Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.05.2003, Az. IX ZR 169/02

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 2908

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:27. Mai 2003PreußJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem [X.]:[X.]:ja [X.] § 133 Abs. 1a)Eine Zahlung, die der Schuldner zur Abwendung von Zwangsvollstreckungs-maßnahmen an den Gerichtsvollzieher leistet, ist eine Rechtshandlung [X.].b)Gewährt der Schuldner dem Gläubiger auf eine fällige Forderung eine Leistungfrüher als drei Monate vor dem Eröffnungsantrag, so stellt sie sich nicht [X.] als inkongruente Deckung dar, weil sie zur Vermeidung einer unmittelbarbevorstehenden Zwangsvollstreckung erfolgt.c)Für den [X.] genügt auch bei einer [X.] bedingter [X.])Einem Schuldner, der weiß, daß er nicht alle seine Gläubiger befriedigen kann,und der Forderungen eines einzelnen Gläubigers vorwiegend deshalb erfüllt, umdiesen von der Stellung eines [X.] abzuhalten, kommt es nicht inerster Linie auf die Erfüllung seiner gesetzlichen oder vertraglichen Pflichten,sondern auf die Bevorzugung dieses einzelnen Gläubigers an; damit nimmt er [X.] der Gläubiger im allgemeinen in Kauf.[X.], [X.]eil vom 27. Mai 2003 - [X.] - [X.] 2 - LG Rottweil- 3 -Der IX. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 27. Mai 2003 durch [X.] erkannt:Die Revision gegen das [X.]eil des 5. Zivilsenats des [X.] vom 15. Juli 2002 wird auf Kosten der [X.].Von Rechts [X.]:Der Kläger ist Verwalter in dem am 27. Juli 2000 eröffneten Insolvenz-verfahren über das Vermögen des [X.], Inhaber der Firma [X.] (im folgenden: Schuldner). Zuletzt hatte der Betrieb des [X.] sieben oder acht Mitarbeiter, für die Sozialversicherungsbeiträge auch andie beklagte Innungskrankenkasse abzuführen waren.[X.] geriet im [X.] 1999 in wirtschaftliche Schwierigkeiten,weil sein Hauptauftraggeber, über dessen Vermögen das [X.] 27. Oktober 1999 eröffnet wurde, Zahlungsverpflichtungen ihm [X.] nur noch schleppend, später gar nicht mehr erfüllen konnte. [X.] aufgelaufenen Beitragsrückstände bei der [X.] erteilte diese [X.] 1999 dem zuständigen Gerichtsvollzieher einen ersten [X.] -kungsauftrag über insgesamt 28.216,47 DM. Nachdem ein vom Schuldner andie [X.] gegebener Scheck über 12.000 DM am 15. September 1999 vondem bezogenen Geldinstitut wegen fehlender Deckung unbezahlt zurückgege-ben und nicht eingelöst worden war, forderte die [X.] den Schuldner [X.] vom 15. und 24. September 1999 erneut zur Begleichung der [X.] auf, die sich mittlerweile auf 31.418,14 DM beliefen.Anfang Oktober 1999 informierte der Gerichtsvollzieher den Schuldnerüber den vorliegenden Vollstreckungsauftrag der [X.]. Um Zwangsvoll-streckungsmaßnahmen abzuwenden, leistete der Schuldner am [X.] an den Gerichtsvollzieher eine Barzahlung in Höhe von [X.]. Von diesem Betrag wurden 9.790,35 DM an die [X.] abgeführtund dieser am 22. Oktober 1999 gutgeschrieben; der Restbetrag wurde zurvollständigen Befriedigung einer Forderung eines anderen Sozialversiche-rungsträgers verwendet. Am 26. Oktober 1999 erbrachte der Schuldner an [X.] eine weitere Barzahlung in Höhe von 10.000 DM, von dernach Abzug der Kosten ein Betrag in Höhe von 9.972,50 DM an die [X.] und dieser am 10. November 1999 gutgeschrieben wurde. [X.] vom 22. November 1999 forderte die [X.] Rückführung der zwi-schenzeitlich aufgelaufenen Beitragsrückstände in Höhe von 31.243,28 DM.Am 23. November 1999 zahlte der Schuldner wiederum an den Gerichtsvoll-zieher einen Betrag von 9.000 DM, der in Höhe von 2.272,30 DM an die [X.] weitergeleitet und dieser am 28. Dezember 1999 gutgeschrieben wurde.Der Differenzbetrag wurde zur vollständigen Erfüllung von Forderungen [X.] Sozialversicherungsträger verwendet, die gleichfalls Vollstreckungsaufträgeerteilt hatten. Laut Mahnschreiben der [X.] vom 17. Dezember 1999 wa-ren zwischenzeitlich Beitragsrückstände in Höhe von 34.861 [X.] 5 -Am 24. Januar 2000 leistete der Schuldner an den Gerichtsvollzieher eineweitere Zahlung von 14.945 DM, die der [X.] am 27. Januar 2000 gutge-schrieben wurde. Mit Schreiben vom 18. April 2000 beantragte die [X.] die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen [X.].Der Kläger hat unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung ge-mäß § 133 [X.] Rückgewähransprüche in Höhe von 36.980,15 DM geltendgemacht. In der ersten Instanz hat die [X.] die Klageforderung in [X.] von 14.945 DM anerkannt und ist insoweit durch Teil-Aner-kenntnisurteil vom 23. Oktober 2001 zur Zahlung verurteilt worden. Mit [X.] Schlußurteil vom 13. November 2001 hat das [X.] auch der [X.] des weiteren Betrages von 22.035,15 DM gerichteten Klage stattge-geben. Die dagegen gerichtete Berufung der [X.] hat das Berufungsge-richt zurückgewiesen. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt die [X.] auf Klageabweisung gerichtetes Begehren im Umfange des nicht aner-kannten Teiles der Klageforderung weiter.Entscheidungsgründe:Die Revision hat keinen Erfolg.[X.] -Das Berufungsgericht hat einen Anspruch des [X.] auf [X.] § 143 Abs. 1, § 133 Abs. 1 [X.] in Höhe von 11.266,39 (= 22.035,15 DM) mit folgender Begründung angenommen: Die Zahlungen [X.] vom 8. Oktober, 26. Oktober und vom 23. November 1999 an [X.] seien als "Rechtshandlungen des Schuldners" im Sinne des§ 133 Abs. 1 [X.] anzusehen. Es habe sich bei den Leistungen nicht um Pfän-dungen, sondern um freiwillige Zahlungen des Schuldners gehandelt, der Voll-streckungsmaßnahmen - mit der befürchteten weiteren Folge eines [X.] der [X.] - gerade habe vermeiden wollen. Die Zahlungenkönnten daher weder als Vollstreckungsmaßnahmen angesehen noch solchengleichgestellt werden; sie seien vielmehr Rechtshandlungen des Schuldners imSinne des § 133 Abs. 1 Satz 1 [X.]. [X.] habe diese Zahlungenauch mit dem Vorsatz geleistet, seine Gläubiger zu benachteiligen. Da [X.] zur Abwendung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen auf eine fäl-lige Forderung der [X.] geleistet habe, sei eine inkongruente Deckunggegeben, die nach ständiger Rechtsprechung des [X.] einBeweisanzeichen für einen [X.] des Schuldnerssei. Der Fall, daß der Schuldner trotz Gewährung einer inkongruenten [X.] habe, mit Sicherheit alle seine Gläubiger befriedigen zu können,sei hier nicht gegeben. Die gewährte inkongruente Deckung sei auch ein [X.] dafür, daß der [X.] im Zeitpunkt der Zahlungen der [X.] des Schuldners bekannt gewesen sei. Daß dieseKenntnis bei der [X.] vorhanden gewesen sei, könne im übrigen auchaus den gesamten Umständen geschlossen werden.[X.] -Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten im Ergebnis einerrechtlichen Überprüfung stand.1. Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß [X.] bei den angefochtenen Zahlungen um Rechtshandlungen des [X.] Sinne des § 133 Abs. 1 Satz 1 [X.] handelt.a) Zwar unterliegen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen von [X.] solche regelmäßig nicht der Anfechtung gemäß § 133 [X.], weil dieseNorm eine Rechtshandlung des Schuldners voraussetzt. Nach § 133 [X.] an-fechtbar ist eine im Rahmen oder aus Anlaß einer Zwangsvollstreckung er-folgte Vermögensverlagerung jedoch dann, wenn dazu zumindest auchRechtshandlungen des Schuldners beigetragen haben (vgl. MünchKomm-[X.]/Kirchhof, § 133 Rn. 8; [X.], in: [X.], [X.] § 133 Rn. 3; vgl.auch [X.]Z 143, 332, 333 f).b) Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen [X.] hat die [X.] die ihr aufgrund der Zahlungen [X.] an den Gerichtsvollzieher gutgeschriebenen Beträge nicht durchPfändung und Wegnahme des Geldes durch den Gerichtsvollzieher (§ 808Abs. 1, § 815 Abs. 3 ZPO) oder durch sonstige Vollstreckungsmaßnahmen [X.]. Vielmehr hat der Schuldner die Teilzahlungen auf die Beitragsforderun-gen der [X.] nach der Mitteilung des Gerichtsvollziehers, es liege [X.] der [X.] vor, erbracht, bevor es zur Vornahme [X.] kam. [X.] wollte durch die [X.] gerade verhindern, weil er befürchtete, daß er die- 8 -eidesstattliche Versicherung würde abgeben müssen und die [X.] sodannInsolvenzantrag stellen würde. Zahlungen, die ein Schuldner freiwillig oder zurAbwendung der Zwangsvollstreckung an den Gerichtsvollzieher erbringt, sindaber selbst keine Zwangsvollstreckungsmaßnahmen von Gläubigern (vgl.§§ 754, 755 [X.]) Der Umstand, daß ein Schuldner nur unter dem Druck der drohendenZwangsvollstreckung zahlt, rechtfertigt keine Gleichsetzung dieser Leistungendes Schuldners mit Vermögenszugriffen, die durch Vornahme von Zwangsvoll-streckungsmaßnahmen erfolgen. Ein sachlicher Grund für eine unterschiedli-che Beurteilung besteht schon darin, daß bei der Zahlung durch den [X.] Verminderung des allen Gläubigern zur Verfügung stehenden Schuldner-vermögens auf einer Handlung des Schuldners beruht. Entgegen der Meinungder Revision stellt es keinen Widerspruch dar, daß die Leistung zur Vermei-dung der Zwangsvollstreckung in der "kritischen Zeit" inkongruent im Sinne von§ 131 [X.], gleichwohl aber eine Rechtshandlung des Schuldners im Sinnedes § 133 [X.] ist. Ob der Gerichtsvollzieher in jedem Falle auf die Barmittel,mit denen der Schuldner die Teilzahlungen erbracht hat, auch im Wege [X.] hätte zugreifen können, ist nicht erheblich.d) Der vom Senat in der Entscheidung vom 11. April 2002 - [X.]/01, [X.], 1193, 1194 angesprochene Grundsatz, daß die [X.] Gläubigers, sich mit Hilfe hoheitlicher Zwangsmittel eine rechtsbeständigeSicherung oder Befriedigung der eigenen fälligen Forderungen zu verschaffen,hinter dem Schutz der Gläubigergesamtheit zurücktritt, gilt für Zwangsvollstrek-kungsmaßnahmen des Gläubigers nach dem System der [X.] lediglich für den von § 131 [X.] erfaßten Zeitraum (dazu- 9 -unten unter [X.] der Entscheidungsgründe; zum alten Recht vgl. [X.]Z 136,309, 312 f sowie § 33 KO). Wenn es aber wie hier nicht bloß um Zwangsvoll-streckungsmaßnahmen des Gläubigers geht, sondern (auch Mitwirkungs-)Handlungen des Schuldners in Rede stehen, erweitert § 133 Abs. 1 [X.] denAnfechtungszeitraum auf die letzten zehn Jahre vor dem Eröffnungsantrag. [X.], daß die vorsätzliche Benachteiligung der Gläubigerge-samtheit durch den Schuldner innerhalb einer längeren Frist zur [X.], gilt auch für solche Rechtshandlungen, die der Schuldner aus Anlaßoder im Rahmen der Zwangsvollstreckung vornimmt.2. Das Berufungsgericht hat das Vorliegen einer objektiven Gläubiger-benachteiligung (§ 129 [X.]) als Voraussetzung eines jeden anfechtungs-rechtlichen Rückgewähranspruches nicht ausdrücklich bejaht. Sie ergibt sichaber aus den sonstigen Feststellungen des Berufungsgerichts.Die Insolvenzordnung versteht den Begriff der Gläubigerbenachteiligungnicht anders als das bisherige Recht ([X.], [X.]. v. 11. April 2002 aaO). [X.] die Insolvenzgläubiger benachteiligt, wenn die Insolvenzmasse [X.] anfechtbare Handlung verkürzt worden ist, wenn sich also die Befriedi-gungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die fragliche Handlung beiwirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (vgl. [X.]Z 124,76, 78 f). Hinsichtlich der Zahlungen, für die der Schuldner nach dem - nichtbestrittenen - Vortrag des [X.] von seinen Auftraggebern [X.] verwendet hat, bestehen an dem Vorliegen einer zumindest mittel-baren Gläubigerbenachteiligung, die für § 133 Abs. 1 [X.] genügt (Münch-Komm-[X.]/Kirchhof, § 133 Rn. 11), keine Zweifel. Entgegen der [X.] Revision sind die Gläubiger aber auch durch diejenigen Zahlungen, für die- 10 -der Schuldner ihm von seiner Mutter überlassene Geldmittel verwendet hat,durch eine Verkürzung der Insolvenzmasse benachteiligt worden.a) Die Revision ist der Ansicht, es könne insoweit keine Gläubigerbe-nachteiligung eingetreten sein, weil Privatvermögen eingesetzt worden sei, dasden Gläubigern niemals zur Verfügung gestanden hätte. Diese Auffassung gehtschon deshalb fehl, weil die Zahlungen nicht unmittelbar aus dem [X.] Mutter an die [X.] oder den Gerichtsvollzieher erfolgt sind, sonderndem Schuldner die Geldmittel in einer Größenordnung von etwa 12.000 DMvon seiner Mutter darlehensweise überlassen worden waren. Nach der von [X.] in Bezug genommenen Bekundung des Schuldners in der mündlichenVerhandlung vor dem Berufungsgericht hat ihm seine Mutter ab August 1999einen Gesamtbetrag von etwa 12.000 DM zur Verfügung gestellt, "damit esweitergehen sollte". [X.] hat die Zahlungen an den [X.] teils in dessen, teils in seinem Büro bar geleistet und mit dem Gerichtsvoll-zieher abgesprochen, daß die Zahlungsbeträge auf einzelne Gläubiger aufge-teilt werden sollten. Dem Vorschlag des Gerichtsvollziehers, zunächst die klei-neren Forderungen zu erfüllen, hat der Schuldner zugestimmt.b) Danach sind die dem Schuldner von seiner Mutter darlehensweiseüberlassenen Geldmittel zunächst in sein Vermögen gelangt. Die Zahlungen anden Gerichtsvollzieher erfolgten sodann aus dem haftenden Vermögen [X.]. Die darin liegende Gläubigerbenachteiligung wird nicht dadurchausgeschlossen, daß die Geldmittel dem Schuldner von seiner Mutter zu [X.] zur Verfügung gestellt wurden, durch Teilzahlungen an Gläubiger [X.] Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und einen eventuellen [X.] vermeiden. Ob ein Darlehen einem bestimmten Zweck dienen soll, ist [X.] 11 -fechtungsrechtlich grundsätzlich unerheblich, solange die Zweckvereinbarungnicht aus Gründen treuhänderischer Bindung zur Unpfändbarkeit des [X.] und der ausgezahlten Darlehensvaluta führt (Senat, [X.]. v.7. Februar 2002 - [X.], [X.], 489, 490). Die Annahme einer [X.] treuhänderischen Bindung scheidet nach den tatsächlichen [X.] vorliegenden Falles aber schon deshalb aus, weil die Mutter des [X.] es offensichtlich ihm überlassen hat, in welcher Höhe und an welcheGläubiger er mit den ihm darlehensweise zur Verfügung gestellten [X.] leistet.3. Das Berufungsgericht hat festgestellt, der Schuldner habe die [X.] an den Gerichtsvollzieher mit dem Vorsatz vorgenommen, seine Gläu-biger zu benachteiligen. Die dagegen von der Revision erhobenen [X.] im Ergebnis gleichfalls ohne Erfolg.a) Die Revision beanstandet allerdings zu Recht, daß das Berufungsge-richt von einer inkongruenten Deckung ausgegangen ist. Das [X.] unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Senats vom 11. April 2002aaO gemeint, es sei hier eine inkongruente Deckung im Sinne des § 131Abs. 1 [X.] gegeben, da der Insolvenzschuldner zur Abwendung von Zwangs-vollstreckungsmaßnahmen auf eine fällige Forderung der [X.] Zahlungengeleistet habe. Wie die Revision zutreffend anführt, hat der erkennende Senatin der genannten Entscheidung aber nur für den von § 131 [X.] erfaßten Zeit-raum der letzten drei Monate vor dem Eröffnungsantrag ausgesprochen, daßeine Leistung, die der Schuldner dem Gläubiger auf eine fällige Forderung zurVermeidung einer unmittelbar bevorstehenden Zwangsvollstreckung gewährthat, eine inkongruente Deckung darstellt. Nur für diesen Zeitraum wird durch- 12 -§ 131 [X.] der die [X.] beherrschende Prioritätsgrund-satz zugunsten der Gleichbehandlung der Gläubiger verdrängt (aaO S. 1194).b) Soweit in der Rechtsprechung zur Konkursordnung eine während der"kritischen Zeit" im Wege der Zwangsvollstreckung erlangte Sicherung oderBefriedigung als inkongruent angesehen wurde ([X.]Z 136, 309, 311 ff), ka-men als Beginn der "kritischen Zeit" zwar nicht nur die Stellung des [X.] und der Zeitraum der letzten zehn Tage zuvor, sondern außer-dem der Zeitpunkt der Zahlungseinstellung in Betracht. Dies hatte seinenGrund darin, daß bei der besonderen Konkursanfechtung nach § 30 Nr. 1Fall 2, Nr. 2 KO auch für solche vor dem Eröffnungsantrag vorgenommenenRechtshandlungen von [X.] auf den Zeitpunkt der Zahlungseinstellung ab-zustellen war, sofern diese Rechtshandlungen nicht früher als sechs Monatevor der Eröffnung des Verfahrens erfolgt waren, § 33 KO.Nach der Insolvenzordnung sind Zwangsvollstreckungsmaßnahmen [X.] als Rechtshandlungen, an denen der Schuldner nicht [X.], dagegen nur anfechtbar, wenn sie in den letzten drei Monaten vor [X.] vorgenommen wurden, selbst wenn der Schuldner schon [X.] Zeitraum zahlungsunfähig war oder seine Zahlungsunfähigkeit drohte(§§ 130, 131 [X.]).Zwangsvollstreckungsmaßnahmen von Gläubigern vor diesem Zeitraumkönnen daher nicht mit der Begründung als inkongruent angesehen werden,die Befugnis des Gläubigers, sich mit Hilfe hoheitlicher Zwangsmittel einerechtsbeständige Sicherung oder Befriedigung der eigenen fälligen Forderun-gen zu verschaffen, trete hinter dem Schutz der Gläubigergesamtheit [X.] gilt dann aber auch für Leistungen des Schuldners, die dieser [X.] drei Monate vor dem Eröffnungsantrag auf eine fällige Forderung zur [X.] einer unmittelbar bevorstehenden Zwangsvollstreckung erbracht hat.c) Auf das Beweisanzeichen einer inkongruenten Deckung durfte [X.] daher den Nachweis eines Gläubigerbenachteiligungsvorsat-zes des Schuldners nicht stützen. Die übrigen Feststellungen des Berufungs-gerichts tragen die Annahme eines [X.]es aber auch dann,wenn man von einer kongruenten Deckung ausgeht. Denn der Schuldnerwußte, daß sein Vermögen nicht ausreichte, um über Teilzahlungen an einzel-ne Gläubiger hinaus alle Gläubiger befriedigen zu können. Soweit er für seineninsolventen Hauptauftraggeber noch bis Anfang November 1999 weiterarbei-tete, bestanden keine konkreten Anhaltspunkte dafür, daß von Seiten seinesHauptauftraggebers noch Zahlungen geleistet würden. Nach seinen Angabenhat der Schuldner in dem fraglichen Zeitraum von Oktober bis Dezember 1999"immer dort bezahlt ..., wo es am dringendsten war". Am dringendsten warenaus seiner Sicht (Teil-)Zahlungen an Gläubiger, von denen er die Stellung ei-nes [X.] befürchtete. [X.] erbrachte die angefochte-nen Teilzahlungen an die [X.], weil er unter allen Umständen die Stellungeines [X.] vermeiden wollte. Einem Schuldner, der [X.] Gläubigers vorwiegend deshalb teilweise erfüllt, um diesen dadurch vonder Stellung eines [X.] abzuhalten, kommt es aber nicht in ersterLinie auf die Erfüllung seiner vertraglichen oder - wie hier - gesetzlichenPflichten, sondern auf die Bevorzugung dieses einzelnen Gläubigers an. [X.] er die Benachteiligung der Gläubiger im allgemeinen in Kauf. Für [X.] reicht auch bei kongruenten [X.] [X.] aus, der Schuldner habe sich eine Benachteiligung nur als mög-- 14 -lich vorgestellt, sie aber in Kauf genommen, ohne sich durch die Vorstellungdieser Möglichkeit von seinem Handeln abhalten zu lassen ([X.], in HK-[X.],2. Aufl. § 133 Rn. 10; MünchKomm-[X.]/Kirchhof, § 133 Rn. 13; [X.] in:[X.]/[X.] [X.] § 133 Rn. 23; zur bisherigen Rechtsprechung vgl. [X.]Z133, 189, 195; [X.], [X.]. v. 2. April 1998 - [X.], [X.], 830, 835).Im vorliegenden Fall schließt daher die bloße Hoffnung des Schuldners, erwerde von seinem in wirtschaftliche Nöte geratenen Hauptauftraggeber die inerheblichem Umfange noch ausstehenden Zahlungen erhalten, den Gläubiger-benachteiligungsvorsatz nicht aus, wie das Berufungsgericht zu Recht ange-nommen hat.4. Die Kenntnis der [X.] von dem [X.] [X.] hat das Berufungsgericht nicht nur aus der - von ihm rechtlich [X.] angenommenen - Inkongruenz der Deckung hergeleitet, sondern im üb-rigen auch aus den gesamten Umständen geschlossen. Diese Beurteilung hältgleichfalls den Angriffen der Revision [X.]) Gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 [X.] wird die Kenntnis des anderen Teilsvermutet, wenn er wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohteund daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Beides hat das Berufungs-gericht bejaht. Daß die wirtschaftliche Lage des [X.] schlechtgewesen sei und seine Zahlungsunfähigkeit drohte, habe die [X.] darausentnehmen können, daß es bereits im Januar 1999 zu einer Rücklastschriftgekommen sei, daß Mitte September 1999 ein vom Insolvenzschuldner an [X.] gegebener Scheck über 12.000 DM rückbelastet worden sei und daßder Insolvenzschuldner auch nach dem ersten Besuch des [X.] -nur schleppend Teilzahlungen geleistet habe. Wie das [X.] zutreffendausgeführt habe, sei die drohende Zahlungsunfähigkeit des [X.] insbesondere daraus zu schließen gewesen, daß der [X.]elbst zur Begleichung für die Existenz des Betriebes notwendiger Betriebsko-sten wie Sozialversicherungsbeiträgen, die in der Regel nicht gestundet wer-den könnten, nicht mehr in der Lage gewesen sei. Es habe zudem auf [X.] gelegen, daß diese Verbindlichkeiten gegenüber der [X.], einemSozialversicherungsträger, nicht annähernd die einzigen des gewerblich täti-gen [X.] gewesen seien. Sichtbar sei hier das typische Bildeines Unternehmens in der Krise gewesen, in der nur noch Forderungen derje-nigen Gläubiger ganz oder teilweise befriedigt würden, die bereits Vollstrek-kungsmaßnahmen eingeleitet oder sonstige Druckmittel gegen den Schuldnerin der Hand hätten.b) Diese Erwägungen des Berufungsgerichts tragen in Verbindung [X.] übrigen Feststellungen die Annahme einer Kenntnis der [X.] vondem [X.] des Schuldners. Die [X.] kannte die Höheihrer gesamten jeweils offenstehenden Beitragsforderungen. Die Beitragsrück-stände des Schuldners bei der [X.] waren von 5.284,05 DM am [X.] über 21.544,16 DM am 15. Juli 1999, 28.216,47 DM am 12. August 1999auf 31.418,14 DM am 24. September 1999 angestiegen. Ein vom [X.] an die [X.] gegebener Scheck über 12.000 DM wurde [X.] September 1999 mangels Deckung nicht eingelöst. Trotz der [X.] 8./22. Oktober 1999 über 9.790,35 DM und vom 26. Oktober/10. November1999 über 9.972,50 DM konnte die [X.] nicht wesentlich zurückge-führt werden, sondern belief sich am 22. November 1999 wiederum auf31.243,28 DM. Am 17. Dezember 1999 betrug sie 34.861 [X.] 16 -Der [X.] war daher in dem maßgeblichen Zeitraum ab [X.] 1999 bekannt, daß Zahlungsunfähigkeit mindestens drohte, wenn [X.] schon eingetreten war (vgl. [X.]Z 149, 178, 186 f). Wie das Berufungs-gericht zu Recht angenommen hat, war es ferner für die [X.] offensicht-lich, daß die Verbindlichkeiten des gewerblich tätigen Schuldners gegenüberder [X.] und anderen Sozialversicherungsträgern nicht annähernd dieeinzigen waren (vgl. [X.]Z 149, 100, 111).Angesichts der partiellen Strafbewehrtheit seiner Forderungen muß sichweiter gerade einem Sozialversicherungsträger die allgemeine Erfahrung auf-drängen, daß seine Ansprüche oft vorrangig vor anderen befriedigt werden,deren Nichterfüllung für den [X.] Schuldner weniger gefährlich ist([X.]Z 149, 100, 113; 149, 178, 191). Die [X.] wußte folglich auch, daßinfolge der Teilzahlungen des Schuldners andere Gläubiger benachteiligt [X.]. Nach § 133 Abs. 1 Satz 2 [X.] besteht somit eine Vermutung für [X.] der [X.] von dem [X.] des Schuldners. [X.] [X.] der ihr offenstehende Beweis des Gegenteils nicht gelungen ist,hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen. Die Hoffnung [X.], er werde demnächst die Außenstände gegenüber seinem [X.] realisieren und dann die Beitragsrückstände begleichen können,schließt seinen [X.] nicht aus (oben unter [X.]). Der nach§ 133 Abs. 1 Satz 2 [X.] zu vermutenden Kenntnis der [X.] von dem[X.] des Schuldners steht demnach nicht entgegen, daßder Schuldner sich gegenüber dem bei der [X.] angestellten [X.]davon überzeugt gezeigt hat, seine Außenstände einziehen zu [X.] 17 -III.Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.[X.] Kirchhof Fi-scher Raebel [X.]

Meta

IX ZR 169/02

27.05.2003

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.05.2003, Az. IX ZR 169/02 (REWIS RS 2003, 2908)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 2908

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