Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.05.2008, Az. VI ZR 250/07

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 4122

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[X.] ZR 250/07 vom 6. Mai 2008 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO § 402 Im [X.] hat das Gericht zur Aufklärung des medizinischen Sachverhalts in der Regel einen Sachverständigen einzuschalten. Ein gerichtli-ches Sachverständigengutachten muss der Tatrichter jedenfalls dann einholen, wenn ein im Wege des [X.] verwertetes Gutachten (hier: aus ei-nem vorangegangenen Verfahren einer ärztlichen Schlichtungsstelle) nicht alle Fragen beantwortet. [X.], Beschluss vom 6. Mai 2008 - [X.]/07 - [X.] (Oder) - - 2Der VI. Zivilsenat des [X.] hat am 6. Mai 2008 durch die Vize-präsidentin Dr. [X.], [X.] [X.], die Richterin [X.] und [X.] und Zoll beschlossen: Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird das Urteil des 12. Zivilsenats des [X.] vom 30. August 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gegenstandswert: [X.] • Gründe: 1. Die damals 47-jährige Klägerin stürzte am 20. Januar 2001 beim Schlittschuhlaufen und zog sich dabei eine Trümmerfraktur der linken Knie-scheibe zu. Sie begab sich am Folgetag in das [X.], dessen Träger sei-nerzeit die Beklagte zu 1 war. Bei der Aufnahmeuntersuchung wurde ein Knie-scheibenmehrfragmentbruch diagnostiziert. Die Klägerin wurde stationär [X.] und von dem [X.] zu 3, dem Chefarzt der Chirurgischen Abtei-lung, behandelt. Dieser ordnete eine konventionelle Behandlung durch [X.] an. Wegen zunehmender Beschwerden der Klägerin erfolgte am 1. Februar 2001 eine erneute Röntgenuntersuchung, bei der nunmehr eine deutliche Stufenbildung der Bruchstellen der Kniescheibe festgestellt wurde. 1 - - 3Daraufhin wurde eine operative Behandlung der Fraktur angeordnet. Die [X.] fand am 5. Februar 2001 statt und wurde von dem [X.] zu 2 [X.]. Die Klägerin verblieb bis zum 20. Februar 2001 in stationärer [X.]. Ihr Knie war in der Folgezeit nur eingeschränkt bewegungsfähig. Am 28. Mai 2001 wurden die bei der [X.] eingebrachten Drähte entfernt. [X.] unterzog sich die Klägerin einer Rehabilitationsmaßnahme. Die Klägerin hat unter Beweisantritt behauptet, die Entscheidung für eine konservative Behandlung sei fehlerhaft gewesen. Der Beklagte zu 3 habe die Stufenbildung der Frakturstücke übersehen. Die konventionelle Behandlung habe eine Ruhigstellung zunächst nicht gewährleisten können, weil eine geeig-nete Schiene nicht sofort zur Verfügung gestanden habe. Die nach mehreren Tagen eingetroffene [X.] habe nicht gepasst und keinen ausreichen-den Halt verschafft. Die [X.] sei verspätet und fehlerhaft durchgeführt worden. Infolge der unsachgemäßen Behandlung seien Verwachsungen einge-treten und weitere [X.]en erforderlich geworden. Die Klägerin leide heute an einer Chondropathie III. Grades in Form einer ausgeprägten Arthrose des linken Kniegelenks. 2 Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer Berufung hat sich die Klägerin mit näheren Ausführungen gegen die Auffassung des [X.]s gewandt, dass die Klageforderung verjährt sei. In der Sache selbst hat sie auf ihr erstinstanzliches Vorbringen einschließlich der dortigen Beweisantritte [X.] genommen. Das [X.] hat die Berufung mit der Begründung zurückgewiesen, die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass die von ihr ge-klagten Beschwerden auf einer fehlerhaften Behandlung beruhten. Vielmehr stehe aufgrund des im vorausgegangenen Schlichtungsverfahren erstatteten und im Wege des [X.] verwerteten Gutachtens des [X.] Prof. Dr. W. fest, dass ein Behandlungsfehler nicht vorliege und die [X.] - - [X.] der Klägerin sach- und fachgerecht erfolgt sei. Gegen dieses Gutach-ten habe die Klägerin keine konkreten Einwendungen erhoben. Für eine man-gelnde Neutralität des Gutachters bestünden keine Anhaltspunkte. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass der Sachverständige die Klägerin nicht untersucht habe, denn der Gutachter habe nicht den jetzigen Krankheitszustand der Kläge-rin, sondern aufgrund der vorhandenen Unterlagen den Ablauf und die Ord-nungsmäßigkeit der Behandlung zu beurteilen gehabt, wofür eine Untersuchung nicht erforderlich sei. Die von der Klägerin vorgelegte Stellungnahme des [X.] sei nicht geeignet, die Beurteilung des [X.] in Zweifel zu ziehen. Zwar habe dieser sich nicht mit dem Vorbringen auseinan-dergesetzt, auch die konservative Behandlung sei fehlerhaft gewesen, weil die erforderliche [X.] zu spät beschafft worden sei, doch habe der Sach-verständige unter Auswertung der vorliegenden Behandlungsunterlagen keine Anhaltspunkte dafür vorgefunden, dass die eingetretene Stufenbildung auf eine nicht ausreichende Stabilisierung des Kniegelenks zurückzuführen sei. Auch die Klägerin gehe offensichtlich selbst nicht davon aus, dass die Stufenbildung durch das Nichtanlegen der [X.] verursacht worden sei, da sie ja der Auffassung sei, dass von Anfang an eine [X.] indiziert gewesen wäre. Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen [X.] sich die Klägerin mit der Nichtzulassungsbeschwerde. 4 2. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Die angefochtene Entscheidung verletzt den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG. Mit Erfolg macht die Nichtzulassungsbeschwerde geltend, dass das [X.] die Beurteilung, ob die in der Klinik der [X.] zu 1 getroffene Entscheidung für eine zunächst konservative Behandlung und deren [X.]- - 5rung fehlerhaft waren, ausschließlich auf das im Wege des [X.] verwertete Gutachten aus dem vorausgegangenen Schlichtungsverfahren ge-stützt hat. 6 a) Im [X.] hat das Gericht zur Aufklärung des medizini-schen Sachverhalts in der Regel einen Sachverständigen einzuschalten (vgl. [X.], [X.]; [X.]; [X.]; [X.], [X.]). Dabei kann gemäß § 411a ZPO eine schriftliche Begut-achtung durch die Verwertung eines gerichtlich oder staatsanwaltschaftlich ein-geholten Sachverständigengutachtens aus einem anderen Verfahren ersetzt werden. Das schließt allerdings nicht aus, dass ein außerhalb des [X.], etwa in einem anderen Verfahren erstattetes Gutachten grundsätzlich auch im [X.] im Wege des [X.] verwertet werden kann (vgl. Senatsurteile vom 5. Februar 1963 - [X.] - VersR 1963, 463, 464 [ärztliches Gutachten aus einem Armenrechtsverfahren]; vom 8. November 1994 - [X.] - [X.], 481, 482 [Mehrere Gutachten aus einem Strafverfahren]; vom 22. April 1997 - [X.] - [X.], 1158, 1159 [Gutachten aus einem sozialgerichtlichen Verfahren] und vom 23. April 2002 - [X.]/01 - [X.], 911 [[X.] Gutachten aus einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren]). Nach der Rechtsprechung des Senats gilt dies im Grundsatz auch für medizinische Gutachten aus vorausge-gangenen Verfahren ärztlicher Schlichtungsstellen (vgl. Senatsurteile vom 19. Mai 1987 - [X.] - [X.], 1091, 1092 und vom 2. März 1993 - [X.] - [X.], 749, 750; vgl. auch [X.], [X.], 311 und [X.], 333). Der Tatrichter muss aber ein gerichtliches [X.]gutachten jedenfalls dann einholen, wenn ein im Wege des [X.] verwertetes Gutachten nicht alle Fragen beantwortet (Senatsurteil vom 2. März 1993 - [X.] - aaO; vgl. auch [X.], [X.], 398 = [X.]/309). Ein solcher Fall ist hier gegeben. - - 6b) Das Berufungsgericht hat es [X.] versäumt, dem von der Klägerin durch Vorlage der ärztlichen Stellungnahme des Orthopäden [X.] untermauerten Vortrag nachzugehen, wonach eine sofortige [X.] indi-ziert gewesen sei. Den darin liegenden Widerspruch zu der Beurteilung des [X.] hätte das Berufungsgericht durch Einholung eines [X.] Sachverständigengutachtens aufklären müssen. Wie die Nichtzulas-sungsbeschwerde zudem mit Recht geltend macht, befasst sich das [X.] auch nicht mit dem Hilfsvorbringen der Klägerin, zu der negati-ven Entwicklung des Heilungsprozesses habe das anfängliche Fehlen der für eine konservative Behandlung erforderlichen und im Streitfall auch ärztlich ver-ordneten Medicom-Schiene beigetragen. In diesem Zusammenhang hätte das Berufungsgericht gegebenenfalls auch der von den [X.] angesprochenen Frage nachgehen müssen, ob und auf welche Weise die auch von ihnen für die [X.] erachtete Ruhigstellung des Kniegelenks trotz fehlender Schiene gewährleistet war. 7 - - 73. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Berufungsgericht bei der gebotenen Klärung zu einer anderen Beurteilung des Falles gekommen wä-re, war das Urteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurück-zuverweisen. 8 [X.] [X.] [X.]

Pauge Zoll Vorinstanzen: [X.] (Oder), Entscheidung vom 12.12.2006 - 12 O 158/06 - [X.], Entscheidung vom 30.08.2007 - 12 U 33/07 -

Meta

VI ZR 250/07

06.05.2008

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.05.2008, Az. VI ZR 250/07 (REWIS RS 2008, 4122)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 4122

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12 U 33/07

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