kann eine wesentliche Änderung der Sach-
und Er-kenntnislage in Bezug auf die angeklagte
Tat daraus hergeleitet
werden, dass auf
der
Grundlage
weiterer
Ermittlungsergebnisse
sämtliches
Verhalten
des An-19
20
21
22
-
11
-
geklagten mit [X.]-Bezug in dem im [X.] genannten [X.]raum
von
November 2015 bis zum 26.
Januar 2017 als ein zeitlich andauerndes
Unter-stützen der
[X.]
anzusehen wäre.
aa) Soweit die Ausführungen im Haftbefehl und im [X.] des [X.] auf ein Verständnis des §
129 Abs.
5 Satz
1 StGB schließen lassen, nach dem das dort beschriebene Verhalten
in seiner
Gesamtheit fördernden Charakter gehabt habe
und als eine prozessuale und materiellrechtliche Tat zu bewerten sei, ist dies rechtsirrig.
Die Handlungen, mit denen ein
Täter eine terroristische [X.] im Sinne des §
129 Abs.
5 Satz
1 StGB unterstützt, stehen vielmehr grundsätzlich -
soweit aus den allgemeinen Regeln
nichts anderes folgt
-
zueinander im [X.] der Tatmehrheit. Anders als bei der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer [X.] gemäß
§
129a Abs.
1 Alternative
2 StGB, bei der wegen ih-res Charakters als Organisationsdelikt (nicht [X.]) mehrere [X.] jedenfalls dann, wenn sie nicht ihrerseits einen weiteren Straftatbe-stand erfüllen, zu einer tatbestandlichen Handlungseinheit verknüpft werden (vgl. [X.], Beschlüsse
vom 9.
Juli 2015 -
3 StR 537/14, [X.]St
60, 308, 311
f., 319
f.; vom 20.
Dezember 2016 -
3
StR 355/16, juris Rn.
5), kommt wegen der unterschiedlichen rechtlichen Struktur bei den [X.] des Unter-stützens und Werbens nach §
129a Abs.
5 StGB eine
solche normativ vorgege-bene pauschale Zusammenfassung mehrerer unterstützender Einzelakte nicht in Betracht
(vgl. [X.], Beschluss vom 17.
August 2017 -
AK 34/17, juris Rn.
6; LK/Krauß, StGB, 12.
Aufl., §
129 Rn.
193).
bb) Ein einheitliches,
dauerhaftes Unterstützen
ergibt sich nicht aus
dem im
Haftbefehl umschriebenen Vorwurf, der
Angeklagte habe sich im
[X.]raum von November 2015 bis zum 26.
Januar 2017 fortwährend dem [X.] als "Schlä-23
24
25
-
12
-
fer" zur Verfügung gestellt.
Die lediglich subjektive Bereitschaft zu einem
Terroranschlag stellt keine Unterstützungshandlung dar.
Dass ein
Mitglied oder eine Organisationseinheit des [X.] von dem [X.] des Angeklagten als "Schläfer" sowie
einer Dokumenta-tion
seiner
Bereitschaft zu einem Terroranschlag Kenntnis erhalten und hier-durch die "zusätzliche Anschlagsmöglichkeit" erfasst haben könnte, wird in dem Haftbefehl nicht ausgeführt
und ist auch sonst nicht ersichtlich.
Soweit die [X.] [X.] nunmehr
meint,
dass die Audionachricht des [X.] an einen Kommunikationspartner namens
"A.

" vom 31.
Dezember 2016
als Beteuerung seines Entschlusses zu einem geplanten [X.] gegenüber einem [X.]-Kontaktmann verstanden werden "kann", bringt sie damit selbst zum Ausdruck, dass diese Auslegung zwar möglich, jedoch nach Aktenlage nicht -
im Sinne eines dringenden Tatverdachts -
hinreichend gesichert
ist.
Im Übrigen würde selbst eine als derartige Beteuerung verstandene Er-klärung -
so sie denn rechtlich als Unterstützungshandlung im Sinne des §
129a Abs.
5 Satz
1 StGB zu bewerten wäre -
keine einheitliche prozessuale Tat mit der
Informationsbeschaffung über Schusswaffen und Sprengstoff im [X.] bilden.
Dass der [X.]punkt, an dem sich der Angeklagte mit hoher Wahrschein-lichkeit die Bauanleitung für ein
nichtregistriertes Sturmgewehr
verschaffte, nicht näher bestimmt werden kann, bewirkt
-
entgegen der Auffassung der [X.] -
keine "juristisch-fingierte [X.]gleichheit" mit den ver-schiedensten sonstigen [X.]-bezogenen Tätigkeiten.
Anlass zur Annahme von [X.] mit einer bestimmten anderen Handlung besteht nur bei einem kon-kreten Anhalt.
26
27
-
13
-

cc)
Nach den dargestellten Maßstäben führen
auch Erkenntnisse zur [X.] des Angeklagten zu Gunsten des [X.] nicht zu einer
wesent-lichen
Änderung der Sach-
und Erkenntnislage
in Bezug auf den Gegenstand der Anklage. Gegenüber den damit bezeichneten Handlungen stellt die [X.] über Schusswaffen und Sprengstoff ebenfalls
eine selbstän-dige prozessuale Tat dar.
Daher kommt es vorliegend nicht darauf an, inwieweit das propagandistische Wirken, dessen der Angeklagte dringend verdächtig sein soll, unter §
129a Abs.
5 StGB zu subsumieren ist (s. hierzu [X.], Beschlüsse
vom 16.
Mai 2007 -
AK 6/07, [X.]St
51,
345, 349
f.; vom 20.
September 2012 -
3
StR 314/12, [X.], 123, 124; vom 11.
Juli 2013 -
AK 13-14/13, [X.]St
58, 318, 322
ff.; vom 17.
August 2017 -
AK 34/17, juris Rn.
14).
d) Schließlich ist eine wesentliche Änderung der Sach-
und Erkenntnisla-ge in Bezug auf die angeklagte Tat nicht dadurch eingetreten, dass der Ange-klagte nunmehr -
tateinheitlich zur Anleitung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nach §
91 Abs.
1 Nr.
2 StGB -
der mitgliedschaft-lichen Beteiligung an einer ausländischen terroristischen [X.] gemäß §
129a Abs.
1 Nr.
1, §
129b Abs.
1 StGB
dringend verdächtig wäre.
Der Senat teilt insoweit die Auffassung des [X.]s
(ebenso wie schon des [X.] auf der Grundlage
dreitägiger Hauptverhand-lung), dass diesbezüglich kein dringender Tatverdacht besteht. Nach derzeitiger Aktenlage ist nicht davon auszugehen, dass der Angeklagte mit hoher Wahr-scheinlichkeit sich mit Zustimmung von Verantwortlichen des [X.] in die [X.] eingliederte und von einem einvernehmlichen Willen zu einer fortdauern-den Teilnahme am [X.] getragene Förderungshandlungen vornahm (zu den Voraussetzungen der Strafbarkeit wegen mitgliedschaftlicher [X.] jedenfalls nach bis zum 21.
Juli 2017 geltendem Recht [vgl. §
2 Abs.
1, 3 28
29
30
-
14
-
StGB] s. [X.], Urteil vom 14. August 2009 -
3
StR 552/08, [X.]St
54, 69, 113
f. [X.]; Beschluss vom 7.
September 2017 -
AK 42/17, juris Rn.
28). Die hierfür sprechenden Beweisergebnisse, die im Wesentlichen aus der Auswertung der digitalen Kommunikation des Angeklagten resultieren, sind insoweit nicht hin-reichend valide. Im [X.]verkehr äußerte sich der Angeklagte im Hinblick auf eine Mitgliedschaft im [X.] ambivalent: Einerseits bekundete er
etwa, er sei "Sol-dat des [X.]", "schwöre
dem Befehlshaber, dem Kalifen, Treue" und habe von [X.] den Befehl" erhalten, sich "zu verste-cken". Andererseits erklärte er
beispielsweise, er habe sich vor seiner Einreise nach [X.] "für ein Lager (des [X.]) im [X.] anheuern lassen", sei jedoch von seinem Onkel "erwischt" worden und an der Ausreise aus [X.] gehindert worden; "und jetzt ... (sei) er (der Onkel) Staat
('Dawla')
und ich (der Angeklag-te) nicht". Schließlich fehlt auch einem Teil der digitalen Kommunikation völlig
der
Realitätsbezug; der Angeklagte berühmte sich verschiedentlich im [X.] begangener "Heldentaten" für den [X.], obwohl er sich zu den [X.] angegebenen [X.]en fortwährend in [X.] aufhielt.
Vorsorglich weist der Senat indes darauf hin, dass, sollte sich der [X.] einer mitgliedschaftlichen Beteiligung noch zu einem dringenden erhär-ten, im vorliegenden Verfahren allein die Informationsbeschaffung über Schuss-waffen und Sprengstoff im [X.] als mitgliedschaftliche Betätigung in Betracht käme. Eine Straftat nach §
91 Abs.
1 Nr.
2 StGB stünde hierzu in [X.]. Sonstige
mitgliedschaftliche Betätigungsakte stellten
hingegen weder
materiellrechtlich noch prozessual dieselbe Tat dar, gleichviel ob sie daneben

31
-
15
-
weitere
Straftatbestände erfüllten
und somit tateinheitlich zu diesen Gesetzes-verletzungen hinzuträten oder
im Übrigen straflos wären und mithin in eine ver-bleibende tatbestandliche Handlungseinheit fielen (vgl. [X.], Beschlüsse vom 9.
Juli 2015 -
3
StR 537/14, [X.]St
60,
308, 311
f., 319
f.; vom 7.
September 2017 -
AK 42/17, juris Rn.
36, 38, 40).

Becker Spaniol Berg

Meta

AK 56/17

19.10.2017

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.10.2017, Az. AK 56/17 (REWIS RS 2017, 3649)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 3649

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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3 StR 537/14

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