Bundespatentgericht, Beschluss vom 31.05.2017, Az. 25 W (pat) 529/15

25. Senat | REWIS RS 2017, 10181

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "friends" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2014 058 773.4

hat der 25. Senat ([X.]) des [X.] am 31. Mai 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.], der Richterin [X.] und des Richters Dr. Nielsen

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 des [X.] vom 10. Februar 2015 aufgehoben.

Gründe

I.

1

Die Bezeichnung

2

[X.]

3

ist am 28. August 2014 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für folgende Dienstleistungen angemeldet worden:

4

Klasse 36: [X.]; Dienstleistungen eines Immobilienmaklers; Vermietung und Verpachtung von Grundstücken und Immobilien; Vermittlung von Kauf-, Miet- und Pachtverträgen über Grundstücke und Immobilien; Entwicklung von Nutzungskonzepten für Grundstücke und Immobilien in finanzieller Hinsicht; Immobilien- und Gebäudeverwaltung; Schätzung von Immobilien; Ermittlung und Schätzung von Bau-, Sanierungs- und Reparaturkosten im Immobilienbereich für Dritte.

5

Mit Beschluss vom 10. Februar 2015 hat die Markenstelle für Klasse 36 des [X.] die unter der Nummer 30 2014 058 773.4 geführte Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] in vollem Umfang zurückgewiesen.

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Zur Begründung ist ausgeführt, dass das angemeldete Zeichen ein Wort sei, das zum [X.] Grundwortschatz gehöre und für die angesprochenen Verkehrskreise ohne weiteres verständlich sei. Bei „Freunden“ handle es sich um Personen, die einem mit Rat und Tat zur Seite stünden. Die angesprochenen Verkehrskreise würden damit dem angemeldeten Zeichen lediglich eine dahingehende werblich-anpreisende Aussage entnehmen, dass die von der Anmeldung umfassten Dienstleistungen von Anbietern erbracht würden, die sich als Freunde ihrer Kunden verstünden und ihnen mit Rat und Tat zur Seite stünden. Der Verkehr sei an entsprechende Werbeversprechen gewöhnt. So werde im Bereich der mit der Anmeldung beanspruchten Dienstleistungen vielfach damit geworben, dass der Anbieter „berate wie ein Freund“. Die Allgemeinheit bzw. Unschärfe des Begriffs „[X.]“ reiche für sich genommen nicht aus, um die erforderliche Unterscheidungskraft zu begründen. Auch vage und allgemeine Angaben könnten ausschließlich verbraucherorientierte Sachinformationen sein. Bei Oberbegriffen oder Sammelbezeichnungen sei eine gewisse Unschärfe sogar unvermeidbar, um den gewünschten, möglichst weiten Bereich waren- und dienstleistungsbezogener Eigenschaften beschreibend erfassen zu können. Auch wenn dem Wort „[X.]“ eine gewisse Kürze und Prägnanz nicht abgesprochen werden könne, so erscheine der Begriff weder originell noch mehrdeutig. Soweit sich die Anmelderin auf verschiedene Voreintragungen berufe, sei zunächst darauf zu verweisen, dass jeder Einzelfall Besonderheiten aufweise, so dass eine differenzierte Betrachtung geboten sei. Im Übrigen würden selbst identische Voreintragungen keinen Eintragungsanspruch begründen. Nachdem der Eintragung der Marke bereits das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft entgegenstehe, könne dahingestellt bleiben, ob daneben noch ein Freihaltebedürfnis bestehe.

7

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. Selbst wenn man dem [X.] folgend davon ausgehen wollte, dass der Verkehr das Zeichen „[X.]“ als werblich anpreisende Aussage verstehen werde, so könne dem Zeichen gleichwohl keine unmittelbar und klar erkennbare Aussage zugeordnet werden, insbesondere nicht, dass der Anbieter Verbrauchern wie ein Freund mit Rat und Tat zur Seite stehe. Denn die tatkräftige Unterstützung des Verbrauchers sei Merkmal jeder Dienstleistung und werde auch außerhalb der Immobilienbranche erwartet. Das Wort „[X.]“ beinhalte keine Sachinformationen hinsichtlich der beanspruchten Dienstleistungen, sondern wecke allenfalls vage, positive Assoziationen, ohne einen Aspekt der beanspruchten Dienstleistungen näher zu charakterisieren. Um von dem Wort „[X.]“ zu dem vom [X.] unterstellten gedanklichen Inhalt zu gelangen, bedürfe es mehrerer gedanklicher Zwischenschritte, was aber für die Unterscheidungskraft des Zeichens spreche. Auch die vom [X.] angeführte Werbung, in der damit geworben werde, dass der Kunde „wie ein Freund“ beraten werde, könne der Unterscheidungskraft des Zeichens nicht entgegenstehen, da in diesen Beispielen das Wort „Freund“ stets in den Kontext längerer Textpassagen eingebettet sei, weshalb es keinen interpretatorischen Spielraum gebe. In den genannten Beispielen sei unmittelbar und deutlich erkennbar, wie der werbende Anbieter sein Verhältnis zum Kunden sehe, wohingegen das Wort „[X.]“ in Alleinstellung nur einen suggestiven Anklang begründe. Im Übrigen seien bei der Prüfung von [X.] im vorliegenden Fall insbesondere auch die zahlreichen, identisch eingetragenen Marken zu beachten.

8

Die Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

9

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 des [X.]s vom 10. Februar 2015 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Markenanmelderin und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg. Der Eintragung des angemeldeten Zeichens stehen keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 [X.] entgegen.

1. Dem angemeldeten Zeichen kann trotz [X.] Anklänge im Ergebnis nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.

Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. [X.] GRUR 2004, 428 Rn. 30, 31 „[X.]“; [X.], 850 Rn. - „[X.]“). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. [X.], 850 Rn. 19 - [X.]; [X.] GRUR 2004, 674 Rn. 86 - Postkantoor). Von mangelnder Unterscheidungskraft ist ferner dann auszugehen, wenn eine Bezeichnung oder Wortfolge für sich genommen oder im Zusammenhang mit produktbeschreibenden Angaben lediglich Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art enthält (siehe dazu [X.], 522 Rn. 9 – [X.] schönste Seiten). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird ([X.] - [X.] a. a. O.). [X.] interpretierbare Wörter bzw. spruchartige Wortfolgen - wie das hier angemeldete Wort - sind bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft wie andere Wortmarken zu behandeln. Sie unterliegen keinen strengeren Schutzvoraussetzungen und müssen insbesondere keine zusätzliche Originalität aufweisen (vgl. [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 8 Rn. 221 m. w. N.). Gleichwohl ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr in solchen Bezeichnungen oder Wortfolgen regelmäßig dann keinen betrieblichen Herkunftshinweis sieht, wenn sie eine bloße Werbefunktion ausüben, die z. B. darin besteht, die Qualität der betreffenden Waren oder Dienstleistungen anzupreisen, es sei denn, dass die Werbefunktion im Vergleich zu ihrer behaupteten Herkunftsfunktion offensichtlich von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. [X.] GRUR 2004, 1027 Rn. 35 - DAS [X.] DER BEQUEMLICHKEIT). Die Unterscheidungskraft ist nach der Rechtsprechung des [X.] im Übrigen insbesondere dann zu bejahen, wenn die jeweiligen Marken nicht nur in einer gewöhnlichen Werbemitteilung bestehen, sondern eine gewisse Originalität oder Prägnanz aufweisen, die ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordern oder beim Verkehr einen Denkprozess auslösen ([X.] – [X.] DURCH TECHNIK, [X.], 228 Rn. 57, vgl. dazu auch [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 8 Rn. 223).

Das Wort „[X.]“, das im [X.] schlicht „Freunde“ bedeutet, ist im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen auf dem Gebiet des [X.]s weder unmittelbar beschreibend, noch dazu geeignet, einen engen beschreibenden Bezug zu den Dienstleistungen herzustellen. Nach Auffassung des Senats ist bei dem vorliegenden Zeichen auch davon auszugehen, dass die Werbefunktion des Zeichens von eher untergeordneter Bedeutung ist, so dass der Verkehr in dem Zeichen einen individualisierenden betrieblichen Herkunftshinweis erkennen wird.

Einer vordergründigen Werbefunktion steht bereits entgegen, dass es sich bei dem angemeldeten Zeichen weder um ein klassisches Werbewort wie „Super“, „Top“ oder „[X.]“ noch um einen Werbeslogan handelt. Derartige Bezeichnungen und Wortfolgen werden in ihrer anpreisenden Funktion sofort erkannt und können nur unter den oben genannten Voraussetzungen unterscheidungskräftig sein. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen auf dem Gebiet des [X.]s hat der Begriff „[X.]“ bzw. „Freunde“ keine Bedeutung, die sich dem angesprochenen Verkehr sofort erschließt. Das [X.] hat in seinem Beschluss zwar zutreffend festgestellt, dass „[X.]“ zum [X.] Grundwortschatz gehört und für die angesprochenen Verkehrskreise ohne weiteres verständlich ist. Zutreffend ist auch, dass das Wort „[X.]“ im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen in dem Sinne interpretiert werden kann, dass der Anbieter der entsprechenden Dienstleistungen sich als ein Freund des Kunden versteht bzw. den Kunden wie einen Freund behandeln will. Allerdings drängt sich dieser Gedanke nicht unmittelbar auf, sondern erfordert ein gewisses Nachdenken. Dementsprechend sind auch andere Sinnzusammenhänge oder Assoziationen denkbar, die das angemeldete Zeichen mit den beanspruchten Dienstleistungen verknüpfen können. So kann das Zeichen auch in dem Sinne verstanden werden, dass sich die Gesellschafter der Markeninhaberin untereinander als Freunde verstehen. In diesem Sinne wird bisweilen bei der Firmierung von Personengesellschaften das übliche Wort „Partner“ durch das legerer anmutende Wort „[X.]“ ersetzt. Ein anderer denkbarer Sinnzusammenhang kann darin liegen, dass die freundschaftlichen Gefühle sich nicht auf den Kunden, sondern auf den Gegenstand der Dienstleistungen beziehen und mit dem Wort „[X.]“ zum Ausdruck gebracht werden soll, dass sich der Verwender mit besonderer Sorgfalt und Hingabe den Immobilien zuwendet (vgl. hierzu: [X.] vom 27. April 2017, 25 W (pat) 545/17 – [X.]; die Entscheidung ist über die Homepage des [X.] öffentlich zugänglich). Dabei ist nicht erkennbar, dass das eine oder das andere Verständnis des Wortes „[X.]“ im Zusammenhang mit Immobilien erkennbar näher liegen würde. Auch wenn die Mehrdeutigkeit eines Zeichens für sich genommen grundsätzlich nicht ausreicht, das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft zu überwinden, wenn zumindest eine der Bedeutungen (erst recht, wenn mehrere) für die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Charakter hat (vgl. [X.] GRUR 2004, 146, Rn. 32 -DOUBLEMINT; [X.] GRUR 2008, 900, Rn. 15 - [X.]), so unterstreichen die oben dargelegten Möglichkeiten, dass die angemeldete Bezeichnung im Kontext mit den beanspruchten Dienstleistungen zwar unterschiedlich werblich interpretierbar ist, sich aber keine dieser Interpretationsmöglichkeiten naheliegend und ohne einen gewissen gedanklichen Aufwand aufdrängt. Vielmehr erscheint der Begriff „[X.]“ eher diffus und damit zu unbestimmt, was letztlich den Ausschlag für die Bejahung der Unterscheidungskraft gibt, wenn es sich auch um einen Grenzfall handeln mag. Insofern ist der vorliegende Fall auch anders zu beurteilen als eine Wortkombination, bei der das Wort „Freund“ mit einem bestimmten Objekt in Beziehung gesetzt wird, so dass ein klar fassbarer gedanklicher Inhalt entsteht, der die Annahme eines beschreibenden Bezugs rechtfertigt (vgl. [X.] vom 12. Januar 2017, 25 W (pat) 554/14 – [X.]; Beschluss vom 9. Februar 2000, 29 W (pat) 46/99 – Nature [X.]; die Entscheidungen sind über die Homepage des [X.] öffentlich zugänglich). Der Umstand, dass das Wort „[X.]“ in Alleinstellung eine positive Konnotation auslöst, weil Freundschaft ein menschliches Grundbedürfnis ist, begründet kein im Vordergrund stehendes werbliches Verständnis des Zeichens seitens der angesprochenen Verkehrskreise. Soweit das [X.] auf die zahlreichen Werbesprüche verweist, die das Wort „Freund“ insbesondere auf dem Gebiet des [X.]s aufgreifen (etwa: „Wir beraten wie ein Freund“), gibt dies zu keiner anderen Beurteilung Anlass, da in diesen Werbeslogans ein klar erfassbarer gedanklicher Inhalt transportiert wird, der dem angemeldeten Zeichen fehlt. Aus der [X.] des Wortes „Freund“ in komplexen Aussagen bzw. Werbetexten kann nicht ohne weiteres unmittelbar auf die Schutzunfähigkeit des Begriffes selbst geschlossen werden. Dem Verkehr wird sich daher bei unbefangener Wahrnehmung kein werblich-anpreisendes Verständnis aufdrängen, so dass die Vorstellungen, was mit der Bezeichnung gemeint sein könnte, eher undifferenziert sein werden und sich nicht ohne weiteres, jedenfalls nicht ohne jedweden analysierenden Gedankenschritt erschließen.

2. Im Hinblick auf die fehlende Eignung der Bezeichnung „[X.]“ zur unmittelbaren Beschreibung der beanspruchten Waren unterliegt das Zeichen auch keinem Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.].

Nach alledem war der angefochtene Beschluss aufzuheben.

Meta

25 W (pat) 529/15

31.05.2017

Bundespatentgericht 25. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 31.05.2017, Az. 25 W (pat) 529/15 (REWIS RS 2017, 10181)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 10181

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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26 W (pat) 564/22

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