Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.05.2014, Az. IV ZR 288/12

4. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 5561

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BUNDESGERICHTSHOF (BGH) VERSICHERUNGSRECHT VERSICHERUNGEN KATASTROPHEN

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Gegenstand

Allgemeine Bedingungen für die Luftfahrt-Haftpflichtversicherung: Rechtliche Einordnung eines Leistungausschlusses bei Schadensfall eines Piloten ohne Befähigungsnachweis


Leitsatz

Eine Regelung in den Bedingungen einer Luftfahrt-Haftpflichtversicherung, nach der kein Versicherungsschutz besteht, wenn der Führer des Luftfahrzeugs bei Eintritt des Ereignisses nicht die vorgeschriebenen Erlaubnisse, erforderlichen Berechtigungen oder Befähigungsnachweise hatte, ist nicht als objektiver Risikoausschluss, sondern als verhüllte Obliegenheit zu qualifizieren.

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des [X.] - 9. Zivilsenat - vom 21. August 2012 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Kläger begehren die Feststellung, dass die Beklagte ihnen - hilfsweise im Rahmen der §§ 158b ff. [X.], insbesondere im Rahmen der Verpflichtung des § 158c [X.] - Haftpflichtversicherungsschutz für einen Unfall bei einer Flugschau in E.        am 26. April 2008 zu gewähren habe.

2

Die Klägerin zu 1 war Versicherungsnehmerin und Halterin des bei der [X.] haftpflichtversicherten Flugzeugs, mit dem der als Luftfahrzeugführer mitversicherte Kläger zu 2 - ihr Gesellschafter und Geschäftsführer - den genannten Unfall verursachte.

3

In den der Versicherung zugrunde liegenden Haftpflichtversicherungsbedingungen - im Folgenden kurz: [X.] - heißt es unter anderem:

"§ 4 Ausschlüsse

1. Kein Versicherungsschutz besteht,

1.2. wenn bei Eintritt des [X.] das Luftfahrtunternehmen, soweit gesetzlich vorgeschrieben, nicht genehmigt war;

1.3. wenn der/die Führer des Luftfahrzeugs bei Eintritt des Ereignisses nicht die vorgeschriebenen Erlaubnisse, erforderlichen Berechtigungen oder Befähigungsnachweise hatten;

2. Ausgeschlossen sind Versicherungsansprüche aller Personen wegen Schäden, die sie vorsätzlich herbeigeführt haben."

4

Bei dem Flugzeug handelt es sich um ein sogenanntes Agrarflugzeug mit einem circa 680 l fassenden Chemikalienbehälter, aus dem feste oder flüssige Stoffe gestreut oder gesprüht werden können.

5

Mit diesem Flugzeug wollte der Kläger zu 2, der kurzfristig für einen zunächst vorgesehenen anderen Piloten (dessen Flugunterlagen dem Veranstalter vorgelegt worden waren) eingesprungen war, bei der Flugschau Wasser aus niedriger Höhe abwerfen (sogenannte Feuerlöschübung). Beim Start brach das Flugzeug nach rechts aus und kam von der Start- und Landebahn ab. Der Kläger zu 2 brach den Start jedoch nicht ab, sondern gab weiter Vollgas in der Hoffnung, genügend Höhe zu gewinnen. Dies misslang, weshalb er in Verkaufsstände und Zuschauer raste. Es gab zwei Tote und mehrere, teils schwer, Verletzte.

6

Den für dieses Ereignis von den Klägern nachgesuchten und mit der Klage geltend gemachten Haftpflichtversicherungsschutz verweigert die Beklagte aus mehreren Gründen:

7

In erster Linie macht sie geltend, dass der Kläger zu 2 nicht über die gemäß § 4 1.1.3. [X.] vorgeschriebenen Erlaubnisse, Berechtigungen und Befähigungsnachweise verfügt habe. So habe er über keine Streu- und Sprühberechtigung gemäß § 86 LuftPersV verfügt, sei in dem die Flugschau betreffenden Genehmigungsbescheid nicht als Pilot aufgeführt und sei seine Klassenberechtigung für einmotorige Landflugzeuge zum 2. August 2006 abgelaufen gewesen.

8

Des Weiteren habe der Kläger zu 2 die Schäden bedingt vorsätzlich herbeigeführt. Um das Flugzeug und den eigenen Ruf nicht zu beschädigen, habe er bewusst den Start nicht abgebrochen, das Verbot, Menschen zu überfliegen, missachtet und Schäden für Zuschauer und Aussteller in Kauf genommen.

9

Im Zusammenhang mit der Klassenberechtigung des [X.] zu 2 ist es unstreitig, dass seine "Lizenz für Privatpiloten (Flugzeug)" unter IX die Eintragung "gültig bis 02.08.2009" und unter "XII Berechtigungen" die Eintragung "[X.] (land) P│C bis/until 02.08.2006" enthält, sowie dass der Kläger zu 2 gemäß einer vom Fluglehrer erteilten Bescheinigung am 28. Juli 2006 einen "Übungsflug mit einem Fluglehrer § 4 oder § 41 LuftPersV" durchgeführt hat und dieser Flug in seinem Flugbuch mit dem vom Fluglehrer unterschriebenen Vermerk "zur [X.] gemäß § 4 (2 LuftPersV)" eingetragen ist.

Die Kläger haben geltend gemacht, dass die Klausel des § 4 1.1.3. [X.] nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam sei; sie sei unklar und inhaltlich unangemessen, weil sie die Interessen der Geschädigten unterlaufe, was mit wesentlichen Grundgedanken der Gefährdungshaftung nach §§ 33, 43 [X.] nicht zu vereinbaren sei, und die Versagung der Haftung im Luftfahrtschadenfall regelmäßig eine Existenzvernichtung bedeute. Das gelte insbesondere in einem Fall wie hier, in dem allenfalls ein unbedeutender Formfehler vorliege, den der Kläger zu 2 nicht einmal erkannt habe.

Insoweit vertreten die Kläger die Auffassung, dass die Klassenberechtigung des [X.] zu 2 mit der Eintragung des Fluglehrers im Flugbuch wirksam durch hoheitliches Handeln verlängert worden sei. Da es in [X.]      und S.     von 2004 bis 2008 so praktiziert worden sei, dass lediglich ein Protokoll über den Übungsflug gefertigt und im persönlichen Flugbuch eingetragen worden sei, treffe den Kläger zu 2 zumindest kein Verschulden. Die fragliche Klausel stelle keinen objektiven Risikoausschluss, sondern eine verhüllte Obliegenheit dar, weil es um Verhaltenspflichten des Piloten gehe, der einen Übungsflug mit einem Fluglehrer durchzuführen sowie [X.] zu verlängern und aktuell zu halten habe.

Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrer Revision.

Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg.

I. Das [X.]erufungsgericht hält die [X.]eklagte jedenfalls deshalb für leistungsfrei, weil der Kläger zu 2 zum Unfallzeitpunkt nicht über die erforderliche [X.] verfügt habe. Die [X.] zähle zu den in § 4 1.1.3. [X.] genannten Erlaubnissen, [X.]erechtigungen und [X.]efähigungsnachweisen. Diese Klausel enthalte eine Risikobegrenzung und nicht eine Obliegenheit; sie sei wirksam. Die [X.]erufung der [X.]eklagten auf den Leistungsausschluss sei nicht treuwidrig.

Der erstmals in der [X.]erufungsinstanz gestellte Hilfsantrag dürfte mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig sein, sei aber zumindest unbegründet, weil auch die Haftung gemäß § 158c Abs. 1 und 2 [X.] a.F. auf die im Versicherungsvertrag übernommene Gefahr beschränkt sei.

II. Die Abweisung des [X.] hält rechtlicher Nachprüfung mit der gegebenen [X.]egründung nicht stand. Insoweit bedarf es weiterer Feststellungen, weshalb die Sache an das [X.]erufungsgericht zurückzuverweisen ist.

1. Die Regelung in § 4 1.1.3. [X.] beinhaltet entgegen der Auffassung des [X.]erufungsgerichts keinen Risikoausschluss, sondern eine verhüllte Obliegenheit des Versicherungsnehmers.

a) Als verhüllte Obliegenheiten werden [X.] bezeichnet, die wie ein Risikoausschluss formuliert sind, in Wahrheit den Versicherungsschutz aber von einem bestimmten Verhalten des Versicherungsnehmers abhängig machen. Die Abgrenzung einer verhüllten Obliegenheit von einer Risikobegrenzung richtet sich entscheidend nicht nach dem Wortlaut und der Stellung der Klausel innerhalb eines [X.]edingungswerkes. Ausschlaggebend ist vielmehr ihr materieller Gehalt; es kommt darauf an, ob sie die individualisierende [X.]eschreibung eines bestimmten [X.] enthält, für das der Versicherer keinen Versicherungsschutz gewähren will, oder ob sie in erster Linie ein bestimmtes Verhalten des Versicherungsnehmers fordert, von dem es abhängt, ob er einen zugesagten Versicherungsschutz behält oder verliert (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteile vom 18. Mai 2011 - [X.], [X.], 1048 Rn. 29; vom 18. Juni 2008 - [X.], [X.], 1107 Rn. 9 und vom 16. November 2005 - [X.], [X.], 215 Rn. 21 m.w.N.).

b) Nach diesen Maßstäben liegt hier eine verhüllte Obliegenheit vor.

aa) Allerdings scheint der Wortlaut der Klausel zunächst auf einen Risikoausschluss hinzudeuten. Die Formulierung "Kein Versicherungsschutz besteht, wenn …" ist insbesondere im Zusammenhang mit der Überschrift "Ausschlüsse" typisch für die Einleitung rein objektiv zu bestimmender Ausschlusstatbestände.

Ferner sind ähnliche Klauseln in der Luftfahrtversicherung von der Rechtsprechung bisher als Risikobeschränkungen eingestuft worden. So hat der Senat eine Regelung wie die des § 4 1.1.2. [X.], nach der der Luftfahrtbetrieb, soweit gesetzlich vorgeschrieben, behördlich genehmigt sein muss, als sekundäre Risikobegrenzung angesehen (Urteil vom 31. Januar 1990 - [X.], [X.], 482 unter 2 a); in der obergerichtlichen Rechtsprechung ist dies auch für das Vorliegen der notwendigen Erlaubnisse und [X.]erechtigungen des Luftfahrzeugführers im Zeitpunkt des [X.] angenommen worden (OLG Stuttgart [X.], 1559; [X.], 1637; [X.] VersR 1998, 839).

bb) Letzteres wird jedoch weder dem materiellen Gehalt der Klausel, wie er sich bei näherer [X.]etrachtung auch aus ihrem Wortlaut ergibt, noch ihrem Sinn und Zweck gerecht, so wie sich dieser dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter [X.]erücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs erschließt (vgl. zu diesem Maßstab für die Auslegung Allgemeiner Versicherungsbedingungen Senatsurteil vom 23. Juni 1993 - [X.], [X.], 83, 85; st. Rspr.).

Indem § 4 1.1.3. [X.] anordnet, dass der Versicherer nicht haftet, wenn der Luftfahrzeugführer nicht über die für den konkreten Flug vorgeschriebenen Erlaubnisse, erforderlichen [X.]erechtigungen oder [X.]efähigungsnachweise verfügte, macht er den Versicherungsschutz davon abhängig, dass die versicherten Luftfahrzeuge nur von für den jeweiligen Flugzeugtyp entsprechend ausgebildeten und lizenzierten Piloten geführt werden, die auch die für den konkreten Flug gegebenenfalls erforderlichen Zusatzberechtigungen besitzen. Der Haftungsausschluss soll in den Fällen eingreifen, in denen diese Voraussetzung nicht erfüllt ist. Dies liegt im Verantwortungsbereich des Versicherungsnehmers der Luftfahrthaftpflichtversicherung, bei dem es sich regelmäßig um den Halter des Luftfahrzeugs als Adressaten der in der Verordnung ([X.]) Nr. 785/2004 des [X.] und des Rates vom 21. April 2004 über [X.] an Luftfahrtunternehmen und Luftfahrzeugbetreiber (im Folgenden kurz: [X.]-VO 785/2004) und ergänzend in § 43 [X.] geregelten Versicherungspflicht handelt. Er hat es in der Hand, seine Flugzeuge zur Durchführung eines Fluges nur solchen Personen zu überlassen, die die genannten [X.]edingungen erfüllen, und kann damit die Gefahren, die von der Führung eines Luftfahrzeugs durch Personen ausgehen, die die erforderlichen Qualifikationen nicht besitzen, vermeiden. Damit wird vom Versicherungsnehmer ein vorbeugendes, gefahrminderndes Verhalten verlangt, von dem es abhängt, ob er die zugesagte Deckung behält oder verliert.

Zugleich besteht der erkennbare Sinn und Zweck der Regelung darin, dass der Versicherer nicht für Schäden haften soll, die der Versicherungsnehmer durch die [X.]eachtung der dargestellten Verhaltensanforderung hätte vermeiden können. Dieser muss aber mit einem Verlust des Versicherungsschutzes nur dann rechnen, wenn er dafür verantwortlich ist, dass das Luftfahrzeug von einem Luftfahrzeugführer ohne die erforderlichen Erlaubnisse und [X.]erechtigungen geführt wurde (vgl. zu alldem auch Senatsurteil vom 18. Mai 2011 - [X.], [X.], 1048 Rn. 30 f. betreffend die Regelung in § 132 Abs. 1 [X.] a.F. über die ungenügende [X.]emannung eines Schiffes).

Nur mit einem solchen Verständnis der Klausel genügt die Versicherung auch den Anforderungen des Art. 4 Abs. 1 Satz 2 [X.]-VO 785/2004, wonach die versicherten Risiken unter anderem Entführungen und die unrechtmäßige Inbesitznahme von Luftfahrzeugen einschließen müssen. Diese [X.]estimmung zeigt ebenfalls, dass der Versicherungsschutz nicht erlöschen darf, wenn sich ein nicht qualifizierter Luftfahrzeugführer ohne Zutun des Versicherungsnehmers des versicherten Flugzeugs bemächtigt und dieses führt. Der Versicherungsnehmer wird die Klausel im Zweifel so verstehen, dass sie die Vorgaben der gesetzlichen Pflichtversicherung erfüllt. Er wird beispielsweise nicht erwarten, dass er keinen Versicherungsschutz haben soll, wenn er sein Flugzeug von einem Piloten fliegen lässt, der ihm eine - trotz sorgfältiger Prüfung nicht erkennbar - gefälschte Lizenz vorgelegt hat.

Die berechtigten Interessen des Versicherers gebieten es vor diesem Hintergrund nicht, das durch ungenügende Erlaubnisse und [X.]erechtigungen der Luftfahrzeugführer gesteigerte Risiko unabhängig von einem Verschulden des Versicherungsnehmers aus dem Deckungsschutz herauszunehmen.

2. Nach den vom [X.]erufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen liegt allerdings eine objektive Obliegenheitsverletzung durch den Kläger zu 2 vor, die sich die Klägerin zu 1 zurechnen lassen muss.

a) [X.]edenken gegen die Wirksamkeit von § 4 1.1.3. [X.] bestehen nicht.

aa) [X.]ei einem Verständnis als verhüllte Obliegenheit ist die Klausel mit den Anforderungen an die Versicherungspflicht nach Maßgabe der Regelungen in der [X.]-VO 785/2004 und in den § 43 Abs. 2 Satz 1, § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 [X.] und § 102 Abs. 1 [X.] vereinbar und läuft dem Zweck der in diesen [X.]estimmungen geregelten Pflichtversicherung nicht zuwider. Die durch einen Unfall Geschädigten, deren Schutz die Pflichtversicherung dient, werden jedenfalls bis zur Höhe der gesetzlichen [X.] durch diese Regelung nicht beeinträchtigt.

bb) [X.]ezüglich ihres Inhalts ist die Klausel - wie auch die Revision nicht mehr in Zweifel zieht - hinreichend klar und bestimmt. Schon nach dem allgemeinen Sprachverständnis wird deutlich, dass es in dieser [X.]edingung jedenfalls bei den Erlaubnissen und [X.]erechtigungen um die Zulassungen, Konzessionen, Lizenzen usw. geht, die ein Luftfahrzeugführer haben muss, damit es ihm öffentlich-rechtlich gestattet ist, das jeweilige Flugzeug zu fliegen (im Ergebnis ebenso [X.], 1637, 1639 unter 3 d). Im Übrigen kann insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen unter II. (A) des angefochtenen [X.]erufungsurteils verwiesen werden. Von dem [X.]egriff der vorgeschriebenen Erlaubnisse, erforderlichen [X.]erechtigungen oder [X.]efähigungsnachweise wird danach die hier umstrittene [X.] erfasst.

b) Ein objektiver Verstoß gegen die in § 4 1.1.3. [X.] enthaltene Obliegenheit liegt darin, dass der Kläger zu 2 das versicherte Flugzeug am Unfalltag geführt hat, obwohl er nicht im [X.]esitz der erforderlichen [X.] war. Das hat das [X.]erufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt.

Der Kläger zu 2, der im [X.]esitz einer Privatpilotenlizenz (Flugzeuge) nach [X.] deutsch i.S. von § 5 LuftPersV war, benötigte zum Führen des versicherten Flugzeugs auch eine gültige [X.] für einmotorige kolbengetriebene [X.] bis zu einer Höchstabflugmasse von 2.000 kg nach § 3b LuftPersV. Die im Luftfahrerschein eingetragene [X.]erechtigung "[X.] ([X.])" war aber bis zum 2. August 2006 befristet. Diese [X.] ist nicht bereits durch die Eintragung des Übungsfluges vom 28. Juli 2006 im Flugbuch verlängert worden, wie das [X.]erufungsgericht zu Recht angenommen hat.

Umfang und Gültigkeit der Lizenz nach § 5 LuftPersV richteten sich im Unfallzeitpunkt gemäß dessen Abs. 4 nach der vom [X.], [X.]au und Stadtentwicklung im [X.] bekannt gemachten Fassung der [X.]estimmungen über die Lizenzierung von Piloten von Flugzeugen ([X.] deutsch) vom 15. April 2003 ([X.]Anz. Nr. 80a vom 29. April 2003).

Die Verlängerung der [X.] in einer Lizenz nach § 5 LuftPersV setzte daher gemäß [X.].245 (c) (1) entweder eine [X.]efähigungsüberprüfung innerhalb der letzten drei Monate vor Ablauf der Gültigkeitsdauer der [X.]erechtigung ([X.]uchstabe i) oder den Nachweis einer dort näher bezeichneten Anzahl von Flugstunden, Starts und Landungen nebst einem Übungsflug (der auch durch eine andere näher bezeichnete Überprüfung ersetzt werden kann) innerhalb der letzten zwölf Monate vor Ablauf der Gültigkeitsdauer der [X.]erechtigung ([X.]uchstabe ii) (A), ([X.]) und ([X.]) voraus.

Danach genügt allein die Durchführung eines Übungsfluges gemäß [X.].245 (c) (1), [X.]uchstabe ii, [X.]uchstabe [X.] nicht für eine Verlängerung der [X.], sondern es muss in dieser Alternative auch der Nachweis über die notwendigen Flugstunden, Starts und Landungen gemäß [X.].245 (c) (1), [X.]uchstabe ii, [X.]uchstaben A und [X.] geführt sein. Schon deshalb lässt allein der Nachweis des Übungsfluges nicht auf eine Verlängerung der befristeten [X.]erechtigung schließen.

Für die Erteilung von Lizenzen nach § 20 [X.] wie auch für deren Verlängerung und Erneuerung sind nach § 22 Abs. 1 und 3 [X.] die dort genannten Stellen zuständig. Auch unter Punkt XII auf der Rückseite der Lizenz vorzunehmende Eintragungen über den Fortbestand von Fähigkeiten dürfen nach § 8 Abs. 1 der [X.] nur von diesen Stellen oder von ihnen anerkannten Personen vorgenommen werden. Eine Ausnahme hiervon ist nach § 8 Abs. 2 der [X.] nur insoweit vorgesehen, als Eintragungen über den Fortbestand von Fähigkeiten für die [X.] für einmotorige [X.] mit Kolbentriebwerk auch durch den Fluglehrer zugelassen sind, der den Übungsflug gemäß [X.].245 (c) (1), [X.]uchstabe ii, [X.]uchstabe [X.] mit dem Erwerber durchgeführt hat - dieses jedoch nur nach Prüfung des Vorliegens der in [X.].245 (c) (1), [X.]uchstabe ii, [X.]uchstaben A und [X.] festgelegten Voraussetzungen. Somit bescheinigt der eintragende Fluglehrer in diesem Fall mit der Eintragung auf der Rückseite der Pilotenlizenz nicht nur die Durchführung des Übungsfluges, sondern auch die von ihm durchgeführte Prüfung der weiteren Voraussetzungen; es handelt sich - worauf die Revisionserwiderung zu Recht hinweist - um ein zweistufiges Verfahren.

Im Streitfall hat der Fluglehrer nach dem klaren Wortlaut seines Eintrags im Flugbuch jedoch nur die Durchführung eines Übungsfluges gemäß § 4 Abs. 2 LuftPersV bestätigt (der unmittelbar die im Luftfahrerschein eingetragene [X.] für eine Lizenz nach § 1 LuftPersV betrifft und in den hier maßgeblichen Punkten inhaltlich mit der Regelung in [X.].245 (c) (1) übereinstimmt). Damit ist schon mangels Eintragung auf der Rückseite der Pilotenlizenz nicht dokumentiert, dass hiermit bereits die [X.] durch eine hierzu befugte Stelle oder Person verlängert werden sollte.

Dagegen spricht zusätzlich der Umstand, dass das von den Klägern vorgelegte Protokoll über den Übungsflug zugleich den Teil eines Antrags auf Verlängerung oder Erneuerung der [X.]erechtigung darstellt. Dort befinden sich unmittelbar unter dem eingerahmten Kasten über den "Übungsflug mit einem Fluglehrer § 4 oder 41 LuftPersV" mit den Flugdaten und der Unterschrift des Fluglehrers "Anmerkungen und Erläuterungen zum Antrag". Diese beginnen mit dem Hinweis, dass der Antrag rechtzeitig, nämlich vor Ablauf der Gültigkeitsdauer gestellt werden muss, wobei der Tag des Eingangs in der Erlaubnisbehörde maßgebend ist. Ferner wird darauf hingewiesen, dass dem Antrag ein aktuelles Tauglichkeitszeugnis beizufügen sei. Auch danach kann es keinem Zweifel unterliegen, dass die [X.]escheinigung des Übungsfluges durch den Fluglehrer im Flugbuch noch nicht die Verlängerung der [X.] beinhalten konnte.

Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Klägervortrag zur angeblich geübten Praxis im [X.]     in den Jahren 2004 bis 2008. Weil die Verlängerung der [X.] von weiteren Voraussetzungen als nur der Durchführung des Übungsfluges abhängig ist, ist hierfür ein gesonderter Akt erforderlich, der den Schluss darauf zulässt, dass auch diese weiteren Voraussetzungen geprüft worden sind. Das ist bei einer Eintragung im Flugbuch, die inhaltlich nicht mehr bescheinigt als die Durchführung des Übungsfluges, nicht der Fall. Zudem muss bei Verlängerung einer befristeten [X.]erechtigung auch dokumentiert werden, bis wann diese nunmehr Gültigkeit haben soll. An alledem fehlt es. Dass es sich bereits bei der erfolgten Eintragung des Übungsfluges in das Flugbuch zugleich um die hoheitliche Verlängerung der [X.] gehandelt hätte, ist demnach - unabhängig von der damaligen Praxis der t.          [X.]ehörden - nur eine nicht gerechtfertigte unzutreffende rechtliche Schlussfolgerung.

Nicht maßgeblich für eine Obliegenheitsverletzung ist dagegen, ob der Kläger zu 2 die materiellen Voraussetzungen für eine Verlängerung der [X.] erfüllt hatte. Der Inhalt der vertraglichen Obliegenheit besteht vielmehr darin, das Flugzeug nicht von einem Luftfahrzeugführer fliegen zu lassen, dem die erforderliche Erlaubnis nicht auch formell erteilt ist. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer kann schon aufgrund des Wortlauts der Klausel erkennen, dass die an ihn gerichtete Verhaltensanforderung an das Vorliegen der notwendigen Genehmigungen und Erlaubnisse aufgrund einer - durch entsprechende Eintragung bescheinigten - Prüfung durch die dafür zuständigen Stellen anknüpfen will. Zu deren Nachweis dient nach den geltenden [X.]estimmungen die Eintragung in der Pilotenlizenz. Zutreffend ist in diesem Zusammenhang insbesondere der Hinweis des [X.]erufungsgerichts, dass die Gültigkeit der Lizenz gemäß [X.].025 (b) durch die eingetragenen [X.]erechtigungen bestimmt wird.

3. Aus der damit feststehenden objektiven Verletzung der Obliegenheit folgt eine Leistungsfreiheit der [X.]eklagten indes nur unter weiteren, in § 6 [X.] a.F. geregelten Voraussetzungen. Dessen Anwendbarkeit auf den im Jahre 2008 eingetretenen Versicherungsfall folgt aus Art. 1 Abs. 2 [X.][X.]. Zum Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das [X.]erufungsgericht von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent keine oder noch keine hinreichenden Feststellungen getroffen.

a) Das gilt zunächst für das gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] a.F. erforderliche Verschulden der Kläger.

Zwar ist im [X.]erufungsurteil unter II. (E.) der Gründe ein fehlendes Verschulden der Kläger verneint, ohne dass Rechtsfehler insoweit ersichtlich sind. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass das [X.]erufungsgericht diese Prüfung von einem anderen rechtlichen Ansatz aus vorgenommen hat, indem es hier nur gefragt hat, ob der [X.]eklagten eine [X.]erufung auf den nach Auffassung des [X.]erufungsgerichts eingreifenden Risikoausschluss ausnahmsweise nach [X.] und Glauben versagt ist. Auch wenn es nicht ausgeschlossen erscheint, dass die Frage des Verschuldens nicht anders zu beurteilen ist, wenn es um eine Obliegenheitsverletzung geht, so muss diese [X.]eurteilung doch dem Tatrichter vorbehalten bleiben; sie ist deshalb erneut vorzunehmen.

b) Des Weiteren erforderte die Leistungsfreiheit des Versicherers wegen Verletzung einer Obliegenheit nach § 6 Abs. 1 Satz 3 [X.] a.F. jedenfalls grundsätzlich die Kündigung des [X.] binnen eines Monats. Das [X.]erufungsgericht hat Feststellungen weder dazu getroffen, ob diese Kündigung erklärt wurde, noch dazu, ob sie gegebenenfalls wegen dauernden und vollständigen Wegfalls des versicherten Interesses - z.[X.]. wegen gänzlicher Zerstörung des versicherten Flugzeugs - ausnahmsweise entbehrlich war (vgl. dazu Senatsurteil vom 18. Dezember 1980 - [X.], [X.], 186 unter II 2. b; [X.] in [X.]/[X.], [X.] 27. Aufl. § 6 Rn. 110 m.w.N.).

c) Schließlich liegen auch zu einem etwaigen [X.] gemäß § 6 Abs. 2 [X.] a.F. noch keine Feststellungen vor.

4. Für den Fall, dass das [X.]erufungsgericht eine Leistungsfreiheit der [X.]eklagten im Zusammenhang mit der fehlenden [X.] des [X.] zu 2 aufgrund ergänzender Feststellungen verneinen sollte, wird es auch die weiteren bislang offen gebliebenen Fragen zu prüfen haben.

Dies betrifft insbesondere die Punkte, ob der Kläger zu 2 für den geplanten Flug auch einer Streu- und Sprühberechtigung gemäß § 86 LuftPersV bedurfte und insoweit eine Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung in Frage kommt, ob er den Schaden (bedingt) vorsätzlich herbeigeführt hat (§ 152 [X.] a.F.), ob der Flug von den im Versicherungsschein angegebenen Verwendungszwecken gedeckt war und welche rechtlichen Konsequenzen sich [X.] hieraus oder aus der unstreitigen Überschreitung des angegebenen maximalen Abfluggewichts ergeben.

III. Zum Hilfsantrag, über den mangels Entscheidungsreife des [X.] derzeit nicht zu entscheiden ist, weist der Senat darauf hin, dass schon dessen Zulässigkeit, die das [X.]erufungsgericht offen gelassen hat, zu verneinen wäre. Es gibt kein gegenwärtiges Rechtsverhältnis - eine bestimmte, rechtlich geregelte [X.]eziehung einer Person zu anderen Personen oder einer Person zu einer Sache ([X.]GH, Versäumnisurteil vom 16. September 2008 - [X.], [X.], 751 Rn. 10 m.w.N.) - zwischen den Klägern und der [X.]eklagten, an dessen Feststellung die Kläger ein Interesse i.S. des § 256 Abs. 1 ZPO haben. [X.]erechtigt zur Geltendmachung etwaiger [X.]efreiungsansprüche, die zugunsten der geschädigten [X.] nach §§ 158c, 158f [X.] a.F. als bestehend oder fortbestehend fingiert werden, sind allein diese [X.]. Allerdings haben sie kein eigenes Forderungsrecht gegen die [X.]eklagte (§ 158c Abs. 6 [X.] a.F.); sie müssten den - fingierten - Deckungsanspruch der Kläger pfänden und sich überweisen lassen, nachdem sie gegen diese ein Urteil im [X.] erwirkt haben (vgl. die Amtliche [X.]egründung zum Gesetz über die Einführung der Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter und zur Änderung des [X.] mit Kraftfahrzeugen sowie des Gesetzes über den Versicherungsvertrag vom 7. November 1939, mit dem die §§ 158a ff. in das [X.] eingefügt worden sind, [X.] Justiz 1939, 1771, 1774 li. [X.]; [X.] in [X.]/[X.], [X.] 27. Aufl. § 158c Rn. 3, 12; [X.]/[X.] ebenda § 156 Rn. 1). Die Kläger selbst haben dagegen keinen Leistungsanspruch; sie können weder auf Leistung an die [X.] noch auf Feststellung der Leistungspflicht den [X.] gegenüber klagen (vgl. [X.] in [X.]/[X.] aaO Rn. 4).

Mayen                      [X.]                                 Dr. Karczewski

             [X.] [X.]rockmöller

Meta

IV ZR 288/12

14.05.2014

Bundesgerichtshof 4. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 21. August 2012, Az: 9 U 167/11

§ 32 Abs 1 S 1 Nr 12 LuftVG, § 33 LuftVG, § 43 Abs 2 S 1 LuftVG, § 102 Abs 1 LuftVZO, EGV 785/2004, VVG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.05.2014, Az. IV ZR 288/12 (REWIS RS 2014, 5561)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5561

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