Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.11.2014, Az. IX ZB 16/14

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 1140

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 16/14

vom

20. November 2014

in dem Insolvenzverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 292 Abs. 1 Satz 2, § 189 Abs. 2, § 191 Abs. 1 Satz 2, § 198 analog
Der Insolvenzverwalter hat eine Rückstellung für nach Aufhebung des Insolvenzver-fahrens in der Wohlverhaltensperiode entstehende Verfahrenskosten zu bilden, wenn nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Schuldners die in [X.] voraussichtlich entstehenden Verfahrenskosten durch die in diesem [X.] mutmaßlich zu erwartenden Einkünfte nicht gedeckt sind.

[X.], Beschluss vom 20. November 2014 -
IX ZB 16/14 -

LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.]
Dr.
Kayser, den Richter [X.], die Richterin [X.], [X.]
Pape und die Richterin Möhring

am 20.
November
2014
beschlossen:

Auf die
Rechtsmittel der
weiteren Beteiligten zu
1 werden der Be-schluss der 7.
Zivilkammer des [X.] vom 25.
Februar 2014 aufgehoben und die Beschlüsse des [X.] vom 27.
März 2013 und 15.
November 2013 ab-geändert. Der Antrag des Schuldners auf Stundung der in der Wohlverhaltensperiode anfallenden Verfahrenskosten
wird abge-lehnt.

Die Kosten der Rechtsmittel
hat der Schuldner zu tragen.

Der Gegenstandswert wird auf 238

Gründe:

I.

Über das Vermögen des Schuldners wurde am 21.
Oktober 2008 das Insolvenzverfahren eröffnet. Im Januar
2013 stimmte das Insolvenzgericht bei angemeldeten Forderungen von über 400.000

fast
1
-

3

-
21.000

kündigte das Insolvenzgericht dem Schuldner
im März 2013
die Restschuldbe-freiung an.
Gleichzeitig hat es
dem Schuldner die in der Wohlverhaltensperiode anfallenden Verfahrenskosten gestundet.
Die sofortige Beschwerde des [X.] bei dem [X.] gegen den Stundungsbeschluss hat das Be-schwerdegericht zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die vom Beschwerde-gericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Landeskasse, mit der diese die Aufhebung der Verfahrenskostenstundung erreichen möchte.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist nach §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2 ZPO, §§
6, [X.] Abs.
2 [X.] statthaft, weil sie vom [X.] zugelassen worden ist (§
574 Abs.
3 ZPO). Sie ist auch im Übrigen (§
575 Abs.
1 bis 3 ZPO) zulässig. In der Sache hat sie Erfolg.

1.
Das Beschwerdegericht hat ausgeführt:
Die Voraussetzungen für die Stundung der in der Wohlverhaltensperiode anfallenden Verfahrenskosten lä-gen nach §
4a Abs.
1 Satz
1 [X.] vor. Das Einkommen des Schuldners über-steige den pfändungsfreien Betrag nicht. Auf die vom Insolvenzverwalter auf Bitten des Insolvenzgerichts vorsorglich gebildete Rückstellung
aus der Masse könne zum Bestreiten
der in der Wohlverhaltensperiode anfallenden Verfah-renskosten nicht
zurückgegriffen werden, weil diese nicht
habe
gebildet werden dürfen.

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

2
3
4
-

4

-

a)
Die Frage, ob der Insolvenzverwalter aus der Masse eine Rückstel-lung für die in der Wohlverhaltensperiode anfallenden Verfahrenskosten bilden muss
und wegen einer solchen Rückstellung die Stundung der in der Wohlver-haltensperiode anfallenden Verfahrenskosten (vgl.
[X.], Beschluss vom 25.
September 2003 -
IX
ZB 459/02, NJW
2003,
3780, 3781)
ausscheidet, ist streitig. Einerseits wird vertreten,
der Insolvenzverwalter habe, wenn bei [X.] ungewiss sei, ob die laufenden Einkünfte des Schuldners während der Wohlverhaltensperiode ausreichten, um die in diesem [X.] anfallenden
Verfahrenskosten zu decken, bei der [X.] aus der Insolvenzmasse, soweit möglich, eine Rückstellung für diese Kosten zu bilden. In diesem Fall sei die Stundung der Verfahrenskosten ausge-schlossen (AG
[X.], NZI
2003, 508; LG
[X.], Beschluss vom 23.
Dezember 2004 -
7
[X.], [X.]; LG
Essen, Beschluss vom 19.
Juli 2005 -
16a
T 40/05, [X.]). Andererseits wird vertreten, die Bildung einer solchen Rück-stellung im Hinblick auf
in der Wohlverhaltensperiode anfallende Verfahrens-kosten sei ausgeschlossen; deswegen könne für diese
nicht auf die Masse [X.] werden, sondern dem Schuldner seien die in diesem Abschnitt anfallenden Verfahrenskosten zu stunden, wenn die Voraussetzungen des §
4a [X.] im Übrigen vorlägen
(LG
Kleve, Z[X.]
2006, 1002; [X.]/[X.], [X.], §
196 Rn.
17; HK-[X.]/Waltenberger, 7.
Aufl., §
292 aF Rn.
6; [X.]/[X.], [X.], 6.
Aufl., §
196 Rn.
29).

b) Die zuerst genannte Ansicht
trifft zu.
Der Antrag des Schuldners, ihm die in
der Wohlverhaltensperiode anfallenden Verfahrenskosten nach §
4a Abs.
1 Satz
1 [X.] zu stunden, ist abzulehnen. Zwar steht zu erwarten, dass die aufgrund der Abtretungserklärung nach §
287 Abs.
2 [X.] in der Wohlver-haltensperiode zu erwartenden Einkünfte nicht ausreichen werden, um die in diesem [X.] entstehenden
Kosten zu decken, weil der Schuld-5
6
-

5

-
ner voraussichtlich nur ein monatliches Einkommen unter dem [X.] beziehen wird. Doch reicht das Vermögen des Schuldners nach §
4a Abs.
1 Satz
1 [X.] dennoch aus, die gesamten Verfahrenskosten zu decken.

Die vereinnahmte Masse genügt, um die Kosten des [X.] und des eröffneten Verfahrens und die Masseverbindlichkeiten zu beglei-chen. Darüber hinaus hat der Insolvenzverwalter auf Bitten
des Insolvenzge-richts eine Rückstellung in Höhe der nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens in der Wohlverhaltensperiode zu erwartenden Verfahrenskosten (238

l-det und angekündigt, diesen Betrag bei der [X.] zurückzubehal-ten. Deswegen ist
auch die Berichtigung
dieser
erst nach Aufhebung des [X.] entstehenden Verfahrenskosten, nämlich die Vergütung des Treuhänders nach §
293 [X.] in Verbindung mit §
14 Abs.
3 Satz
1 InsVV, aus dem Vermögen des Schuldners gesichert.
Entgegen der Ansicht des [X.] kann zur Deckung der erst nach Aufhebung des [X.] in der Wohlverhaltensperiode entstehenden Verfahrenskosten auf die vereinnahmte und auch nach Befriedigung der [X.] gemäß §§
53
[X.] ff ausreichende Masse zurückgegriffen werden.

aa)
Der Wortlaut der [X.] sieht allerdings keine Rückstel-lung aus der Masse für nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens in der Wohl-verhaltensperiode entstehende Verfahrenskosten vor.

(1)
Nach §
53 [X.] sind aus der Insolvenzmasse die Kosten des [X.] vorweg zu berichtigen. Zu den Kosten des Insolvenzverfahrens gehören nach §
54 [X.] die Gerichtskosten des Insolvenzverfahrens und die Vergütung und die Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters, des [X.] und der Mitglieder des Gläubigerausschusses. Dazu gehören 7
8
9
-

6

-
auch die Kosten des nach §
313 [X.] aF im vereinfachten Verfahren bestellten Treuhänders (HK-[X.]/[X.], 7.
Aufl., §
54
Rn.
12), nicht jedoch die in der Treuhandperiode nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens anfallende Vergü-tung des Treuhänders nach §
293 [X.], weil sie erst nach Aufhebung des [X.] entsteht (HK-[X.]/[X.], aaO; MünchKomm-[X.]/Hefermehl, 3.
Aufl., §
54 Rn.
48a).

Die in diesem [X.] anfallenden Kosten sollen nach §
292 Abs.
1 Satz
2 [X.] vielmehr aus den Einnahmen aufgrund der Abtretung der Dienstbezüge und aus sonstigen Leistungen des Schuldners (vgl. §
295 Abs.
1 Nr.
2 [X.]) oder Dritter beglichen werden. Ausschüttungen an die Gläubiger in diesem [X.] erfolgen in den Verfahren, in denen dem Schuldner die Verfahrenskosten nach §§
4a ff [X.] gestundet worden sind, erst dann, wenn die gesamten gestundeten Verfahrenskosten
(abzüglich der Kosten für die Beiordnung eines Rechtsanwalts) berichtigt sind, also neben der in diesem [X.] anfallenden Verfahrenskosten auch die, die im Insolvenz-verfahren nicht aus der Masse zurückgeführt werden konnten ([X.], Beschluss vom 17.
März 2005 -
IX
ZB 214/04, NZI
2005, 399, 401; vom 19.
November 2009 -
IX
ZB 261/08, NZI
2010, 188 Rn.
22).
Darüber hinaus hat der Treuhän-der auch die sonstigen noch offenen Masseverbindlichkeiten zu befriedigen, bevor er Ausschüttungen an die Insolvenzgläubiger vornimmt ([X.], Beschluss
vom 17.
März 2005, aaO).

(2)
Das Insolvenzverfahren ist auf eine schnelle Bereinigung der [X.] und eine möglichst zeitnahe Beteiligung der [X.] an den erzielten [X.] ausgerichtet ([X.], Urteil vom 10.
Dezember 1959 -
VII
ZR 210/58, [X.]Z
31, 337, 341; Nerlich/
[X.]/[X.], [X.], 2013, §
196 Rn.
2). Der Insolvenzverwalter muss 10
11
-

7

-
daher in der [X.] die gesamte verwertete Masse nach Abzug der Masseverbindlichkeiten (§§
53
[X.]
ff)
an die Insolvenzgläubiger ausschütten, sobald feststeht, dass die [X.] abgeschlossen ist

196 Abs.
1 [X.]; [X.]/[X.], aaO
§
196 Rn.
1, 14).

Bei
bestrittenen, noch
nicht festgestellten Forderungen ist unter den Vo-raussetzungen des §
189 Abs.
1 und 2 [X.] der auf diese Forderungen entfal-lende Teil bei der [X.] zurückzubehalten. Ebenso wird nach §
191 Abs.
1 Satz
2 [X.] der auf eine aufschiebend bedingte Forderung entfallende Anteil zurückbehalten. Nach §
198
[X.] werden diese Beträge, die bei der [X.] zurückbehalten werden, bei einer geeigneten
Stelle, etwa auch auf einem Sonderanderkonto des Insolvenzverwalters (HK-[X.]/[X.],
aaO
§
198 Rn.
1), hinterlegt.
Werden hinterlegte Beträge nach der Schlussver-teilung frei, weil im Falle
von §
191 [X.] die Bedingung ausfällt oder im Falle von §
189 [X.] der Gläubiger den Prozess verliert, kommt es nach §
203 Abs.
1 Nr.
1 [X.] zur Nachtragsverteilung für diese Beträge ([X.]/[X.], aaO
§
198 Rn.
12). Weitere Gründe, die eine Zurückhaltung von [X.] in der [X.] rechtfertigen,
benennt
die [X.] nicht.

(3)
Nach §
200
Abs.
1 [X.] beschließt das Insolvenzgericht die Aufhe-bung des Insolvenzverfahrens, sobald die [X.] vollzogen ist. Die Aufhebung darf daher erst nach dem Vollzug der [X.] stattfinden, mithin erst, wenn der Insolvenzverwalter die gesamte Masse entweder an die Insolvenzgläubiger (§§
187
ff [X.]) oder den Schuldner (§
199
[X.]) verteilt oder [X.] nach §
198 [X.] hinterlegt hat. Das Insolvenzgericht hat den Vollzug der [X.] noch zu überwachen. Die Schlussvertei-12
13
-

8

-
lungsmasse unterliegt bis zur Verfahrensbeendigung dem [X.] ([X.]/[X.],
aaO
§
200 Rn.
2, 4).

Mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens erlangt der Schuldner so-wohl die Verfügungs-
als auch die [X.] über sein Vermögen zurück, die infolge der Eröffnung nach §
80 [X.] auf den Insolvenzverwalter übergegangen waren. Der Übergang der Verwaltungs-
und
Verfügungsbefugnis vom Insolvenzverwalter auf den Schuldner bedeutet in tatsächlicher Hinsicht auch eine Rückgabe der Masse; der Verwalter hat also dafür Sorge zu tragen, dass dem Insolvenzschuldner die Verfügungsgewalt über sein Vermögen -
soweit nicht verwertbar
-
auch tatsächlich zurückgegeben wird ([X.]/[X.], aaO
§
200 Rn.
13, 15). Der Schuldner erlangt die Verfügungs-
und [X.] jedoch nicht für Gegenstände zurück, die einer Nach-tragsverteilung vorbehalten sind, weil
insoweit der [X.] fortbe-steht und der Verwalter verwaltungs-
und verfügungsbefugt bleibt ([X.]/[X.], aaO
§
200 Rn.
16).
Entsprechendes gilt für die nach §
198 [X.] hinterlegten Geldbeträge; diese gehören nach wie vor zur Insolvenzmasse und stehen gegebenenfalls für eine Nachtragsverteilung zur Verfügung (HK-[X.]/[X.],
aaO
§
198 Rn.
1).
Danach ist in der [X.] zwar gere-gelt, dass durch die Einkünfte in der Wohlverhaltensperiode neben den in [X.] anfallenden Verfahrenskosten die [X.] nach §
54 [X.] und die Masseverbindlichkeiten nach §
55 [X.] zu begleichen sind, nicht jedoch der umgekehrte Fall, in dem
Masse zur Begleichung der erst in der Wohlverhaltensperiode anfallenden Verfahrenskosten vorhanden ist.

bb)
Doch ergibt sich das Recht, aber auch die Pflicht des [X.], nach Möglichkeit eine
Rückstellung für die in der [X.] anfallenden Verfahrenskosten aus der um die [X.] nach §
54 [X.] 14
15
-

9

-
und die Masseverbindlichkeiten nach §
55 [X.] bereinigte Masse zu bilden, aus einer Analogie zu §
292 Abs.
1 Satz
2, §§
189, 191, 198 [X.], wenn vorauszu-sehen ist, dass der Schuldner aus seinen in der Wohlverhaltensperiode erwirt-schafteten Einkünften die Verfahrenskosten nicht wird aufbringen können.

(1)
Eine Analogie setzt eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen U[X.]ollständigkeit des Gesetzes voraus. Ob eine derartige Lücke vorhanden ist, ist vom Standpunkt des Gesetzes und der ihm zugrunde liegenden Regelungs-absicht zu
beurteilen ([X.],
Urteil vom 13.
November 2001, [X.]Z
149, 165, 174; Beschluss vom 16.
Juli 2009 -
IX
ZB 219/08, WM
2009, 1896
Rn.
14; Urteil vom 11.
März 2010 -
IX
ZR 34/09, NZI
2010, 399 Rn.
10; Beschluss vom 18.
September 2014 -
IX
ZB 68/13
[X.], 2094
Rn.
14). Das Vorliegen der vom Gesetzgeber unbeabsichtigt gelassenen
Lücke und ihre Planwidrigkeit muss dabei aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden können, weil sonst jedes Schweigen des Gesetzgebers -
und das ist der Normalfall, wenn er
etwas nicht regeln will
-
als planwidrige Lücke im Wege der Analogie von den Gerichten ausgefüllt werden könnte ([X.], Urteil vom 13.
April 2006 -
IX
ZR 22/05, [X.]Z
167, 178 Rn.
18).

Eine solche planwidrige Gesetzeslücke ist gegeben. Der Gesetzgeber wollte bei Regelung der Verfahrenskostenstundung sicherstellen, dass aus der Masse und den nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens infolge der [X.] erfolgten Einkünften des Schuldners vorrangig die gesamten Verfahrenskosten beglichen werden sollten. In der Gesetzesbegründung ist [X.] ausgeführt, nach der Konzeption der in §§
4a ff [X.] neu
entwickelten Stun-dungslösung solle
ein Einsatz öffentlicher Mittel nur erfolgen, wenn der Schuld-ner auch unter Heranziehung des während des Verfahrens erlangten [X.] (während der gesamten [X.]) nicht in der Lage sei, die 16
17
-

10

-
Verfahrenskosten abzudecken (Begründung des Entwurfs
eines Gesetzes zur Änderung der [X.] und anderer Gesetze vom 28.
März 2001, BT-Drucks.
14/5680 S.
28 zu Nummer 16; Pick, Plenarprotokoll 14/164 des [X.], 164.
Sitzung vom 5.
April 2001, Seite
16094 D).

Gesehen wurde allerdings nur der
Fall, dass die Masse nicht ausreicht, um die Kosten des Insolvenzverfahrens nach §
54 [X.] zu begleichen
([X.], Plenarprotokoll 14/179
des
Deutschen
Bundestages, 179. Sitzung vom 28.
Juni 2001, Seite
17685): Mit der Ankündigung der Restschuldbefreiung werde das Insolvenzverfahren aufgehoben, so dass der Vorrang der [X.] nach §
53 [X.] nicht mehr gelte. Da das [X.] eng mit dem Insolvenzverfahren verknüpft sei und von insolvenzrechtlichen Grundsätzen geprägt werde, sei es gerechtfertigt, das Vorwegbefriedigungs-recht der [X.] aus §
53 [X.] hinsichtlich der gestundeten Verfah-renskosten auch bei Verteilungen durch den Treuhänder in der Wohlverhal-tensperiode anzuwenden (Begründung des Entwurfs
eines Gesetzes zur Ände-rung der [X.] und anderer Gesetze vom 28. März 2001, BT-Drucks.
14/5680 aaO). Nicht erkannt und deswegen auch nicht geregelt hat der Gesetzgeber den umgekehrten Fall, dass aus der Masse die erst später anfal-lenden Verfahrenskosten beglichen werden können.

(2)
Für eine Analogie ist weiter
erforderlich, dass der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem gesetzlich geregelten Tatbe-stand vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der
herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen [X.] gekommen ([X.], Beschluss vom 14.
Juni 2007 -
V
ZB 102/06, NJW
2007, 3124 Rn.
11 mwN; vom 18
19
-

11

-
18.
September 2014 -
IX
ZB 68/13, [X.], 2094 Rn.
14).
Der zu beurteilen-de Sachverhalt -
das Zurückbehalten der erst in der Wohlverhaltensperiode an-fallenden Verfahrenskosten bei der [X.] der Masse
-
ist in rechtli-cher Hinsicht mit den in §
292 Abs.
1 Satz
2, §
189 Abs.
2, §
191 Abs.
1 Satz
2
[X.] genannten Fällen geregelten Sachverhalten vergleichbar.

Die gesamte [X.] ist von dem Grundsatz durchzogen, dass die Berichtigung der Kosten des Insolvenzverfahrens einschließlich der in der Wohlverhaltensperiode anfallenden Verfahrenskosten absoluten Vorrang hat
(vgl. [X.], Urteil
vom 13.
April 2006 -
IX
ZR 22/05, NJW
2006, 2997 Rn.
22; Beschluss vom 19.
November 2009 -
IX
ZB 261/08, NZI
2010, 188 Rn.
18). So sind nach §
209 Abs.
1 [X.] bei einer angezeigten Masseunzulänglichkeit zu-vörderst die Kosten des Insolvenzverfahrens zu begleichen; dies gilt auch für Masseverbindlichkeiten nach §
55 Abs.
1 Nr.
3 [X.] ([X.], Urteil
vom 13.
April 2006, aaO Rn.
13) und für [X.], wenn diese aus der freien Masse nicht befriedigt werden können, ohne dass daneben die Kosten des [X.] gedeckt sind ([X.], aaO
Rn.
22, 24).
Der Insolvenzverwalter hat bei eingetretener oder voraussichtlicher Masseunzulänglichkeit die Til-gungsreihenfolge des §
209 Abs.
1 [X.] unabhängig davon einzuhalten, wann er die bestehende Masseunzulänglichkeit dem Insolvenzgericht mitteilt ([X.], Beschluss vom 19.
November 2009, aaO
Rn.
14). §
63 Abs.
2 [X.] gewährt dem Insolvenzverwalter oder Treuhänder einen Anspruch gegen die [X.] nur, wenn die Kosten des Verfahrens(-abschnitts) nach §
4a [X.] gestundet wurden und die Insolvenzmasse für die Vergütung des Insolvenzverwalters nicht ausreicht. Nach §
293 Abs.
2 [X.] gilt dies für den Treuhänder entspre-chend. Selbst in der Wohlverhaltensperiode sind die gestundeten Verfahrens-kosten aus allen [X.]en vorrangig zu befriedigen. Damit liegt der Regelung der [X.] das gesetzgeberische Konzept zugrunde, 20
-

12

-
dass ein Einsatz öffentlicher Mittel nur erfolgen soll, wenn der Schuldner unter Heranziehung des während des Verfahrens erlangten [X.] nicht in der Lage ist, die Verfahrenskosten abzudecken (vgl. [X.], Beschluss vom 19.
November 2009, aaO
Rn.
22
f).

Diesen Grundsätzen würde es zuwiderlaufen, in der [X.] vereinnahmte Insolvenzmasse
auch insoweit
an die Gläubiger auszuschütten, als sie nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Schuldner voraussichtlich benötigt wird, um die in der Wohlverhaltensperiode [X.] Verfahrenskosten zu begleichen. Der Gesetzgeber hätte unter Zugrundele-gung der zu §
292 Abs.
1 Satz
2 [X.] erfolgten Interessenabwägung für die [X.] eine entsprechende Regelung getroffen, durch die [X.] worden wäre, dass die erst in der Wohlverhaltensperiode entstehenden Verfahrenskosten durch vorhandene Insolvenzmasse beglichen werden, wenn die in diesem [X.] erwirtschafteten Einkünfte des Schuldners die Verfahrenskosten nicht decken. Dazu hätte er entsprechend §
189 Abs.
2, §
191 Abs.
1 Satz
2, §
198 [X.]
angeordnet, dass für diese künftig [X.]
Verfahrenskosten im Rahmen der [X.] eine Rückstellung zu bilden ist und die Beträge zu hinterlegen sind, sofern die Gefahr besteht, dass der Schuldner die künftig entstehenden Verfahrenskosten nicht wird begleichen können.

III.

Da
die Voraussetzungen einer Stundung der Verfahrenskosten nach §
4a [X.] danach nach den Feststellungen des [X.] nicht vor-21
22
-

13

-
liegen, hat der Senat in der Sache selbst entschieden (§
577 Abs.
5 Satz
1 ZPO).

Kayser
[X.]
[X.]

Pape
Möhring

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 27.03.2013 -
62 IN 183/08 -

LG [X.], Entscheidung vom 25.02.2014 -
7 [X.] -

Meta

IX ZB 16/14

20.11.2014

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.11.2014, Az. IX ZB 16/14 (REWIS RS 2014, 1140)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 1140

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