Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.06.2017, Az. 9 AZR 851/16

9. Senat | REWIS RS 2017, 9036

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Gegenstand

Beschäftigung einer Musikschullehrerin sowohl als Arbeitnehmerin als auch als freie Mitarbeiterin


Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 12. Oktober 2016 - 17 Sa 1049/16 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Umfang der Unterrichtsverpflichtung der Klägerin, insbesondere darüber, ob die Klägerin einen Teil des Unterrichts im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses oder eines Arbeitsverhältnisses erteilt.

2

Auf der Grundlage eines vom 25. März 1985 datierenden „Dienstvertrags“ ist die Klägerin für das beklagte Land als Lehrerin an einer Musikschule tätig. Unter dem 18. Juni 1986 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag, der eine Beschäftigung der Klägerin als [X.] mit 50 % der Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten vorsieht. Daneben erteilte die Klägerin weiterhin Musikunterricht aufgrund des „Dienstvertrags“ in zeitlich unterschiedlichem Umfang. Unabhängig davon, ob die Klägerin Unterricht auf der Grundlage des Arbeitsvertrags oder auf der Grundlage des „Dienstvertrags“ erteilt, schließen die von der Klägerin unterrichteten Musikschüler mit dem beklagten Land gleichlautende Unterrichtsverträge.

3

Seit dem 1. Februar 2008 setzt das beklagte Land die Klägerin im Rahmen des Arbeitsverhältnisses als „Fachgruppenleiterin Streicher“ ein.

4

Im „Honorarvertrag“ der Parteien vom 24. Juli 2013, der seiner Einleitung nach den vorangegangenen „Dienstvertrag“ ersetzt, heißt es ua.:

        

§ 1 Dauer und Art der Leistung

        

(1) Vertragspartner/in 2 wird … als [X.]/Musikschullehrer … als freie Mitarbeiterin/freier Mitarbeiter gem. Anlage 1 tätig.

        

Art und Umfang der zu erbringenden Leistung richtet sich nach den zwischen der Musikschule und der [X.]/dem Musikschullehrer vereinbarten Einzelaufträgen im Rahmen von [X.], Veranstaltungen und Prüfungen sowie für die sonstigen in diesem Zusammenhang anfallenden Tätigkeiten. Ein Anspruch auf Vereinbarung eines Einzelauftrags besteht nicht.

        

…       

        

§ 2 Einzelaufträge

        

(1) Einzelaufträge werden schriftlich vereinbart. Sie enthalten neben der Unterrichtsform auch Angaben über Zeit, Ort und Inhalt der Leistungserbringung.

        

(2) Ergänzende Leistungen, die mit dem Unterricht in Zusammenhang stehen (z.B. Prüfungen, Konzerte, fachübergreifende Musikveranstaltungen, Fachkonferenzen, Schülervorspiele) werden gesondert beauftragt und vergütet.

        

…       

        

§ 3 Erteilung des Unterrichts

        

(1) Die [X.]/Der Musikschullehrer nimmt die vereinbarten Einzelaufträge persönlich wahr.

        

(2) Die [X.]/Der Musikschullehrer ist bei der Gestaltung und Durchführung ihres/seines Unterrichtes frei und an Weisungen der Musikschule nicht gebunden. Die Vertragspartner stellen über die dem Unterricht zugrunde zu legenden Lehrpläne (Lehrpläne des [X.] oder andere Lehrpläne) Einvernehmen her. Unterrichtsmaterialien sind durch die Lehrkraft oder durch die Musikschülerinnen und Musikschüler zu beschaffen. …

        

(3) Während der Schulferien gemäß der Ferienordnung für das Land Berlin in der jeweils geltenden Fassung sowie an gesetzlichen Feiertagen wird kein Unterricht erteilt. Ausgenommen davon sind einvernehmlich vereinbarte Nachholtermine oder gesondert erteilte Einzelaufträge.

        

§ 4 Zeit und Ort des Unterrichts

        

(1) Im Einzelunterricht kann die [X.]/der Musikschullehrer den Unterrichtstermin und den Unterrichtsort mit den Musikschülerinnen und Musikschülern frei vereinbaren. Bei sonstigen Unterrichtsformen oder Tätigkeiten stellen die Vertragspartner mit der Vereinbarung über den Einzelauftrag Einvernehmen über Zeit und Ort der Leistungserbringung her.

        

(2) Die Musikschule stellt - im Rahmen ihrer Möglichkeiten - unentgeltlich Räume und Instrumente für die Durchführung des Unterrichtes zur Verfügung. Die [X.]/der Musikschullehrer verpflichtet sich, die Raumplanung und das Hausrecht (inkl. Sicherheits- und Brandschutzbestimmungen) zu beachten sowie alle Einrichtungsgegenstände und die Musikinstrumente sachgemäß und pfleglich zu behandeln und die Musikschülerinnen und Musikschüler ebenso hierzu anzuhalten.

        

§ 5 Höhe und Zahlung des Honorars

        

(1) Die Höhe des Honorars richtet sich nach den von der für die [X.] Musikschulen zuständigen Senatsverwaltung aufgrund der Honorarregelung … herausgegebenen Honorarsätzen.

        

(2) Das Honorar ist 10 Tage nach Eingang der Leistungsabrechnung für den vereinbarten Abrechnungszeitraum fällig, frühestens aber zum 15. des Folgemonats. Die Leistungsabrechnung muss der Musikschule mit dem diesem Vertrag als Anlage beigefügten Formblatt bis zum 5. Werktag des dem Abrechnungszeitraum folgenden Monats vorgelegt werden.

        

(3) Mit dem vereinbarten Honorar sind die Durchführung des Einzelauftrags sowie die hierfür notwendigen Vor- und Nacharbeiten (z.B. Vor- und Nachbereitung des Unterrichts, Vorbereitung und Aufräumen des [X.], Beschaffung von Unterrichtsmaterialien) abgegolten.

        

(4) Vergütet werden ausschließlich erbrachte Leistungen. Die §§ 6 und 7 bleiben hiervon unberührt.

        

§ 6 Unterrichtsausfall und Nachholen von Unterricht

        

(1) Ausgefallener Unterricht soll binnen zwei Monaten nach Wegfall des [X.] nachgeholt werden.

        

(2) Ist der Unterrichtsausfall entstanden, weil die Musikschülerin oder der Musikschüler gehindert war, am vereinbarten Unterrichtstermin teilzunehmen, und ist das Nachholen des Unterrichts nicht möglich, so erhält die [X.]/der Musikschullehrer ein Ausfallhonorar in Höhe des vereinbarten Honorars.

        

…       

        

(5) Ist der Unterrichtsausfall durch höhere Gewalt oder dadurch entstanden, dass die [X.]/der Musikschullehrer verhindert ist, besteht kein Anspruch auf Ausfallhonorar.

        

§ 7 Arbeitnehmerähnlichkeit

        

Bei anerkannter Arbeitnehmerähnlichkeit findet das [X.] in der jeweils geltenden Fassung sowie § 125 des [X.] ([X.]) [X.] ([X.]) sowie § 7 Abs. 3 und 4 der … Honorarregelung … Anwendung. Leistungen werden nur auf Antrag gewährt.“

5

Die Klägerin ist der Auffassung gewesen, ein Nebeneinander von Arbeits- und Dienstvertrag sei, wie in § 2 Abs. 2 TV-L normiert, rechtlich ausgeschlossen. Die im Arbeitsverhältnis bestehende persönliche Abhängigkeit bestehe auch im Hinblick auf die Tätigkeiten, die sie im Rahmen des vermeintlichen [X.] schulde. Unabhängig von der vertraglichen Grundlage erteile sie Unterricht, wirke bei Vorspielen der Musikschule mit und nehme an Veranstaltungen wie Elterngesprächen, [X.] und [X.] in gleicher Weise teil. Sie müsse sich an die vom [X.] herausgegebenen Lehrpläne halten. Der Inhalt und die Formalien einer studienvorbereitenden Ausbildung seien ihr im Einzelnen vorgegeben. Insgesamt sei sie für das beklagte Land in einem einheitlichen Arbeitsverhältnis wöchentlich durchschnittlich 28,2 Wochenstunden tätig, was einer Teilzeitquote von 21,63/30 entspreche.

6

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass sie in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis als [X.] mit 21,63/30 einer Vollzeitstelle steht;

        

2.    

für den Fall des - wenigstens teilweisen - Obsiegens mit dem Antrag zu 1. das beklagte Land zu verurteilen, sie bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens als [X.] über das unstreitig im Arbeitsverhältnis bestehende Volumen von 19,5 Wochenstunden hinaus in einem Umfang von weiteren „8,07“ Wochenstunden vorläufig weiterzubeschäftigen.

7

Das beklagte Land hat die Abweisung der Klage mit der Begründung beantragt, ein Musikschullehrer könne seine Tätigkeit sowohl im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses ausüben. Wenn es den Parteien aber frei gestanden habe, den Vertragstypus festzulegen, sei es rechtlich unbedenklich, eine Vertragskonstruktion zu wählen, die die Tätigkeit unterschiedlichen Vertragstypen zuordne.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das [X.] hat die [X.]erufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Zwischen den Parteien besteht kein einheitliches Arbeitsverhältnis. Das beklagte Land beschäftigt die Klägerin nur im Umfang von [X.] der für Vollzeitkräfte maßgeblichen Arbeitszeit als Arbeitnehmerin. Im Hinblick auf die darüber hinausgehende Tätigkeit als Musikschullehrerin liegt ein freies Mitarbeiterverhältnis vor.

I. Streitgegenstand des Urteils des [X.]s und Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Frage, ob zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] der Umfang der [X.]eschäftigung über die zwischen den Parteien unstreitige Teilzeitquote (halbe Stelle = 15/30 einer Vollzeitstelle) hinaus weitere 6,63/30 einer Vollzeitstelle beträgt.

1. Die Klägerin begehrt die gegenwartsbezogene Klärung des [X.]eschäftigungsumfangs. Nicht Gegenstand des Rechtsstreits ist, ob seit [X.]eginn des [X.] die von der Klägerin behauptete Teilzeitquote vereinbart war. Dies ergibt die Auslegung des Klageantrags zu 1.

a) [X.]ei der Feststellung, welches Rechtsschutzbegehren aufgrund welchen Lebenssachverhalts und damit welchen Streitgegenstand die Klagepartei dem Gericht unterbreitet hat, sind die für die Auslegung von Willenserklärungen im Prozessrecht maßgeblichen Grundsätze anzuwenden. [X.] sind danach im Zweifel so auszulegen, dass dasjenige gewollt ist, was aus Sicht der Prozessparteien nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht. Jedoch sind auch die schutzwürdigen [X.]elange des Erklärungsadressaten zu berücksichtigen. Das verbietet es, eindeutigen Erklärungen nachträglich einen Sinn zu geben, der dem Interesse des Erklärenden am besten dient. Zur Auslegung der entsprechenden Prozesserklärung ist auch das Revisionsgericht befugt ([X.] 10. Dezember 2014 - 7 [X.] - Rn. 17).

b) Nach diesen Grundsätzen hat der Antrag der Klägerin allein die gegenwartsbezogene Feststellung ihres [X.]eschäftigungsumfangs zum Gegenstand. Der Wortlaut des Antrags, „festzustellen“, dass die Klägerin in einem „Arbeitsverhältnis … steht“, enthält keinen [X.]ezug auf die Vergangenheit, insbesondere ist ihm kein Datum zu entnehmen, das den [X.]eginn eines bestimmten Zeitraums kennzeichnete. Das vom [X.] vorgegebene Auslegungsergebnis wird durch die im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht abgegebene Erklärung der Klägerin bestätigt. Ausweislich des [X.] hat sich die Klägerin dahin gehend geäußert, sie gehe von einem einheitlichen Arbeitsverhältnis seit dem 18. Juni 1986 aus. Damit bezieht sie sich allein auf ihre Ankündigung in der Klageschrift vom 16. Oktober 2015 und im Schriftsatz vom 14. April 2016, in dem sie unter [X.]ezugnahme auf die Entscheidung des [X.] vom 8. November 2006 (- 5 [X.] 706/05 - [X.]E 120, 104) mitgeteilt hat, zu einem späteren Zeitpunkt den „Zeitraum im Sinne der Rechtsprechung des [X.]“ klarzustellen. Dass die Klägerin den Zeitraum zu Protokoll erklärte, ihn aber nicht in den anschließend zur Entscheidung gestellten Klageantrag zu 1. aufnahm, belegt, dass sie an dem Gegenwartsbezug des Streitgegenstands hat festhalten und lediglich ihrer Obliegenheit hat nachkommen wollen, das beklagte Land darüber zu informieren, für welchen Zeitraum sie sich eine Neuberechnung der ausgetauschten Leistungen vorbehält.

2. Der Klageantrag zu 1. ist ungeachtet seines weiten Wortlauts dahin gehend auszulegen, dass die Klägerin lediglich die Feststellung einer 15/30 einer Vollzeitstelle übersteigenden Teilzeitquote, also die Feststellung einer Teilzeitquote von 6,63/30 einer Vollzeitstelle begehrt. Das ergibt sich aus der Klagebegründung. Streitig ist zwischen den Parteien nicht das „Ob“ des Arbeitsverhältnisses, sondern lediglich dessen Umfang. Das beklagte Land bestreitet nicht, dass die Klägerin bei ihr in Teilzeit beschäftigt ist. Uneinigkeit herrscht zwischen den Parteien lediglich in [X.]ezug auf den Umfang der Teilzeit. Ginge man davon aus, die Klägerin [X.] eine gerichtliche Feststellung auch hinsichtlich des unstreitigen Teils des Arbeitsverhältnisses, wäre die Klage insoweit mangels Feststellungsinteresses teilweise unzulässig (§ 256 Abs. 1 ZPO). Eine solche Feststellung ist aber ersichtlich von der Klägerin nicht gewollt.

II. Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Tätigkeit der Klägerin stellt, soweit sie über den im Arbeitsvertrag vom 18. Juni 1986 vereinbarten Umfang hinausgeht, eine solche in freier Mitarbeit dar. Mit Abschluss des [X.] vom 24. Juli 2013 vereinbarten die Parteien neben dem fortbestehenden Arbeitsverhältnis ein freies Dienstverhältnis iSd. § 611 [X.]G[X.]. Der auf vorläufige Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gerichtete unechte Hilfsantrag fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an.

1. Das [X.] ist zutreffend von den rechtlichen Grundsätzen ausgegangen, die das [X.] zur Abgrenzung eines Arbeitsverhältnisses von dem Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters aufgestellt hat.

a) Ein Arbeitsverhältnis unterscheidet sich von dem Rechtsverhältnis eines freien Dienstnehmers durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befindet. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen [X.]s im Dienste eines anderen zur Leistung [X.], fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (vgl. § 84 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 HG[X.]). Dabei hat auch die Eigenart der jeweiligen Tätigkeit Einfluss auf den Grad der persönlichen Abhängigkeit. Letztlich kommt es für die [X.]eantwortung der Frage, welches Rechtsverhältnis im konkreten Fall vorliegt, auf eine Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls an. Der jeweilige [X.]styp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt. Die zwingenden gesetzlichen Regelungen für Arbeitsverhältnisse können nicht dadurch abbedungen werden, dass die Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere [X.]ezeichnung geben. Der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des [X.]s zu entnehmen. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist letztere maßgeblich, weil sich aus der praktischen Handhabung der [X.]sbeziehungen am ehesten Rückschlüsse darauf ziehen lassen, von welchen Rechten und Pflichten die [X.]sparteien ausgegangen sind, was sie also wirklich gewollt haben ([X.] 11. August 2015 - 9 [X.] 98/14 - Rn. 16). Die neu eingefügte Vorschrift des § 611a [X.]G[X.] spiegelt diese Rechtsgrundsätze wider.

b) Für den schulischen [X.]ereich hat die Rechtsprechung die Kriterien, anhand deren der Arbeitsvertrag vom freien Dienstvertrag abzugrenzen ist, in mehreren Entscheidungen konkretisiert. Maßgeblich ist danach, wie intensiv die Lehrkraft in den Unterrichtsbetrieb eingebunden ist, in welchem Umfang sie den Unterrichtsinhalt, die Art und Weise der Unterrichtserteilung, ihre Arbeitszeit und die sonstigen Umstände der Dienstleistung mitgestalten und inwieweit sie zu Nebenarbeiten herangezogen werden kann (vgl. [X.] 20. Januar 2010 - 5 [X.] 106/09 - Rn. 19 mwN). Für Lehrkräfte außerhalb von Universitäten und Hochschulen geht das [X.] davon aus, dass diejenigen, die an allgemeinbildenden Schulen unterrichten, in aller Regel Arbeitnehmer sind, auch wenn es sich bei ihrem Unterricht um eine nebenberufliche Tätigkeit handelt (vgl. [X.] 14. Januar 1982 - 2 [X.] 254/81 - zu [X.] der Gründe, [X.]E 37, 305; 16. März 1972 - 5 [X.] 460/71 -). Demgegenüber können [X.], die außerhalb schulischer Lehrgänge unterrichten, auch als freie Mitarbeiter beschäftigt werden, und zwar selbst dann, wenn es sich bei ihrem Unterricht um aufeinander abgestimmte Kurse mit vorher festgelegtem Programm handelt (vgl. [X.] 24. Juni 1992 - 5 [X.] 384/91 - zu II 2 a der Gründe). Gleiches gilt für Lehrkräfte an Musikschulen (vgl. [X.] 19. November 1997 - 5 [X.] 21/97 - zu II der Gründe). Anders als im Falle der allgemeinbildenden Schulen besteht für Musikschulen kein Schulzwang, es gibt im Regelfall keine förmlichen Abschlüsse, der Unterricht ist zumeist weniger reglementiert, das Ausmaß der Kontrolle durch den Unterrichtsträger und der Umfang der erforderlichen Nebenarbeiten geringer. Als Arbeitnehmer sind Musikschullehrer deshalb nur dann anzusehen, wenn die [X.]sparteien dies vereinbart haben oder im Einzelfall festzustellende Umstände hinzutreten, die auf den für das [X.]estehen eines Arbeitsverhältnisses erforderlichen Grad persönlicher Abhängigkeit schließen lassen. Als solche Umstände kommen das Recht des Schulträgers, die zeitliche Lage der Unterrichtsstunden einseitig zu bestimmen, den Unterrichtsgegenstand oder Art und Ausmaß der Nebenarbeiten einseitig festzulegen, eine intensivere Kontrolle nicht nur des jeweiligen Leistungsstands der Schüler, sondern auch des Unterrichts selbst oder die Inanspruchnahme sonstiger Weisungsrechte in [X.]etracht (vgl. [X.] 24. Juni 1992 - 5 [X.] 384/91 - zu II 2 b bb der Gründe).

2. In Anwendung dieser Grundsätze hat das [X.] in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, die Klägerin sei nicht als Arbeitnehmerin, sondern als freie Dienstnehmerin anzusehen, soweit sie über den im Arbeitsvertrag vom 18. Juni 1986 vereinbarten Umfang hinaus für das beklagte Land tätig werde.

a) Die Tatsacheninstanzen haben bei der Prüfung des Arbeitnehmerstatus einen weiten [X.]eurteilungsspielraum. Ihre Würdigung ist nur daraufhin zu überprüfen, ob sie den Rechtsbegriff des Arbeitnehmers selbst verkannt, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt, bei der Subsumtion den Rechtsbegriff wieder aufgegeben oder wesentliche Umstände außer [X.]etracht gelassen haben ([X.] 21. Juli 2015 - 9 [X.] 484/14 - Rn. 21 mwN).

b) Die Entscheidung des [X.]s hält der revisionsrechtlichen Prüfung stand.

aa) Zutreffend hat das [X.] seiner [X.]eurteilung den Honorarvertrag, der den vorangegangenen Dienstvertrag ersetzte, zugrunde gelegt.

bb) Der Honorarvertrag, den die Parteien unter dem 24. Juli 2013 schlossen, zielt auf die [X.]egründung eines Rechtsverhältnisses als freie Dienstnehmerin. Hinsichtlich der späteren Durchführung des [X.]s hat das [X.] keine Tatsachen festgestellt, die eine abweichende [X.]ewertung rechtfertigen. Die Gesamtwürdigung, an deren Ende das [X.] zu dem Ergebnis gelangt ist, die Parteien hätten mit dem Honorarvertrag einen [X.] über eine freie Dienstleistung geschlossen, ist daher nicht zu beanstanden.

(1) Die von den Parteien gewählte Kennzeichnung des [X.]s als „Honorarvertrag“ und der [X.]sparteien als „[X.]spartner/in 1“ und „[X.]spartner/in 2“ weist auf einen freien Dienstvertrag hin. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 des [X.] wird die Klägerin für die Musikschule als „freie Mitarbeiterin“ tätig. Der Vorrang der praktischen Handhabung der [X.]sbeziehungen vor der formalen [X.]stypenwahl durch die Parteien bedeutet nicht, dass die Entscheidung der Parteien für eine bestimmte Art von [X.] irrelevant wäre. Kann die vertraglich vereinbarte Tätigkeit - wie im Streitfall - typologisch sowohl in einem Arbeitsverhältnis als auch selbstständig erbracht werden, ist die Entscheidung der [X.]sparteien für einen bestimmten [X.]stypus im Rahmen der bei jeder Statusbeurteilung erforderlichen Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen ([X.] 9. Juni 2010 - 5 [X.] 332/09 - Rn. 19).

(2) Der Honorarvertrag räumt der Musikschule keinerlei Weisungsrechte ein. Vielmehr bestimmt § 3 Abs. 2 Satz 1 des [X.], dass die Klägerin bei der Gestaltung und Durchführung ihres Unterrichts frei und an Weisungen der Musikschule nicht gebunden ist. Darüber hinaus ist die Musikschule nicht befugt, der Klägerin Weisungen hinsichtlich der dem Unterricht zugrunde zu legenden Lehrpläne zu erteilen. In dieser Hinsicht haben die [X.]sparteien Einvernehmen zu erzielen (§ 3 Abs. 2 Satz 2 des [X.]). Im Einzelunterricht ist es das Recht der Klägerin, die Unterrichtstermine frei mit den Schülern zu vereinbaren (§ 4 Abs. 1 Satz 1 des [X.]). [X.]ei sonstigen Unterrichtsformen oder Tätigkeiten stellen die [X.]sparteien hierüber Einvernehmen her (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 des [X.]). Soweit § 3 Abs. 3 Satz 1 des [X.] vorsieht, dass während der Schulferien dem Grundsatz nach kein Unterricht stattfindet, ist dies Gegenstand der Leistungsvereinbarung und nicht Ausfluss eines Weisungsrechts, das der Musikschule zustünde. Die Vereinbarung unter § 4 Abs. 2 Satz 1 des [X.], der zufolge die Musikschule im Rahmen ihrer Möglichkeiten der Klägerin Räumlichkeiten zur Verfügung stellt, erweitert die Handlungsmöglichkeiten der Klägerin, ohne der Musikschule ein Weisungsrecht hinsichtlich des Orts, an dem die Klägerin ihre Tätigkeiten zu erbringen hat, einzuräumen.

(3) Auch die vertraglichen Regelungen zum Ausfall von Unterricht legen die Annahme eines freien Dienstvertrags nahe. Der [X.] enthält keinerlei [X.]estimmungen, die die Klägerin verpflichteten, der Musikschule eine Verhinderung, etwa infolge von Krankheit, anzuzeigen. Anders als ein Arbeitnehmer (vgl. [X.] 27. Januar 2016 - 5 [X.] 9/15 - Rn. 22, [X.]E 154, 100) ist die Klägerin darüber hinaus dem Grundsatz nach verpflichtet, ausgefallenen Unterricht nachzuholen (§ 6 Abs. 1 des [X.]).

(4) Gegen die Ansicht der Klägerin, der Honorarvertrag sei der Sache nach ein Arbeitsvertrag, spricht schließlich § 7 des [X.]. Danach stehen der Klägerin für den Fall, dass sie eine arbeitnehmerähnliche Person sein sollte, bestimmte Honorar- und Urlaubsansprüche zu. Einer solchen Regelung hätte es nicht bedurft, wenn die Parteien bei Abschluss des [X.] ein Arbeitsverhältnis hätten begründen wollen.

(5) Ein weiteres Indiz für einen [X.]swillen, der auf die Vereinbarung eines Rechtsverhältnisses als freie Mitarbeiterin gerichtet ist, findet sich in § 3 Abs. 2 Satz 3 des [X.]. Danach ist die Klägerin verpflichtet, die für den Unterricht erforderlichen Materialien zu beschaffen oder durch die zu unterrichtenden Musikschüler beschaffen zu lassen (vgl. [X.] 11. August 2015 - 9 [X.] 98/14 - Rn. 29).

(6) Für den Status als freie Mitarbeiterin unerheblich ist § 5 des [X.]. Hiernach ist von der Klägerin eine Leistungsabrechnung zu erstellen (vgl. § 5 Abs. 2 des [X.]). Zu vergüten sind - abgesehen von den Regelungen der §§ 6 und 7 - nach § 5 Abs. 4 des [X.] ausschließlich erbrachte Leistungen. Die Art der Vergütung spielt für die Abgrenzung eines Dienstvertrags von einem Arbeitsvertrag keine Rolle, da sich die persönliche Abhängigkeit des Verpflichteten danach bestimmt, inwieweit die Ausführung der versprochenen Dienste weisungsgebunden und damit fremdbestimmt erfolgt. Entscheidend sind demnach allein die Umstände der Dienstleistung, nicht aber die Modalitäten der Entgeltzahlung (vgl. [X.] 21. Juli 2015 - 9 [X.] 484/14 - Rn. 29).

(7) Nicht zwingend für ein Arbeitsverhältnis spricht, dass die Klägerin gemäß § 3 Abs. 1 des [X.] verpflichtet ist, die vereinbarten Einzelaufträge persönlich wahrzunehmen. Zwar ist es typisch für ein Arbeitsverhältnis, dass der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung persönlich zu erbringen hat (vgl. § 613 [X.]G[X.]). Allerdings ist dem Dienstvertragsrecht eine Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung nicht fremd. Dies gilt vor allem in Fällen der Erteilung von Unterricht, in denen es - wie hier - auf ein persönliches Verhältnis zwischen Schüler und Lehrer ankommt.

cc) Das [X.] hat keinerlei Tatsachen festgestellt, die darauf schließen lassen, dass die tatsächliche Durchführung des [X.] von den [X.]estimmungen des [X.] abweicht. Die Klägerin hat schon nicht dargelegt, die Musikschule habe in Überschreitung der ihr aufgrund des [X.] zustehenden [X.]efugnisse Weisungsrechte für sich in Anspruch genommen und ihr Vorgaben hinsichtlich des Inhalts, der Zeit oder des Orts ihrer Tätigkeit gemacht. Soweit die Klägerin geltend macht, das beklagte Land habe erwartet, dass sie sich an der studienvorbereitenden Ausbildung und an Vorspielen ihrer Schüler in gleicher Weise wie im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses beteiligt, übersieht sie, dass die Äußerung von Erwartungen mit der Erteilung von Weisungen nicht identisch ist. Soweit die Klägerin ausführt, die Leiterin der Musikschule habe sie darauf hingewiesen, mit dem Honorar gemäß §§ 5 und 6 des [X.] seien auch die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts, die Teilnahme an Vorspielen, Schulkonferenzen sowie Elterngesprächen abgegolten, ist dies eine Mitteilung über die Vergütungsstruktur, ohne entsprechende Handlungspflichten der Klägerin zu begründen. Hinsichtlich des Vortrags, der Inhalt und die Formalien einer studienvorbereitenden Ausbildung seien vorgegeben, fehlt es ebenso an der Darlegung, das beklagte Land habe ihr in [X.]ezug auf die nach dem Honorarvertrag geschuldete Tätigkeit entsprechende Weisungen erteilt, wie hinsichtlich des Vortrags, sie habe an [X.], Musikwettbewerben, Dienstberatungen und anderen Veranstaltungen der Musikschule teilgenommen. Gleiches gilt für die Darlegung, Schüler seien wechselnd auf der Grundlage des Arbeitsvertrags und des [X.] unterrichtet worden. Schließlich hat die Klägerin nicht dargelegt, dass etwaige Abweichungen der [X.]spraxis vom [X.]sinhalt von dem Willen der am Abschluss des [X.] beteiligten Parteien umfasst waren. Die [X.]spraxis lässt nämlich nur dann Rückschlüsse auf den wirklichen Geschäftswillen der [X.]sparteien zu, wenn die zum [X.]sabschluss berechtigten Personen die vom [X.]swortlaut abweichende [X.]spraxis kennen und sie zumindest billigen (vgl. [X.] 20. September 2016 - 9 [X.] 735/15 - Rn. 45). So hat die Klägerin die auf Seiten des beklagten [X.] zur [X.]sänderung befugten Personen nicht benannt.

3. Die Einwände, die die Klägerin erhebt, verhelfen der Revision nicht zum Erfolg.

a) Soweit die Klägerin geltend macht, für die Musikschüler habe es keinen Unterschied gemacht, ob sie den Unterricht auf der Grundlage des Arbeitsvertrags oder auf der Grundlage des [X.] erbracht habe, verkennt sie, dass es für die Abgrenzung verschiedener [X.]stypen nicht auf die Außenwirkung gegenüber Dritten, sondern allein auf die rechtlichen [X.]efugnisse der [X.]sparteien im Innenverhältnis ankommt. Die [X.]efugnisse, die der Honorarvertrag der Musikschule einräumt, sind nicht die eines Arbeitgebers, sondern solche eines Dienstberechtigten.

b) Der Umstand, dass die Klägerin neben dem Dienstverhältnis in einem Arbeitsverhältnis zum beklagten Land steht, ist nicht entscheidungserheblich. Ebenso wie ein Arbeitnehmer mehrere Arbeitsverhältnisse (vgl. [X.] 31. März 2017 - [X.] 12 R 7/15 R - Rn. 49) - auch zu ein und demselben Arbeitgeber (vgl. § 2 Abs. 2 TV-L) - eingehen kann, ist es rechtlich nicht von vornherein ausgeschlossen, dass er zur selben Person in einem Arbeitsverhältnis und darüber hinaus in einem Dienstverhältnis steht. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass das dem Arbeitgeber aufgrund des Arbeitsvertrags zustehende Weisungsrecht - wie hier - nicht für die Tätigkeiten gilt, die der [X.]spartner aufgrund des Dienstverhältnisses schuldet. Wollte man anders entscheiden, beschnitte dies in unzulässiger Weise die verfassungsrechtlich verbürgte [X.]sfreiheit der Parteien (Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 GG). Denn es stände nicht länger in ihrer Rechtsmacht, neben einem bereits bestehenden Arbeitsverhältnis ein Dienstverhältnis zu begründen. Für eine derartige Einschränkung der [X.]sfreiheit, die sich in der Praxis nicht nur zulasten des beklagten [X.], sondern auch zulasten der Klägerin auswirkte, fehlt es an der erforderlichen Rechtsgrundlage.

c) Die tarifvertragliche Regelung des § 2 Abs. 2 TV-L, die [X.] auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung findet, gibt kein anderes Ergebnis vor. Gemäß § 2 Abs. 2 TV-L dürfen mehrere Arbeitsverhältnisse zu demselben Arbeitgeber nur begründet werden, wenn die jeweils übertragenen Tätigkeiten nicht in einem unmittelbaren Sachzusammenhang stehen; andernfalls gelten sie als ein Arbeitsverhältnis. Mehrere Arbeitsverhältnisse zu demselben Arbeitgeber liegen im Streitfall nicht vor. Die Parteien verbindet ein Arbeitsverhältnis und ein freies Dienstverhältnis.

III. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    [X.]rühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Suckow    

        

        

        

    [X.]    

        

    Martin Lücke    

                 

Meta

9 AZR 851/16

27.06.2017

Bundesarbeitsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Berlin, 4. Mai 2016, Az: 56 Ca 14495/15, Urteil

§ 611a BGB, § 84 Abs 1 S 2 HGB, § 84 Abs 2 HGB, § 611 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.06.2017, Az. 9 AZR 851/16 (REWIS RS 2017, 9036)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 9036

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