Bundesfinanzhof, Beschluss vom 11.10.2023, Az. I R 53/20

1. Senat | REWIS RS 2023, 9878

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Gegenstand

Folgewirkungen (Progressionsvorbehalt, Kinderfreibeträge) bei abkommensrechtlich freigestellten ausländischen Einkünften


Leitsatz

1. NV: Bei unter Progressionsvorbehalt abkommensrechtlich steuerfrei gestellten ausländischen Einkünften liegt auch dann keine unzulässige Übermaßbesteuerung der ausländischen Einkünfte vor, wenn bei Zusammenrechnung der Auslandssteuer und der inländischen Steuererhöhung aufgrund des Progressionsvorbehaltes rechnerisch eine Steuerbelastung der ausländischen Einkünfte von mehr als 49 % entsteht.

2. NV: Es ist weder verfassungsrechtlich noch unionsrechtlich geboten, die steuerliche Auswirkung der Kinderfreibeträge in dem Umfang herzustellen, der sich bei Steuerpflicht der ausländischen Einkünfte ergäbe.

3. NV: Einkünfte aus nur mittelbar der Förderung des Fremdenverkehrs dienenden Tätigkeiten (hier: Betrieb eines Skilifts) unterfallen nicht dem Ausschluss aus dem Aktivitäts-/Produktivitätskatalog des § 32b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 i.V.m. § 2a Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes.

Tenor

Die Revision der Kläger gegen das Urteil des [X.] vom 12.11.2020 - 12 K 1279/18 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Beteiligten streiten über die Belastungswirkung von --dem sogenannten Progressionsvorbehalt unterliegenden-- ausländischen Einkünften und in diesem Zusammenhang auch über die Entlastungswirkung der Berücksichtigung von Abzugsbeträgen des [X.]s im Jahr 2015 (Streitjahr).

2

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Ehegatten, die im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger bezog Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit, die Klägerin neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit auch Einkünfte aus einer Beteiligung als Kommanditistin einer KG ([X.]) mit Sitz in …/[X.] ([X.]). Die [X.] unterlagen (unter Abzug eines dortigen Gewinnfreibetrags von [X.]) in Höhe von [X.] der Einkommensbesteuerung in [X.] ([X.] Einkommensteuer: [X.]). Die Kläger haben drei Kinder, für die sie im Streitjahr Kindergeld bezogen haben (A, geboren am ….1990 [[X.]]; B, geboren am ….1994 [[X.]]; [X.], geboren am [X.] [[X.]]).

3

Mit Bescheid vom 30.03.2017 setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt --[X.]--) Einkommensteuer ([X.]), [X.] ([X.]) und Kirchensteuer ([X.]) fest. Dabei berücksichtigte er unter anderem dem Progressionsvorbehalt unterliegende Einkünfte von [X.], einen Kinderfreibetrag für das Kind [X.] (unter Berücksichtigung des gezahlten Kindergelds) sowie einen anteiligen Freibetrag gemäß § 33a Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG) für das Kind A ([X.]). Bei der Berechnung des [X.]es und der Kirchensteuer kam ein weiterer Kinderfreibetrag von [X.] zum Abzug. Dabei wurde der Freibetrag für das Kind A nur zeitanteilig für die Monate berücksichtigt, für die ein Anspruch auf einen Kinderfreibetrag oder Kindergeld bestand; für das [X.] waren die gesetzlichen Voraussetzungen für einen [X.] nicht erfüllt.

4

Die Kläger machten im Einspruchsverfahren unter Vorlage des [X.]n Einkommensteuerbescheids geltend, die Besteuerung der ausländischen Einkünfte verstoße gegen das Übermaßverbot. Die ablehnende Einspruchsentscheidung datiert vom [X.] Zudem lehnte das [X.] mit Bescheid vom 12.04.2018 eine abweichende Festsetzung aus Billigkeitsgründen gemäß § 163 der Abgabenordnung ([X.]) ab.

5

Im Klageverfahren erging ein Änderungsbescheid (Korrektur zugunsten der Kläger mit Blick auf das Kind A unter verfahrensrechtlicher [X.] [§ 177 Abs. 2 [X.]] durch einen höheren Ansatz der ausländischen Einkünfte [Ansatz ohne Abzug des [X.]]), mit dem die Einkommensteuer auf [X.], der [X.] auf [X.] und die Kirchensteuer auf [X.] herabgesetzt wurden.

6

Das Finanzgericht (FG) [X.] hat die Klage mit Urteil vom 12.11.2020 - 12 K 1279/18 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2021, 1725) abgewiesen.

7

Die Kläger rügen die Verletzung formellen und materiellen Rechts und beantragen sinngemäß, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Gewährung des maximalen Steuervorteils aus dem [X.] und die Herabsetzung der Einkommensteuer auf den auf die ausländischen Einkünfte entfallenden Belastungsnachteil.

8

Das [X.] beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

9

Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung ([X.]O). Der [X.] hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Revision ist als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 [X.]O). Das [X.] hat im angefochtenen Urteil ohne Rechtsfehler dahin erkannt, dass die Steuerbelastung aufgrund des Bezugs der ausländischen Einkünfte weder mit Blick auf die Anwendung des [X.] noch auf die Wirkung des [X.]s gegen höherrangiges Recht verstößt.

1. Die abkommensrechtlich zugelassene Einbeziehung der ausländischen Einkünfte bei der Festsetzung des inländischen Steuersatzes erfolgt im Wege des [X.]. Die Rechtsanwendung im angefochtenen Bescheid lässt keinen Rechtsfehler erkennen; auch verfassungsrechtliche oder unionsrechtliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit bestehen nicht.

a) Nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG ist für einen Steuerpflichtigen (hier sinngemäß: für die Kläger im Rahmen ihrer Ehegattenveranlagung im Sinne des § 26 Abs. 1 i.V.m. § 26b EStG), der zeitweise oder während des gesamten Veranlagungszeitraums unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist, auf das nach § 32a Abs. 1 EStG zu versteuernde Einkommen ein besonderer Steuersatz anzuwenden, wenn er Einkünfte bezogen hat, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ([X.]) steuerfrei sind. Der besondere Steuersatz ist in diesem Fall der Steuersatz, der sich ergibt, wenn bei der Berechnung der Einkommensteuer das nach § 32a Abs. 1 EStG zu versteuernde Einkommen vermehrt oder vermindert wird um die steuerfrei bezogenen ausländischen Einkünfte, wobei die darin enthaltenen außerordentlichen Einkünfte mit einem Fünftel zu berücksichtigen sind (§ 32b Abs. 2 Nr. 2 EStG). Allerdings ist die Anwendung des [X.] auf solche ausländischen Einkünfte ausgeschlossen, die aus einer anderen als in einem Drittstaat belegenen gewerblichen Betriebsstätte erwirtschaftet werden, die nicht die Voraussetzungen des § 2a Abs. 2 Satz 1 EStG erfüllt (§ 32b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG).

b) Die angefochtene Festsetzung entspricht insoweit dem Grunde und der Höhe nach dieser gesetzlichen Vorgabe (i.V.m. Art. 23 Abs. 1 Buchst. a Satz 1, 2 und Art. 7 Abs. 1, Abs. 7 Satz 1 des Abkommens zwischen der [X.] und der [X.] zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom [X.], [X.] 2002, 735, [X.], 585, i.d.[X.] vom 29.12.2010, [X.] 2011, 1210, [X.], 367). Dies gilt insbesondere auch für die Rückausnahme vom Ausschluss der Anwendung des [X.] in § 32b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 i.V.m. § 2a Abs. 2 Satz 1 EStG - es liegt eine durch die Mitunternehmerstellung in der [X.] [X.] vermittelte dortige Betriebsstätte vor (Bergbahnbetrieb), die nicht in einem Drittstaat belegen ist, wobei bei einer nur mittelbaren Förderung des Fremdenverkehrs "aktive" (die Voraussetzungen des § 2a Abs. 2 Satz 1 EStG erfüllende) Einkünfte vorliegen (s. allgemein dazu [X.]sbeschluss vom 26.01.2017 - I R 66/15, [X.], 726; [X.] in Kirchhof/[X.], EStG, 22. Aufl., § 32b Rz 18; [X.]/[X.], EStG, 42. Aufl., § 32b Rz 17; [X.]/[X.]/Wagner, § 32b EStG Rz 67 f.). Für die Differenzierung zwischen "aktiven" und "nicht aktiven" Einkünften gibt es einen ausreichend tragfähigen sachlichen [X.] der Befugnis des Gesetzgebers zu einer wirtschaftspolitischen Lenkung (z.B. [X.]surteil vom 17.10.1990 - I R 182/87, [X.], 307, [X.] 1991, 136), was sich aus der ursprünglichen gesetzgeberischen Intention der Eindämmung unerwünschter Bauherrenmodelle im Fremdenverkehrsbereich (s. z.B. [X.] EStG/[X.], § 2a Rz 208; s.a. [X.], [X.] --[X.]-- 1998, 95, 96) erschließen lässt; unionsrechtlich ist eine auf das nationale Recht bezogene Vergleichspaarbildung zwischen beiden Arten der Tätigkeiten ausgeschlossen. Nicht zuletzt ist es auf dieser Grundlage zutreffend, bei einer nur mittelbaren Förderung des Fremdenverkehrs zu einer Qualifizierung als "aktive Einkünfte" zu gelangen (s. insbesondere [X.] Hamburg, Urteil vom 14.03.2002 - VI 158/99, E[X.] 2002, 1014; zustimmend z.B. [X.] in Korn, § 2a EStG Rz 160; [X.] in Kirchhof/[X.], EStG, 22. Aufl., § 2a Rz 39; [X.]/[X.]/Wagner, § 2a EStG Rz 159; [X.], [X.] 1998, 95, 96 f.), was mit Blick auf die uneingeschränkte Zahl der Nutzungsadressaten bei allen Objekten der allgemein zugänglichen Verkehrsinfrastruktur (und damit auch Bergbahnen) und Sportinfrastruktur (z.B. Schwimmbäder, Golfplätze, Skilifte; zu Letzteren ausdrücklich ebenso [X.], [X.] 1998, 95, 97, aber ohne besondere Begründung anderer Ansicht [X.] in Korn, § 2a EStG Rz 160) gilt.

c) Die verfassungs- und unionsrechtlichen Einwendungen der Kläger bleiben ohne Erfolg.

aa) Durch den in nahezu allen modernen [X.] dem Ansässigkeitsstaat vorbehaltenen Progressionsvorbehalt soll sichergestellt werden, dass die Besteuerung nach Maßgabe der Leistungsfähigkeit, die in den meisten [X.] unter anderem durch eine progressive Gestaltung des [X.] bewirkt wird, ungeachtet der Aufteilung des [X.] auf mehrere [X.] erhalten bleibt. Die Verteilung von [X.] auf verschiedene [X.] soll sich auf den Steuersatz nicht auswirken, so dass derjenige, der Einkünfte aus mehreren [X.] bezieht, die kraft [X.] auch in mehreren [X.] besteuert werden, nicht einem günstigeren oder ungünstigeren Steuersatz unterliegen soll als derjenige, der gleichhohe Einkünfte nur in ein und demselben Staat zu versteuern hat (z.B. [X.]surteil vom 22.02.2023 - I R 45/19, [X.]NV 2023, 947; s.a. [X.]surteil vom 04.08.1976 - I R 152, 153/74, [X.], 470, [X.] 1976, 662; aus der Literatur z.B. [X.] in [X.][X.], EStG, § 32b [X.] 5 f.; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 32b EStG Rz 11; [X.] EStG/[X.], § 32b Rz 19.3; [X.]/[X.]/Wagner, § 32b EStG Rz 28; [X.] in Kirchhof/[X.], EStG, 22. Aufl., § 32b Rz 4). Es entspricht daher ständiger Rechtsprechung, dass der Progressionsvorbehalt "als solcher" nicht gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verstößt (Beschluss des [X.] vom 03.05.1995 - 1 BvR 1176/88, [X.] 1995, 758; [X.]surteile vom 04.08.1976 - I R 152, 153/74, [X.], 470, [X.] 1976, 662; vom 15.05.2002 - I R 40/01, [X.], 224, [X.] 2002, 660; vom 12.01.2011 - I R 35/10, [X.], 432, [X.] 2011, 494; vom 25.11.2014 - I R 84/13, [X.]NV 2015, 664; vom 13.04.2021 - I R 19/19, [X.]NV 2021, 1357). Daran ist festzuhalten.

bb) Auch aus unionsrechtlicher Sicht bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken: Nach ständiger Rechtsprechung stellt die Einbeziehung nach [X.] freigestellter Einkünfte in einen Progressionsvorbehalt weder eine unzulässige Einschränkung der Freizügigkeit noch der Dienstleistungsfreiheit dar (Gerichtshof der [X.] --[X.]--, Urteil [X.] vom 22.06.2017 - [X.]/16, [X.]:[X.], [X.] 2017, 1271 [Anwendung des [X.] im Ausgangspunkt unionsrechtskonform, s. sogleich]; [X.]sbeschluss vom 16.09.2015 - I R 62/13, [X.], 204, [X.] 2016, 205; [X.] Hamburg, Urteil vom 06.02.2014 - 2 K 73/13, E[X.] 2014, 1000). Es ist kein sachlicher (im Gegenstand der jeweiligen Grundfreiheit liegender) Grund ersichtlich, warum dies nicht entsprechend für die Niederlassungs- oder die Kapitalverkehrsfreiheit gelten sollte (wohl auch [X.] in [X.][X.], EStG, § 32b [X.] 64; s.a. Kister in [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 32b EStG Rz 18 mit Verweis darauf, dass nach der [X.]-Rechtsprechung die abkommensrechtliche Freistellung schon die Vergleichbarkeit mit dem [X.] hindert - s. insoweit auch [X.]surteile vom 22.02.2023 - I R 35/22 (I R 32/18), [X.], 98, [X.] 2023, 761 und vom 12.04.2023 - I R 44/22 (I R 49/19, I R 17/16), [X.], 213, [X.] 2023, 974). Die Anwendung des [X.] hat nicht eine Benachteiligung des [X.] ausländischer Einkünfte zur Folge, sondern vielmehr eine Gleichbehandlung ausländischer und inländischer Einkünfte. So wird durch den Progressionsvorbehalt eine tarifliche Besserstellung der inländischen Einkünfte vermieden, die anderenfalls aufgrund der Steuerfreiheit der ausländischen Einkünfte tariflich nicht die Progressionsstufe erreichen würde, die ihrer Leistungsfähigkeit entspricht ([X.]surteil vom 15.05.2002 - I R 40/01, [X.], 224, [X.] 2002, 660; [X.] EStG/[X.], § 32b Rz 20.1). Dies gilt auch dann, wenn die Gesamtbelastung mit inländischen und ausländischen Steuern höher ist als in der Konstellation, dass die Einkünfte insgesamt der inländischen Besteuerung unterliegen ([X.]/[X.]/Wagner, § 32b EStG Rz 31). Denn unionsrechtlich ist nicht geboten, dass die Gesamtsteuerbelastung bei Einkünften aus mehreren [X.] auf den Höchststeuerbetrag einer fiktiven Inlandsbesteuerung "gedeckelt" wird ([X.]sbeschlüsse vom 19.07.2010 - I B 10/10, [X.]NV 2011, 17; vom 26.01.2017 - I R 66/15, [X.], 726; [X.] EStG/[X.], § 32b Rz 20.1; [X.], E[X.] 2021, 1727). Dem Wohnsitzstaat kann die Steuerbelastung im [X.] nicht entgegengehalten werden, was aber Inhalt der auf die Gesamtsumme der in- und ausländischen Steuerbelastung verweisenden Argumentation der Kläger ist.

d) Da der [X.] insoweit weder verfassungsrechtliche noch unionsrechtliche Zweifel hat, kommt weder eine Vorlage an das [X.] noch an den [X.] in Betracht; dabei sieht er die Rechtsfrage durch die Rechtsprechung des [X.] in einem Maß als geklärt an, dass nach den Maßstäben der [X.]-Rechtsprechung (s. zuletzt [X.]-Urteil [X.] vom 06.10.2021 - [X.]/19, [X.]:C:2021:799, Neue Juristische Wochenschrift 2021, 3303) von einer Vorlage an den [X.] (Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der [X.]) auch vom [X.] ([X.]) abgesehen werden kann.

2. Gegenstand der Rüge der Kläger ist die Höhe der Entlastungswirkung der Berücksichtigung von Abzugsbeträgen des [X.]s; die finanzielle Auswirkung wäre höher, wenn die ausländischen Einkünfte als steuerpflichtige Einkünfte die inländische Bemessungsgrundlage erhöht hätten. Die auf den [X.] bezogene Rechtsanwendung im angefochtenen Bescheid lässt allerdings keinen Rechtsfehler erkennen; auch verfassungsrechtliche oder unionsrechtliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit bestehen nicht.

a) Zwischen den Beteiligten ist zu Recht nicht im Streit, dass die Festsetzung dem Grunde und der Höhe nach den (einfach-)gesetzlichen Vorgaben entspricht, so dass weitere Ausführungen dazu entbehrlich sind.

b) Die von den Klägern begehrte Erhöhung der finanziellen Auswirkung der (nationalen) Abzugsposten ist weder verfassungsrechtlich noch unionsrechtlich geboten.

Zwar kann eine nationale Regelung des [X.], die bei grenzüberschreitenden Erwerbsbetätigungen steuerliche Vergünstigungen betreffend die persönliche oder familiäre Situation beschränkt oder ausschließt, unter dem Gesichtspunkt der zu wahrenden Aufteilung der [X.] ausnahmsweise gerechtfertigt sein, wenn der Beschäftigungsstaat, in dem ein Teil der Einkünfte bezogen wird, derartige Vergünstigungen entweder auf freiwilliger Basis oder auf Grundlage eines bilateralen Abkommens gewährt ([X.] vom [X.]/00, [X.]:C:2002:750, Slg. 2002, I-11819, Rz 99 ff.; [X.] vom 28.02.2013 - [X.]/11, [X.]:C:2013:117, [X.] 2015, 431, Rz 56). Voraussetzung für eine solche Entpflichtung des [X.] ist allerdings, dass --unabhängig von der Art der [X.] die gesamte persönliche und familiäre Situation des Steuerpflichtigen "im Ganzen gebührend" berücksichtigt wird ([X.]-Urteil de Groot vom [X.]/00, [X.]:C:2002:750, Slg. 2002, I-11819, Rz 101; ebenso [X.]-Urteil [X.] und [X.] vom 12.12.2013 - C-303/12, [X.]:C:2013:822, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --H[X.]-- 2014, 183, Rz 70). Aus diesem Grund kann die Ausgewogenheit der [X.] nur dann gewahrt werden, wenn zwischen der nationalen Steuerregelung im Wohnsitzstaat, die eine Vergünstigung beschränkt beziehungsweise ausschließt, und der im Beschäftigungsstaat gewährten Vergünstigung für die dort zu besteuernden Einkünfte eine wechselseitige Beziehung besteht ([X.]-Urteile [X.] und [X.] vom 12.12.2013 - C-303/12, [X.]:C:2013:822, H[X.] 2014, 183, Rz 73 sowie [X.] vom 22.06.2017 - [X.]/16, [X.]:[X.], [X.] 2017, 1271, Rz 74; [X.]-Urteil vom 05.11.2019 - X R 23/17, [X.]E 267, 34, [X.] 2020, 763, Rz 31; s.a. [X.]sbeschluss vom 16.09.2015 - I R 62/13, [X.], 204, [X.] 2016, 205, Rz 39 f.). Eine vergleichbare Situation (s. etwa zu einem Sonderausgabenabzug von Beiträgen zu einem inländischen Versorgungswerk [X.]surteil vom 13.04.2021 - I R 19/19, [X.]NV 2021, 1357 als Revisionsinstanz zu dem von den Klägern angeführten Urteil des [X.] Nürnberg vom 13.02.2019 - 5 K 887/18, E[X.] 2019, 764; [X.]sbeschluss vom 22.02.2023 - I R 55/20, [X.]NV 2023, 801) liegt im Streitfall nicht vor. Denn die gesetzlichen Regelungen sehen keine Kürzungen im [X.] vor, wenn (teilweise) Einkünfte im Ausland erwirtschaftet werden. Vielmehr führt das Erzielen der ausländischen Einkünfte im Streitfall dazu, dass die finanzielle Auswirkung der Abzugsmöglichkeiten höher ist, als wenn die Kläger diese Einkünfte nicht erzielt hätten. Dass sich "faktisch" ein finanzieller Nachteil gegenüber der Situation der Erzielung dieser Einkünfte im Inland errechnen lässt, ist nicht rechtserheblich (gleicher Ansicht [X.], E[X.] 2021, 1727). Die Kläger haben weder verfassungs- noch unionsrechtlich einen Anspruch darauf, dass für die Bemessung der Abzugsposten von der inländischen Bemessungsgrundlage der abkommensrechtliche [X.] einer Steuerfreistellung der Einkünfte bei der Ermittlung der inländischen Bemessungsgrundlage negiert wird. Weder das Prinzip der Besteuerung nach der subjektiven Leistungsfähigkeit noch das Unionsrecht stellen spezifische Anforderungen dazu auf, wie die persönliche und familiäre Situation des Steuerpflichtigen im Ganzen im Rahmen des (nationalen) Besteuerungssystems (ungeachtet der grundlegenden Kritik an der Ausgestaltung des [X.]s wegen einer "Vermengung von Steuer- und Sozialrecht" [z.B. [X.] in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl., Rz 8.94 f.; Kanzler in [X.] [Hrsg.], Besteuerung von Einkommen, [X.], 2001, 417, 447 ff.]; hier: als Abzugsposten bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage auf der Grundlage der durch inländische Einkünfte bestimmten Summe der Einkünfte als Ausdruck objektiver Leistungsfähigkeit) auszugestalten ist ([X.]sbeschluss vom 22.02.2023 - I R 55/20, [X.]NV 2023, 801; s.a. [X.]-Urteil de Groot vom [X.]/00, [X.]:C:2002:750, Slg. 2002, I-11819). Jedenfalls geben mittelbare Auswirkungen der vorgegebenen Normstruktur (hier: keine Berücksichtigung der steuerfreien ausländischen Einkünfte auf einen positiven oder negativen Posten der inländischen Bemessungsgrundlage) keinen belastbaren Grund für die Annahme einer verfassungs- oder unionsrechtlichen Grundrechts- beziehungsweise Grundfreiheitsbeeinträchtigung (so im Ausgangspunkt auch [X.]-Beschluss vom 07.06.2023 - 2 BvL 6/14, juris, Rz 54; s.a. zu "systembedingten technischen Folgen ohne diskriminierende Wirkungen" [X.] EStG/[X.], § 32b Rz 20.4), so dass der [X.] auch insoweit von einer Vorlage an das [X.] oder den [X.] absehen kann.

3. Soweit die Kläger im Verlauf des Revisionsverfahrens geltend gemacht haben, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache an das [X.] zurückzuverweisen, weil das [X.] keine Feststellungen zum Geschäftsgegenstand der [X.] (Skilift; "Fremdenverkehr") getroffen habe, hat dies schon wegen fehlender Entscheidungserheblichkeit (bei einem Betreiben eines Skilifts liegen "aktive Einkünfte" vor) keinen Erfolg.

4. [X.] folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

I R 53/20

11.10.2023

Bundesfinanzhof 1. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 12. November 2020, Az: 12 K 1279/18, Urteil

§ 2a Abs 2 S 1 EStG 2009, § 31 EStG 2009, § 32a Abs 1 EStG 2009, § 32b Abs 1 S 2 Nr 2 EStG 2009, Art 3 Abs 1 GG, Art 267 AEUV, EStG VZ 2015

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 11.10.2023, Az. I R 53/20 (REWIS RS 2023, 9878)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 9878

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