Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 13.05.2014, Az. 1 ABR 51/11

1. Senat | REWIS RS 2014, 5661

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Gegenstand

Beschluss des Landesarbeitsgerichts ohne Sachverhaltsdarstellung


Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des [X.] vom 15. Juni 2011 - 2 [X.] - aufgehoben und die Sache zur neuen Anhörung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung von Arbeitnehmern von [X.] nach [X.] (Oder). Das [X.] hat - soweit für das Verfahren noch von Interesse - den Antrag der Arbeitgeberin, die Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung von Arbeitnehmern von [X.] nach [X.] (Oder) zum 7. Dezember 2009 zu ersetzen, abgewiesen. Das [X.] hat mit Zustimmung der Beteiligten ohne Anhörungstermin „auf die Beratung vom 15.06.2011 nach § 128 Abs. 2 Satz 2 ZPO“ die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen. In der Beschwerdeentscheidung heißt es: „Hinsichtlich des Sachverhaltes wird auf den Beschluss des [X.]s Rostock vom 18.05.2010 - 3 [X.] - Bezug genommen.“ Der Antrag der Arbeitgeberin ist mit einem „Bezug auf die Zustimmungsersetzung nach den Schlussanträgen der Beschwerdeführerin in der 1. Instanz“ wiedergegeben. Mit der vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Arbeitgeberin die Zustimmungsersetzungsanträge weiter. In der [X.] hat sie das Verfahren für erledigt erklärt und in diesem Zusammenhang auf eine von den Betriebsparteien unterzeichnete Vereinbarung vom 2. Juli 2012 verwiesen. Diese lautet auszugsweise:

        

Auf Grund einer noch ausstehenden Entscheidung des [X.] ([X.]. 6 [X.]) schließen die unterzeichnenden [X.]en nachstehende Prozessvereinbarung zur Umsetzung der Repersonalisierung des [X.] [X.]:

        

(1)     

Bei dem in [X.] in Errichtung befindlichen Standort handelt es sich um einen eigenständigen Standort iS eines Zielstandortes gem. [X.] / [X.] zum Standortkonzept [X.] aus 2008 (i.e. Gesamtbetriebsvereinbarung zwischen der Geschäftsführung der [X.] ([X.]) und dem Gesamtbetriebsrat der [X.] ([X.]) über einen Interessenausgleich und Sozialplan nach §§ 111/112 BetrVG zur Umsetzung des [X.] in der [X.] (vom [X.])).

                 

…       

        

(5)     

Mitarbeiter, die im Rahmen der Umsetzung des Standortkonzeptes [X.] von [X.] nach [X.] Oder migriert sind (…) erhalten ein Angebot, an den in Errichtung befindlichen Standort [X.], Buchberger Straße bzw. an den Außenstandort [X.] als Teil des Standortes [X.] zurückzukehren. …

        

(7)     

Die [X.]en und der Betriebsrat der [X.] Region Nord stimmen überein, dass durch das in diesem Protokoll festgehaltene gemeinsame Verständnis ein abschließendes Verfahren für die Lösung der bisher streitigen Thematik eines Auswahlverfahrens anlässlich Migration der [X.]er Standorte nach [X.] Oder verbindlich vereinbart wurde. Unabhängig vom Ausgang der zurzeit beim [X.] anhängigen Verbandsklage werden aus deren Urteil keine Ableitungen für das hier beschriebene Verfahren getroffen. Das [X.]-Verfahren bleibt unberührt, die Inhalte dieser Prozessvereinbarung werden von keiner [X.] eingeführt. Weitere Rechtsstreite bei denen eine der unterzeichnenden [X.]en Prozesspartei ist (Aktivlegitimation / Antragsteller in einem Beschlussverfahren) im Zusammenhang mit der Umsetzung des [X.] in Bezug auf Migration der [X.]er Standorte werden von den jeweiligen [X.]en unverzüglich beendet. Erforderliche Prozesshandlungen werden vorgenommen.

                 

…“    

2

Der Betriebsrat hat der Erledigung nicht zugestimmt.

3

B. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].

4

I. Das Verfahren ist nicht erledigt. Eine auf das gesamte Verfahren bezogene übereinstimmende Erledigungserklärung der Beteiligten liegt nicht vor. Es sind auch nach Anhängigkeit des Beschlussverfahrens keine tatsächlichen Umstände eingetreten, die dazu führen, dass das Begehren des Antragstellers jedenfalls nunmehr als unzulässig oder unbegründet abgewiesen werden müsste. Die Prozessvereinbarung vom 2. Juli 2012 erfasst nur Mitarbeiter, die im Rahmen der Umsetzung des [X.] von [X.] nach [X.] (Oder) migriert sind. Dies ergibt sich aus der Überschrift und aus [X.]. (1), (5) und (7) der Vereinbarung. Migrationen von und zu anderen Standorten - und insbesondere Versetzungen der Arbeitnehmer von [X.] nach [X.] (Oder) - sind von ihr nicht erfasst. Der Wortlaut der Prozessvereinbarung lässt auch nicht darauf schließen, dass die Betriebsparteien den Standort [X.] aufgrund regionaler Nähe den [X.]er Standorten zugeordnet haben.

5

II. Die angefochtene Entscheidung unterliegt schon deshalb der Aufhebung, weil sie keine Sachverhaltsfeststellungen enthält, die dem Senat eine rechtsbeschwerderechtliche Überprüfung ermöglichen. Die Sache ist deshalb an das [X.] zurückzuverweisen (§§ 559, 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

6

1. Grundlage der rechtsbeschwerderechtlichen Prüfung ist nach § 559 ZPO grundsätzlich nur der Tatsachenstoff, der sich aus dem Beschwerdebeschluss einschließlich der in ihm enthaltenen wirksamen Bezugnahmen und aus dem Sitzungsprotokoll erschließt (vgl. [X.] 26. April 2005 - 1 [X.] - zu [X.] a der Gründe mwN, [X.]E 114, 272). Einem Beschwerdebeschluss ohne festgestellten Sachverhalt kann in der Regel nicht entnommen werden, welchen Streitstoff das Beschwerdegericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Bereits dies zwingt ohne Feststellung eines Rechtsfehlers des [X.]s und ohne entsprechende Rüge des [X.] grundsätzlich zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] (vgl. [X.] 26. April 2005 - 1 [X.] - zu [X.] a der Gründe, [X.]E 114, 272). Hiervon kann nur ausnahmsweise abgesehen werden, wenn das tatsächliche Vorbringen der Beteiligten und deren im Beschwerdeverfahren gestellte Anträge auf andere Weise als durch eine (gesonderte) Sachverhaltsdarstellung in der angefochtenen Entscheidung zuverlässig feststellbar sind (vgl. [X.] 26. April 2005 - 1 [X.] - zu [X.] b der Gründe, [X.]E 114, 272).

7

2. Hiernach sind die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Zurückverweisung der Sache an das [X.] geboten. Dem Senat ist eine rechtsbeschwerderechtliche Überprüfung der Beschwerdeentscheidung nicht möglich.

8

a) Das Beschwerdegericht hat von einer Sachverhaltsdarstellung abgesehen und insoweit auf den arbeitsgerichtlichen Beschluss Bezug genommen. § 69 Abs. 2 ArbGG, wonach im Berufungsurteil von der Darstellung des Tatbestands abgesehen werden kann, findet auf den Beschluss des [X.]s über die Beschwerde aber ebenso wenig Anwendung wie § 69 Abs. 3 Satz 2 ArbGG, wonach bei einem Urteil, gegen das die Revision statthaft ist, unter den in der Vorschrift genannten Voraussetzungen eine Bezugnahme auf das mit der Berufung angefochtene Urteil zulässig ist. Nach § 91 Abs. 2 Satz 2 ArbGG gilt für die Beschwerdeentscheidung (nur) § 69 Abs. 1 Satz 2 ArbGG entsprechend.

9

b) Von einer Aufhebung und Zurückverweisung ist im vorliegenden Verfahren nicht ausnahmsweise abzusehen. Die - sehr knappen - Erwägungen des [X.]s zur Zurückweisung der Beschwerde enthalten keine tatsächlichen Feststellungen. Wegen der Entscheidung des [X.] im „schriftlichen Verfahren“ kann auch auf kein Sitzungsprotokoll über den Anhörungstermin zurückgegriffen werden. Selbst die Anträge der Arbeitgeberin sind nicht zuverlässig feststellbar. Sie können allenfalls nach Maßgabe der erstinstanzlichen Entscheidung, auf die das Beschwerdegericht wegen § 91 Abs. 2 Satz 2 ArbGG nicht wirksam Bezug nehmen konnte, bestimmt werden.

        

    Schmidt    

        

    Koch    

        

    K. Schmidt    

        

        

        

    Wisskirchen    

        

    Dr. Klebe    

                 

Meta

1 ABR 51/11

13.05.2014

Bundesarbeitsgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG Rostock, 18. Mai 2010, Az: 3 BV 50/09, Beschluss

§ 91 Abs 2 S 2 ArbGG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 13.05.2014, Az. 1 ABR 51/11 (REWIS RS 2014, 5661)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5661

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