Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.01.2008, Az. I ZR 67/05

I. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 6240

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]I[X.] NA[X.]EN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 10. Januar 2008 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja Baugruppe [X.] § 1 Abs. 2, § 10c Abs. 2 Nr. 1; [X.] §§ 4, 38, 42, 46; UWG § 4 Nr. 9 Buchst. a und b
a) Nach § 1 Abs. 2 [X.] sind von der Beurteilung der [X.] solche [X.]erkmale nicht grundsätzlich ausgeschlossen, die nach dem bestimmungsgemäßen Einbau eines dem [X.]uster entspre-chenden Bauelements in ein komplexes Erzeugnis nicht sichtbar sind. b) Die Beurteilung, ob die übernommene Gestaltung eine gemeinfreie techni-sche Lösung darstellt, deren Übernahme i.S. von § 4 Nr. 9 lit. a und [X.] wettbewerbsrechtlich unbedenklich ist, ist bei einem Bauelement, das nach dem Kauf in ein komplexes Erzeugnis eingefügt wird, nicht auf die nach dem Einbau sichtbaren Teile beschränkt.
[X.], [X.]. v. 10. Januar 2008 - [X.] - [X.] - Der I. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 10. Januar 2008 durch [X.] [X.] und [X.], Dr. Bergmann und [X.] für Recht erkannt:
Auf die Revision der [X.] wird das [X.]eil des 6. Zivilse-nats des [X.] vom 10. [X.]ärz 2005 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die [X.], die [X.], produziert und vertreibt Geräte und Anla- gen auf dem Gebiet der [X.]ess-, Steuerungs- und Regelungstechnik sowie der Prozessautomatisierung. Sie ist Inhaberin des am 3. [X.]ärz 1993 angemeldeten und am 25. August 1993 für "Baugruppe für ein elektrisches Gerät" eingetrage-nen nachfolgend abgebildeten Geschmacksmusters Nr. [X.] 930 18 14.2 (die [X.] - 3 - bildungen zeigen die Vorderfront, die rechte und die linke Seite und die Rück-front der Baugruppe sowie die Baugruppe perspektivisch von links oben):

- 4 - - 5 - Die Klägerin ist eine Wettbewerberin der [X.] auf dem in Rede ste-henden Produktsektor. Sie bietet Geräte an, die mit von der [X.] vertrie-benen Produkten kompatibel sind. 2 Die Klägerin ist der Ansicht, dem eingetragenen [X.]uster fehle die [X.]. Es sei am Tag der Anmeldung weder neu noch eigentümlich gewe-sen. 3 Die Klägerin hat beantragt, 4 die [X.] zu verurteilen, in die Löschung des am 3. [X.]ärz 1993 beim [X.] angemeldeten und am 25. August 1993 in das [X.] beim [X.] eingetragenen Geschmacks-musters Nr. [X.] 930 18 14.2 - Baugruppe für ein elektrisches Gerät - ein-zuwilligen. - 6 - Die [X.] ist der Klage entgegengetreten und hat geltend gemacht, das [X.] stelle eine Designleistung dar, die über das Durchschnittskön-nen eines mit der Kenntnis des betreffenden Fachgebiets ausgestatteten [X.]us-tergestalters hinausgehe. Die Klägerin habe bei den von ihr vertriebenen, im [X.] zu 1 abgebildeten Systemkomponenten alle prägenden [X.]n [X.]erkmale des eingetragenen [X.]usters der [X.] übernommen. Wegen identischer Übernahme ihres Produkts hat die [X.] den Vertrieb der Systemkomponenten der Klägerin zudem als wettbewerbswidrig beanstandet. 5 Die [X.] hat widerklagend beantragt, 6 1. der Klägerin zu verbieten, Systemkomponenten nachzubilden und/ oder zu verbreiten, deren äußere Form sich aus den nachfolgend an-gebrachten Fotografien ergibt: - 7 - 2. festzustellen, dass die Klägerin verpflichtet ist, der [X.] allen Schaden zu ersetzen, der dieser seit dem 1. Dezember 1997 aus Handlungen gemäß vorstehend Ziffer 1 entstanden ist und noch ent-stehen wird; 3. die Klägerin zu verurteilen, der [X.] Auskunft zu erteilen über al-le seit dem 1. Dezember 1997 vorgenommenen Handlungen gemäß vorstehend Ziffer 1 und zwar unter Angabe von Liefermengen, Liefer-preisen, Lieferzeitpunkten, Lieferorten, der Namen und Anschriften ih-rer Abnehmer sowie des Umfangs der für die Erzeugnisse gemäß vorstehend Ziffer 1 betriebenen Werbung. Das [X.] hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattge-geben (LG [X.]ünchen I InstGE 1, 217). 7 Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der Klage statt-gegeben und die Widerklage abgewiesen. 8 9 [X.]it ihrer (vom Senat zugelassenen) Revision verfolgt die [X.] ihre Anträge weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen. - 8 - Entscheidungsgründe: 10 I. Das Berufungsgericht hat den Antrag auf Einwilligung in die Löschung des [X.]usters der [X.] nach § 10c Abs. 2 Nr. 1 [X.] als [X.] erachtet. Die mit der Widerklage der [X.] verfolgten geschmacks-musterrechtlichen Ansprüche aus § 14a [X.] und die wettbewerbs-rechtlichen Ansprüche gemäß § 1 UWG a.F. und § 8 Abs. 1, § 9 i.V. mit §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a und [X.] hat das Berufungsgericht verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt: Das [X.] sei am Tag der Anmeldung wegen fehlender [X.] [X.] nicht schutzfähig gewesen. Bei dem abgebildeten Bauteil handele es sich um ein Zwischenprodukt, das bestim-mungsgemäß in ein Endprodukt eingefügt werde. Das Zwischenprodukt könne seine ästhetische Wirkung nur in dem Gesamtprodukt entfalten. Deshalb sei nur die sichtbare Frontseite des streitgegenständlichen Bauteils bei der Prüfung der ästhetischen Wirkung zu berücksichtigen. Nicht schutzfähig seien Elemente der Formgestaltung, die ausschließlich technisch bedingt seien. Hierzu rechne bei dem streitgegenständlichen [X.]uster die Lage der Leuchtdioden. Der quadrati-sche Querschnitt der Lichtauslässe sei technisch naheliegend. Die [X.] des Bauteils seien unter Berücksichtigung seines praktischen Einsatzes, eine Vielzahl von Informationen über Lichtsignale ab-zugeben, äußerst gering. Das [X.] weise danach keine ausreichende Schöpfungshöhe auf. Neben den technisch bedingten [X.]erkmalen sei nur ein kleiner Spielraum gegeben, der keine ausreichende eigenschöpferische [X.] zulasse. Die Gestaltung des [X.]usters gehe nicht über das Können eines Durchschnittsgestalters hinaus. 11 - 9 - 12 Die [X.] könne die mit der Widerklage geltend gemachten [X.] nicht auf das [X.] stützen, weil dieses nicht schutzfähig sei. 13 Auch wettbewerbsrechtliche Ansprüche wegen unlauterer unmittelbarer Leistungsübernahme stünden der [X.] gegen die Klägerin nicht zu. Der ergänzende wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz technischer Erzeugnisse sei dadurch beschränkt, dass die technische Lehre und der Stand der Technik frei seien. Es sei deshalb wettbewerbsrechtlich nicht unzulässig, dem freizuhal-tenden Stand der Technik angehörende [X.]erkmale zu übernehmen. Ein hinrei-chend großer Spielraum für abweichende Ausführungen habe für die Klägerin nicht bestanden. Der Gefahr einer Herkunftstäuschung habe die Klägerin [X.]. Sie habe die von ihr vertriebenen Bauteile auf der Frontseite deutlich sichtbar mit ihrem Firmenzeichen versehen. [X.] Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht den Anspruch der Klägerin auf Einwilligung in die Löschung des angegriffenen [X.]usters bejaht hat, halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Dies gilt entsprechend, soweit das Berufungsgericht die mit der Widerklage verfolgten Ansprüche der Beklag-ten aus Geschmacksmusterrecht und aufgrund des ergänzenden wettbewerbs-rechtlichen Leistungsschutzes (§ 1 UWG a.F., §§ 3, 4 Nr. 9, § 8 Abs. 1, § 9 UWG) verneint hat. 14 [X.] 15 a) Der Anspruch auf Einwilligung in die Löschung wegen mangelnder Schutzfähigkeit des eingetragenen [X.]usters am Tag der Anmeldung richtet sich nach §§ 1, 10c Abs. 2 Nr. 1 [X.], weil diese Vorschriften gemäß 16 - 10 - § 66 Abs. 2 Satz 1 [X.] in der Fassung des Geschmacksmusterreform-gesetzes vom 12. [X.]ärz 2004 ([X.]) auf ein Geschmacksmuster wei-terhin anwendbar sind, das - wie vorliegend - vor dem 28. Oktober 2001 ange-meldet oder eingetragen worden ist. 17 b) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass das streitgegenständliche Geschmacksmuster einer Baugruppe für ein elektrisches Gerät musterfähig i.S. des § 1 [X.] ist. Es handelt sich um ein [X.] Erzeugnis, das bestimmt und geeignet ist, auf den Formen- und Farbensinn des Betrachters zu wirken (vgl. [X.], [X.]. v. 16.10.1986 - I ZR 6/85, [X.], 518, 519 - Kotflügel; [X.]. v. 18.10.2007 - I ZR 100/05, [X.], 153 [X.]. 21 = [X.], 241 - Dacheindeckungs-platten). Dem steht nicht entgegen, dass das betreffende Erzeugnis nicht iso-liert verwendet wird, sondern als Baugruppe eines elektrischen Geräts Teil ei-nes komplexen Produkts ist. Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang angenommen, dass der Gegenstand des [X.]s ein Zwischenfabrikat und kein Endfabrikat ist. Auf diese vom Berufungsgericht vorgenommene Unterscheidung kommt es für die [X.]usterfähigkeit nicht an, weil es sich - wovon auch das Berufungsgericht ausgegangen ist - bei dem in Rede stehenden Gegenstand des [X.]s um ein selbständig verkehrsfähiges Erzeugnis handelt, das zudem bestimmt und geeignet ist, auf den Formen- und Farbensinn des Betrachters zu wirken. 18 c) Im Revisionsverfahren ist zugunsten der [X.] davon auszuge-hen, dass das [X.] i.S. des § 1 Abs. 2 [X.] neu ist, weil das Berufungsgericht diese Frage offengelassen hat. 19 - 11 - d) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Prüfung der Eigentüm-lichkeit des streitgegenständlichen [X.]usters i.S. von § 1 Abs. 2 [X.] sei auf die [X.]erkmale beschränkt, die nach dem Einbau des Erzeugnisses in das Gesamtprodukt erkennbar seien. Bei [X.] seien auch der Verwendungszweck des [X.]usters und dessen ästhetische Wirkung im [X.] zu berücksichtigen. Deshalb sei nur auf die Frontseite des Bauteils für die Beurteilung der Eigentümlichkeit abzustellen. Soweit dort technisch notwendige [X.]erkmale vorhanden seien, könnten diese zur Eigentümlichkeit eines [X.]usters nicht beitragen. Neben den technisch bedingten [X.]erkmalen verbleibe nur ein kleiner Spielraum bei der Gestaltung der Vor[X.]eite, der keine ausreichende eigenschöpferische Tätigkeit zulasse. Diese Ausführungen des Berufungsge-richts halten einer rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis nicht stand. 20 [X.]) Nicht zu beanstanden ist allerdings, dass das Berufungsgericht bei der Prüfung der Eigentümlichkeit des [X.]usters technisch notwendige [X.]erkmale nicht berücksichtigt hat. 21 Ein [X.]uster oder [X.]odell ist eigentümlich i.S. des § 1 Abs. 2 [X.], wenn es in den für die ästhetische Wirkung maßgebenden [X.]erkmalen als das Ergebnis einer eigenpersönlichen, form- und farbenschöpferischen [X.] erscheint, die über das Durchschnittskönnen eines [X.]ustergestalters mit der Kenntnis des betreffenden Fachgebiets hinausgeht (vgl. [X.], [X.]. v. 15.2.2001 - I ZR 333/98, [X.], 503, 505 = [X.], 946 - Sitz-Liegemöbel). Das Berufungsgericht ist in diesem Zusammenhang zutreffend davon ausgegangen, dass ausschließlich technisch bedingte Formgestaltungen die Schutzfähigkeit nicht begründen können ([X.], [X.]. v. 1.10.1980 - I ZR 111/78, [X.] 1981, 269, 271 - [X.]; [X.]. v. 24.3.2005 - I ZR 131/02, [X.] 2005, 600, 603 = [X.], 878 - [X.]). Ausschließlich technisch bedingt ist nach den von der Revision nicht angegriffenen [X.] - 12 - lungen des Berufungsgerichts die Anordnung der Leuchtdioden neben dem Be-schriftungsfeld auf der Vorderfront des [X.]usters. Entsprechendes gilt für die rechteckige oder quadratische Gestaltung der [X.], die das Be-rufungsgericht auf der Grundlage der Ausführungen des gerichtlichen Sachver-ständigen Prof. Dr. T. als technisch vorgegeben angesehen hat. Dagegen erin-nert die Revision ebenfalls nichts. [X.]) [X.]it Erfolg wendet sich die Revision aber dagegen, dass das [X.] die Prüfung auf die Vor[X.]eite des [X.]usters beschränkt und des-sen weitere Seiten in die Beurteilung nicht einbezogen hat. 23 (1) Das Berufungsgericht hat angenommen, das [X.]uster bilde ein [X.] ab, das in ein anderes Produkt eingefügt werde und bei bestim-mungsgemäßer Verwendung dem Fertigerzeugnis eine ästhetische Wirkung verleihe. Nur die nach dem Einbau sichtbaren [X.]erkmale des Zwischenerzeug-nisses blieben erkennbar und könnten eine eigene ästhetische Wirkung inner-halb des Gesamtprodukts entfalten. Deshalb sei nur auf die Frontseite des [X.] für die Beurteilung der Eigentümlichkeit des [X.]s abzustellen. Dem kann nicht zugestimmt werden. 24 Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts handelt es sich im [X.] nicht um ein Zwischenfabrikat in dem vom Berufungsgericht verstandenen Sinn. Das Berufungsgericht hat diesen Begriff so aufgefasst, dass Zwischenfab-rikate nicht für sich allein in ästhetischer Hinsicht auf den Betrachter wirken, sondern nur nach dem Einbau dem Fertigerzeugnis eine ästhetische Wirkung verleihen. Nach diesem Verständnis handelt es sich bei dem Gegenstand des [X.]s aber nicht um ein Zwischenfabrikat, weil die Formgestaltung des Produkts dazu bestimmt und geeignet ist, vor dem Einbau für sich allein auf den Geschmackssinn des Betrachters zu wirken. [X.]it der Begründung, es handele 25 - 13 - sich um ein Zwischenfabrikat, kann die Beurteilung der Eigentümlichkeit des [X.]s nicht auf die Frontseite beschränkt werden. 26 (2) Nach § 4 [X.] in der Fassung des Geschmacksmusterreform-gesetzes vom 12. [X.]ärz 2004 hat ein [X.]uster, das bei einem Erzeugnis, das Bauelement eines komplexen Erzeugnisses ist, benutzt oder in dieses Erzeug-nis eingefügt wird, allerdings nur dann Eigenart, wenn das Bauelement, das in ein komplexes Erzeugnis eingefügt ist, bei dessen bestimmungsgemäßer [X.] sichtbar bleibt und diese sichtbaren [X.]erkmale des Bauelements selbst die Voraussetzungen der Eigenart erfüllen. Die Vorschrift setzt Art. 3 Abs. 3 der [X.]/[X.] und des Rates vom 13. Oktober 1998 über den rechtlichen Schutz von [X.]ustern und [X.]odellen ([X.]. EG Nr. L 289 v. 28.10.1998, [X.]) um. Danach soll sich der Schutz des [X.]usters nicht auf [X.]erkmale eines Bauelements erstrecken, die nach dem [X.] unsichtbar sind. Diese [X.]erkmale sollen auch nicht zur Begründung der Schutzfähigkeit herangezogen werden können (Erwägungsgrund 12 der Ge-schmacksmusterrichtlinie). Eine vergleichbare Bestimmung enthielt das im Streitfall für die Beurteilung der Schutzfähigkeit maßgebliche Geschmacksmus-tergesetz alter Fassung nicht. Dessen Vorschriften sind auch nicht richtlinien-konform im Hinblick auf Art. 3 Abs. 3 der [X.]. Zwar entfaltet das Geschmacksmustergesetz in der Fassung vom 12. [X.]ärz 2004 grundsätzlich Rückwirkung (Begründung zu Art. 1 § 66 des [X.]. 15/1075, [X.]). Davon ist die Frage der Schutzfähigkeit vor dem 28. Oktober 2001 an-gemeldeter oder eingetragener Rechte in § 66 Abs. 2 Satz 1 [X.] aus Gründen des Vertrauensschutzes aber gerade ausgenommen. Nach § 1 Abs. 2 [X.] sind von der Beurteilung der Eigentüm-lichkeit des streitgegenständlichen [X.]usters auch solche [X.]erkmale nicht [X.] - 14 - sätzlich ausgeschlossen, die nach einem Einbau des dem [X.]uster entsprechen-den Produkts in ein Gesamterzeugnis nicht (mehr) sichtbar sind (vgl. [X.], Geschmacksmustergesetz, 2. Aufl., § 1 [X.]. 11; [X.], [X.] 2001, 157, 158 ff.; [X.]/[X.], [X.] Int. 2005, 91, 94; ähnlich Kur, [X.] 2002, 661, 666). Die für die Eigentümlichkeit maßgebliche ästhetische Wirkung des [X.]us-ters wird durch die Formgestaltung hervorgerufen, die durch ihre Wirkung auf den Formen- und Farbensinn das durch Anschauen vermittelte ästhetische [X.] anregen soll ([X.], [X.]. v. 16.2.1960 - I ZR 85/58, [X.] 1960, 395, 396 - Dekorationsgitter; [X.]. v. 19.12.1979 - I ZR 130/77, [X.] 1980, 235 - Play-family; v. Gamm, Geschmacksmustergesetz, 2. Aufl., § 1 [X.]. 62). Diese [X.] Wirkung kann sich auch bei einem [X.]uster bis zum Einbau in ein kom-plexes Produkt entfalten, in dem das dem [X.]uster entsprechende Erzeugnis nicht oder nicht mehr vollständig sichtbar ist. Die ästhetische Wirkung der [X.]us-tergestaltung kann Einfluss auf die Kaufentscheidung haben ([X.], [X.] Int. 1996, 859, 875). Zu diesem Zeitpunkt ist das Erzeugnis noch nicht in das komplexe Teil eingefügt. 28 Allerdings kann die äußere Form von Gegenständen, die in ein [X.] eingebaut werden und dort nicht mehr sichtbar sind, im Wesentlichen durch die technische Funktion bestimmt sein; ihnen kann dann wesensmäßig keine ästhetische Wirkung zukommen (vgl. [X.] [X.] [X.] Int. 1988, 437, 438). Denkbar ist auch, dass der fragliche Gegenstand seine ästhetische Funktion nur im Zusammenhang mit den übrigen Teilen des Gesamtprodukts, in das er eingefügt wird, entfaltet. Auf die nicht sichtbaren Tei-le der [X.]ustergestaltung kommt es dann nicht an (vgl. [X.] [X.], 518, 519 - Kotflügel). Dass bei dem vorliegenden [X.]uster die Gestaltung insgesamt oder jedenfalls die nicht sichtbaren Teile durch die technische Funktion [X.] - 15 - stimmt sind und ihnen deshalb keine ästhetische Funktion zukommt oder die ästhetische Wirkung des [X.]usters nur zusammen mit den übrigen Teilen des Gesamtprodukts, in das die Baureihe eingefügt wird, eintritt, hat das [X.] nicht festgestellt. Zugunsten der [X.] ist daher im Revisions-verfahren davon auszugehen, dass für die Beurteilung der Eigentümlichkeit des [X.]usters auf die Gesamtgestaltung und nicht isoliert auf die Vorderfront des [X.]usters abzustellen ist. Zu der Eigentümlichkeit der Gesamtgestaltung hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - bislang keine Fest-stellungen getroffen. 2. Widerklage 30 Das Berufungsurteil kann ebenfalls keinen Bestand haben, soweit das Berufungsgericht die Widerklage abgewiesen hat. 31 a) Grundlage der auf das Geschmacksmusterrecht gestützten [X.] auf Unterlassung und Auskunftserteilung sowie auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung sind die Bestimmungen des Geschmacksmuster-gesetzes neuer Fassung (§§ 38, 42, 46 [X.]) in Verbindung mit § 242 BGB, weil das Geschmacksmustergesetz vom 12. [X.]ärz 2004 auch auf zuvor angemeldete oder eingetragene Geschmacksmuster Anwendung findet, soweit sich nicht aufgrund der gesetzlichen Vorschriften des Geschmacksmusterre-formgesetzes vom 12. [X.]ärz 2004 etwas anderes ergibt (vgl. [X.], [X.]. v. 23.6.2005 - I ZR 263/02, [X.] 2006, 143, 144 = [X.], 117 - Catwalk; [X.], Geschmacksmustergesetz, 3. Aufl., § 66 [X.]. 2; [X.]., [X.]. 2003, 17, 18). 32 Das Berufungsgericht hat die geschmacksmusterrechtlichen Ansprüche mangels Schutzfähigkeit des streitgegenständlichen [X.]usters der [X.] 33 - 16 - verneint. Das kann im Hinblick auf die Aufhebung der der [X.] statt-gebenden Entscheidung des Berufungsgerichts (dazu oben [X.]) keinen [X.] haben. 34 b) Das Berufungsgericht hat Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbs-rechtlichen Leistungsschutz nach § 1 UWG a.F., §§ 3, 4 Nr. 9 UWG mit der [X.] verneint, die Lage der Leuchtdioden sei technisch bedingt. Eine rechteckige oder quadratische Form der Lichtaustritte stelle ebenfalls eine na-heliegende technische Gestaltung dar. Wegen des danach fehlenden [X.] für andere vernünftige technische Lösungen könne das Erzeugnis der [X.] nachgeahmt werden. [X.]it Erfolg macht die Revision dagegen geltend, das Berufungsgericht habe seiner Beurteilung, ob eine wettbewerbsrechtlich unlautere Leistungsübernahme nach § 1 UWG a.F., §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a oder [X.] vorliegt, rechtsfehlerhaft nur die Frontpartie des Erzeugnisses der Beklag-ten zugrunde gelegt. [X.]) Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz gegen die Verwertung fremden [X.] unabhängig vom [X.] eines Schutzes aus einem Geschmacksmusterrecht gegeben sein können, wenn besondere Begleitumstände vorliegen, die außerhalb des sondergesetzli-chen Tatbestands liegen ([X.], [X.]. v. 12.12.2002 - I ZR 221/00, [X.] 2003, 359, 360 = [X.], 496 - Pflegebett). Solche Begleitumstände ergeben sich aus einer vermeidbaren Herkunftstäuschung oder einer Ausnutzung oder Be-einträchtigung der Wertschätzung der nachgeahmten Ware. 35 Zu Recht hat das Berufungsgericht weiterhin angenommen, dass ein Schutz nach § 1 UWG a.F., §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a und [X.] für technisch not-wendige Gestaltungsmerkmale entfällt, weil nach dem Grundsatz der Freiheit 36 - 17 - des Standes der Technik die Übernahme solcher nicht (mehr) unter Sonder-rechtsschutz stehender Gestaltungsmerkmale wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Dementsprechend können technisch notwendige [X.]erkmale, also [X.]erkmale, die bei gleichartigen Erzeugnissen aus technischen Gründen zwingend verwendet werden müssen, aus Rechtsgründen keine wettbewerbli-che Eigenart begründen. Dies gilt jedoch nicht bei technischen Gestaltungs-merkmalen, die zwar technisch bedingt, aber willkürlich wählbar oder aus-tauschbar sind ([X.], [X.]. v. 7.2.2002 - I ZR 289/99, [X.] 2002, 820, 822 = [X.], 1054 - Bremszangen; [X.]. v. 21.9.2006 - I ZR 270/03, [X.] 2007, 339 [X.]. 27 = [X.], 313 - [X.]; [X.]. v. [X.], [X.] 2007, 984 [X.]. 20 = [X.], 1455 - Gartenliege). [X.]) Im Streitfall hat das Berufungsgericht bei der Beurteilung der Frage, ob die übernommene Gestaltung eine gemeinfreie technische Lösung darstellt, rechtsfehlerhaft nur die Frontpartie des Geräts der [X.] berücksichtigt. Die [X.] hatte eine wettbewerbsrechtlich unzulässige Leistungsübernahme aber auf die identische oder nahezu identische Übernahme ihres gesamten [X.]s gestützt. Das Berufungsgericht hat dazu, ob bezogen auf das gesamte [X.] der [X.] die Voraussetzungen des begehrten Verbots und der geltend gemachten [X.] nach den Grundsätzen des ergänzenden wettbe-werbsrechtlichen Leistungsschutzes vorliegen, keine Feststellungen getroffen. Diese sind auch nicht deshalb entbehrlich, weil das Erzeugnis der [X.] nach dem Kauf bestimmungsgemäß in ein Gesamtprodukt eingefügt wird. Der Schutz gegen eine Herkunftstäuschung und gegen eine Ausnutzung oder Be-einträchtigung der Wertschätzung (§ 1 UWG a.F., §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a und [X.]) knüpft an das [X.]arktverhalten an und nicht an die spätere Verwendung des Produkts ([X.] 161, 204, 211 - [X.]). 37 - 18 - I[X.] Das Berufungsurteil kann danach nicht aufrechterhalten werden (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Entscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 ZPO). Das Berufungsge-richt wird die erforderlichen Feststellungen zur Schutzfähigkeit des Ge-schmacksmusters (dazu [X.]) und gegebenenfalls zu den Voraussetzungen der auf Geschmacksmusterrecht und ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leis-tungsschutz gestützten Ansprüche der [X.] (dazu [X.]) nachzuholen ha-ben. 38 [X.] Büscher

Bergmann [X.] Vorinstanzen: LG [X.]ünchen I, Entscheidung vom 12.04.2000 - 7 [X.] 6804/98 - OLG [X.]ünchen, Entscheidung vom 10.03.2005 - 6 U 3345/00 -

Meta

I ZR 67/05

10.01.2008

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.01.2008, Az. I ZR 67/05 (REWIS RS 2008, 6240)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 6240

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

6 U 39/08 (Oberlandesgericht Köln)


I ZR 100/05 (Bundesgerichtshof)


I ZR 161/04 (Bundesgerichtshof)


I ZR 14/12 (Bundesgerichtshof)


30 W (pat) 801/18 (Bundespatentgericht)

Designbeschwerdeverfahren – Nichtigkeitsverfahren - "Ventile" – Kostenentscheidung – summarische Prüfung der Schutzfähigkeit


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.