Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.03.2016, Az. IX AR (VZ) 6/15

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 14305

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:170316B[X.][X.]6.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
[X.] ([X.]) 6/15

vom

17.
März
2016

in dem Verfahren auf gerichtliche Entscheidung nach §
23 [X.]

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch den Vorsitzenden [X.] Prof.
Dr.
Kayser, den [X.] [X.], die [X.]in [X.], den [X.] Dr.
Pape und die [X.]in Möhring

am 17.
März
2016
beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners wird der [X.] des 2.
Zivilsenats des [X.] vom 13.
April 2015 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen.

Der Geschäftswert wird auf 5

Gründe:

[X.]

Der antragstellende Rechtsanwalt wird seit 2002 in den [X.]n aller Insolvenzrichter des [X.] zur Bestellung als Insolvenz-verwalter geführt. Der Antragsgegner ist Insolvenzrichter und seit dem Monat 1
-

3

-
Mai 2011 Leiter der Abteilungen 67a und 68a des [X.], und hat in seine [X.] auch den Antragsteller übernommen.

Am 4.
April 2013 berieten der Antragsteller und sein Sozius den Ge-schäftsführer der Komplementärin und Gesellschafter der G.

GmbH & Co. KG und weitere Gesellschafter allgemein über die Gründe für die Stellung eines Insolvenzantrags, dessen Formalien, die Beson-derheiten des Insolvenzverfahrens und der Eige[X.]erwaltung sowie die [X.] und Voraussetzungen eines Insolvenzplanes. In den folgenden drei [X.] suchte der Geschäftsführer unaufgefordert telefonisch und mittels Email beim Antragsteller konkreten Rat in Bezug auf die Schuldnerin. Vier der sieben Emails wurden vom Antragsteller beantwortet. Weiter überließ dieser der Schuldnerin einen Entwurf eines Insolvenzantrags als Word-Dokument, in dem die Schuldnerin den Antragsteller oder seinen Sozius als Insolvenzverwalter vorschlug und versicherte, diese Personen hätten sie zu keiner Zeit, ganz gleich in welchen Angelegenheiten, beraten oder vertreten. Am 11.
Juli 2013 stellte die Schuldnerin unter Verwendung dieses Entwurfs, ergänzt um ihre betriebs-wirtschaftlichen Zahlen, Insolvenzantrag verbunden mit dem Antrag auf vorläu-fige Eige[X.]erwaltung. Der zuständige Insolvenzrichter bestellte den [X.] zunächst zum vorläufigen Sachwalter, sodann zum starken vorläufigen Ver-walter, zuletzt am 1.
Oktober 2013 mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin zum Insolvenzverwalter. Über das Ob und den Umfang seiner Kontakte zu der Schuldnerin bewahrte der Antragsteller Stillschweigen.

Der Antragsgegner hat dem Antragsteller in einem "[X.]"
vom 23.
September 2014 mitgeteilt, er werde wegen des oben dargestellten Sachverhalts von den [X.]n für die von ihm geführten Abteilungen 2
3
-

4

-

67a
und
68a
gestrichen. Innerhalb eines Monats hat der Antragsteller beim [X.] gegen den Antragsgegner einen Antrag auf gerichtliche Ent-scheidung
nach §§
23 ff
[X.] gestellt. Durch Beschluss vom 13.
April 2015 hat das [X.] den "[X.]"
vom 23.
September 2014 aufgehoben und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit seiner Rechtsbe-schwerde möchte der Antragsgegner die Aufhebung des Beschlusses des [X.]s und die Zurückweisung des Antrags auf Aufhebung des "[X.]s"
vom 23.
September 2014 erreichen.

I[X.]

Das gemäß §
29 Abs.
1 [X.] statthafte Rechtsmittel führt zur Aufhe-bung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das [X.]. Die mögliche mangelnde [X.] des [X.] führt nicht zur Unzulässigkeit seiner Rechtsbeschwerde. Für den Streit über die [X.] ist die davon betroffene [X.] als beteiligten-fähig anzusehen (vgl. [X.], Beschluss vom 9.
November 2010
VI
ZR 249/09, VersR
2011, 507 Rn.
3). Auch ist unerheblich, dass in der Rechtsbeschwerde-schrift der Rechtsbeschwerdeführer unzutreffend bezeichnet ist. Es handelt sich um eine bloße Falschbezeichnung. Aus dem mit der [X.] vorgelegten angefochtenen Beschluss war deutlich zu erkennen, wer Be-schwerdeführer sein sollte (vgl. [X.], Beschluss vom 22.
September 2009

VI
ZB 76/08, VersR
2010, 88 Rn.
5
f; [X.], NZA
2010, 176 Rn.
21).

1.
Das [X.] hat den Antragsgegner als beteiligtenfähig und als materiell-rechtlich zutreffenden Antragsgegner angesehen. Es hat ausge-führt, an der Annahme, der Antragsgegner sei als Leiter einer Insolvenzabtei-lung des [X.] nach §
23 [X.] beteiligtenfähig, nicht durch 4
5
-

5

-
die Entscheidungen des [X.] vom 16.
Mai 2007 (IV
AR ([X.]) 5/07, Z[X.]
2007, 711) und vom 19.
Dezember 2007 (IV
AR ([X.]) 6/07 Z[X.]
2008, 207) gehindert zu sein, auch wenn dort als richtiger Antragsgegner der Träger der Landesjustizverwaltung
nach den [X.] der be-troffenen Länder angesehen worden sei. Denn seit dem Inkrafttreten von §
8 Nr.
3 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den [X.] der freiwilligen Gerichtsbarkeit (künftig FamFG) am 1.
September
2009 seien Behörden beteiligtenfähig. §
8 FamFG sei auch auf das Verfahren nach §§
23 ff [X.] anwendbar. Behörde im Sinne von §
23 [X.] sei der einzelne Insolvenzrichter als Leiter der jeweiligen Insolvenzabteilung, denn [X.] diesem obliege nach §
56 Abs.
1 Satz
1 [X.] die Entscheidung darüber, ob er einen Bewerber in die [X.] aufnehme.

Der Antrag habe auch Erfolg, weil der Antragsgegner sein Auswahlermes-sen fehlerhaft ausgeübt habe. Das vom Antragsteller eingeräumte Fehlverhal-ten, das darin liege, seine wenn auch nur begrenzte Beratung der Insolvenz-schuldnerin dem Insolvenzgericht nicht offenbart zu haben, wiege angesichts seiner jahrelangen unbeanstandeten Tätigkeit als Insolvenzverwalter nicht so schwer, dass er deswegen von der [X.] zu streichen sei. Die ange-messene Reaktion auf dieses Fehlverhalten wäre eine Abmahnung gewesen.

2.
Die Ausführungen des [X.]s zur [X.] des Antragsgegners halten rechtlicher Prüfung nicht stand.

a)
Allerdings ist die Frage in der Rechtsprechung streitig, wie der Antrags-gegner in den Verfahren vor dem [X.] nach §§
23 ff [X.] in diesen zu bezeichnen und wer zu beteiligen ist. Die jüngere Spruchpraxis der [X.]e sieht regelmäßig in dem einzelnen Insolvenzrichter oder in 6
7
8
-

6

-
den Insolvenzrichtern in ihrer Gesamtheit, wenn sie gemeinsam die Voraus-wahlliste führen, den nach §
23 [X.] richtigen Antragsgegner (OLG
Köln, NZI
2007, 105, 106; Z[X.]
2015, 798
f; OLG
Hamm, NZI
2007, 659
f; [X.] vom 7.
Januar 2013
27
VA 3/11, [X.]; OLG
Düsseldorf, NZI
2009, 248, 249; ZIP
2011, 341, 342; OLG
Brandenburg, NZI
2009, 647, 648). Andere mei-nen, Antragsgegner sei das Amtsgericht
Insolvenzgericht
(OLG
Bamberg, NZI
2008, 309; OLG
Celle, NZI
2015, 678) oder der Behördenleiter des [X.] (KG, NZI
2008, 187; früher auch OLG
Düsseldorf, NZI
2008, 614, 615). Wieder andere sehen in dem Rechtsträger, dessen Behörde den angefochte-nen Verwaltungsakt erlassen hat, den richtigen Antragsgegner, sofern nicht im Landesrecht etwas anderes bestimmt ist ([X.], Beschluss vom 16.
Mai 2007

IV
AR ([X.]) 5/07, Z[X.]
2007, 711 Rn.
14
f; vom 19.
Dezember 2007
IV
AR ([X.]) 6/07, Z[X.]
2008, 207 Rn.
13
ff; vom 19.
September 2013
[X.] ([X.]) 1/12, [X.]Z
198, 225 Rn.
3; so auch OLG
Frankfurt, NZI
2007, 524; Beschluss vom 25.
Februar 2010
20 VA 14/08, [X.]; vgl. auch OLG
[X.], NZI
2008, 744, 745; NZI
2011, 762, 764; NZI
2012, 193). In der Literatur ist die Frage ebenso umstritten (vgl. einerseits [X.]/Zipperer, [X.], 14.
Aufl., §
56 Rn.
35; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2015, §
56 Rn.
26; [X.] in [X.]/[X.]/Ringstmeier, [X.], 2.
Aufl., §
56 Rn.
22; [X.]/[X.], [X.], §
56 Rn.
31; andererseits [X.]/[X.], [X.], 19.
Aufl., §
56 Rn.
73; HK-[X.]/[X.], 7.
Aufl., §
56 Rn.
17; FK-[X.]/[X.], 8.
Aufl., §
56 Rn.
27).

b)
Richtiger Antragsgegner nach §
23 [X.] in Verbindung mit §
8 Nr.
3 FamFG in Verbindung mit [X.]
Nr.
2 Buchst.
e der Anordnung über die Vertretung der [X.] im Geschäftsbereich der für die Justiz zu-ständigen Behörde vom 16.
Februar 2012 (AV der [X.] Nr.
2/2012, Az.
5002/1/1, HmbJVBl
2012, 11) ist nicht der jewei-lige die Auswahlliste führende Insolvenzrichter als Leiter einer [X.]
-

7

-
lung, sondern das [X.], das nach §
9 Abs.
3 FamFG durch den
Vorstand des Amtsgerichts vertreten wird, in [X.] durch den Präsiden-ten.

aa)
Nach der grundlegenden Entscheidung des Bundesverfassungsge-richts
vom 3.
August 2004 (NJW
2004, 2725; vgl. auch [X.], NZI
2006, 636; NZI
2009, 641) ist in Rechtsprechung (vgl. [X.], Beschluss vom 16.
Mai 2007

IV
AR
([X.]) 5/07, Z[X.]
2007, 711; vom 19.
Dezember 2007
IV
AR
([X.]) 6/07, Z[X.]
2008, 207; vom 19.
September 2013
IX
AR
([X.]) 1/12, [X.]Z
198, 225) und Literatur (vgl. [X.]/[X.], [X.], 2007, §
56 Rn.
62; MünchKomm-[X.]/[X.], 3.
Aufl., §
56 Rn.
104; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2015, §
56 Rn.
26; [X.] in Kübler/Prütting/Bork, [X.], 2009, §
56 Rn.
25; [X.], 4.
Aufl., §
23 [X.] Rn.
60; [X.]/[X.], [X.], 8.
Aufl., §
23 [X.] Rn.
133) allgemein anerkannt, dass es sich bei der Entscheidung über die Aufnahme eines Bewerbers in die bei den [X.] geführte [X.] um einen Justizverwaltungsakt handelt, der nach §§
23
ff [X.] anfechtbar ist. Entsprechendes gilt als actus contrarius für die Strei-chung des Bewerbers von der [X.] (MünchKomm-[X.]/[X.], aaO §
56 Rn.
114; [X.]/Zipperer, [X.], 14.
Aufl., §
56 Rn.
37; [X.]/
[X.], [X.], 19.
Aufl., §
56 Rn.
72). Die Entscheidung im [X.]verfahren ist kein Rechtsprechungsakt. Sie ist deswegen weder Rechtsprechung im mate-riellen Sinne noch unterfällt sie dem funktionellen Rechtsprechungsbegriff, weil der [X.] zwar in richterlicher Unabhängigkeit tätig wird, aber nicht in seiner Funktion als Instanz der unbeteiligten Streitbeilegung. Die [X.] hat [X.] einen erheblichen Einfluss auf die Berufsausübung der Bewerber (Art.
12 Abs.
1 GG). Bei der Bewerbung um eine Tätigkeit im
Rahmen von Insolvenz-verfahren, die nur von hoheitlich tätigen [X.]n vergeben wird, muss [X.] jeder Bewerber eine faire Chance erhalten, entsprechend seiner in §
56 10
-

8

-
Abs.
1 [X.] vorausgesetzten Eignung berücksichtigt zu werden. Eine Chance auf eine
Einbeziehung in ein konkret anstehendes Auswahlverfahren und damit auf Ausübung des Berufs hat ein potentieller Insolvenzverwalter nur bei willkür-freier Einbeziehung in das [X.]verfahren (Art.
3 Abs.
1 GG). Die Chan-cengleichheit der Bewerber ist daher gerichtlicher Überprüfung zugänglich. [X.] sie gewährleistet insoweit die Beachtung subjektiver Rechte ([X.], NJW
2004, 2725, 2727).

bb)
Nach §
23 Abs.
1 Satz
1 [X.] entscheiden über die Rechtmäßig-keit von Anordnungen, Verfügungen oder sonstigen Maßnahmen, die von den Justizbehörden zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet des Zivilprozesses -
dessen Regeln das Insolvenzverfahren folgt (§
4 [X.]) -
getrof-fen werden ([X.]), auf Antrag die ordentlichen Gerichte. Die-ser besonderen Rechtswegregelung liegt die Annahme zugrunde, dass die or-dentlichen Gerichte den Verwaltungsmaßnahmen in den aufgeführten Gebieten sachlich näher stehen als die Gerichte der allgemeinen Verwaltungsgerichts-barkeit und über die zur Nachprüfung justizmäßiger Verwaltungsakte erforderli-chen zivilrechtlichen Erkenntnisse und Erfahrungen verfügen. Die Bestimmung ist als Ausnahme zu §
40 Abs.
1 VwGO eng auszulegen ([X.], Beschluss vom 16.
Mai 2007

IV AR ([X.]) 5/07, Z[X.]
2007, 711 Rn.
11).

Es entspricht einhelliger Auffassung, dass der Begriff der Justizbehörde im funktionellen Sinne zu verstehen ist, wenn es darum geht, ob die jeweils in [X.] stehende Amtshandlung in Wahrnehmung einer Aufgabe vorgenommen worden ist, die der jeweiligen Behörde als ihre spezifische Aufgabe auf einem der in §
23 [X.] genannten Rechtsgebiete zugewiesen ist. Von diesen Grundsätzen ist das [X.] ausgegangen. Es hat zutreffend die Insolvenzrichter ihrer Funktion nach als Justizbehörde angesehen. Soweit sie in 11
12
-

9

-
dieser Eigenschaft tätig geworden sind, unterliegt ihr Handeln der vom Bundes-verfassungsgericht geforderten Kontrolle ([X.], Beschluss vom 16.
Mai 2007, aaO Rn.
12). Daraus ist jedoch nicht ohne Weiteres zu folgern, dass der [X.] selbst Antragsgegner in dem Verfahren nach §§
23
ff [X.] ist. Richtiger Antragsgegner ist nach diesen Regeln die für die Rechts-verletzung durch einen Justizverwaltungsakt verantwortliche staatliche Stelle, also vorliegend die Stelle, die für die Entscheidung, einen Interessenten für das Amt des Insolvenzverwalters in die [X.] nicht aufzunehmen oder ihn aus dieser Liste zu streichen, verantwortlich ist. Aus den Regeln der §§
23
ff [X.] ergibt sich nicht unmittelbar, wer die in diesem Sinne für den angegrif-fenen Justizverwaltungsakt verantwortliche staatliche Stelle ist.

cc)
Im Verwaltungsprozess kommt einzelnen Behörden neben natürlichen und juristischen Personen nur dann die Fähigkeit zu, am Verfahren beteiligt zu sein, wenn das Landesrecht dies bestimmt (§
61 Nr.
1, 3 VwGO, §
78 Abs.
1 Nr.
1 VwGO). Gibt es eine solche Regelung nicht, ist gegen den Rechtsträger zu klagen, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat. Im Zivilprozess gilt zu §
50 ZPO eine vergleichbare Regelung. Behörden sind auch hier [X.] und allein insoweit parteifähig. Bis zum 31.
August 2009 ordnete §
29 Abs.
2 Halbs.
1 [X.]
aF für das Verfahren vor dem [X.] nach §§
23
ff [X.] die entsprechende Anwendung des Gesetzes über die freiwillige Ge-richtsbarkeit ([X.]) an. Auch in Verfahren, die nach den Regeln dieses Geset-zes geführt wurden, konnten grundsätzlich nur rechtsfähige Rechtsträger am Verfahren beteiligt sein. Behörden, die keine eigene Rechtspersönlichkeit [X.], waren lediglich parteifähig, wenn ihnen die Fähigkeit zugesprochen war, sich an einem Verfahren zu beteiligen. Dies setzte eine entsprechende gesetz-liche Regelung voraus, durch welche die fehlende [X.]fähigkeit ersetzt wurde 13
-

10

-
([X.], Beschluss vom 16.
Mai 2007, aaO Rn.
14
f). Deswegen nahm der [X.] bis zum Inkrafttreten des §
8 Nr.
3 FamFG am 1.
September 2009 auch an, dass Antragsgegner des abgelehnten Bewerbers auf Aufnahme in die [X.] in den Verfahren nach §§
23 ff
[X.] der Rechtsträger war, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hatte, sofern nicht die Behörde selbst nach Landesrecht verklagt werden konnte ([X.], [X.] vom 16.
Mai 2007, aaO; vom 19.
Dezember 2007
IV
AR ([X.]) 6/07, Z[X.]
2008, 207 Rn.
12 ff). Das [X.] [X.] hat daher bislang unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung und der einschlägigen Landes-regelungen als richtige Antragsgegnerin die Freie und Hansestadt [X.], vertreten durch die [X.], angesehen (vgl. OLG
[X.], Z[X.]
2012, 175).

dd)
Seit dem 1.
September 2009 gilt für das Verfahren nach §§
23 ff [X.] vor dem Zivilsenat des [X.]s die Vorschrift des §
8 Nr.
3 FamFG. Nach dieser Regelung sind Behörden allgemein beteiligtenfähig.

(1)
Richtig hat das [X.] erkannt, dass §
8 Nr.
3 FamFG auf das Verfahren nach §§
23 ff [X.] Anwendung findet, auch wenn in §
29 Abs.
3 [X.] nur auf §
17 FamFG und auf §§
71 bis 74a FamFG, also die Regelungen über die Wiedereinsetzung und für das Verfahren der Rechtsbe-schwerde, verwiesen wird. Die Verweisung in §
29 Abs.
2 [X.] aF auf das [X.] für das Verfahren vor dem [X.] hat der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den [X.] der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17.
Dezember 2008 (BGBl.
I S.
2586) ersatzlos gestrichen. Weiter hat der Gesetzgeber §
29 [X.] aF dadurch grundlegend geändert, dass die Entscheidung des [X.]s nicht mehr endgültig ist, die Pflicht einer Divergenzvorlage an den Bundesge-14
15
-

11

-
richtshof abgeschafft und dafür die Rechtsbeschwerde eingeführt wurde. Der [X.] hat dabei die Bedeutung des §
29 Abs.
2 [X.] aF zu eng nur auf das Verfahren der Divergenzvorlage bezogen und nicht seine dar-über hinaus bestehende Bedeutung für das Verfahren vor dem Oberlandesge-richt bedacht. Die Materialien machen deutlich, dass nur beabsichtigt war, den Rechtsmittelzug neu zu ordnen, ohne das Verfahren im Übrigen zu ändern (vgl. BT-Drucks. 16/6308, S.
318 zu Art.
21 zu Nr.
2). Deswegen müssen auf das Verfahren vor dem Zivilsenat des [X.]s die Regelungen des
FamFG weiterhin auch ohne ausdrücklichen Verweis ergänzend herangezogen werden (MünchKomm-ZPO/[X.], 4.
Aufl., Vorbemerkung zu den §§
23
ff [X.] Rn.
5; [X.]/[X.], [X.], 8.
Aufl., §
29 [X.] Rn.
2; vgl. [X.]/
[X.], [X.], 2015, 93, 94
ff).

(2)
Daraus ergibt sich jedoch noch nicht, dass dem einzelnen [X.] im Sinne dieser Vorschrift zukommt. Behörden im [X.] von §
8 Nr.
3 FamFG sind wie in §
61 Nr.
3 VwGO solche Stellen, die durch organisationsrechtliche Rechtssätze gebildet, vom Wechsel des Amtsinhabers unabhängig und nach der einschlägigen Zuständigkeitsregelung berufen sind, unter eigenem Namen für den Staat oder einen anderen Träger öffentlicher Verwaltung Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen. Sie sind un-selbständige Teile ihres jeweiligen Rechtsträgers und daher nur nach Maßgabe des Landesrechts beteiligtenfähig. Demgegenüber sind im Anwendungsbereich des §
8 Nr.
3 FamFG sämtliche Stellen, die dem Behördenbegriff entsprechen, beteiligtenfähig (Haußleiter/[X.], FamFG, 2011, §
8 Rn.
10; zu §
61 Nr.
3 VwGO: [X.], NVwZ
1986, 761, NVwZ-RR 1989, 576, NJW 1991, 2586, 2587; BeckOK-VwGO/[X.], 2016, §
61 Rn.
18; Bier in [X.]/
[X.]/Bier, VwGO, 2015, §
61 Rn.
8).

16
-

12

-

(3)
Der einzelne Insolvenzrichter bildet entgegen der Ansicht des Oberlan-desgerichts keine solche Stelle. Denn er ist, soweit er
wenn auch in [X.] Unabhängigkeit
Verwaltungsaufgaben wahrnimmt, lediglich unselbstän-diger Teil der Gesamtbehörde [X.]. Nur das Amtsgericht selbst ist durch organisatorische Rechtssätze gebildet, nicht aber die einzelnen
Untergliederungen und Abteilungen. Diesen fehlt die für die Annahme der Be-hördeneigenschaft unabdingbare organisatorische Verselbständigung gegen-über dem Amtsgericht im Übrigen (vgl. OVG
Münster, NVwZ
1986, 761; vgl.
[X.]/[X.], [X.], 8.
Aufl., §
23 [X.] Rn.
133, §
29 Rn.
4 [X.]). Nach der Anordnung über die Vertretung der [X.] im [X.] der für die Justiz zuständigen Behörde vom 16.
Februar 2012 (Az.
5002/1/1; HmbJVBl 2012, 11) ist unter [X.] Nr.
2 Buchst.
e angeordnet, dass die Freie und Hansestadt [X.] im Geschäftsbereich der für die Justiz zu-ständigen Behörde, soweit durch Gesetz, Rechtsverordnung oder [X.] nichts anderes bestimmt ist, in Verfahren der freiwilligen Gerichts-barkeit durch die Dienststelle vertreten wird, zu deren Geschäftsbereich die dem Verfahren zugrunde liegende Angelegenheit gehört.

(4)
Aus der Stellung des [X.] und den Besonderheiten der Insolvenzordnung ergibt sich nichts Anderes. Allerdings entscheidet der [X.] selbst und weisungsfrei über die Aufnahme eines [X.] auf die von ihm geführte [X.] und über die Streichung in [X.] Unabhängigkeit. Denn mit der Erstellung der [X.] bereitet er die allein ihm obliegende
Auswahl und Bestellung des Insolvenzverwalters im konkreten Insolvenzverfahren vor. Allein die [X.] gewährleistet eine zügige Eignungsprüfung für das konkrete Verfahren und verschafft dem [X.] hinreichende Informationen für eine pflichtgemäße Ausübung des Auswahlermessens ([X.]E
116, 1, 16
f; [X.], Z[X.]
2009, 1641 Rn.
12). 17
18
-

13

-
In die jeweilige [X.] ist jeder Bewerber einzutragen, der die grund-sätzlich zu stellenden Anforderungen an eine generelle, von der Typizität des einzelnen Insolvenzverfahrens gelöste Eignung für das erstrebte Amt erfüllt ([X.], aaO Rn.
11).

Daraus ist jedoch nicht zu folgern, dass nur der Insolvenzrichter selbst verklagt werden kann, weil weder der Leiter des Amtsgerichts noch der Träger der Landesjustizverwaltung Weisungen in Bezug auf die Listenführung erteilen dürften und deswegen eine gegen das Land oder das Amtsgericht ergehende Entscheidung nicht durchgesetzt werden könne (vgl. [X.]/[X.], [X.], 19.
Aufl., §
56 Rn.
73). Die Besonderheiten seiner Stellung als Insolvenzrichter haben weder zur Folge, dass seine Entscheidungen nicht justiziabel wären, noch machen sie ihn zur Behörde im Sinne von §
8 Nr.
3 FamFG. Eine gegen das Amtsgericht nach §
28 [X.] ergehende Entscheidung des Oberlandes-gerichts zur Führung der [X.] ist von ihm zu beachten, ohne dass es einer Weisung des [X.] bedarf.

II[X.]

Da das [X.] bislang das [X.] als den rich-tigen Antragsgegner nicht beteiligt hat (§
7 Abs.
2 Nr.
2, §
9 Abs.
3 FamFG), war die Sache zurückzuverweisen.

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:

1.
Dadurch dass der Antragsteller in seiner Antragschrift als Antragsgeg-ner nicht das [X.], sondern den einzelnen Insolvenzrichter 19
20
21
22
-

14

-
genannt hat, ist sein Antrag nicht gemäß §
26 Abs.
1 [X.] verfristet. [X.] muss nach dieser Regelung der Antrag auf gerichtliche Entscheidung in-nerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheids gestellt werden. In dem Antrag muss
der Antragsgegner bezeichnet werden, um dem [X.] zu ermöglichen, ob eine Rechtsverletzung durch die [X.] einer Justiz-
oder Vollzugsbehörde geltend gemacht wird ([X.]/[X.], [X.], 8.
Aufl., §
23 [X.] Rn.
50). Richtet sich ein zulässiger Antrag gegen den materiell-rechtlich unrichtigen Antragsgegner, ist er unbegründet. Ein sol-cher Antrag wahrt gegenüber dem richtigen Antragsgegner die Frist nicht.

Der Antragsteller hat seinen Antrag jedoch nicht gegen den unrichtigen Antragsgegner gerichtet, indem er den Insolvenzrichter als Gegner bezeichnet hat. Insoweit handelt es sich um eine bloße Falschbezeichnung. Dem Antrag war deutlich zu entnehmen, dass der Antragsteller eine Rechtsverletzung durch die Maßnahme einer Justizbehörde geltend machte und wer die [X.] vorgenommen haben soll.

2.
Für das [X.]verfahren steht die Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der persönlichen und fachlichen Eignung im Vordergrund. Für diese generelle Eignung ist ein bestimmtes Anforderungsprofil zu erstellen, nach dem sich die Qualifikation des jeweiligen Bewerbers richtet ([X.], [X.] vom 19.
Dezember 2007
IV
AR ([X.]) 6/07, Z[X.]
2008, 207 Rn.
19; [X.], Z[X.]
2009, 1641 Rn.
14). Der Insolvenzrichter hat die [X.] transparent zu machen, etwa durch Veröffentlichung im [X.] oder durch Fragebögen ([X.]/Zipperer, [X.], 14.
Aufl., §
56 Rn.
9). Dabei ist es ihm verwehrt, das Verfahren oder die Kriterien der Vergabe willkürlich zu bestim-men; darüber
hinaus kann die tatsächliche Vergabepraxis zu einer Selbstbin-dung der Verwaltung führen (Art.
3 Abs.
1 GG; [X.]E 116, 135, 153
f). Damit 23
24
-

15

-
die [X.] die ihr zukommende Funktion erfüllen kann, darf sich das [X.]verfahren nicht nur auf das Erstellen einer Liste mit Namen und An-schriften interessierter Bewerber beschränken, vielmehr müssen die Daten über die Bewerber erhoben, verifiziert und strukturiert werden, die der jeweilige [X.] nach der eigenen Einschätzung für eine sachgerechte [X.] bei der Auswahlentscheidung benötigt ([X.]E
116, 1,17). [X.] ein Bewerber die persönlichen und fachlichen Anforderungen für das Amt des Insolvenzverwalters im Allgemeinen, kann ihm die Aufnahme in die Liste nicht versagt werden.
Ein Ermessen für den die [X.] führenden [X.] besteht nicht ([X.], Beschluss vom 19.
Dezember 2007
IV AR ([X.]) 6/07, Z[X.]
2008, 207 Rn.
20). Ihm ist allerdings ein Beurteilungsspiel-raum zuzubilligen, wenn er den Bewerber an den allgemeinen Kriterien für die fachliche und persönliche Eignung misst. Denn seiner Beurteilung, ob der Be-werber dem Anforderungsprofil genügt, ist ein prognostisches Element imma-nent ([X.], Beschluss vom 19.
Dezember 2007, aaO Rn.
21; vgl. [X.]/ Zipperer,
[X.], 14.
Aufl., §
56 Rn.
34). Die Grundsätze gelten entsprechend, wenn ein Bewerber von einer [X.] gestrichen wird. Dies ist möglich, wenn er die Kriterien für die Aufnahme in die Liste nicht oder nicht mehr erfüllt, weil er etwa im [X.]verfahren falsche Angaben gemacht hat oder weil sich später herausstellt, dass er fachlich oder persönlich ungeeignet ist (vgl. [X.]/Zipperer, aaO Rn.
36; MünchKomm-[X.]/[X.], 3.
Aufl., §
56 Rn.
111).

3.
Der festgestellte Sachverhalt gibt Anlass, an der persönlichen Eignung des Antragstellers zu zweifeln.

a)
Der Antragsteller hat eingeräumt, die Schuldnerin nicht nur in allgemei-ner Form über den Ablauf des Insolvenzverfahrens und dessen Folgen in sei-25
26
-

16

-
nen Büroräumen belehrt zu haben (vgl.
§
56 Abs.
1 Satz
3 Nr.
2 [X.]), sondern sie auch konkret dazu beraten zu haben, wie sie sich im Vorfeld der Insolvenz verhalten solle. Er hat der Schuldnerin die Fragen beantwortet, ob sie trotz In-solvenzreife Mitarbeiter des [X.] Büros bezahlen, Forderungen von Gläu-bigern begleichen, Bestellungen auslösen und bei länger laufenden Abnahme-verpflichtungen Bestellungen auslösen und Zahlungsziele vereinbaren dürfe. Darüber hinaus hat er der Schuldnerin den Insolvenzantrag in wesentlichen [X.] vorformuliert. In diesem vorformulierten Antrag hat er die Schuldnerin wahr-heitswidrig versichern lassen, er habe sie zu keiner Zeit, ganz gleich in welchen Angelegenheiten, beraten. Zudem hat er selbst weder vor der Bestellung als vorläufiger Sachwalter noch als vorläufiger starker noch als Insolvenzverwalter den
zuständigen Insolvenzrichter entgegen seiner Offenbarungspflicht (vgl. BT-Drucks. 127/5712 S.
68 zu Nr.
5; [X.]/Zipperer, [X.], 14.
Aufl., §
56 Rn.
43) auf seine Vorbefassung hingewiesen.

Dadurch ist nicht seine generelle Unabhängigkeit berührt, die ein Bewer-ber für die Aufnahme auf die [X.] besitzen muss (Uhlen-bruck/Zipperer, aaO §
56 Rn.
25), sondern seine spezielle Unabhängigkeit im konkreten Insolvenzverfahren wegen seiner Beratungsleistungen gegenüber der Schuldnerin. Weiter hat der Antragsteller durch sein eingeräumtes [X.] im konkreten Insolvenzverfahren das in ihn gesetzte Vertrauen [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 6.
Mai 2004 IX
ZB 349/02, [X.]Z
159, 122, 133). Dieser Vertrauensverlust verstärkte im konkreten Verfahren für das Insol-venzgericht die Notwendigkeit, den Antragsteller gemäß §
58 [X.] zu kontrollie-ren (vgl. [X.], Beschluss vom 31.
Januar 2008 III
ZR 161/07, Z[X.]
2008, 267 Rn.
5; [X.]/Zipperer, aaO §
56 Rn.
45).
27
-

17

-

b)
Diese Umstände können auch Folgen für den Verbleib eines Bewerbers auf der [X.] haben. Bei einer Vorstrafe wegen Insolvenzvergehen liegt es auf der Hand, dass sie auch bei fehlendem Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt oder Insolvenzverwalter im Allgemeinen Zweifel an der Zuverlässigkeit des Bewerbers begründen und unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Anlass sein kann, von dessen Aufnahme in die [X.] abzusehen (vgl. [X.], Beschluss vom 31.
Januar 2008, aaO). Entsprechendes kann für schwerwiegende negative Erfahrungen in [X.] Verfahren gelten (vgl. [X.], ZIP
2007, 831, 832; OLG
[X.], NJW
2006, 451, 452; AG
Mannheim, Z[X.]
2010, 2149 Rn.
14, 22, 24).

Wegen der weitreichenden beruflichen Konsequenzen ist jedoch, wie das [X.] richtig gesehen hat, die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme zu prüfen. Im Streitfall steht allenfalls die Angemessenheit in Frage. Die Unge-eignetheit darf nicht aus einem einmaligen unbedeutenden Fehlverhalten, das jedem Verwalter einmal unterlaufen kann, hergeleitet werden, sondern es muss sich auf einen gravierenden Verstoß beziehen, der die weitere Zusammenarbeit

28
29
-

18

-
zwischen dem Insolvenzgericht und dem Insolvenzverwalter nachhaltig beein-trächtigt (vgl. [X.], [X.] und De-[X.] sowie Abwahl des [X.] im [X.] und [X.] Recht, 2011, S.
256
f).

Kayser
[X.]
[X.]

Pape
Möhring

Vorinstanz:
OLG [X.], Entscheidung vom 13.04.2015 -
2 VA 9/14 -

Meta

IX AR (VZ) 6/15

17.03.2016

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.03.2016, Az. IX AR (VZ) 6/15 (REWIS RS 2016, 14305)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 14305

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