Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.01.2017, Az. 1 StR 636/16

1. Strafsenat | REWIS RS 2017, 16636

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:260117B1STR636.16.1

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 [X.]/16

vom
26. Januar
2017
in der Strafsache
gegen

wegen
Beihilfe zum versuchten Betrug

-
2
-
Der 1. Strafsenat des [X.] hat
nach Anhörung des Beschwerde-führers
und des [X.] -
zu 3.
auf dessen Antrag -
am 26. Ja-nuar
2017
gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten S.

wird das Urteil des [X.] vom 7. Juli 2016, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben. Die Feststellungen zu den
jeweiligen Unfallgeschehen
bleiben aber aufrechterhalten.
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurück-verwiesen.
3.
Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum versuchten Betrug in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 70 Euro verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Sein Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtli-chen Erfolg (§
349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von
§
349 Abs. 2 StPO.

1
-
3
-
I.
Das [X.] hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und [X.] getroffen:
Der nicht revidierende Mitangeklagte H.

T.

wurde vom [X.] wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in drei Fällen sowie wegen Betrugs in zwölf Fällen, davon in sieben Fällen versucht, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt, seine mitangeklagte Ehe-frau N.

T.

wegen Beihilfe zum Betrug in zwei Fällen und Beihilfe zum versuchten Betrug in drei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 150 Tagessät-zen zu je 10 Euro. Dem Mitangeklagten H.

T.

wurde vor allem angelas-tet, durch fingierte Unfälle einen Betrug bzw. versuchten Betrug gegenüber den gegnerischen Versicherungen begangen zu haben. Dazu nutzte dieser entwe-der geringfügige Fahrfehler
anderer Verkehrsteilnehmer bewusst zur Herbeifüh-rung eines Verkehrsunfalls aus oder machte bei Straßen-
bzw. Parkunfällen
nicht auf das Unfallereignis zurückzuführende Schäden geltend, um den jewei-ligen Sachbearbeiter der in Anspruch genommenen gegnerischen Versicherung entsprechend zu täuschen.
Der
Angeklagte
hat als Rechtsanwalt im Namen der Mitangeklagten H.

bzw. N.

T.

in zwei Fällen mit anwaltlichen Schreiben jeweils ge-genüber den Versicherungsunternehmen der Geschädigten Ansprüche aus solchen fingierten Verkehrsunfällen geltend gemacht. Zu einer Auszahlung von Versicherungsleistungen kam es in beiden Fällen nicht. Das [X.] ist davon überzeugt, dass dem Angeklagten, nachdem er in zwei vorausgegange-nen Fällen jeweils Schreiben der Versicherungen erhalten hatte, in denen diese die Auszahlung der erhobenen Forderungen wegen fehlender Plausibilität und Kompatibilität der Schäden verweigerten, die Betrugsabsichten des Mitange-2
3
4
-
4
-
klagten
bewusst waren ([X.]). Um im hart umkämpften Anwaltsmarkt kei-nen Mandanten zu verlieren, sei der Angeklagte jedoch weiterhin bereit gewe-sen, für die Mitangeklagten tätig zu sein.

II.
Die Verurteilung
des Angeklagten wegen Beihilfe zum Betrug in zwei Fäl-len hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Das Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen einer strafbaren Bei-hilfe
ist nicht belegt.
a) Nach der Rechtsprechung des [X.] sind für die Beihil-

Handlungen die folgenden Grundsätze
zu beachten: Zielt das Handeln des [X.] ausschließlich [X.] ab, eine strafbare Handlung zu begehen, und weiß dies der [X.]de, so ist sein Tatbeitrag als Beihilfehandlung zu werten. In diesem Fall verliert sein

mit dem Täter zu deuten und dann auch nicht mehr als sozialadäquat anzusehen. Weiß der [X.] dagegen nicht, wie der von ihm geleistete Beitrag vom Haupttäter verwendet wird, hält er es lediglich für möglich, dass
sein Tun zur Begehung einer Straftat genutzt wird, so ist sein Handeln regelmäßig noch nicht als straf-bare Beihilfehandlung zu beurteilen, es sei denn, das von ihm erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm Unterstützten war derart hoch, dass er sich mit seiner Hilfeleistung die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters [X.] sein ließ ([X.], Beschluss vom 20. September 1999 -
5 [X.], [X.]R StGB § 27 Abs. 1 [X.] 20;
Urteile
vom 22. Januar 2014 -
5 StR 5
6
7
-
5
-
468/12, [X.], 176 und
vom 1. August 2000 -
5 [X.], [X.]St 46, 107, 112 ff.).
b) Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht tragfähig belegt.
Zwar stellt das [X.] fest, dass der Angeklagte S.

bei seiner anwaltlichen Tätigkeit gewusst habe, dass die von ihm
geltend gemachten [X.] nicht bestehen. Es gründet diese Überzeugung darauf, dass er [X.] von mehr als drei Jahren vor dem Tatgeschehen schon mehrmals [X.] aus Unfallgeschehen -
einmal für H.

T.

und dreimal für N.

T.

-
geltend gemacht habe. Diese Häufigkeit der Unfallbeteiligungen [X.]
Fälle im Zeitraum Januar bis Februar 2014 zwei Schreiben von Versicherungen erhalten, die die Auszahlung
der erhobenen Forderungen wegen fehlender Plausibilität und Kompatibilität der
Schäden verweigerten. Er habe außerdem im August 2014 die Verteidigung des H.

T.

in einem Ermittlungsverfah-ren übernommen. Das Verfahren sei wegen des Vorwurfs des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und gewerbsmäßigen Betrugs geführt worden.
Der hieraus gezogene Schluss auf das festgestellte Wissen um die Nichtberechtigung der geltend gemachten Ansprüche und mithin der nach den oben aufgezeigten Maßgaben ausreichenden subjektiven Voraussetzungen beruht nicht auf einer [X.] Beweiswürdigung, da die Erwägungen hierzu lückenhaft bleiben.
Das Tätigwerden im gegen den H.

T.

gerichteten Ermittlungsver-fahren ist schon deswegen kein geeigneter Ansatzpunkt, da nicht festgestellt ist, welche Kenntnisse der Angeklagte über die Vorwürfe tatsächlich erlangt hat. Zudem betraf das Ermittlungsverfahren H.

T.

;
der Angeklagte [X.] jedoch zur Durchsetzung der Ansprüche der Mitangeklagten N.

T.

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9
10
11
-
6
-
tätig. Das mehrfache Auftreten von Ersatzansprüchen der Eheleute T.

in-nerhalb von mehr als drei Jahren hätte zwar Anlass sein können, an der Be-rechtigung der geltend gemachten Ansprüche zu zweifeln, das Wissen um die Nichtberechtigung der Ansprüche folgt daraus -
auch mangels näherer Ausei-nandersetzung des [X.] mit den Abläufen in der Kanzlei des Angeklag-ten und seiner Vorstellung über die Beschäftigung der Eheleute T.

-
indes
nicht.
Der Beweiswert der ablehnenden Schreiben der Versicherung lässt sich angesichts der kargen Feststellungen hierzu nicht beurteilen. So wird schon nicht mitgeteilt, ob diese Schreiben überhaupt Ansprüche betrafen, die von N.

T.

geltend gemacht worden sind.
2. Der dargelegte Rechtsfehler nötigt zur Aufhebung des Schuld-
und Rechtsfolgenausspruchs in Bezug auf den Angeklagten insgesamt. Die Fest-stellungen zu
den jeweiligen Unfällen
bleiben aber aufrechterhalten, da sie vom aufgezeigten Rechtsfehler nicht betroffen sind (§
353 Abs. 2
StPO). Das neue 12
-
7
-
Tatgericht wird
jedoch die dem Angeklagten vorgeworfenen
Beihilfehandlungen umfassend in objektiver und subjektiver Hinsicht zu überprüfen und hierzu ins-gesamt neue Feststellungen zu treffen
haben.
Raum

Graf Cirener

Radtke Bär

Meta

1 StR 636/16

26.01.2017

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.01.2017, Az. 1 StR 636/16 (REWIS RS 2017, 16636)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 16636

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